Aufsätze

Zu große Regulierungsdichte? - Anmerkungen und Anregungen aus der genossenschaftlichen Praxis

Die Regulierung und Deregulierung sind sowohl Notwendigkeit als auch Chance! In der Öffentlichkeit soll die Deregulierung als Erleichterung wahrgenommen werden, entsprechend wird es publiziert.

Historisch gewachsene Regulierungsflut

Dabei soll der Aufwand, den sich der Staat mit der Regulierung auferlegt hat, reduziert werden. Vereinfachung und Deregulierung sind die wirksamsten Mittel. Dennoch besteht besonderer branchenspezifischer Regulierungsbedarf. Davon sind insbesondere die drei Segmente Banken, Versicherung und Wertpapierhandel betroffen. Regulierungen in diesen Segmenten sind historisch gewachsen, nicht nur durch die Einführung des Kreditwesengesetzes, sondern auch durch Richtlinien, Verordnungen bis hin zur jetzt bevorstehenden Zusammenfassung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk).

Vorgaben für Marktaufsicht (Anleger- und Verbraucherschutz) und Solvenzaufsicht (Instituts- und Systemschutz) sind notwendig. Die Vorgabe zur Solvenzaufsicht bringt bei der Überwachung eine hohe Effizienz und verlangt von der einzelnen Bank die Erfüllung von Regelungen und Vorgaben. Gleichzeitig erhalten die Banken dadurch intern die Chance, die gewonnenen Erkenntnisse für die Banksteuerung, betriebswirtschaftliche Vorgänge und organisatorische Abläufe zu nutzen.

Die Marktaufsicht soll die Kunden von Banken und Versicherungen schützen. Gerade hier werden durch Vorgaben der MiFID Ansätze deutlich, die auf die Frage des Kundenschutzes nicht wirklich eine Antwort geben. Von den Banken wird jedoch verlangt, die Wertpapiergeschäfte gegenüber dem Kunden gläsern zu machen. Das bedeutet, die Banken müssen genau Auskunft geben, was sie an dem einzelnen Geschäft verdienen beziehungsweise in Zukunft verdienen werden (Information zu Provisionsstrukturen, Vermittlungs- und Kontinuitätsprovision).

Wäre das nicht genauso, als ob ein Schneidermeister beim Angebot für einen Maßanzug seine Preisspanne plus Mengenboni für abgenommene Stoffmengen offen legen müsste? Bisher konnte der Kunde feste Endpreise und feste Provisionen vergleichen. Künftig wird er mit Dingen wie Struktur-, Mengen- und Bestandsprovisionen konfrontiert. Werden dann für den Kunden Vergleiche nicht um ein Vielfaches schwieriger oder gar verwirrend? Ist damit die geforderte höchstmögliche Transparenz nicht in Frage gestellt? Für den Kunden ist in erster Linie maßgebend, was die Bank "verdient" und dabei bleibt völlig unberücksichtigt, dass auch Kosten entstehen. Er wird versuchen, einen Anteil an der Bankprovision zu erhalten. Dadurch wird das Geschäft für die Bank unrentabel.

Kundenschutz? Wird nicht viel mehr der allgemeinen Bankenschelte Auftrieb gegeben? Ist es nicht legitim, wenn eine Bank auch künftig für gute Leistungen und gute Qualität Geld verdient?

Beispiel Zahlungsverkehr

Mit Sepa kommt ein weiterer Einschnitt auf die Banken zu, die Folgen sind schon heute absehbar. Es entsteht ein enormer Druck auf bestehende Organisationsstrukturen im elektronischen Zahlungsverkehr (unbar und Karten). Die Volksbank Lahr bereitet sich auf alle Veränderungen bereits frühzeitig vor, um einen Handlungsdruck erst gar nicht entstehen zu lassen. Hauptkritikpunkt sind die dadurch entstehenden Kosten. Sie müssen von den Banken getragen werden. Zusätzlich unterliegt der Zahlungsverkehr dem wettbewerblichen und dem "regulierten" Preisdruck. Als Beispiel hierfür ist die Einführung der EU-Standardüberweisung zu nennen, die preislich dem Inlandszahlungsverkehr anzupassen war, und die Erhöhung der Betragsgrenze für EU-Standardzahlungen auf 12 500 Euro.

Das in Deutschland bereits gut ausgebaute Kartenzahlungssystem, das nicht nur auf einer Kreditkartendominanz beruht, sondern auf der Etablierung eines bankeigenen Debitkartensystems aufbaut, braucht fundamentale Unterstützung, um europaweit im Sepa-Standard weiter bestehen zu können.

Grundsätzlich ist es positiv, wenn die Zahlungsverkehrssysteme harmonisiert werden. Die Umsetzung und die damit verbundenen Kosten müssen von den Banken getragen werden: Kosten für die Entwicklung, die Verbandsarbeit, der Aufwand der Rechenzentralen, bis hin zur Änderung der Abläufe, Kundenberatung und die Programminstallation. Mit Sepa folgt die Zahlungsverkehrsunion der Währungsunion.

Stresstest bestanden

Es ist ein folgerichtiger Abschluss der europaweiten Harmonisierung des gesamten Geldverkehrs.Damit das bewährte Dreisäulensystem (Genossenschaftsbanken, Sparkassen und private Kreditinstitute) in Deutschland weiterhin als Garant für Stabilität im Deutschen Bankensystem steht, muss Überregulierung und weiterem Kostendruck auf die Banken endlich Einhalt geboten werden. Das Dreisäulensystem stellt die flächendeckende Versorgung mit Bankdienstleistungen sicher. Für die Kunden hat das bereits zu günstigen Preisen geführt. Gerade die im europäischen Vergleich geringe Konzentration im deutschen Bankenmarkt bedeutet eine geringe Anfälligkeit auf Gefahren des Finanzmarktes.

Das deutsche Finanzsystem hat in den vergangenen Jahren einen Stresstest durchlaufen und präsentiert sich robust im Bezug auf die Risikotragfähigkeit. Die strikte Trennung der drei Säulen gewährleistet auch in Zukunft, dass sich Schwankungen in einem Bereich des Systems nicht auf die anderen übertragen.

Muss man bei der Betrachtung dieser komplexen Thematik nicht auch die Frage stellen, warum die Richtlinien immer sehr theoretisch und kompliziert verfasst werden, anstatt sie im Interesse aller Betroffenen einfach und allgemein verständlich zu gestalten. Häufig entsteht der Eindruck, dass die am stärksten regulierten Vorschriften einzelner EU-Länder für die gemeinsamen Richtlinien übernommen werden. Den Banken fällt immer mehr die Aufgabe zu, für den Kunden zu übersetzen. Warum fehlt der Mut, einfache Dinge auch einfach zu regeln?

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