Gespräch des Tages

Einlagensicherung - Indiskutabel - aus deutscher Sicht

Wieder einmal legen sich die deutschen Banken mit den Brüsseler Wettbewerbshütern an. Und wieder einmal - muss man sagen - zu Recht. Denn leider wieder einmal - scheint den Kommissionären das Verständnis für das deutsche Bankensystem zu fehlen und scheint Gleichheit vor Sicherheit und Qualität zu gehen. Natürlich strebt die EU-Kommission vor allem nach Harmonisierung. Denn anders kann aus ihrer Sicht dieses Europa nicht gelenkt werden. Und in der Tat - für die Verbraucher in vielen, fast allen Ländern Europas ist der Vorschlag für eine neue europäische Einlagensicherung ein Fortschritt. Nur die wenigsten Bankensysteme haben bereits heute eine Absicherung, die über die nun geforderten 100000 Euro hinausgeht, wie nebenstehende Tabelle zeigt. Aus deutscher Sicht ist der Vorschlag jedoch inakzeptabel. Denn warum sollten sich die deutschen Bankkunden mit weniger zufrieden geben müssen, als sie heute schon haben. Kreditgenossenschaften und Sparkassen garantieren den Fortbestand des Institutes und damit alle Einlagen ohne Grenzen. Die Privatbanken versprechen 50000 Euro pro Kunden und sichern über eine freiwillige Vereinbarung im Falle einer Insolvenz weiter pro Kunde bis zu 30 Prozent des haftenden Eigenkapitals. Künftig wären es pro deutschem Kunden nur noch 100000 Euro aus einem Topf, der nach den EU-Plänen in zehn Jahren wohl rund 150 Milliarden Euro für alle europäischen Banken ausmachen könnte. Derzeit gibt es allein in Deutschland rund 64 Millionen Privatkunden. Selbst unter der (utopischen) Annahme, dass der europäische Sicherungstopf irgendwann einmal prall gefüllt sein würde, blieben im schlimmsten Fall für jeden deutschen Sparer immerhin rund 2500 Euro. Und selbst die Schieflage der Postbank mit rund vier Millionen rührigen Kunden (die 14 Millionen Postsparbücher einmal außen vor gelassen) wären die Entschädigungsleistungen mit 37500 Euro weit von den versprochenen 100000 entfernt. Das soll Vertrauen schaffen? Kein Einlagensicherungssystem kann eine größere Bankenkrise abfedern - die deutschen nicht und auch das geplante europäische nicht. Hier bedarf es immer der Garantie des Staates als letzter Instanz. Und natürlich würde schon die Pleite einer größeren Bank jede Einlagensicherung überfordern - in einem solchen Fall ist ein System so gut oder schlecht wie die andere. Sind nun die festen Zusagen der europäischen Union für den deutschen Sparer vertrauenserweckender als die Garantie seiner Bank vor Ort? Ist das Wissen um die Höhe der für die Entschädigung vorhandenen Gelder für die Kunden wirklich besser, kann er mit diesen Informationen wirklich etwas anfangen? Gab es mit Ausnahme der einmaligen Bankenkrise in Deutschland bislang einen Fall, in dem geschädigte Anleger aus den bestehenden Systemen nicht entschädigt werden konnten, wo also die Einlagensicherung versagt hat? Nein, nein und nochmals nein. Der Brüsseler Vorstoß macht aus deutscher Sicht nichts besser - nur schlimmer. Es ist nicht einzusehen, dass lokal tätige Sparkassen und Volksbanken für europäische Pleitebanken minderer Bonität zahlen sollen. Und war den Kunden bislang die Pleite einer Bank oder ein Bankrun in einem anderen Land aufgrund verschiedener Einlagensicherungssysteme relativ egal, so wird jeder vernünftige Verbraucher künftig sofort seine Konten hier in Deutschland leer räumen, wenn in Spanien oder anderswo ein solcher Fall publik wird. Denn er weiß ja, dass der Topf kaum für eine geschweige denn für mehrere Bankenschieflagen ausreicht. Mehr Sicherheit für das europäische Bankensystem bringt das alles sicher nicht. Von daher sollte sich die Kommission zunächst lieber um dringliche Probleme wie eine einheitliche Steuer- und Wirtschaftspolitik in Europa, verlässliche Haushaltskonsolidierungen mit konsequenten Strafen für Defizitsünder und eine schlagkräftige Bankenaufsicht bemühen und solange die Finger vom "sichersten Einlagensicherungssystem der Welt" lassen. So sehen es zumindest deutsche Banker. P. O.

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