Aufsätze

"Ein einheitliches Verbriefungsgesetz könnte ein durchdachtes Konzept umsetzen, aber gegebenenfalls geht Flexibilität verloren"

Die Subprime-Krise hat den Markt für Verbriefungen weltweit nachhaltig erschüttert und seine Wachstumsperspektiven beeinträchtigt. Hiervon ist auch der deutsche Markt betroffen, der in den vergangenen Jahren gerade erst den zuvor lange erhofften Aufschwung genommen hatte. Zu diesem Aufschwung hatten verschiedene Gesetzesänderungen maßgeblich beigetragen, die Verbriefungen insbesondere für deutsche Banken attraktiver gemacht haben.1)

Einschreiten des deutschen Gesetzgebers geboten?

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung stellt sich zunächst die Frage, ob die durch (indirekte) Investitionen in Sub-prime-Produkte verursachte Schieflage verschiedener deutscher Banken auf der Liberalisierung des deutschen Rechts beruht und somit ein Einschreiten des deutschen Gesetzgebers zur Regulierung von Verbriefungen geboten ist. Diese Frage kann mit einem klaren "Nein" beantwortet werden.

Die Subprime-Krise beruht in erster Linie auf einer durch einen Rückgang der Immobilienpreise bedingten Verschlechterung des US-amerikanischen Immobilienmarkts. In der Vergangenheit hatten US-Banken hohe Kredite an Schuldner zweifelhafter Bonität zum Erwerb von Immobilien ausgereicht, die den (jetzigen) Wert der Immobilien teilweise erheblich überstiegen. Diese Banken hatten diese sogenannte Subprime-Kredite über den Verbriefungsmarkt weiterveräußert. Nach Rückgang der Immobilienpreise und vor dem Hintergrund der Verschlechterung der Konjunktur in den USA ist es zweifelhaft, ob die durch Subprime-Kredite besicherten Asset Backed Securities in voller Höhe zurückgezahlt werden können.

Die in die Krise geratenen deutschen Banken sind hiervon dadurch betroffen, dass von ihnen aufgesetzte Investmentvehikel, sogenannte Conduits, unter anderem in durch Subprime-Kredite gedeckte Wertpapiere investiert hatten. Diese Investmentvehikel konnten sich in der Folge nicht mehr auf dem zum Erliegen gekommenen Kapitalmarkt refinanzieren, sondern mussten auf von den betroffenen Banken zur Verfügung gestellte Liquiditätslinien zurückgreifen. Diese Liquiditätslinien konnten von den Banken in der Vergangenheit grundsätzlich unbegrenzt zur Verfügung gestellt werden, da sie nach Basel I aufgrund ihrer unterjährigen Laufzeit nicht mit Eigenkapital zu unterlegen waren. Darüber hinaus waren sie nicht in der Bilanz des Kreditgebers auszuweisen. Bisher war es selbst nach dem 11. September 2001 nicht zu einer längeren Inanspruchnahme dieser Liquiditätslinien gekommen.

Nachhaltige Inanspruchnahme von Liquiditätslinien

Die inzwischen seit Monaten andauernde Subprime-Krise machte daher erstmals eine nachhaltige Inanspruchnahme dieser Liquiditätslinien erforderlich, die die finanzielle Leistungsfähigkeit der betroffenen Banken überforderte. Dem mit diesen Liquiditätslinien verbundenen Risiko trägt die in Umsetzung von Basel II eingeführte Solvabilitätsverordnung dadurch Rechnung, dass sie deren Unterlegung mit Eigenkapital in Abhängigkeit von ihrem Risikoprofil vorsieht. Es wird sicherlich zu untersuchen sein, ob hier weitere Maßnahmen geboten sind. Festzuhalten bleibt jedoch, dass die Subprime-Krise weder eine Rückgängigmachung bisheriger gesetzgeberischer Maßnahmen noch eine weitergehende gesetzgeberische Regulierung erforderlich macht.

Es bleibt allerdings dabei, dass das deutsche Recht - insbesondere das Steuerrecht - noch immer zahlreiche Bestimmungen aufweist, die Verbriefungen gerade über deutsche Zweckgesellschaften erschweren oder letztlich sogar unmöglich machen.2) Dies gilt insbesondere für deutsche Unternehmen, aber auch nach wie vor für deutsche Banken. Unternehmen und Banken bleibt in diesen Fällen nur die Möglichkeit, Verbriefungen über ausländische Zweckgesellschaften durchzuführen. Bei den Banken wirkt sich diese mangelnde Flexibilität letztlich auch auf die Kreditkonditionen für Unternehmen und Verbraucher aus. Es sollte daher weiter daran gearbeitet werden, einen sicheren rechtlichen Rahmen für Verbriefungen unter Nutzung deutscher Zweckgesellschaften zu schaffen und bestehende rechtliche und steuerliche Hürden für Verbriefungen abzubauen oder deren Entstehung gar nicht erst zuzulassen.

Ein gutes Beispiel hierfür ist das derzeit im Rahmen des sogenannten Risikobegrenzungsgesetzes geforderte undifferenzierte Abtretungsverbot für Ansprüche des Kreditgebers aus Darlehen. Deutsche Banken hatten in den letzten Jahren größere Portfolios insbesondere notleidender Kredite vor allem an Hedgefonds veräußert. Diese Verkäufe waren von Verbraucherverbänden und Politikern kritisiert worden, weil die Käufer Presseberichten zufolge bei der Vollstreckung deutlich rigoroser vorgegangen und die Daten der Kreditnehmer den Käufern offengelegt worden waren. Daher wird gefordert, die Rechte der Kreditnehmer durch ein Abtretungsverbot zu schützen. Teilweise wird auch vorgeschlagen, die Banken gesetzlich zu verpflichten, dem Kreditnehmer ein Wahlrecht einzuräumen, ob ein Kredit mit oder ohne Abtretungsverbot gewährt werden soll. Die Bank könnte dann für Kredite mit Abtretungsverbot eine höhere Marge verlangen. Solche Abtretungsverbote würden jedoch nicht nur die Übertragung von Kreditportfolios im beschriebenen Fall verhindern, sondern auch die Verbriefung von Darlehensansprüchen in der Form einer Veräußerung der Darlehensforderungen.

Verbriefungen sind indessen mit den beschriebenen Portfolioverkäufen nicht vergleichbar. Liegt bei diesen das Interesse der Bank im Wesentlichen darin, sich von einem Kredit beziehungsweise der gesamten Kundenbeziehung zu trennen, ist dies bei Verbriefungen gerade nicht der Fall. So werden bei Verbriefungen die Darlehensansprüche aufgrund unter anderem aufsichtsrechtlicher Vorgaben im Wege der stillen Abtretung an die Zweckgesellschaft übertragen und die Kreditnehmerdaten in verschlüsselter Form bei einem qualifizierten Datentreuhänder hinterlegt, während das Forderungsinkasso bei der Bank verbleibt, die das Darlehen ausgereicht hat.

Hierdurch wird die Wahrung der Rechte der Kreditnehmer in bestmöglicher Weise sichergestellt.3) Sofern es daher zu einer gesetzlichen Regelung kommt, sollte diese jedenfalls zwischen den verschieden gelagerten Sachverhalten bei Verbriefungen und Portfolioverkäufen differenzieren, so dass den Banken die Möglichkeit zur Verbriefung im Wege des Forderungsverkaufs erhalten bleibt.

Flexibilität erhalten

In systematischer Hinsicht lässt sich schließlich die Frage stellen, wie die zur Verbesserung der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen erforderlichen Regelungen im deutschen Recht umgesetzt werden sollten. Denkbar sind hier grundsätzlich zwei Lösungen: Zum einen könnten die Regelungen entsprechend der bisherigen Handhabung in den jeweiligen Spezialgesetzen (zum Beispiel KWG oder GewStDVo) aufgenommen werden; zum anderen könnte man auch an ein einheitliches Verbriefungsgesetz denken.

Ein einheitliches Verbriefungsgesetz würde insbesondere Sonderregelungen für deutsche Verbriefungszweckgesellschaften enthalten: Hierbei ist neben besonderen Regelungen zur Besteuerung an gesellschafts-, aufsichts- und insolvenzrechtliche Spezialregelungen zu denken. Der Vorteil eines solchen einheitlichen Gesetzes läge darin, dass dieses der besonderen Situation bei Verbriefungen besser Rechnung tragen und ein einheitliches und durchdachtes Konzept umsetzen könnte. Insbesondere das Luxemburger Verbriefungsgesetz hat gezeigt, dass ein Gesetzgeber auf diese Weise Startvorteile für eine Jurisdiktion schaffen kann. Andere Verbriefungsgesetze (etwa das italienische Verbriefungsgesetz) haben allerdings für lange Zeit den Verbriefungsmarkt eher behindert denn gefördert.

Die Gefahr bei einheitlichen Verbriefungsgesetzen besteht darin, dass sie stets nur die Umsetzbarkeit der zurzeit im Markt aktuellen Strukturen sicherstellen und allenfalls bestimmte, bereits absehbare neue Strukturen ermöglichen können. Verbriefungsstrukturen ändern sich jedoch fortwährend, sodass hierdurch gegebenenfalls Flexibilität verloren geht.

Günstige Rahmenbedingungen schaffen

Ob im Wege eines hinreichend flexiblen einheitlichen Verbriefungsgesetzes oder durch Änderung und Ergänzung verschiedener Spezialgesetze: In jedem Falle sollte die Möglichkeit von Banken und Unternehmen, sich durch Verbriefungen zu refinanzieren, weiter gefördert werden. Es ist eine Frage der Zeit, wann sich der Verbriefungsmarkt wieder belebt; die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen sollten deutschen Banken und Unternehmen dann bei Verbriefungen nicht im Wege stehen, sondern diese unterstützen.

Fußnoten

1) Siehe hierzu Frese/Cerveny, Ein deutsches Verbriefungsgesetz könnte einen neuen Impuls für eine Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens setzen, S. 154 in diesem Heft.

2) Siehe hierzu Frese/Cerveny, Ein deutsches Verbriefungsgesetz könnte einen neuen Impuls für eine Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens setzen, S. 154 in diesem Heft.

3) In der öffentlichen Diskussion zum Kreditverkauf wurde auch bisweilen übersehen, dass bereits das geltende Recht Mechanismen enthält, die einen Kreditnehmer bei Inanspruchnahme durch einen ihm unbekannten Erwerber des Darlehens davor schützen, Zahlungen doppelt erbringen zu müssen oder lediglich aufgrund der Unsicherheit über die Person des Kreditgebers in Verzug zu geraten. Auch ist es wenig überzeugend, Kreditnehmer davor bewahren zu wollen, dass ihr Kreditgeber von den ihm zustehenden Rechten Gebrauch macht.

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