Aufsätze

Abbau des Kreditportfolios bei Bad Banks und Institutional Restructuring Units

Kreditinstitute müssen, um ihre Profitabilität zu steigern und sich auf kommende Herausforderungen auszurichten, umfangreiche Reorganisationsprozesse initiieren. Die Finanzmarktkrise zwingt die Institute, sich von belastenden Kreditengagements und toxischen Wertpapieren zu lösen. Zahlreiche Banken können sich nur so wieder auf ihr ureigenstes Geschäft - die Kreditvergabe - fokussieren. Ein wesentliches Element hierzu ist häufig die Reduzierung des Geschäftsvolumens zur Eigenkapitalentlastung und Stärkung der Kerngeschäftsfelder. Diese Prozesse gehen teilweise von Entscheidungen der EU-Kommission im Rahmen beihilferechtlicher Verfahren aus.

In der Praxis haben sich zwei Kernstrategien herausgebildet: Abbau des nicht mehr als strategisch angesehenen Geschäfts sowie des notleidenden Portfolios mittels Ausgliederung in eine (externe) Bad Bank (Abwicklungsanstalt) oder Errichtung einer Institutional Restructuring Unit (IRU) doch beide haben Vor- und Nachteile bei ihrer Praktikabilität zum Abbau des Kreditportfolios.

Das Abwicklungsanstaltsmodell nach §8a FMStFG (Bad Bank)

Bei der dramatischen Rettungsaktion der Hypo Real Estate im Herbst 2008 wurde durch den Erlass des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vom 17. Oktober 20081) der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) geschaffen und ein Rettungsschirm von insgesamt 480 Mrd. Euro für die strauchelnden Banken aufgespannt. Mit diesem Instrument - einhergehend mit ähnlich gelagerten Rettungsaktionen in anderen Staaten - wurde die "Kernschmelze" des Finanzsystems verhindert. Die Rettungsmaßnahmen wurden in der Folge durch komplementäre gesetzliche Regelungen erweitert beziehungsweise flankiert. Im Jahr 2009 folgten das Gesetz zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes2) und das Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung,3) durch dessen Artikel 1 folgende Möglichkeiten der Gründung von Bad Banks geschaffen wurden: Die Regelungen zur Garantievergabe an Zweckgesellschaften in den §§ 6aff. FMStFG sowie die Bildung sogenannter landes- und bundesrechtlicher Abwicklungsanstalten (§§8af. FMStFG).

An die Inanspruchnahme von Staatshilfe auch bei Bad Banks sind zahlreiche, vor allem EU-rechtliche Vorgaben,4) geknüpft. Die Europäische Kommission verlangt unter anderem die Vorlage eines plausiblen Restrukturierungskonzeptes.5) Dies - und zum Teil damit zusammenhängende Vergütungsvorgaben - könnten Gründe dafür sein, warum sich Bad Banks bisher keiner besonders großen Beliebtheit erfreuen.6)

Konzeptionell werden jeweils teilrechtsfähige, wirtschaftlich und organisatorisch selbstständige Einheiten innerhalb der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA)7) für das übertragende Institut gegründet. Auf diese Anstalten können nach § 8a Abs. 1 S. 1 FMStFG bis zum 31. Dezember 2008 erworbene Risikopositionen sowie nicht-strategische Geschäftsbereiche durch Rechtsgeschäft oder Umwandlung zum Zweck der Abwicklung übertragen werden. Die gesetzlichen Regelungen sind sehr detailliert. Der Gesetzgeber hat eine umfangreiche "Kommentierung" des § 8a FMStFG geliefert.8) Die Funktionsweise der Abwicklungsanstalt verdeutlicht das Schaubild des Bundesministeriums der Finanzen (Abbildung 1).9)

Individuelle Strategien

Die Abwicklung (notleidender) Darlehen wird regelmäßig durch Statut und Abwicklungsplan10) determiniert. Für einzelne Kreditengagements werden so individuelle Strategien zur weiteren Verfahrensweise vorgegeben. Hier kann unter anderem festgelegt werden, dass die Engagements weitergeführt, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet oder die Forderungen gegebenenfalls mit Sicherungsrechten veräußert werden. Die Abwicklungsanstalt richtet sich dabei nach dem für sie maximalen Wert, der den geringsten Verlust verursacht.

Treten zum Beispiel bei der Veräußerung von Darlehen Verluste auf, können diese unterschiedliche Wirkungen haben. Während Verluste bei einer Bank direkt durchschlagen und unter Umständen - nicht zuletzt aus aufsichtsrechtlicher Sicht - Kapitalmaßnahmen erfordern können, haben diese in einer Bad Bank zunächst keine (Kapital-)maßnahmen zur Folge, soweit keine Illiquidität entsteht.11)Die Verlustausgleichspflicht bezieht sich hier auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit. Verluste fließen insoweit in eine Gesamtabrechnung ein und können gegebenenfalls durch zukünftige Erträge kompensiert werden. Bei einer Bad Bank findet dementsprechend eine Portfoliobetrachtung statt. Aufgrund eventuell dadurch bedingter zeitlicher Verlagerungen kann ein Zinsvorteil entstehen. Letztlich hängt dies aber von der "Konstruktion" der Bad Bank und deren Assets sowie von der Kapitalstruktur ab.

Das Modell der Institutional Restructuring Units (IRU)

Eine "günstige" Alternative außerhalb staatlicher Aufsicht sind die sogenannten institutsinternen Restrukturierungseinheiten (Institutional Restructuring Units). Hierbei "gründet" die Kernbank eine separate, jedoch rechtlich nicht getrennte Einheit, in der sie neben problembehafteten Darlehen und Wertpapieren vor allem auch nicht-strategische Geschäftsbereiche bündelt. Die IRUs sind Bestandteil umfassender Restrukturierungskonzepte und wurden schon vor der Krise gegründet (zum Beispiel durch die Dresdner Bank).

Derzeit greifen auf dieses Modell vor allem Landesbanken zurück, die ihre nicht-strategischen und zum Teil problembehafteten Engagements in solchen Einheiten bündeln. Die Gründung von IRUs unterliegt, anders als Bad Banks, nicht "direkt" staatlicher Kontrolle. Werden allerdings IRUs im Zuge von Restrukturierungen und Sanierungen gegründet, bei denen auch staatliche Hilfe beansprucht wird, so zum Beispiel Eigentümerzuschüsse bei Landesbanken, sind auch beihilferechtliche Fragestellungen von Relevanz. Für das Geschäftsmodell von Landesbanken bedeutet eine solche Umstrukturierung zumeist eine Fokussierung auf die regionale Verantwortung als Landesinstitut, einhergehend mit einer deutlichen Verringerung oder Aufgabe nationaler und internationaler Aktivitäten.

Werttreiber bei Bad Banks und IRUs

Die werttreibenden Faktoren eines Workouts von Kreditengagements innerhalb einer Bad Bank sowie einer IRU werden in Abbildung 2 gegenübergestellt:

Durch die Bad-Bank- oder IRU-Gründung wird in einem ersten Schritt das Problem notleidender Kredite oder strukturierter Wertpapiere analysiert. Im Rahmen eines Abwicklungsplans werden dann Strategien ausgearbeitet, wie deren Abbau erfolgen soll. Kreditinstitute setzen sich so intensiver als früher mit den (Immobilien-) Kreditsicherheiten auseinander. Eine der Hauptoptionen ist dann die Veräußerung, die Institute natürlich auch ohne Bad Bank oder IRU vornehmen könnten. Eine weitere Alternative stellt zudem das Outsourcing an einen Asset Manager beziehungsweise Servicer dar, dann jedoch verbleiben bei der Bank Ausfallrisiko und Kontrolle.

Welche Alternative aber ist für das Institut am vorteilhaftesten? Eine pauschale Antwort kann es bei der Vielzahl von Konstellationen nicht geben. Generell bietet sich ein Verkauf oder eine Auslagerung immer dann an, wenn es zur Verlustvermeidung dient, bei Kreditengagements und Wertpapieren also, wenn eine Verschlechterung des Status quo droht. Die Frage, ob eine Lösung mit einem externen Investor einfacher zu realisieren ist, hängt von den Ab-wicklungs-/Restrukturierungsplänen und den zeitlichen Vorgaben ab. Generell wird jedes Institut bei der Entscheidung über "hold or sell" opportunistisch vorgehen, das heißt in den Fällen, in denen ein zeitnaher Verkauf geringere Verluste erwarten lässt, wird dieser auch umsetzbar sein.

Klärungsbedarf beim Umgang mit dem Kreditbestand

Ein Festhalten an (potenziell) problematischen Engagements kann einen hohen Managementaufwand mit sich bringen, für den die Institute organisatorisch aufgestellt sein sollten. Andernfalls ist ein fortdauernder Wertverlust der Sicherheiten zu befürchten. Insbesondere im Bereich immobilienbesicherter Engagements wird das Thema Real Estate Asset Management zunehmend an Bedeutung gewinnen. Haben Institute im Rahmen von Bad Banks oder IRUs dieses Problem bereits fokussiert, ist eine Bewertung der Handlungsalternativen deutlich leichter durchzuführen als wenn das Portfolio noch keinen (Vor-)Untersuchungen unterzogen wurde.

Unabhängig von Bad-Bank- oder IRU-Gründung bleibt ein Problem in beiden Fällen bestehen: Wird der Kreditbestand selbst abgebaut, das Servicing outgesourced oder werden Engagements veräußert? Mit dieser Dreiteilung der Alternativen werden sich die Institute im Rahmen ihrer Strategieentwicklung auseinanderzusetzen haben. Fußnoten

1) BGBl I, 1982.

2) BGBl I, 725.

3) BGBl I, 1980.

4) Vgl. Horn, Betriebs-Berater 2009, 450.

5) Horn, Die Bank 2010, 13.

6) Siehe dazu Handelsblatt vom 5. Februar 2010 unter http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/vorbild -westlb-bayernlb-liebaeugelt-mit-gruendung-einer-bad-bank; 2524605, Abruf 17. Februar 2010.

7) § 3a Abs. 1 FMStFG.

8) Siehe dazu BT-Drucks. 16/13591; und auch Wolfers/Rau, NJW 2009, 2401.

9) http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_94136/DE/Buergerinnen__und__Buerger/Gesellschaft__und__Zukunft/finanzkrise/030709__Konsolidierungsmodel....

10) Siehe dazu exemplarisch das Statut der Ersten Abwicklungsanstalt, Bundesanzeiger 2010, Amtl. Teil, Seite 5ff. § 5.

11)Vgl. vorherige Fn., § 7. Überschuldung führt hier nicht zur Insolvenz.

Marcel Köchling , Vizepräsident, Vorstandsmitglied , Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing e.V., Berlin
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