Aufsätze

Bargeldversorgung und Bargeldrecycling - Herausforderungen und Lösungsansätze der S-Finanzgruppe

Ziel ist es, den Kunden eine störungsfreie Bargeldver- und -entsorgung anzubieten und dabei die Mehrbelastung, die durch den Rückzug der Bundesbank aus der Fläche entsteht, so weit wie möglich abzufedern.

Bargeld ist - trotz jährlich steigender Kartenzahlungen - das Zahlungsmittel Nr. 1 in Deutschland, und das wird es auf mittlere Sicht auch erstmal bleiben. Das ist eine gute Nachricht für die regional verankerten Kreditinstitute und Sparkassen, so könnte man auf den ersten Blick meinen, sind doch Bargeldgeschäfte originäre Finanzdienstleistungen und ziehen Kunden in die Filialen. Doch schaut man genauer hin, stellt man fest, dass die Sicherstellung der Bargeldversorgung aktuellen Herausforderungen gegenübersteht, die das ohnehin schon teure und risikobehaftete Geschäft noch anspruchsvoller gestalten.

Aktuelle Herausforderungen

Das Geschäft der Geldbearbeitung wandelt sich, bedingt durch Veränderungen bei der Deutschen Bundesbank, durch neue Anbieter für Serviceleistungen bei der Bargeldbearbeitung und durch technische Innovationen. Die aktuelle Entwicklung am Bargeldmarkt ist geprägt von einem weiteren deutlichen Rückzug der Deutschen Bundesbank aus dem Bargeldkreislauf, der noch bis 2015 anhält.

Heute spielt die Bundesbank noch eine zentrale Rolle im Bargeldkreislauf hierzulande. Die Gelder, die über den Handel von Kunden eingenommen werden, werden an Sparkassen, Landesbanken und andere Kreditinstitute weitergereicht und von dort, oftmals unter Zwischenschaltung von Wertdienstleistern (WDL), an die Bundesbank zurückgegeben. Sie prüft das Geld auf Echtheit und Unversehrtheit (Cash Recycling), bevor sie es auf dem gleichen Weg wieder in Umlauf gibt.

Genau an dieser Stelle möchte sich die Bundesbank aus dem Markt in Teilen zurückziehen: sie möchte ihre prozentuale Beteiligung von 70 Prozent des bundesweiten Bargeldaufkommens auf 50 Prozent senken. 2009 lag der Anteil der Bundesbank am Recyclingvolumen in Deutschland noch bei 64 Prozent* - hier liegt also noch ein gutes Stück Weg.

Demgegenüber steht, dass Banken die Möglichkeiten zum eigenen Cash Recycling aktuell häufig noch nicht umfänglich ausschöpfen. Die Statistik verdeutlicht das Potenzial: Nach Angaben der Bundesbank wurden 2009 nur etwa 7 Prozent des nationalen Bargeldaufkommens mit Cash-Re-cycling-Systemen wiederaufbereitet und zirka 29 Prozent manuell*. Das zeigt, wie hoch die Abhängigkeit der Kreditinstitute auch der Sparkassen und Landesbanken von der Deutschen Bundesbank derzeit ist.

Raum für die Privatwirtschaft

Zukünftig will sich die Deutsche Bundesbank vorrangig als Großhändler für Bargeld positionieren. Sie reduziert ihre Standorte und verändert die Serviceleistungen und -entgelte rund um die Bargeldver- und -entsorgung. Die Notenbank begründet ihren Rückzug aus Bereichen der Bargeldversorgung unter anderem mit Effizienzsteigerungen für das eigene Haus und mit der Forderung nach einer höheren eigenverantwortlichen Marktbeteiligung Dritter. Sie verweist an dieser Stelle auf neue Möglichkeiten für die Abwicklung der Bargeldlogistik: Mit dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) kann auch die Privatwirtschaft - also auch Nichtbanken - unter bestimmten Auflagen die Bargeldbearbeitung übernehmen.

Da die Bundesbank Filialen reduziert, entstehen in Deutschland vier Zonen mit einem Durchmesser von 150 Kilometer, in denen keine Filiale ist. Der durchschnittliche Weg verlängert sich um 30 bis 40 Prozent. Sparkassen und Landesbanken stellt diese Entwicklung vor neue Herausforderungen - auch und gerade angesichts einer jährlichen Kostensteigerung in der Bargeldlogistik insgesamt in Höhe von etwa 120 Millionen Euro. Ziel der Betrachtungen ist, unter anderem durch Prozessverbesserungen und Betreibermodelle ein adäquates Sicherheitsniveau zu gewährleisten.

Neue Anforderungen an die Privatwirtschaft

Was liegt an dieser Stelle näher als die Bargeldlogistik von WDL erbringen zu lassen? Dies klingt leichter als es tatsächlich ist, denn diese Option ist nicht ohne Risiko. Ist die Branche der WDL tatsächlich eine echte Alternative zur Bundesbank? Trägt sie dem Anspruch nach Sicherheit beim Umgang mit Bargeld ausreichend Rechnung? Sparkassen nutzen heute WDL vor allem für den Transport von Bargeld zur Deutschen Bundesbank und zurück, teilweise aber auch für die Geldaufbereitung (Konfektionierung, Neuverpackung).

Die "Vermischung" von Bargeldbeständen mehrerer Auftraggeber in Form eines privatwirtschaftlichen Cash Recycling darf heute noch kein WDL anbieten, da bisher noch kein Unternehmen die aufsichtliche Erlaubnis zur Durchführung dieser Geschäfte (ZAG-Erlaubnis) erhalten hat. Die ZAG-Vorgaben fokussieren auf einer anspruchsvollen Eigenkapitalunterlegung, einen geordneten Geschäftsbetrieb und transparente Prozesse, in denen die Kundengelder separiert beziehungsweise zusätzlich versichert sind. De facto haben bislang drei WDL die Beantragung einer ZAG-Zertifizierung signalisiert das Ergebnis einer tatsächlichen Zulassung ist derzeit völlig offen (Stand: Februar 2011).

Erschwerend kommt hinzu, dass die WDL-Branche seit der Heros-Insolvenz 2006 immer noch in einer Vertrauenskrise steckt. Kreditinstitute sind gut beraten, nur mit Anbietern zusammenzuarbeiten, deren wirtschaftliche Situation solide ist und die in transparenten Bearbeitungsprozessen die vorgegebenen Sicherheitsstandards einhalten. In einigen Regionen besteht eine vordergründig oligopolistische Marktstruktur, die bei weiteren Konsolidierungen - unter anderem durch das ZAG - auch monopolistische Abhängigkeiten nach sich ziehen kann.

Angesichts dieser Rahmenbedingungen wird klar, dass sich ohne entsprechende Gegenmaßnahmen die Kosten, das Risiko und die Abhängigkeit der Sparkassen und Landesbanken von Dritten in der Bargeldlogistik überproportional erhöhen werden. Das war der Anlass, konkrete Lösungsansätze im Rahmen eines bundesweiten Projektes in der Sparkassen-Finanzgruppe zu eruieren und zu definieren.

Lösungen für eine zukunftsfähige Bargeldlogistik

Aus den aufgezeigten Rahmenbedingungen erwachsen Herausforderungen für die Bargeldlogistik der Sparkassen und Landesbanken, für die gemeinsame strategische und operativ direkt nutzbare Lösungen erarbeitet wurden. Im gemeinsamen Projekt wurden Prozesse, Sicherheitsstandards und organisatorische Rahmenbedingungen geschaffen, mit denen die Institute die Bargeldlogistik trotz des sich ändernden Marktumfeldes kosteneffizient, zuverlässig und sicher durchführen können. Dabei sind die strategischen Überlegungen das Fundament für die zukunftsfähige Ausgestaltung der institutsindividuellen Bargeldlogistik. Ziel ist es, den Kunden eine störungsfreie Bargeldver- und -entsorgung anzubieten und dabei die Mehrbelastung, die durch den Rückzug der Bundesbank aus der Fläche entsteht, so weit wie möglich abzufedern. Das kann zur Folge haben, dass das Bargeldaufkommen und -angebot auf ausgewählte Standorte konzentriert wird. Das flächendeckende Bargeldangebot von Sparkassen bleibt jedoch unangetastet. Das ist gerade für den Handel wichtig, denn er nutzt den Löwenanteil des Bargelds in Deutschland. So flossen den deutschen Kreditinstituten nach Angaben der Bundesbank in 2008 insgesamt etwa 500 Milliarden Euro Bargeld zu, davon entfielen auf den Handel zirka 387 Milliarden Euro: das heißt, dass zirka 20 Prozent des Bargeldaufkommens den Kreditinstituten von Privatkunden zugeführt werden - aber 80 Prozent über den Handel*. Dabei wird der Handel in Zukunft häufiger Bargeld als Produkt angeboten bekommen, auch zusammen mit anderen Dienstleistungen gebündelt. Durch den weiteren Einsatz von SB-Cash- Recycling wird die Flexibilität speziell von Gewerbekunden weiter erhöht. So bieten die Sparkassen bereits heute neben 25 700 Geldautomaten, an denen Bargeld abgehoben werden kann, auch 2700 Geräte mit Einzahlungsmöglichkeiten an. Dort können zum Beispiel Gewerbekunden ihre Tages- oder Wocheneinnahmen rund um die Uhr unabhängig von den Filialöffnungszeiten einzahlen. Durch den Ausbau dieses Angebotes wird nicht nur der Service für die Kunden erweitert, sondern auch die Abhängigkeit von der Deutschen Bundesbank an dieser Stelle reduziert.

Attraktive Kartenbezahlverfahren

Daneben bietet die Kreditwirtschaft attraktive Kartenbezahlverfahren an, die nicht zuletzt den Aufwand für das Bargeldhandling senken. Ihr Anteil am Einzelhandelsumsatz steigt von Jahr zu Jahr. Das beliebteste und wirtschaftlichste Verfahren ist das ec-cash-Verfahren, das Bezahlen mit Girocard und PIN. Gerade die hohe Verbreitung von ec-cash hat dazu geführt, dass der Bargeldumsatz mittlerweile weit unter 60 Prozent liegt. Mit dem kontaktlosen Bezahlen mit der Sparkassen-Card bringen die Sparkassen gemeinsam mit den Volksbanken in diesem Jahr ein weiteres, attraktives Bezahlverfahren für die Girocard auf den Markt. Es eignet sich besonders für Kleinbeträge und hat somit das Potenzial, den Münzgeldeinsatz weiter zu reduzieren.

Für ein flächendeckendes und attraktives Bargeldangebot der Sparkassen ist es wichtig, dass die Bündelung in diesem Bereich weiter vorangetrieben wird. Denn die Ziele der Sparkassen und der Kunden - Kosteneffizienz, Zuverlässigkeit und Sicherheit - lassen sich am besten über Bargeldservice-Gesellschaften erreichen. Bargeldservice-Gesellschaften sind Einkaufs-/ Qualitätssicherungs- und Steuerungsgesellschaften für Wertdienstleistungen. Sie basieren auf einem eindeutig beschriebenen Geschäftsmodell und kaufen für Institute die eigentlichen Dienstleistungen rund um die Bargeldlogistik von Wertdienstleistern ein. Im Fokus steht stets die Sicherstellung der erforderlichen Qualität und Sicherheit in der Bargeldver- und -entsorgung. Kernelemente des Leistungsprofils sind dezidiert abgebildete Sicherheitsstandards für die Bargelddienstleistungen der Wertdienstleister. Sie sind mit geeigneten Prozessen konsequent zu unterlegen (zum Beispiel Lieferantenmanagement, Kommunikationsrichtlinien, Notfallkonzept für Ausfall eines Wertdienstleisters) und nachzuhalten (etwa Sendungsnachverfolgung, Interventioen, Auditierungen).

Erste Angebote von Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe in Richtung Bargeldservice-Gesellschaft wird es in Kürze geben. Auch zukünftig ist sichergestellt, dass Privatkunden und Handel in bewährter Weise zuverlässig, sicher und zu fairen Konditionen mit Bargeld versorgt werden.

Schlankere Prozesse und Synergien

Die Institute der Sparkassen-Finanzgruppe sind als Marktführer im Retailmarkt ihren Kunden mit einem weiterhin hohen Serviceangebot verpflichtet. Daher ist es für die Häuser entscheidend, die veränderten Rahmendaten des Marktes der Geldversorgung durch schlankere Prozesse und konsequente Nutzung von Synergien so weit wie möglich aufzufangen und zu kompensieren. Professionelle Bargeldservice-Gesellschaften entlasten Sparkassen und bilden ein zukunftsfähiges Vorgehen zur Sicherstellung der Bargeldlogistik ab. Der kurz- bis mittelfristige Ausbau der regionalen Angebote kann das notwendige Sicherheitsniveau schaffen und aufgrund der regionalen Nähe und Akzeptanz die Kostennachteile zumindest teilsweise aufheben, sodass Sparkassen weiterhin ihren Kunden eine sichere Dienstleistung zum fairen Preis anbieten.

Fußnote

* Vgl. hierzu Monatsbericht der Deutschen Bundesbank 01/2011.

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