Gespräch des Tages

BHF-Bank - Glück oder unternehmerisches Gespür?

Für Matthias Graf von Krockow, den Sprecher der persönlich haftenden
Gesellschafter des Kölner Privatbankhauses Sal. Oppenheim und seit gut
einem Jahr auch Vorstandssprecher der BHF-Bank kann die Herauslösung
und Neuordnung der zukunftsträchtigen Teile seiner neuen Frankfurter
Tochter aus dem ING-Konzern gar nicht hoch genug bewertet werden.
Erstes Zwischenergebnis: Mit 30 Millionen Euro im Geschäftsbereich
Asset Management & Financial Services, in Summe 71 Millionen Euro bei
Financial Markets und Corporates sowie 23 Millionen Euro bei Private
Banking kamen im Berichtsjahr 2005 trotz der minus 31 Millionen Euro
aus dem Restposten Konsolidierung/Sonstiges stolze 91 Millionen Euro
vor Steuern heraus. Weshalb das laufende Jahr noch einen weiteren
Schub bringen soll, hat von Krockow auch schon verdeutlicht: Die Bank
werde nicht gemanagt, sondern in allen drei Geschäftsbereichen mit
ausgesprochen unternehmerischem Geist geführt.
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Aus Sicht von Sal. Oppenheim kann man die vielleicht ein wenig
frühzeitig eingeleitete Geschichtsschreibung durchaus so euphorisch
sehen. Der außen stehende Betrachter mag sich gleichwohl fragen, wie
denn die ING als dritter Beteiligter aus dem Spiel herausgekommen ist.
Auf den ersten Blick ist man jedenfalls geneigt, den Großkonzern als
Verlierer einzustufen. Schließlich ist die Integration der "alten"
BHF-Bank eindeutig nicht gelungen, und mit dem Herauslösen der
schwerverkäuflichen Teile aus der Bank hat man einen Verlust
realisieren müssen. Gleichwohl wurde offenbar auch in Amsterdam
schneller als in anderen Fällen der Finanzwirtschaft und anderer
Branchen die Gunst der Stunde erkannt, mit der Aussicht auf Nutzung
des Verlustvortrags für die erfolgreiche Tochter ING-Diba gut aus dem
zweiten, weniger glücklichen Deutschlandengagement BHF-Bank
herzukommen.
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Bei Sal. Oppenheim hält man sich wiederum zugute, zum richtigen
Zeitpunkt gegenüber der vom BHF-Management so ungeliebten
Commerzbank-Lösung auf den Plan getreten zu sein. Und auch gegenüber
den so genannten "Heuschrecken" als potenziellen Mitbewerbern sieht
von Krockow in dieser besonderen Konstellation rückblickend eindeutige
Vorteile. Kein Finanzinvestor, so seine These, hätte den
Vertrauensverlust in die BHF in diesem unruhigen Zustand so schnell
und überzeugend stoppen können. Und kein börsennotierter
Finanzdienstleister hätte die sicher nicht ganz risikolose Transaktion
mit Rücksicht auf die Unsicherheiten der kurzfristigen Kursentwicklung
so langfristorientiert in Angriff nehmen und so unkonventionell
umsetzen können. Bisher greifen diese Argumente der Kölner Privatbank
für eine in dieser Größenordnung durchaus gewagte Übernahme. Für eine
abschließende Bewertung ist es aber noch ein wenig früh.

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