Creditreform: Kleinunternehmen und Privatpersonen lassen Insolvenzzahlen auf Sieben-Jahre-Höchstwert steigen

Patrik-Ludwig Hantzsch, Foto: p.gwiazda Photographie

Das Insolvenzgeschehen im ersten Halbjahr 2021 wird weiterhin wie schon im Corona-Jahr 2020  deutlich durch Sondereffekte verzerrt, berichtet Creditreform. „Bei der Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen wirken weiterhin die staatlichen Corona-Hilfsmaßnahmen nach – insbesondere die Aufhebung der Insolvenzantragspflicht, die bis Ende April galt“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Das Insolvenzgeschehen bei den Unternehmen blieb somit weiter rückläufig. Im ersten Halbjahr 2021 waren 8 800 Unternehmensinsolvenzen zu verzeichnen – ein Rückgang um 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum (erstes Halbjahr 2020: 8 950).

Vorrangig waren im 1. Halbjahr 2021 Insolvenzen von Kleinstunternehmen zu verzeichnen. In der Größenklasse bis maximal 250 000 Euro Jahresumsatz stiegen die Fallzahlen gegen den Trend zweistellig. Insgesamt entfiel mehr als die Hälfte aller Firmeninsolenzen des ersten Halbjahres (54,1 Prozent) auf diese Umsatzgrößenklasse, die sich hauptsächlich aus Einzelunternehmen und Freiberuflern zusammensetzt. Erhöht hat sich das Insolvenzaufkommen bei der Rechtsform der Unternehmergesellschaft (UG). Deren Anteil betrug im ersten Halbjahr 2021 10,8 Prozent. 38,6 Prozent der insolventen Unternehmen sind der Rechtsform der GmbH zuzurechnen.

Der Handel verzeichnete 1 920 Insolvenzen – ein Plus von 3,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Nach der Vielzahl an großen Insolvenzen im Handel im Vorjahr (zum Beispiel Galeria Karstadt Kaufhof) traf es nun vermehrt kleine und mittlere Firmen. Im Dienstleistungsgewerbe gab es 5 120 Insolvenzen. Auch das war ein leichter Anstieg (plus 0,2 Prozent). Im Verarbeitenden Gewerbe war hingegen ein Rückgang festzustellen (minus 23,6 Prozent; 550 Fälle). Auch im Bausektor verringerte sich das Insolvenzgeschehen nochmals. Mit 1 210 Insolvenzen verzeichnete das Baugewerbe 4,7 Prozent weniger Insolvenzen im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Ein weiterer Sondereffekt prägte im ersten Halbjahr 2021 das Insolvenzgeschehen bei Privatpersonen. Die Änderung des Verbraucherinsolvenzrechts zum Oktober 2020 mit einer Verkürzung der Frist für die Restschuldbefreiung führte nach Angaben von Creditreform zu einem „Dammbruch“ und ließ die Anzahl der Verbraucherinsolvenzen von 28 240 auf 46 000 deutlich nach oben schnellen (plus 62,9 Prozent). Zusammen mit den „sonstigen“ Insolvenzen beläuft sich die Gesamtzahl der angemeldeten Insolvenzverfahren im ersten Halbjahr 2021 auf 65 700 (Vergleichszeitraum 2020: 47 970). Zuletzt wurde vor sieben Jahren ein höherer Wert registriert.

Von der Insolvenz des Arbeitgebers betroffen waren im 1. Halbjahr 2021 insgesamt rund 90 000 Beschäftigte (1. Halbjahr 2020: 125 000), weil in den ersten Monaten des laufenden Jahres weniger Großinsolvenzen zu verzeichnen waren als im Vorjahr. Die Schäden für die Gläubiger von insolventen Unternehmen beliefen sich auf geschätzt 12,0 Milliarden Euro. Auch hier gab es einen Rückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum (15,6 Milliarden Euro).

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