Sparkassentag 2013 Aufsätze

Der Weg nach Frankreich - das Saarland als Sprungbrett

Das Saarland gilt gemeinhin als das "französischste" Bundesland. Es verdankt diesen Ruf seiner Historie als ewiger Zankapfel zwischen Frankreich und Deutschland, seiner Nachkriegsgeschichte als Teil des französischen Wirtschaftsraumes, aber auch seiner Gegenwart als Teil der Großregion "Saar-Lor-Lux" und als deutscher Hort französischer Lebensart.

Ein genauerer Blick auf die wirtschaftliche Realität zeigt: Lange Zeit ist die Großregion Saar-Lor-Lux ein eher blutarmes Konstrukt geblieben, gebremst durch schwierige interregionale Entscheidungsstrukturen und unterschiedliche Interessen und Handlungsspielräume der Beteiligten. Die wirtschaftlichen Chancen zu nutzen, die sich mit der Großregion verbinden, hat sich jedenfalls als mühsam herausgestellt. Die zentrale europäische Lage allein reicht nicht aus, zumal auch viele andere Regionen heute nach einem geeigneten Zirkelschlag von sich behaupten dürfen, in der Mitte Europas zu liegen.

Saar-LB als deutsch-französische Regionalbank

Umso erfreulicher ist es, dass die Sparkassenorganisation im Saarland in den vergangenen Jahren ihre grenzüberschreitenden Aktivitäten erheblich forcieren konnte. Zunächst ist hier die Saar-LB zu nennen, die sich heute ausdrücklich als "deutschfranzösische Regionalbank" versteht und mittelständische Kunden mit profunden Kenntnissen der jeweiligen Märkte, Geschäftsusancen und Rechtsnormen unterstützen kann.

Die Saar-LB hat in den vergangenen zehn Jahren ihre Geschäftstätigkeit in Frankreich deutlich erweitert, auch über ihre Niederlassung in Metz und Vertriebsbüros in Paris und Straßburg. Aus gutem Grund: Frankreich ist der wichtigste Handelspartner Deutschlands - des Saarlandes sowieso - und der zweitgrößte Binnenmarkt Europas. Der französische Markt bietet deutschen Firmen große Chancen - im Handel, aber auch als Investitionsstandort. Fast 1 700 deutsche Unternehmen haben bereits eine oder mehrere Niederlassungen in Frankreich gegründet. In diesem Zusammenhang ist die Saar-LB für Firmenkunden der gesamten Sparkassen-Finanzgruppe ein wichtiger Ansprechpartner und Dienstleister. Sie stellt über den S-Country-Desk bundesweit Sparkassen und deren Kunden ihre besondere Kompetenz im Frankreich-Geschäft zur Verfügung.

Neben der Begleitung mittelständischer Unternehmen nach Frankreich verfolgt die Saar-LB ihre eigenen grenzüberschreitenden Aktivitäten in verschiedenen Geschäftsfeldern. So bietet die Bank französischen Unternehmenskunden im wirtschaftsstarken Nordosten Frankreichs und der Region Île de France im Prinzip die gleiche Produktpalette an wie ihren deutschen Kunden. Besonders interessant ist dies natürlich für französische Unternehmen, die in Deutschland Handel treiben oder deutsche Tochterunternehmen haben. Erhebliche Bedeutung hat daneben die Finanzierung französischer Immobilien. Zielkunden sind dabei vor allem professionelle gewerbliche Kunden und institutionelle Investoren. Besonders stark gewachsen sind in den vergangenen Jahren die Finanzierungen von Projekten im Bereich erneuerbarer Energien (Wind, Solar). Die Saar-LB partizipiert an der Expansion der französischen EE-Branche, indem sie mittelständische Projektentwickler und Investoren in ganz Frankreich begleitet. Ein deutschfranzösisches Expertenteam bietet Cash-Flow-basierte Langfristfinanzierungen und eine Reihe ergänzender Dienstleistungen, von denen gerade deutsche Projektierer auf dem französischen Markt profitieren.

Auch im Bereich der Privatkunden gibt es Beispiele für erfolgreiche Aktivitäten über die deutsch-französische Grenze hinaus. So bietet die Landesbausparkasse Saar, eine unselbstständige Tochter der Saar-LB, Bausparverträge und Immobiliendarlehen grenzüberschreitend an. Sie ist dabei äußerst erfolgreich. Im Jahr 2012 wurden beispielsweise fast 45 Prozent aller neu bewilligten Kredite an Kunden in Frankreich vergeben.

Grenzüberschreitende Aktivitäten auch bei Sparkassen

Man sieht: Für die Saar-LB inklusive LBS Saar ist der französische Markt von strategischer Bedeutung. Das kann selbstverständlich nicht in gleichem Maß für die saarländischen Sparkassen gelten, die aufgrund des Regionalprinzips ihre geschäftlichen Schwerpunkte immer in ihren saarländischen Geschäftsgebieten haben werden. Allerdings gibt es auch bei den Spar kassen durchaus wichtige, grenzüberschreitende Fragestellungen. Ein gutes Beispiel für vielfältige Aktivitäten bietet die seit 1990 bestehende Kooperation der Sparkasse Saarbrücken mit der (heutigen) Caisse d'Epargne Lorraine Champagne-Ardenne.

Im Rahmen dieser Kooperation wird ein regelmäßiger Informationsaustausch bis auf Vorstandsebene zwischen den Häusern gepflegt. Themen sind die wirtschaftliche Situation in der Grenzregion, mögliche gemeinsame Angebote für Grenzgänger und Ähnliches. Unter dem Logo "Forum Frankreich Saarbrücken" findet einmal im Jahr eine gemeinsame Veranstaltung zu Wirtschaftsthemen statt, bei der sich auch die Spitze der Landeshauptstadt Saarbrücken engagiert. Daneben sind die beiden kooperierenden Institute bei Veranstaltungen der regionalen Wirtschaftsförderung gemeinsam präsent. Im vergangenen Jahr ist die Caisse d'Epargne zum Partner der webbasierten "Unternehmensbörse Saar-Lor-Lux" geworden, einem Projekt der Sparkasse Saarbrücken, das unter anderem die Regelung von Unternehmensnachfolgen auf Käufer- und Verkäuferseite zum Ziel hat. Des Weiteren unterstützen die beiden Institute die Aktivitäten des "Eurodistrict Saar-Moselle", eines gemeinsamen Verbandes deutscher und französischer Kommunen.

Im Koalitionsvertrag von 2012, der die Arbeitsgrundlage der saarländischen Landesregierung bildet, werden unter der Überschrift "Europapolitik" unter anderem zwei Ziele festgeschrieben: Stärkung der Frankreich-Kompetenz im Land (nach innen) und kommunikative Vermarktung der saarländischen Frankreich-Kompetenz (nach außen - als Teil der Dachmarkenstrategie). Man erkennt: Die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute im Saarland fügen sich nahtlos ein in diese landespolitische Strategie. Aus dem französischen "Erbfeind" von einst ist nicht nur der wichtigste Geschäftspartner, sondern sogar ein Freund geworden - und das Saarland wirbt damit, diesen Freund besonders gut zu kennen. Über eine solche Entwicklung darf man gerade im Jubiläumsjahr des deutschfranzösischen Élysée-Vertrags staunen, man darf sich daran erfreuen, und man darf als Repräsentant der Sparkassenorganisation stolz darauf sein, an dieser Stelle einen Beitrag leisten zu können.

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