Gespräch des Tages

Castell-Bank - Im wohlkalkulierten Wandel

Wenn im Hause der Fürstlich Castell´schen Bank an die Anfänge der mittlerweile 234-jährigen Unternehmensgeschichte erinnert wird, so entdeckt man gewisse Parallelen zu den Ursprüngen des deutschen Sparkassenwesens. Der Bevölkerung in der Region die Möglichkeiten zu Bankgeschäften zu verschaffen, so wird im Fürstenhaus glaubhaft versichert, war der Familie stets ein wichtiges Anliegen. Und diese Verwurzelung mit Land und Leuten äußert sich bis heute in der bewussten Beschränkung des Geschäftsgebietes auf die Region Unter-, Mittel- und Oberfranken. Der Steigerwald sowie die Städte Würzburg und Nürnberg sind nach wie vor die orientierungsgebenden Anhaltspunkte für die Geschäftstätigkeit der Bank. Historisch gewachsen sind die Filiale in Ludwigshafen sowie die Repräsentanzen in Heilbronn und München.

Es ist diese tiefe Verbindung mit den Privatkunden und den Unternehmen ihrer Region, die die Castell-Bank auch in den Bilanzbesprechungen dieser Zeitschrift immer wieder in die Nähe von Sparkassen gerückt hat. Und die Dominanz des Zinsgeschäftes gegenüber dem Provisionsgeschäft zeigt bis heute die Berechtigung dieser Zuordnung, wenngleich die Verschiebung vom Zinsüberschuss hin zum Provisionsüberschuss im Berichtsjahr 2007 deutlich die behutsam eingeleitete strategische Neuorientierung signalisiert. 21,4 Millionen Euro an Zinsüberschuss stehen im abgelaufenen Geschäftsjahr 16,6 Millionen Euro auf der Provisionsseite gegenüber. Das Zinsgeschäft überwiegt also mit einem Anteil von gut 56,3 Prozent immer noch deutlich das Provisionsgeschäft. Aber im Vergleich zu den 68 Prozent des Zinsgeschäftes im Geschäftsjahr 2002 oder gar den 75,6 Prozent aus dem Jahre 1997 zeigt sich inzwischen eine klare Umorientierung.

Vor allem im Privatkundengeschäft sind eindeutige Fortschritte in Richtung der Provisionsseite erkennbar. Die Castell-Bank macht auch keinen Hehl daraus, dass sie das von Skaleneffekten getriebene Retailgeschäft bewusst defensiv betreibt und eine Abwanderung von Kunden in diesem vergleichsweise teuer produzierenden Segment in Kauf nimmt. Die Zielvorstellungen der Ertragsstruktur reichen dabei durchaus in die Dimensionen der klassischen Privatbankiers. Mittelfristig wird bei der Bank ein ausgeglichenes Verhältnis von Zins- und Provisionsüberschuss angestrebt. Und auf längere Sicht kann man sich schon ein Gewicht von zwei Drittel und mehr für die Provisionsseite vorstellen, also Größenordnungen wie man sie heute etwa bei Hauck & Aufhäuser vorfindet, die ebenfalls noch das Firmenkundengeschäft pflegen. Eine andere Besonderheit, die man aus dem freundschaftlich verbundenen Privatbankhaus Metzler schon seit vielen Jahren kennt, ist inzwischen auch bei der Castell-Bank etabliert. Der an die Aktionäre, also die Fürstenfamilien Castell-Castell und Castell-Rüdenhausen, ausgeschüttete Bilanzgewinn beträgt in der GuV-Rechnung wie im Vorjahr zwei Millionen Euro, und an dieser Größe soll sich nach aktuellem Stand der Dinge auch im laufenden Geschäftsjahr nichts ändern. Der Rest des erwirtschafteten Ertrags verbleibt still in der Bank, ganz so wie es an dieser Stelle Friedrich von Metzler für sein Bankhaus regelmäßig mit schmunzelndem Verweis auf die Möglichkeiten der HGB-Rechnungslegung zu betonen versteht.

Es ist dieser Blick für langfristig orientierte Investitionen, der die Unternehmensführung solcher Privatbankiers ausmacht und ihnen bei den Kunden auch Glaubwürdigkeit beim Modethema Nachhaltigkeit gibt. Wer wie die Fürstenfamilien der Castell-Bank neben dem Bankgeschäft noch Forst-, Landwirtschaft und Weinbau betreibt - derzeit übrigens in allen Teil bereichen mit auskömmlichem Ertrag - der hat höchstwahrscheinlich wirklich ein anderes Gespür für Produkt- und Produktionszyklen als die von den Kapitalmärkten und der Quartalsberichterstattung getriebenen börsennotierten Banken. Rund 1,5 Millionen neue Laubbäume, so hat der Fürst erwähnt, hat die Familie in jüngster Zeit gepflanzt. Den erhofften Ertrag dieser Investition wird zu großen Teilen erst die nächste Generation erzielen können. Entsprechend behutsam reagiert die Castell-Bank auch bei strategischen Entscheidungen rund um ihre Bank-IT. Dass gerade dieser Kostenbereich für sie mit noch vergleichsweise großem Anteil an Eigenanwendungen aus Aufwands-/Ertragsgesichtspunkten besonders unter Beobachtung steht, wird zwar offen kommuniziert. Aber unter Beachtung der Laufzeit vieler langfristig abgeschlossener IT-Verträge und der darauf aufgesetzten Personalentwicklung im eigenen Haus dürfte es bei aller grundsätzlicher Offenheit für neue Wege noch einige Jahre dauern, bis die Bank auch diese Leistungen am Markt einkauft.

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