Gespräch des Tages

VR Leasing - Ein neuer Besen

Es ist für einen Menschen im Allgemeinen kein Kompliment, wenn er als Besen bezeichnet wird, assoziiert man damit doch eher unangenehme Eigenschaften. Anders im Geschäftsalltag: Hier spricht man gern von neuen Besen, die gut kehren und meint dies in der Regel positiv. Seit Theophil Graband das Amt des Vorstandsvorsitzenden der VR Leasing Anfang des Jahres von Reinhard Gödel übernommen hat, wird kräftigst gekehrt und ausgemistet. Auf seiner ersten Pressekonferenz - an seinem 101. Arbeitstag abgehalten - kündigte der von der Teambank kommende Graband gleich ordentliche Einschnitte an. Die VR Leasing wird sich vom gesamten über Händler abgewickelten Kfz-Geschäft, hauptsächlich also dem Flottenmanagement, sowie dem Immobilien-Leasing und dem Vendoren-Geschäft, das mit Maschinenhändlern betrieben wird, trennen. Die Auslandsaktivitäten werden auf den Prüfstand gestellt und nur dort fortgeführt, wo sie der genossenschaftlichen Finanzgruppe einen Nutzen stiften. Bei all dem werden "wertsteigernde Lösungen bis hin zum Verkauf" angestrebt. Ziel ist es, künftig alle Geschäftsaktivitäten konsequent auf die Bedürfnisse der Volks- und Raiffeisenbanken, vor allem die Mittelstandsfinanzierung, auszurichten. Darüber hinaus musste ein Geschäftsführungsmitglied der VR Diskontbank seinen Hut nehmen und wurde durch Graband ersetzt, sodass die drei Vorstände der VR Leasing nun in personam auch die Tochter führen. Das klingt nicht nach einem besinnlichen Beginn und passt auch nur bedingt zum Dank Grabands an seinen Vorgänger Gödel für "eine hochmotivierte Mannschaft und eine positive Unternehmenskultur". Von einem wohl bestellten Haus, von dem in solchen Fällen häufig zu hören ist, ist keine Rede. Ob das Zwischenfazit, das der neue Vorstandschef zog, weiterhin als "positiv" bezeichnet werden kann, wird sich allerdings erst noch beweisen müssen. Zunächst einmal schmälern die eingeleiteten Schritte das Neugeschäftsvolumen und damit auch die Ertragschancen. Allein rund 250 Millionen Euro Neugeschäft machte die VR Leasing im vergangenen Jahr mit dem Kfz-Flottengeschäft, weitere 170 Millionen Euro im Immobilien-Leasing. Das alles über den Verbund auszugleichen, wird herausfordernd, sind die Volks- und Raiffeisenbanken bislang doch alles andere als treu. Gerade mal 20 Prozent des gesamten Leasingbedarfs ihrer Kunden befriedigen sie mit Produkten der VR Leasing. Die Deutsche Leasing der Sparkassen-Finanzgruppe geht genau den umgekehrten Weg und sucht neben dem Verbundgeschäft mit ihren Eigentümern zusätzliche Ertragschancen im Ausland, dem Kfz- und dem Konsumentenkreditgeschäft sowie in der Zusammenarbeit mit Vendoren. Das haben die Sparkassen akzeptiert.

Für die Kreditgenossen gilt das offensichtlich nicht, wobei die kräftigen Abschreibungen, die die VR Leasing im Zuge der Finanzkrise auf ihre Kfz-Flotten vornehmen musste und die das Ergebnis dementsprechend verhagelt haben, bei dieser Entscheidung natürlich eine Rolle gespielt haben mögen. 2010 wurde zumindest vor Steuern der Turnaround geschafft: Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit lag bei knapp 5 Millionen Euro, nachdem im Vorjahr noch ein Verlust von 16,7 Millionen Euro ausgewiesen wurde. Das lag vor allem an einer mit 82,3 Millionen Euro deutlich reduzierten Risikovorsorge (117,08 Millionen Euro im Vorjahr). Nach Abzug der Steuern und der latenten Steuern sowie einer gegenüber dem Vorjahr höheren Gewinnzuweisung an die Gesellschafter, 4,7 nach 3,7 Millionen Euro, verbleibt ein nahezu verdoppelter Jahresfehlbetrag von 14,4 Millionen Euro. Es ist also ein langer Weg hin zu Grabands Ziel, "dass die Genossenschaftsbanken mit unserer Unterstützung der wachstumsstärkste Mittelstandsfinanzierer Deutschlands werden", und die VR Leasing "ihren Eigentümern eine attraktive Rendite verschaffe und den Primärbanken höhere Provisionen". Sollte dies nicht gelingen, werden Tage, an denen sich der Vorstandsvorsitzende mit Vertretern der Primärstufe trifft, sicherlich keine "Urlaubstage ob des großen Vergnügens" mehr sein, wie er es für die ersten Monate seiner Tätigkeit noch feststellte. Aber er kennt den Verbund gut genug, um zu wissen, was dieser erwartet.

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