Gespräch des Tages

Bankenaufsicht III - Stellungnahme der Deutschen Bundesbank

Die ausführliche Stellungnahme der Deutschen Bundesbank zum Entwurf des Aufsichtsstrukturmodernisierungsgesetzes zitiert die Redaktion im Wortlaut:

"Der Referentenentwurf begegnet aus Sicht der Deutschen Bundesbank grundlegenden und schwerwiegenden Bedenken und würde - insbesondere durch die geplante Erstreckung der Rechts- und Fachaufsicht des BMF über die Tätigkeit der Bundesbank in der Bankenaufsicht - die Aufsichtsstrukturen wesentlich verändern und hätte abträgliche Folgen für die Sicherstellung der Finanzstabilität. Der materielle Gehalt der geplanten Änderungen wird dabei erst verständlich, wenn man die vom BMF beabsichtigten Änderungen der Aufsichtsrichtlinie in den Blick nimmt, die im Ergebnis die gesetzliche Verantwortung der Bundesbank nach § 7 KWG aushöhlen würden.

Der Referentenentwurf ist auch im Zusammenhang zu sehen mit den laufenden Beratungen des Entwurfs eines Investmentänderungsgesetzes, in dem die für die Aufgaben der Bundesbank im Bereich der Finanzstabilität wichtigen Informationsstränge zwischen Investmentgesellschaften und Bundesbank wesentlich eingeschränkt werden sollen.

Die derzeitigen Aufsichtsstrukturen in Deutschland haben sich seit Jahrzehnten bewährt und sind, soweit es die Mitwirkung der Bundesbank betrifft, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 1962 Teil des 'vorverfassungsmäßigen Gesamtbildes' von Art. 88 GG. Sollte der Entwurf Gesetz werden, würde dies zu einer Veränderung der Beteiligung der Bundesbank im Rahmen der Bankenaufsicht führen, die weder mit ihrer Rolle als Währungs- und Notenbank der Bundesrepublik Deutschland, noch mit ihrer Stellung als oberste Bundesbehörde vereinbar wäre. Darüber hinaus stünde eine solche gesetzliche Regelung auch im Widerspruch zu den der Bundesbank nach dem EG-Vertrag übertragenen Aufgaben im Bereich der Finanzstabilität.

Der Referentenentwurf würde zudem entgegen der erklärten politischen Zielsetzung nicht zu einer Verringerung der Doppelarbeit im Bereich der laufenden Aufsicht beitragen, sondern diese entgegen der klaren Aufgabenzuweisung in § 7 KWG noch verstärken. Auch hier ist über die Regelungen des Gesetzentwurfes (§§ 30, 44 KWG) hinaus die vom BMF offensichtlich geplante Änderung der Aufsichtsrichtlinie zu berücksichtigen. Insgesamt würde dies der Intention des erst im Jahre 2002 geänderten KWG entgegenstehen, wonach die Aufgaben von BaFin und Bundesbank klar getrennt und aufeinander zugeordnet sein sollen und der Bundesbank die laufende Überwachung im Sinne der Sachverhaltsaufklärung, Analyse und Bewertung bei allen Instituten übertragen wird. Die 'aufsichtsrechtlichen Maßnahmen' wie Allgemeinverfügungen und Verwaltungsakte sind der BaFin zugeordnet.

1. Zu den Änderungsvorschlägen im Einzelnen:

Art. 1 Nr. 2 des Entwurfs (§ 2 FinDAG): § 2 FinDAG sieht bislang lediglich vor, dass die BaFin der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen untersteht. Nach der Neuregelung würde auch die Bundesbank - wie es im Begleitschreiben heißt - der Rechts- und Fachaufsicht des BMF 'unterstellt'. In der Begründung des Referentenentwurfs wird dies lediglich als Klarstellung bezeichnet.

Es versteht sich von selbst, dass die Bundesbank die ihr im KWG übertragenen Aufgaben nur im Rahmen des ihr dort erteilten gesetzlichen Auftrags und der hierzu ergangenen ergänzenden Vorschriften ausüben kann und wird. Im Hinblick auf ihre besondere Stellung als Währungs- und Notenbank (Art. 88 GG) sowie als oberste Bundesbehörde (§ 29 BBankG) kommt die vorgesehene Unterstellung der Bundesbank unter die Rechts- und Fachaufsicht einer anderen obersten Bundesbehörde nicht in Betracht. Eine solche Aufsicht über die Bundesbank stünde auch im Widerspruch zu der ihr in Art. 105 Abs. 5 EG zur unabhängigen Wahrnehmung zugewiesenen Funktion, als Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken zur Finanzstabilität beizutragen, zumal sich Fragen der Bankenaufsicht und der Finanzstabilität oft nicht klar voneinander abgrenzen lassen.

Auf der internationalen Ebene würde zudem die Unterstellung der Bundesbank unter die Fach- und Rechtsaufsicht des BMF unter dem Blickwinkel der Baseler , core principles' und der dort betonten operationellen Unabhängigkeit der Aufsichtsinstitutionen als falsches Signal verstanden werden.

Auch würde die im KWG vorgesehene Aufsichtsrichtlinie und das für Ihren Erlass grundsätzlich vorgesehene Einvernehmen mit der Bundesbank seiner Funktion entkleidet, wenn die Gegenstände der Aufsichtsrichtlinie auch durch fachaufsichtliche Entscheidungen des BMF geregelt werden könnten.

Art. 1 Nr. 6b des Entwurfs (§ 7 Abs. 3 Satz 3 FinDAG): Im Verwaltungsrat der Bundesanstalt werden regelmäßig zentrale aufsichtspolitische Themen erörtert. Im deutschen Aufsichtsmodell arbeiten beide Aufsichtsinstitutionen in Fragen der Bankenaufsicht eng zusammen. Mit Blick auf ihre gemeinschaftsrechtlich verankerten Aufgaben im Bereich der Finanzstabilität hat die Bundesbank im Verwaltungsrat auch hierzu ihren Beitrag geleistet. Wir halten deshalb die Beibehaltung der gegenwärtigen Regelung, nach der die Bundesbank an den Sitzungen des Verwaltungsrats mit einem Vertreter ohne Stimmrecht teilnehmen kann, für geboten. Eine bloße ermessensabhängige Einladung der Bundesbank zu nicht näher beschriebenen , bankspezifischen Fragestellungen' (wie im Referentenentwurf vorgesehen) könnte das Missverständnis auslösen, über die Beteiligung der Bundesbank im Verwaltungsrat der BaFin werde im Einzelfall auch mit Blick auf die inhaltliche Stellungnahme der Bundesbank zu den Fragestellungen entschieden.

Art. 1 Nr. 3 des Entwurfs (§ 3 FinDAG): Es bedarf weiterer Prüfung, ob der vorgesehenen Einrichtung eines , Steuerungsausschusses' nicht im Kontext der übrigen Änderungen des Gesetzes eine gegenüber der bisherigen bloßen Koordinierung im , Forum für Finanzmarktaufsicht' gewandelte Funktion zukommt. Jedenfalls sollte klargestellt werden, dass die , gesetzliche Verantwortung der Bundesbank im Bereich der Bankenaufsicht nach § 7 KWG und ihre Verantwortung im Bereich der Finanzstabilität unberührt bleiben'.

Art. 2 des Entwurfs (§§ 30, 44 Abs. 1 KWG): Die vorgeschlagenen Änderungen zu §§ 30, 44 KWG sind zu weitgehend, insoweit damit auch eine Verlagerung von bankgeschäftlichen Prüfungen auf die Wirtschaftsprüfer verbunden ist. Bankgeschäftliche Prüfungen, also derzeit die Zulassungs- und Nachschauprüfungen für die bankeigenen Verfahren zur Ermittlung der regulatorischen Eigenmittelausstattung (IRB, Marktrisikomodelle, AMA) und Risikosteuerungsverfahren (Prüfungen der MaRisk sowie von Liquiditätssteuerungsmodellen) sind Kernaufgaben der öffentlichen Aufsicht. Davon zu unterscheiden sind Prüfungen zum Kreditbestand, zur Werthaltigkeit von Sicherheiten und Angemessenheit der Risikovorsorge sowie Geldwäsche und Depotprüfungen, bei denen durch Vorgaben der BaFin an den Jahresabschlussprüfer im Einzelfall eine gesonderte Prüfung nach § 44 Abs. 1 verzichtbar gemacht werden kann. Wir halten es deshalb für geboten, klarzustellen, dass , die Prüfungsgegenstände der bankgeschäftlichen Prüfungen nach § 7 KWG unberührt bleiben'.

Eine Verlagerung auch bankgeschäftlicher Prüfungen auf Wirtschaftsprüfer würde demgegenüber zu einer Privatisierung originär öffentlichen Aufgaben führen und im Widerspruch zu einer qualitativen, prinzipienorientierten Bankenaufsicht nach Basel II stehen; die damit naturgemäß verbundenen Beurteilungsspielräume sind von den zuständigen Aufsichtsinstitutionen selbst auszuüben; in diesem Sinne schreibt auch Art. 124 der Bankenrichtlinie die notwendigen Prüfungen durch die zuständigen Institutionen (, competent authorities') vor.

Als sachdienlichen Beitrag zur Entbürokratisierung und Entlastung der Kreditwirtschaft von Doppelprüfungen wollen wir nochmals auf unseren Vorschlag hinweisen, durch eine Änderung der Prüfungsberichtsverordnung den Jahresabschlussprüfern zu ermöglichen, die Ergebnisse bankgeschäftlicher Prüfungen zu verwerten. Die handelsrechtlichen Aufgaben der Jahresabschlussprüfer bleiben bei einer solchen Vereinfachung der bankaufsichtlichen Anforderungen unberührt.

2. Insgesamt trägt der Referentenentwurf und noch mehr die im Zusammenhang mit der beanspruchten Rechts- und Fachaufsicht zu sehenden Vorschläge zur Änderung der Aufsichtsrichtlinie zu wenig der politischen Zielsetzung und den Ergebnissen des DIW Gutachtens Rechnung, die Tätigkeiten von Bundesbank und BaFin trennschärfer abzugrenzen und so einen Beitrag zum Abbau von Doppelarbeit und zur Entlastung der Kreditwirtschaft von Aufsichtskosten zu leisten.

Die uns zeitgleich mit dem Referentenentwurf mitgeteilten und offensichtlich mit dem BMF fachaufsichtlich abgestimmten Vorschläge der BaFin für eine Änderung der Aufsichtsrichtlinie stehen allerdings in diametralen Widerspruch zu dieser Zielsetzung. So wird die Durchführung von Aufsichtsgesprächen - die als , milderes' Instrument gegenüber bankgeschäftlichen Prüfungen eindeutig ein Teil der , laufenden Überwachung' sind - als , hoheitliche Handlung' dem Zuständigkeitsbereich der BaFin zugeordnet. Außerdem soll neben den bekannten Gruppen von , systemrelevanten und Probleminstituten' eine neue Kategorie , kommunikationsintensiver Institute' gebildet werden, bei denen die BaFin sich entweder an der Prüfung beteiligen oder - auch ohne Einvernehmen mit der Bundesbank selbst die Prüfung durchführen will. Der Bundesbank solle es hierbei offen bleiben, den , Prüfungen der BaFin beizutreten'.

Würde man diesen Vorschlägen näher treten oder sie - etwa im Rahmen der vom BMF im Referentenentwurf beanspruchten Fachaufsicht - umsetzen, würde nicht nur die gesetzliche Aufgabenverteilung nach § 7 KWG ausgehöhlt, sondern kostenintensive Doppelarbeit beider Aufsichtsinstitutionen geradezu institutionalisiert. Den Kreditinstituten gegenüber würde die Verantwortung für die Durchführung von Prüfungen und Aufsichtsgesprächen verwischt und Unklarheit über die jeweiligen Ansprechpartner geschaffen.

Die Bundesbank hält es deshalb nach wie vor für angemessen und geboten, in § 6 KWG neben der BaFin auch die Bundesbank als Aufsichtsinstitution klarstellend zu erwähnen. So ließe sich entsprechend den Ergebnissen des DIW-Gutachtens auch für die Zukunft besser gewährleisten, dass die Aufgabenverteilung entsprechend Wortlaut und Sinn des § 7 KWG auch in der Praxis umgesetzt und gelebt wird und die bei einer effizienten Aufsicht unvermeidbaren Kostenbelastungen der Kreditwirtschaft auf das notwendige Maß begrenzt werden." Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2008 in Kraft.

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