Positionen

Vom Kathedersozialisten über Erhard zum "Mitarbeiterbeteiligungsfonds" - eine aktuelle Diskussionsgrundlage

Mit dem Vorschlag der gemeinsamen Arbeitsgruppe der großen Koalition von CDU, CSU und SPD vom 21. April 2008 für mehr Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland liegt nach gut zwei Jahren vermögenspolitischer Diskussion ein neues Konzept vor. Das neue Gesetzesvorhaben soll nach dem Beschluss des Koalitionsausschusses im Januar 2009 in Kraft treten und dazu beitragen, dass mehr Beschäftigte insbesondere am Ertrag ihrer Betriebe teilhaben können.

Ausweitung des Förderrahmens

Der Förderrahmen soll sowohl für die direkte Beteiligung am arbeitgebenden Unternehmen als auch für die indirekte Beteiligung über spezielle Fonds steuerlich und durch Zuschüsse ausgeweitet werden. Nach den Plänen der Koalition sollen die Fonds garantieren, dass drei Viertel der angelegten Mittel wieder in die beteiligten Unternehmen zurückfließen. Auf eine verpflichtende Insolvenzversicherung ist verzichtet worden.

Insgesamt wird damit gerechnet, dass die neuen gesetzlichen Regelungen pro Jahr zu 200 Millionen Euro an Ausfällen bei der Lohn- und Einkommensteuer sowie zu 300 Millionen Euro bei Sozialabgaben führen werden. Dabei ist davon ausgegangen worden, dass sich die Zahl der beteiligten Arbeitnehmer von zwei Millionen auf drei Millionen erhöht. Nach dem geltenden Recht entstehen derzeit pro Jahr Steuermindereinnahmen von 81 Millionen Euro und Beitragsausfällen von 108 Millionen Euro.

Das neue vermögenspolitische Konzept der Bundesregierung ist gelobt und auch kritisiert worden. Sehr kritisch hat sich der wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsminister in seinem Schreiben vom 17. April 2008 an Bundesminister Michael Glos geäußert und auf die hohen Steuer- und Beitragsausfälle hingewiesen. Der Beirat rechnet mit weit höheren Ausfällen von jährlich zwei Milliarden Euro bei den Sozialbeiträgen und von 1,4 Milliarden Euro bei den Steuern, wenn nur jeder zweite Arbeitnehmer die geplanten Beteiligungsmöglichkeiten ausschöpft. Bei Investitionen der Beschäftigten in das eigene Unternehmen sieht der Beirat ein "Klumpenrisiko".

Der Beirat lässt auch das Argument, Unternehmen könnten durch Mitarbeiterbeteiligung ihr Eigenkapital stärken, nicht gelten. In Deutschland funktioniere der Kapitalmarkt gut. Es sei nicht Aufgabe des Staates, durch Fonds in die Vermögensdisposition der Beschäftigten einzugreifen, zumal es genügend Anlageangebote am Markt gebe. Ein staatlich organisierter Beteiligungsfonds erwecke im Falle eines Falles die Erwartung einer Sanierung mit Hilfe von Steuermitteln. Der Beirat akzeptiert auch nicht das Argument, Mitarbeiter würden produktiver, wenn sie am Unternehmen beteiligt seien. Nach Auffassung des Beirats wird eine vom Staat organisierte oder mit Steuermitteln geförderte Mitarbeiterbeteiligung nicht halten, was sich die gegenwärtige Diskussion von ihr verspreche. Er rät dringend davon ab, hierfür einen neuen Subventionstatbestand zu schaffen.

Die bisherige Vermögens- und Förderpolitik Von Ernst Engel bis Ludwig Erhard und

Fritz Burgbacher: Für die Idee der Vermögensbildung und Mitarbeiterbeteiligung hat sich in der Frühphase der Industrialisierung besonders der Kathedersozialist Ernst Engel (1821 bis 1896) eingesetzt. Sein Ziel war es, den Gegensatz zwischen Kapitaleignern und Arbeitnehmern aufzuheben, ohne dabei die Leitungsfunktion des Unternehmers zu beeinträchtigen.

Der aus Dresden stammende Ökonom Engel strebte gleichzeitig eine Verbesserung der materiellen Lage der Arbeiter und eine Förderung der Identifikation mit ihren Unternehmen an. Einer der Pioniere, der diese Idee am Ende des 19. Jahrhunderts in die Praxis umsetzte, war der Unternehmer Ernst Abbe von dem Zeiss-Werk in Jena. Er führte 1987 eine Erfolgsbeteiligung ein und versuchte damit, das Lohnsystem flexibler zu gestalten und ein Element einzubauen, das eine elastische Anpassung an die Ertragslage des Unternehmens erlaubt.

In den folgenden Jahrzehnten hat die Beseitigung des sozialen Elends in den Arbeiterrevieren eine immer wichtigere Rolle in der sozialpolitischen Debatte gespielt. In den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts haben sich die Sozial- und Wirtschaftspolitiker Ludwig Erhard und Fritz Burgbacher besonders für die Idee einer "Gesellschaft der Teilhaber" eingesetzt. Gegen Gewerkschaften, die eine Entproletarisierung der Arbeitnehmer befürchteten, konnten sie sich aber nicht durchsetzen. Gleiches galt für die Unternehmer, die weiter auf ihrem Herr-im-Hause-Standpunkt beharrten.

Grundsatzentscheidungen mit Folgen

In der Wirtschafts- und Sozialpolitik sind gleichzeitig Grundsatzentscheidungen mit weittragenden Folgen getroffen worden. So ist Bundeskanzler Konrad Adenauer damals nicht dem Vorschlag von Ludwig Erhard gefolgt, ein kapitalgedecktes Altersvorsorgesystem auf Aktienbasis in Deutschland aufzubauen. Er setzte stattdessen ein System mit umlagefinanzierter Rente durch.

Der deutsche Kapitalmarkt war deshalb von Anfang an weniger leistungsfähig als die Kapitalmärkte von Staaten, die sich für ein betriebliches Pensionssystem entschieden haben. Die deutsche Mentalität, sich in allen Lebenslagen auf den Sozialstaat zu verlassen, bekam durch diese Entscheidung erst den entscheidenden Schub. Die Folgen zeigen sich heute noch, denn die Sozialversicherungen haben nach wie vor erhebliche Schwierigkeiten.

Vermögensbildungsgesetze und die Tariffondsidee

Die staatliche Vermögenspolitik hat sich frühzeitig auf die Förderung der Schwerpunkte Bildung von Wohneigentum und Geldvermögen in Arbeitnehmerhand festgelegt. Rechtsgrundlagen waren das Wohnungsbauprämiengesetz aus dem Jahr 1952, das Sparprämiengesetz aus dem Jahr 1959 sowie die drei Vermögensbildungsgesetze von 1961, 1965 und 1970. Mit dem 1. Vermögensbildungsgesetz (VermBG) von 1961, dem 312-DM-Gesetz, wurde für vermögenswirksame Leistungen der Arbeitgeber an ihre Mitarbeiter eine Prämie bis zu 312 DM pro Jahr, eine Pauschalsteuer von acht Prozent und Abgabenfreiheit eingeführt.

Das 2. Vermögensbildungsgesetz (VermBG) von 1965 ermöglichte vermögenswirksame Tarifverträge, wobei Leistungen bis zu einem Höchstbetrag von 468 DM steuerfrei gestellt wurden. Das 3. Vermögensbildungsgesetz (VermBG) von 1970 hat die Steuer- und Sozialabgabenvergünstigung wieder aufgehoben und stattdessen die sogenannte Arbeitnehmersparzulage eingeführt. Der staatlich geförderte Sparrahmen wurde auf 624 DM pro Jahr erhöht, Einkommenshöchstgrenzen für Arbeitnehmer festgelegt und der Anlagekatalog für die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen erweitert.

Zwischen 1959 und 1965 hat sich die Vermögensbildung durch das Kapitalaufstockungsgesetz, die Privatisierung von Veba, Preussag und VW sowie die Förderung beim Aktienerwerb durch das 2. und 3. Vermögensbildungsgesetz verbessert. Die Maßnahmen hatten aber nur einen begrenzten Effekt und haben zu keiner Umstrukturierung der Vermögensbildung in Richtung Produktivkapitalbeteiligung geführt. Der Erwerb von Grund- und Geldvermögen hatte weiter Priorität.

Ende der siebziger Jahre und im folgenden Jahrzehnt haben sich die Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und politische Parteien sowie Fachverbände, insbesondere auch der Bundesverband Deutscher Investment- und Vermögensverwaltungs-Gesellschaften e. V. (BVI) verstärkt mit Plänen zur Förderung der Vermögensbildung befasst. Der BVI hat frühzeitig eigene Gesetzesinitiativen erarbeitet und die Entwicklung der vermögenspolitischen Konzeption entscheidend mitgeprägt.

Zwei Gesetzentwürfe zur steuerlichen Begünstigung betrieblicher Investivlohn-Modelle sind am 13. Mai 1980 von der Bundestagsmehrheit abgelehnt worden. Als Gründe wurden die fehlende Finanzierbarkeit wegen der "durch die Afghanistankrise auf den Bundeshaushalt zukommenden Belastungen"(! ) genannt und die Pläne zurückgestellt.

Die Gesetzentwürfe sahen eine Erweiterung des Anlagekatalogs um Aktien fremder Unternehmen, stille Beteiligungen, Investmentzertifikate und Anteile an gemeinsamen Einrichtungen der Tarifpartner zur Vermögensbildung vor. Offen war, in welcher Weise die gemäß § 4 Abs. 2 TVG gegründeten gemeinsamen Einrichtungen (gE) ausgestaltet werden sollten. Letztlich scheiterte das Konzept jedoch an den unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten über die von der Gewerkschaftsseite geforderte Einführung von Tariffonds.1)

Die Vermögensbeteiligungsgesetze Das Vermögensbeteiligungsgesetz von

1984: Anfang der achtziger Jahre ist erneut Bewegung in die Vermögenspolitik gekommen. Die entscheidenden Weichenstellungen sind aber erst Ende der 10. Legislaturperiode des Bundestages erfolgt. Mit dem am 1. Januar 1984 in Kraft getretenen 4. Vermögensbildungsgesetz (VermBG) (auch 1. Vermögensbeteiligungsgesetz) ist erstmals in großem Umfang der Erwerb von Produktiveigentum in Arbeitnehmerhand gefördert worden.

Dieses Gesetz hat im Wesentlichen die Vorschläge aus dem niedersächsischen Gesetzentwurf2) übernommen, der in enger fachlicher und strategischer Zusammenarbeit mit den Fachverbänden, insbesondere dem BVI, erarbeitet und in den zuständigen parlamentarischen Gremien des Bundesrates und -tages vertreten worden ist. Mit dem 4. VermBG ist eine neue Phase der Vermögenspolitik eingeleitet worden. Aus heutiger Sicht war das ein erster und entscheidender Schritt zur Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital und zu einer verbesserten Mitarbeiterkapitalbeteiligung.

Wesentliches Element des 4. VermBG ist der erweiterte Katalog in Produktivkapital geworden. Die Formen des Prämien-, Bau- und Versicherungssparens haben dadurch an Bedeutung verloren. Neben den bereits im Anlagekatalog des 3. VermBG enthaltenen Belegschaftsaktien und bankbürgschaftlich abgesicherten Arbeitnehmerdarlehen sind Genossenschaftsanteile, stille Beteiligungen sowie Genussscheine und -rechte zusätzlich in den Anlagekatalog aufgenommen worden. Eine sehr wichtige Rolle übernahm der Erwerb von Anteilen an Aktienfonds. Sie haben den Weg für eine indirekte Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital eröffnet, und zwar dann, wenn in arbeitgebenden Unternehmen, wie im öffentlichen Dienst, bei Verbänden, Kirchen oder Stiftungen keine direkte Beteiligung möglich ist.

Die neuen Regelungen des Einkommensteuerrechts waren weitere wichtige Änderungen. So hat das 4. VermBG vorgesehen, dass der Arbeitnehmer für die ihm unentgeltlich oder verbilligt überlassenen Beteiligungswerte durch den Arbeitgeber keine Lohn- und Einkommensteuer zu zahlen hatte. Diese Steuerbefreiung war allerdings nur bis zur Hälfte des Wertes der Vermögensbeteiligung, bis höchstens 300 DM je Arbeitnehmer im Jahr und unter Einhaltung einer sechsjährigen Sperrfrist möglich. Der Erwerb von stillen Beteiligungen oder Aktienfondsanteilen wurde in gleicher Weise steuerlich begünstigt.

Schnelle Fortschritte in der ersten Gesetzgebungsstufe

In der ersten Gesetzgebungsstufe - dem 1. Vermögensbeteiligungsgesetz - sind einige Formen der Vermögensbeteiligung noch nicht aufgenommen worden. So fehlten die direkten Beteiligungsformen wie GmbH-Geschäftsanteile, Kommanditanteile und atypische stille Beteiligungen, da die damit verbundenen Steuer-, Bewertungs- und Abgrenzungsprobleme noch nicht gelöst waren. Insgesamt hat die erste Gesetzgebungsstufe in der Vermögenspolitik schnell Fortschritte gebracht. Bereits Ende 1985 gab es zirka 17 Tarifverträge, die eine Ausdehnung des Förderrahmens auf 936 DM vorgesehen haben. Die Zahl der Unternehmen mit Arbeitnehmer-Kapitalbeteiligungen und der Erwerb von Aktienfondsanteilen ist deutlich gestiegen.

Das Vermögensbeteiligungsgesetz von 1987: Im Jahre 1987 ist das 5. Vermögensbildungsgesetz (auch 2. Vermögensbeteiligungsgesetz) in Kraft getreten und hat die 1984 beschlossene erste Stufe ergänzt. Der Bundesrat hat auf Initiative der niedersächsischen Landesregierung bereits Ende 1984 den angekündigten zweiten Gesetzentwurf vorgelegt.3) Die Bundesregierung hat daraufhin die wesentlichen Inhalte der Bundesratsinitiative übernommen und dabei angekündigt, dass der weitere Ausbau der Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen der Wirtschaft hohe Priorität habe.

Mit der Umsetzung des Konzepts der zweiten Gesetzgebungsstufe der Vermögenspolitik ist der Lohnsteuerfreibetrag für die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer (§ 19a EStG ) von 300 auf 500 DM erhöht worden. Diese steuerliche Begünstigung galt für alle Arbeitnehmer, auch für die besonders interessierten Mitarbeiter der mittleren und höheren Führungsebene, da die Förderung nicht an Einkommensgrenzen gebunden war. Der schon weit gefasste Anlagekatalog der steuerbegünstigten Vermögensbeteiligungen ist nochmals ausgeweitet worden. Er reichte nunmehr von Aktien über Genussrechte bis hin zu Beteiligungen als stiller Gesellschafter und Darlehensforderungen gegen den Arbeitgeber.

Der Anreiz, unentgeltlich und verbilligt Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer zu überlassen, wurde durch den erhöhten Steuerfreibetrag verstärkt. Die Betriebe erlangten dadurch erhebliche Liquiditäts- und Steuervorteile.

Durch die Einbeziehung von GmbH-Anteilen in den Anlagekatalog des 5. VermBG und der Förderung durch § 19a EStG wurde es für die Arbeitnehmer möglich, soweit ihnen eine Beteiligung angeboten wurde, ihre vermögenswirksamen Leistungen einzusetzen und GmbH-Gesellschafter zu werden. Die bisherige eindeutige Benachteiligung des GmbH-Geschäftsanteils wurde damit beendet und die Bemühungen der Pionierunternehmen, ihre Mitarbeiter als Gesellschafter der GmbH zu beteiligen, unterstützt.

Für die mittelständische Wirtschaft mit der überwiegenden Zahl der Kapitalgesellschaften in der Rechtsform der GmbH hatte diese Neuregelung eine herausragende Bedeutung. Unternehmen und Arbeitnehmer, die - zum Beispiel wegen der geringen Fungibilität des GmbH-Geschäftsanteils oder aus Haftungsgründen - eine Beteiligung in dieser Form nicht eingehen wollten, konnten eine stille Beteiligung vereinbaren oder den Weg über eine zwischengeschaltete Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft wählen. Sie konnten aber auch das flexible Instrument des Genussrechts beziehungsweise Genussscheins nutzen.

Im Rahmen der zweiten Gesetzgebungsstufe der Vermögenspolitik sind im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) auch Beteiligungs-Sondervermögen zugelassen worden, die außer Wertpapieren auch stille Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen erwerben können.4) Ziel dieser Novellierung war es, die Funktionen der Investmentgesellschaften auch mittelständischen, nicht an der Börse notierten Unternehmen zugute kommen zu lassen und damit Privatpersonen mittelbar Zugang zu solchen Unternehmen zu verschaffen.

Zugleich wurde der Anlagekatalog des 5. Vermögensbildungsgesetzes um Anteile an Beteiligungs-Sondervermögen erweitert. Einem breiten Anlegerpublikum wurde damit die indirekte außerbetriebliche Kapitalbeteiligung über zwischengeschaltete Kapitalsammelstellen an nicht börsennotierten Unternehmen ermöglicht. Auch Arbeitnehmer konnten sich am Produktivvermögen der Wirtschaft beteiligen, wenn eine Beteiligung am Kapital des arbeitgebenden Unternehmens nicht erreicht werden konnte oder nicht von ihnen gewünscht war.

Zugang zum Markt für stille Beteiligungen erwünscht

Kapitalanlagegesellschaften wurde es durch das Gesetz gestattet, bis zu 30 Prozent eines Beteiligungs-Sondervermögens in stillen Beteiligungen zu investieren. Damit sollte breiten Bevölkerungsschichten erstmals der Zugang zum Markt für stille Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen in fairer Weise eröffnet werden.

Es waren dabei einige schwierige Probleme, insbesondere die Bewertungsproblematik, zu lösen. Auch wurden nach Inkrafttreten des Gesetzes Muster-Vertragsbedingungen und Muster-Beteiligungsverträge ausgearbeitet und mit der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) abgestimmt. Allerdings hatte die Praxis hiervon aus unterschiedlichen Gründen in der Folgezeit keinen Gebrauch gemacht.5)

Das Vermögensbeteiligungsgesetz von 1998: Im Jahre 1998 wurde das 3. Vermögensbeteiligungsgesetz verabschiedet, mit dem die Einkommensgrenzen angehoben, der maximal zulagebegünstigte Sparbetrag erhöht und Beteiligungen am Produktivkapital verstärkt gefördert wurden. Der Katalog der Anlageformen wurde um gemischte Wertpapier- und Grundstücks-Sondervermögen sowie Dachfonds erweitert. Insgesamt führten die drei in den sechziger Jahren verabschiedeten Vermögensbildungsgesetze zu einer Veränderung des Sparverhaltens. Beeinflusst wurde weniger das Volumen als die Struktur der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand.

Erst mit den Vermögensbildungs- beziehungsweise Vermögensbeteiligungsgesetzen der achtziger und neunziger Jahre wurden schrittweise die Akzente der Vermögenspolitik in Richtung Investmentfonds verschoben. Dies hat zu einer deutlichen Belebung der vermögenswirksamen Investmentanlagen in Produktivkapital, insbesondere in Aktienfonds, geführt. So stieg die Anzahl der Arbeitnehmer, die mit ihren vermögenswirksamen Leistungen Aktienfondsanteile erwarben, von zirka 8 000 im Jahr 1980 bis 2005 auf über fünf Millionen an. Diese Zahl ging allerdings inzwischen auf zirka 4,4 Millionen zurück.

Bilanz der bisherigen Vermögenspolitik

Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg beteiligen rund zwei Prozent der deutschen Unternehmen ihre Belegschaften am Kapital und etwa neun Prozent am Gewinn. Insgesamt werden Beteiligungsmodelle in mehr als 3 700 Unternehmen mit rund zwei Millionen Beschäftigten angewendet.

Nach den Feststellungen der Arbeitsgemeinschaft für Partnerschaft in der Wirtschaft (AGP) waren 2007 bundesweit 1,4 Millionen Beschäftigte Belegschaftsaktionäre und 269 000 Beschäftigte still beteiligt. 133 000 Beschäftigte haben Genussscheine, 113 000 halten Darlehen, 97 000 indirekte Beteiligungen, 17 000 Genossenschaftsanteile und 8 000 Beschäftigte GmbH-Beteiligungen.

Das IAB hat Betriebe mit und ohne Mitarbeiterbeteiligung verglichen und herausgefunden, dass Beteiligungsbetriebe innovativer sind und ihre Produktivität über dem Branchendurchschnitt liegt. In großen Unternehmen haben die Beschäftigten die besten Chancen, über Beteiligungen auch am künftigen Gewinn teilzuhaben. Mittelständler sind bisher noch zurückhaltend, da sie ungern ihre Zahlen offen legen.

Nicht nur Unternehmen sträuben sich, auch die IG Metall hat Bedenken gegen Beteiligungsprojekte. Sie zieht Lohnsteigerungen vor und will höchstens zusätzlich Beteiligungen einführen. Auch wird geraten, zunächst in die Altersversorgung zu investieren. Die meisten Gewerkschaften vertreten ohnehin die Auffassung, dass der Staat zunächst die Einkommensverteilung durch höhere Steuern und Abgaben verändern sollte.

Stand der Mitarbeiterbeteiligung im internationalen Vergleich

Im Vergleich zum Ausland liegt Deutschland bei der Vermögensbildung und Mitarbeiterbeteiligung weit zurück. In den USA sind Betriebsübernahmen durch die Belegschaft, etwa im Zuge einer Nachfolgeregelung, ein völlig normaler Vorgang. In Großbritannien, wo Beteiligungen von Mitarbeitern durch Arbeitnehmerbonus auf Sparpläne gefördert werden, verfügen bereits 24 Prozent aller Beschäftigten über Anteile an ihrem Unternehmen, in Frankreich sind es sogar 43 Prozent. Dort gibt es neben einer obligatorischen Gewinnbeteiligung auch Zuschüsse und Steuer- sowie Sozialversicherungsnachlässe für Lohnanteile, die ins eigene Unternehmen investiert werden.

In Deutschland sind es dagegen nur 3 300 Unternehmen mit 2,5 Millionen von insgesamt 26 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die von einem betrieblichen Beteiligungsmodell profitieren. In erster Linie sind das Belegschaftsaktien, etwa bei Siemens, Daimler oder dem Softwarekonzern SAP.

In anderen Ländern zeigt die Erfahrung, dass starke Anreize durch den Staat einen regelrechten Boom an Beteiligungsmodellen auslösen können. In Frankreich beteiligen mehr als 80 Prozent der größten Unternehmen ihr Personal am Kapital. Bis zu 4 600 Euro im Jahr können steuerbegünstigt investiert werden. In Großbritannien bleiben Gewinne aus der Kapitalbeteiligung steuerfrei. Jedes zweite Unternehmen beteiligt seine Mitarbeiter am Kapital.

In Österreich sind Mitarbeiterbeteiligungen bis zu 1 453 Euro jährlich von Steuern und Sozialabgaben befreit. In den Niederlanden können sich Arbeitnehmer mit bis zu 1 226 Euro im Jahr steuerfrei am eigenen Unternehmen beteiligen.

Das Beispiel BASF zeigt, welches Potenzial über die Mitarbeiterbeteiligung noch zu erschließen ist. Berechnungen haben ergeben, dass den Mitarbeitern mehr als ein Drittel der Aktien gehören würden, wenn sie seit den sechziger Jahren die Beteiligungsprogramme voll gezeichnet hätten. Die Mitarbeiter wären um 13 Milliarden Euro reicher.

Bei Ausländern sind Beteiligungsmodelle sehr viel beliebter, wie die folgenden Ergebnisse der Untersuchung des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) eindrucksvoll belegen.6) Danach sind die Anteile der Betriebe mit Beteiligungsmodellen in Deutschland, die sich mehrheitlich in ausländischem Besitz befinden, bei den verschiedenen Betriebsgrößen teilweise mehr als doppelt so hoch wie bei Betrieben in deutschem Besitz (Tabelle).

Wachsende Bedeutung der Investmentfonds

Die deutsche Fondsbranche verwaltet derzeit insgesamt ein Vermögen von 1,4 Billionen Euro. Die Investmentgesellschaften haben eine wichtige Rolle übernommen, um die Bevölkerung zum Engagement in Aktien zu motivieren. Aufschlussreich ist dazu die Entwicklung der Zahl der Aktionäre im Vergleich zu der Zahl der Besitzer von Anteilen an Aktienfonds. Nach Untersuchungen des Deutschen Aktieninstituts ist die Zahl der Besitzer von Anteilen an Aktienfonds stärker gestiegen als der Anteil der Aktienbesitzer. Die Investmentgesellschaften haben damit stärker als die Märkte für einzelne Aktienwerte neue Kreise der Bevölkerung für die Aktienanlage gewinnen können und damit zugleich für die Versorgung der Unternehmen mit Eigenkapital gesorgt.

Für die Erfolge der Investmentbranche waren zu einem erheblichen Teil die Verbesserungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen in den achtziger und neunziger Jahren verantwortlich. Ohne diese neuen Rahmenbedingungen hätte sich der Aufschwung der Investmentbranche und der Durchbruch zur "Anlageform für jedermann" ab Mitte der achtziger Jahre schwerlich so stürmisch vollziehen können.

Das Konzept der Großen Koalition

Die Koalitionsarbeitsgruppe hatte am 12. Oktober 2007 ihre Arbeit begonnen und ist bei ihren Beratungen von externen Sachverständigen unterstützt worden. Das neue, am 21. April 2008 verabschiedete Konzept zur Vermögenspolitik und Mitarbeiterbeteiligung baut auf den in den achtziger Jahren gewonnenen Erkenntnissen auf. Ihr gemeinsames Ziel ist der flächendeckende Aufbau einer Kapitalbeteiligungskultur von Mitarbeitern in Deutschland, ähnlich wie in anderen europäischen Ländern. Der Koalitionsausschuss hat sich am 29. April 2008 über das von der Koalitionsarbeitsgruppe erarbeitete Konzept mit den folgenden vier Eckpunkten geeinigt:

- Das neue Konzept sieht vor, den Fördersatz für in Beteiligungen angelegte vermögenswirksame Leistungen im 5. Vermögensbildungsgesetz von 18 Prozent auf 20 Prozent und die Einkommensgrenzen von 17 900/35 800 Euro auf 20 000/40 000 Euro (Ledige/Verheiratete) anzuheben.

- Der steuer- und sozialversicherungsfreie Höchstbetrag für die Überlassung von Mitarbeiterbeteiligungen am arbeitgebenden Unternehmen gemäß § 19a EStG soll erhöht werden und die Begrenzung auf den halben Wert der Beteiligung wegfallen. Die bisherige Regelung soll für laufende Beteiligungen weitergelten und damit Bestandsschutz gewähren.

- Neben der Anlage im eigenen Unternehmen sollen auch Beteiligungen über einen Mitarbeiterbeteiligungsfonds (zum Beispiel für Regionen und Branchen) gefördert werden. Bei diesem Fonds muss - so das Konzept der Koalitionsparteien - ein Rückfluss in die beteiligten Unternehmen in Höhe von 75 Prozent garantiert werden. Die direkte Beteiligung und die Beteiligung über einen Fonds sollen nicht unterschiedlich gefördert werden. Die gesamte Förderung eines Fonds würde damit nicht die Förderung einer direkten Beteiligung übersteigen.

- Die Umsetzung des neuen Gesamtkonzepts zur Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung soll nach den Plänen der Koalition durch den Ausbau und die Verbesserung der bestehenden Beratungsangebote flankiert werden. Als Partner sollen neben privaten Anbietern auch Förderbanken, Verbände sowie Kammern in Betracht kommen.

Würdigung und Lösungsvorschlag

Im Zeitraum von 2003 bis 2007 betrug der Anstieg der Unternehmens- und Vermögenseinkommen 37,6 Prozent, der Anstieg der Arbeitseinkommen nur 4,3 Prozent. Insgesamt ist der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen seit 2000 deutlich zurückgegangen und lag im Jahr 2007 noch bei 64,7 Prozent.

Durch diese Entwicklung ist der Handlungsdruck für die Politik stärker geworden. Vor diesem Hintergrund ist der Vorschlag der Koalition zu sehen, Arbeitnehmer "stärker als bisher am wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen zu beteiligen" und ihnen zu erleichtern, "vermehrt Kapitaleinkommen als weitere Einkommensquelle zu beziehen".

Die Arbeitsgruppe sieht im "Ausbau der Mitarbeiterkapitalbeteiligung" einen "wichtigen Schritt zum flächendeckenden Aufbau einer Kapitalbeteiligungsstruktur von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern". Denn eine Beteiligung am eigenen Unternehmen verbessere Liquidität und Kapitalstruktur des Arbeitgebers. Zugleich sei es ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft, dass Beschäftigte am Ertrag der Volkswirtschaft gerecht und ausgewogen teilhaben. Zu diesem Zweck wird die Anlage von Sonderzahlungen der Unternehmen an ihre Beschäftigten in Beteiligungswerten staatlich begünstigt.

Anreize zur Aufrechterhaltung des Kapitalstocks

Mit ihrem Vorschlag hat die Koalition ihre unterschiedlichen Ausgangsvorstellungen zusammengeführt und der Forderung von Bundespräsident Köhler und Bundeskanzlerin Merkel von Anfang 2006 entsprochen, Arbeitnehmer an den Gewinnen und Wertsteigerungen der Unternehmen stärker zu beteiligen. Da ein Arbeitnehmer weiterhin frei über die Verwendung von Sonderzahlungen entscheiden kann, wird mit diesem Konzept ebenso wenig in die Dispositionsfreiheit der Arbeitnehmer eingegriffen wie zum Beispiel im Rahmen der staatlichen Vermögenspolitik oder der staatlich geförderten Alterssicherung.

Für die Erzielung eines regelmäßigen Zusatzeinkommens ist die vorgesehene Haltedauer der Beteiligungstitel von sieben Jahren jedoch kontraproduktiv. Wie nach dem VermBG würde der Kapitalbestand danach überwiegend aufgelöst mit der Folge, dass auch die Einkommensquelle versiegen würde.

Zielkonform wäre dagegen, wenn Anreize geschaffen würden, den Kapitalstock aufrechtzuerhalten, zum Beispiel durch die Einführung einer nachgelagerten Besteuerung. Arbeitnehmer würden dadurch veranlasst, den Zeitpunkt der Nachversteuerung so lange wie möglich hinauszuzögern und sich damit auch die politisch gewollte zweite Einkommensschiene erhalten.

Mitarbeiterkapitalbeteiligung statt "Investivlohn": Die früher verfolgte Idee eines flächendeckenden "Investivlohns", bei dem die Beschäftigten Lohnbestandteile in Form von Beteiligungen am eigenen Unternehmen erhalten, hat sich als realitätsfremd erwiesen. Selbst wenn alle Unternehmen die Rechtsform einer Aktiengesellschaft annehmen würden, würde es an der Bereitschaft der Gewerkschaften fehlen, derartige Tarifverträge abzuschließen. Selbst wenn diese Bereitschaft bestünde, wären solche Vereinbarungen nicht umsetzbar, weil sie auf einen verbreiteten Widerstand mittelständischer, insbesondere inhabergeführten Unternehmen, gegen eine Beteiligung ihrer Arbeitnehmer an ihrem Unternehmen stoßen würden ("Herr -im-Hause"-Standpunkt). Statt Investivlohn verfolgt die Koalition den Ausbau der betrieblichen Mitarbeiterkapitalbeteiligung. Teilweise wird hiergegen geltend gemacht, Unternehmen, die sich nach Einführung der betrieblichen Mitarbeiterbeteiligung als produktiver herausgestellt hätten, seien bereits vorher produktiver gewesen. Empirische Studien, die zu solchen Erkenntnissen kommen, stehen andere Studien gegenüber, die Gegenteiliges ergeben.7)

Die Lebenserfahrung spricht dafür, dass ein Mitarbeiter gegenüber seinem Unternehmen ein umso größeres Verantwortungsbewusstsein entwickelt, je mehr seine individuelle Einkommenssituation vom Erfolg seines Unternehmens abhängt.

Nutzung eines bewährten Rechtsrahmens

Mitarbeiterbeteiligung muss aber nicht zwingend Kapitalbeteiligung am eigenen Unternehmen bedeuten. Auch ohne direkte Kapitalbeteiligung kann man die Mitarbeiter auf allen Ebenen in Entscheidungsprozesse und die Qualitätsoptimierung einbeziehen und über Veränderungen informieren.

Mitarbeiterbeteiligungsfonds: Nach dem Konzept der Koalition sollen sogenannte "Mitarbeiterbeteiligungsfonds" (MBFs) als eigene identifizierbare Investmentfondskategorie eine Schlüsselrolle einnehmen. Der Erfolg des Konzepts der Koalition steht und fällt somit mit der Funktionsfähigkeit dieses Instruments.

Die Koalitionsarbeitsgruppe nutzt mit dem in das Investmentgesetz zu integrierenden MBFs einen Rechtsrahmen, der sich in der Praxis bewährt hat und per System die notwendige Risikostreuung sowie Transparenz für die Öffentlichkeit gewährleistet. Anteilscheine an solchen Fonds sind diversifiziert, klein gestückelt und liquide. Der geplante Aufbau einer zweiten Einkommensquelle unterliegt zugleich - wie jeder Investmentfonds - einer formellen und materiellen Aufsicht durch das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Hinzu kommt, dass Investmentgesellschaften im Rahmen der für sie geltenden Risikostreuungsvorschriften zum Anlageerfolg verpflichtet und deshalb in hohem Maße geeignet sind, beim Aufbau einer ergänzenden investiven Einkommensquelle eingesetzt zu werden.

Schwächung des Kapitalmarktes?

Der Einwand, der Kapitalmarkt biete bereits genügend Beteiligungsangebote, überzeugt nicht. Denn für viele abhängig Beschäftigten ist und bleibt der Kapitalmarkt "ein Wesen von einem anderen Stern".8) Darauf zu warten, bis sich diese Situation durch Aufklärung verändert hat, sollte der Politik nicht zugemutet werden. Sie muss angesichts des Auseinanderdriftens von Lohn- und Kapitaleinkommen in zielorientierter Weise rechtzeitig handeln. Im Übrigen könnte durch die derzeitigen Angebote des Kapitalmarkts die angestrebte Bindungswirkung an das eigene Unternehmen oder die eigene Region wie sie zum Beispiel Belegschaftsfonds von Großunternehmen entfalten - nicht erreicht werden.

Ebenso wenig geht es bei dem Konzept des MBF um "weniger Kapitalmarkt". Denn Mitarbeiterfonds sind Kapitalsammelbecken, die die bei ihnen angelegten Sonderzahlungen in nicht unerheblichem Umfang dem organisierten Kapitalmarkt zuführen. Soweit ein Mitarbeiterfonds sein Kapital in nicht-börsennotierten Titeln anlegt, verändert sich aus der Sicht des organisierten Kapitalmarkts die gegenwärtige Situation nicht. Denn Sonderzahlungen dürften in der Vergangenheit überwiegend für Konsumzwecke eingesetzt worden, also ebenfalls nicht dem organisierten Kapitalmarkt zugeflossen sein.

"Zentralfonds" als Vorläufer

Zu den Vorläufern von MBFs zählte der in der Ehrenberg-Kommission in der ersten Hälfte der siebziger Jahre erörterte "Zentralfonds". Er scheiterte unter anderem daran, dass die Bewertung von Beteiligungen an nicht-börsennotierten Unternehmen nicht lösbar erschien. Daraufhin strebten Anfang der achtziger Jahre insbesondere Gewerkschaften an, sogenannte Tariffonds in das Tarifvertragsgesetz zu integrieren.

Dieser Vorschlag fand damals und auch später keine parlamentarische Mehrheit, weil derartige Fonds lediglich von den Tarifvertragsparteien hätten aufgelegt werden können und deshalb gegen ein Strukturmerkmal einer marktwirtschaftlichen Ordnung verstoßen hätten - den freien Marktzugang.

Erfolgreich war demgegenüber die vom BVI als Alternative in die Debatte geworfene Idee, in das Investmentgesetz sogenannte "Mittelstandsfonds" zu integrieren. Diese wurden als "Beteiligungs-Sondervermögen" 1987 vom Gesetzgeber realisiert aus rechtspolitischer Sicht ein Durchbruch. Mit Beteiligungs-Sondervermögen erlaubte der Gesetzgeber der Investmentbranche erstmals, Kapital nicht nur am organisierten Kapitalmarkt, sondern auch in nichtbörsennotierten Unternehmen anzulegen.

Bei MBFs handelt es sich im Kern um im Anlegerkreis beschränkte Beteiligungs-Sondervermögen. Sie zählen zur Kategorie der offenen Investmentfonds - offen deshalb, weil ein Anteilschein jederzeit zum aktuellen Rücknahmepreis zulasten des Fondsvermögens zurückgegeben werden kann. Bei innerbetrieblichen Beteiligungsmodellen ist demgegenüber häufig beim Ausscheiden aus dem Unternehmen keine Rücknahmepflicht des Arbeitgebers vorgesehen; hier besteht lediglich eine Art moralische Verpflichtung, bei der Suche nach einem Käufer der Beteiligung mitzuwirken.

Die explizite Integration von MBFs in die betriebliche Mitarbeiterbeteiligung könnte nunmehr zu Anstößen führen, die letztlich in der Praxis zur Wiederauferstehung der 2004 aus dem Investmentgesetz entfernten Beteiligungs-Sondervermögen führen wenn auch in abgewandelter Form. Nichtbörsennotierten Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer am eigenen Unternehmen nicht beteiligen können oder wollen, würde damit eine Alternative geboten - vergleichbar den Belegschaftsaktienfonds von Großunternehmen.

Diese Belegschaftsfonds haben aufgrund der für jeden Investmentfonds geltenden Risikostreuungsvorschriften ihr Kapital ganz überwiegend außerhalb des arbeitgebenden Unternehmens anzulegen. Dennoch werden sie von den Arbeitnehmern als "ihre" Fonds empfunden. Bei sachgerechter Ausgestaltung dürften MBFs im Mittelstand auf eine vergleichbare Akzeptanz stoßen; denn sie entsprechen insbesondere dem Wunsch von Arbeitnehmern, die Kumulation von Arbeitsplatz- und Kapitalrisiko zu vermeiden.

Derartige MBFs in das Altersvorsorgesystem zu integrieren, wäre verfehlt. Eine effiziente Alterssicherung lebt vom Zinseszins-Effekt. Je geringer dieser Effekt, umso weniger geeignet ist ein Instrument für die Altersvorsorge. Und bei MBFs kann ein solcher Effekt nicht zustande kommen. Denn sie dienen der Erzielung eines investiven Zusatzeinkommens. Werden aber Erträge ausgezahlt, also nicht thesauriert, kann sich ein Zinseszins-Effekt nicht einstellen.

Zur rechtlichen Ausgestaltung von MBFs

Sollen MBF die ihnen zugedachte Schlüsselrolle erfüllen, bedürfen sie einer solchen rechtlichen Ausgestaltung, dass sie unter Sicherheits- und Renditeaspekten mit traditionellen Investmentfonds vergleichbar sind. Nur dann bleiben der Politik, der Investmentbranche und den Anlegern in MBFs Enttäuschungen erspart. Deshalb kann von MBFs auch nicht die Sanierung unrentabler Betriebe oder ein Eingehen von Beteiligungen erwartet werden, die keine mit Kapitalmarkttiteln vergleichbare Rendite bieten.

Die Bewertungsfrage: Von zentraler Bedeutung für die Akzeptanz von MBFs ist eine dem Qualitätsstandard von Investmentfonds entsprechende Lösung der Bewertungsfrage. Das Bewertungssystem muss wegen des regelmäßigen Erwerbs und der regelmäßigen Rückgabe von Anteilen börsentäglich einsetzbar, objektiv und neutral sein; es muss weiterhin - auch im Interesse der Gleichbehandlung von Alt- und Neuanlegern - einheitlich vom ersten bis letzten Bewertungszeitpunkt gelten und darf nur und insoweit zu Wertveränderungen führen, als in der Realität tatsächlich Wertveränderungen eintreten.

Jederzeit widerspruchsfreie Bewertungsverläufe

Es muss schließlich nachweisbar jederzeit zu widerspruchsfreien Bewertungsverläufen führen. Nach jahrelanger Diskussion zwischen BVI und dem federführenden Bundesministerium stellte der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages abschließend fest:

"Die Ende 1988 in Kraft getretene KAGG-Bewertungsverordnung wird diesen Anforderungen nach Auffassung des Ausschusses nicht gerecht. Zu fordern ist eine Bewertungsmethode, bei der die Anpassung der aus der vereinbarten stillen Beteiligung rechnerisch abzuleitenden Risikoprämie an veränderte risikorelevante Umstände gemäß dem Verhältnis der Risikoprämie des Wirtschaftsprüfers im jeweiligen Bewertungszeitpunkt zu der des Erwerbszeitpunktes zu erfolgen hat. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Verordnungsermächtigung in § 25 d Abs. 3 KAGG in diesem Sinne zu interpretieren ist".9)

Mit dieser Entscheidung sprach sich der Finanzausschuss eindeutig für das sogenannte "Laux-Modell"10) aus, das im Gegensatz zu dem im KAGG für den Erwerbszeitpunkt und der KAGG-Bewertungsverordnung für die Folgebewertungszeitpunkte vorgesehenen System den notwendigen Qualitätsstandard aufwies. Laux hat sein Modell aus der Berechnungsformel für potenzielle Kurse festverzinslicher Wertpapiere abgeleitet. Die Variablen in diesem System sind der - von einem Wirtschaftsprüfer zu bestimmende - erwartete Ertrag und erwartete Rückzahlungsbetrag einer nicht-notierten Beteiligung sowie der Diskontierungszinsfuß. Letzterer setzt sich zusammen aus dem aktuellen Kapitalmarktzins und einem individuellen Strukturzuschlag (von den Vertragsparteien vereinbarte Risikoprämie im Erwerbszeitpunkt).

Strukturzuschlag

Der Strukturzuschlag stellt das sich aus den Marktverhältnissen im Erwerbszeitpunkt ergebende Äquivalent für die strukturellen Nachteile einer nicht-notierten Beteiligung im Verhältnis zu einer börsennotierten Anleihe aus der Sicht einer Investmentgesellschaft dar. Dieser aus dem Beteiligungsvertrag rechnerisch ableitbare Zuschlag darf vom Wirtschaftsprüfer nur und insoweit verändert werden, wie sich das Verhältnis zwischen der Risikoprämie des Wirtschaftsprüfers im jeweiligen Bewertungszeitpunkt im Verhältnis zu seiner Risikoprämie im Erwerbszeitpunkt verändert.

Der Marktpreis im Erwerbszeitpunkt wird also nicht in späteren Bewertungszeitpunkten durch die Einschätzung des Wirtschaftsprüfers ersetzt, sondern lediglich mit dessen Hilfe fortgeschrieben Damit wird - wie in der Formel für die Berechnung potenzieller Kurse für Anleihen - eine einheitliche mathematische Definition des Diskontierungssatzes durchgehend für die gesamte Laufzeit einer stillen Beteiligung mit begrenzter Laufzeit erreicht.

Auswirkungen einer volatilen Wertentwicklung

Dies führt zu widerspruchsfreien Bewertungsverläufen, sodass alle Fondsanleger unabhängig vom Zeitpunkt des Anteilscheinerwerbs nachweisbar gleich behandelt werden. Dem damals von ministerialer Seite vorgeschlagenen Modell blieb die Anerkennung versagt, weil es im Erwerbszeitpunkt und für die Folgebewertungszeitpunkte unterschiedliche Bewertungssysteme vorsah. Ein solches Bewertungsmodell hätte zwangsläufig zu Bewertungssprüngen geführt, auch wenn sich in der Realität keine Wertveränderung ergeben hat.

Nach Manfred Laux ist das für stille Beteiligungen entwickelte Bewertungssystem anwendbar auf homogene und inhomogene Vermögenstitel mit festem und variablem Ertrag/Zins, sofern sie eine begrenzte Laufzeit aufweisen.

Bei homogenen Vermögensgegenständen wie börsennotierten Anleihen ist der Strukturzuschlag null. In diesem Fall sind auch die Risikovorstellungen eines Wirtschaftsprüfers irrelevant, da ein von ihm fortzuschreibender Strukturzuschlag nicht existiert. Eines Wirtschaftsprüfers bedarf es in diesem Fall auch nicht, weil bei homogenen Gütern wie zum Beispiel börsennotierten Anleihen börsentäglich Marktpreise zur Verfügung stehen.

Im Vergleich mit einer börsennotierten Anleihe

Geht man davon aus, dass ein MBF Beteiligungskapital Unternehmen mit ausreichender Bonität zur Verfügung stellt und bleiben die Erträge des Unternehmens relativ konstant, so ist die Wertentwicklung einer Beteiligung im Zeitablauf vergleichbar der Wertentwicklung einer börsennotierten Anleihe. Je stärker jedoch die Ertragszahlungen des Beteiligungsunternehmens schwanken, umso volatiler wird der Wert der Beteiligung im Zeitablauf im Vergleich zu einer Anleihe - analog der Kursentwicklung einer Aktie bei Ertragsschwankungen.

Die Auswirkungen einer volatilen Wertentwicklung auf den Vermögensstatus eines Arbeitnehmers werden jedoch - bei regelmäßiger Einzahlung von Sonderzahlungen in einen MBF - durch den Cost-Average-Effekt abgemildert. Die jährlichen Neubewertungen der einzelnen Beteiligungen durch Wirtschaftsprüfer erfolgen nicht zeitgleich, sondern - analog der Praxis bei Offenen Immobilienfonds - über das Jahr gestreut, was zu einer kontinuierlichen Wertentwicklung beiträgt.

Anlagekatalog: Zu den wesentlichen Zielen der Koalition zählt, jedem Arbeitnehmer den Aufbau einer investiven Einkommensquelle zu erleichtern. Entsprechend sind die Anlagemöglichkeiten eines MBF grundsätzlich auf Titel gegenüber Unternehmen begrenzt. Der vorgeschlagene Anlagekatalog sieht vor:

- unverbriefte Darlehensforderungen - in Höhe von 50 Prozent,

- nicht-börsennotierte Unternehmensbeteiligungen inklusive nicht-börsennotierte Wertpapiere - in Höhe von 25 Prozent,

- börsennotierte Werte (Aktien und Schuldverschreibungen) und Geldmarktinstrumente - in Höhe von 25 Prozent. Prozentuale Vorgaben hinderlich

Derartige prozentuale Vorgaben behindern grundsätzlich - unabhängig davon, ob sie als Erwerbs- oder Bestandsgrenzen ausgestaltet würden - die Auflegung "passgenauer" MBFs. Angesichts der Vielgestaltigkeit der Praxis lässt sich auf der Ebene des Gesetzgebers schwerlich entscheiden, welche Beteiligungsformen in welchem Umfang für welche Unternehmen im jeweiligen Zeitpunkt geeignet sind. Die Vorgabe derartiger Quoten durch den Gesetzgeber erscheint auch nicht erforderlich. Denn bei MBFs sind die Vertragsbedingungen mit den zuständigen Stellen vor Ort, also bei regionalen MBFs etwa mit den Industrie- und Handelskammern abzustimmen. Erst auf dieser Ebene sollte ermittelt beziehungsweise entschieden werden, welche Art von Quoten überhaupt sinnvoll und angemessen und welche mit der Aufgabe einer Investmentgesellschaft noch vereinbar sind. Der Gesetzgeber sollte sich insoweit zum Beispiel auf eine Vorschrift beschränken, wonach "mindestens 25 Prozent des Fondsvermögens in börsennotierten Werte (Aktien und Schuldverschreibungen)" anzulegen sind.

Risikostreuung: Von zentraler Bedeutung für die Sicherheit des Fondsvermögens eines MBF sind die für ihn geltenden Risikostreuungsvorschriften. Wie diese für einen Investmentfonds, der auch in nichtnotierten Titeln anlegen soll, gestaltet werden können, wurde bereits in den achtziger Jahren vor der Einführung von Beteili-gungs-Sondervermögen für die Anlage in stillen Beteiligungen ausführlich erörtert (siehe hierzu § 25b KAGG alt). Sie entsprechen in der Zusammensetzung ihres Vermögens weitgehend den Wertpapier-Sondervermögen. Sie konnten maximal fünf Prozent des Fondsvermögens in stillen Beteiligungen an einem Unternehmen anlegen und insgesamt maximal 30 Prozent des Fondsvermögens.

Die Behandlung von Schuldscheinen und Schuldverschreibungen

Die gleiche Maximalgrenze von 30 Prozent galt für Schuldverschreibungen und Schuldscheine. Von Wertpapier-Sondervermögen unterschieden sie sich dadurch, dass sie neben Wertpapieren, Schuldscheindarlehen und Bankguthaben nach Ablauf einer Übergangsfrist von acht Jahren mindestens zehn Beteiligungs-Unternehmen mit einem Gesamtwert von mindestens zehn Prozent und höchstens 30 Prozent des Wertes des Sondervermögens zu enthalten hatten.

Beseitigung der 75-Prozent-Mindestquote: Nach dem Vorschlag der Arbeitsgruppe muss von den eingezahlten Beträgen "ein Rückfluss in die beteiligten Unternehmen in Höhe von 75 Prozent garantiert werden". Dieser Eingriff in die Anlagepolitik ist umso weniger verständlich, als ein derartiger Kapitalanlagezwang in der innerbetrieblichen Beteiligungspraxis nur in extremen Ausnahmefällen vorkommt, zum Beispiel bei Sanierungen, bei betrieblichen Bündnissen, bei Nachfolgeregelungen oder Ausgründungen.

Auch stellt sich die Frage: Wer garantiert MBFs, dass die betroffenen Unternehmen in diesem Umfang auch Fondsbeteiligungen wünschen? Angesichts des bei mittelständischen Unternehmen weit verbreiteten "Herr-im-Hause"-Standpunkts ist diese Frage keineswegs nur von theoretischer Bedeutung. Beteiligungsverträge können aus den unterschiedlichsten Gründen nicht zustande kommen.

Zu denken ist in diesem Zusammenhang zum Beispiel auch an Kleinunternehmen. Diese können die für einen MBF erforderliche Mindestrendite nicht bezahlen, die unverzichtbar ist, um zum Beispiel auch die Kosten für Beratungsgespräche, Bonitätsprüfungen und die Betreuung einer Beteiligung aufzubringen.

Immer dann, wenn nun Mitarbeiter von Unternehmen, die eine Beteiligung nicht wünschen oder kein Beteiligungskapital erhalten können, in einen MBF einzahlen, erhöht sich das Fondsvolumen. Gleichzeitig droht die Gefahr, dass der relative Anteil des Fondsvermögens, bei dem die Rückflussgarantie eingehalten werden konnte, auf unter 75 Prozent sinkt.

Trägt nun eine Investmentgesellschaft der Vorgabe der Koalition "Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer" Rechnung, behält sie also die eingezahlten Gelder, würde sie die vorgegebene Mindestquote verletzen. Zahlt sie aber die eingegangenen Gelder wieder zurück, um die vorgegebene Mindestquote zu beachten, verletzt sie den Gedanken der Gleichbehandlung.

Interessenkonflikte möglichst vermeiden

Wie soll sich eine Investmentgesellschaft verhalten, wenn die Anlage eingezahlter Gelder in einem anderen Unternehmen den Interessen der Arbeitnehmer besser entsprechen würde? Auch hier stellt sich für sie eine nicht lösbare Aufgabe: Entweder sie legt im Unternehmen der Arbeitnehmer an, um die Mindestquote einzuhalten, und verletzt dadurch ihren Auftrag, im ausschließlichen Interesse ihrer Anteilinhaber zu handeln, oder sie beachtet ihren ureigensten Auftrag als Investmentgesellschaft und verletzt dadurch die Mindestquotenregelung.

Die Politik wäre gut beraten, von Investmentgesellschaften derartige Interessenkonflikte fernzuhalten. Auf die Einführung einer gesetzlichen Mindestquote sollte deshalb verzichtet werden. Dann könnten MBFs so ausgestaltet werden, dass sie ein geeignetes Instrument darstellen, um über einen Ausbau der betrieblichen Mitarbeiterbeteiligung für ausnahmslos alle abhängig Beschäftigten eine ergänzende investive Einkommensquelle aufzubauen.

Risikostreuung und Ertragsstabilisierung

Dadurch würden auch - was sachgerecht wäre - die bereits existierenden Beleg-schafts-Aktienfonds unter den Begriff "Mitarbeiterbeteiligungsfonds" fallen. Denn Belegschaftsfonds haben ihr Vermögen aufgrund der Risikostreuungsvorschriften des Investmentgesetzes zu mindestens 90 Prozent außerhalb des eigenen Unternehmens anzulegen. Sie könnten also nicht die Bedingung erfüllen, dass mindestens 75 Prozent des Kapitals der Mitarbeiter dem eigenen Unternehmen zufließen.

Soll-Vorschrift für Mindestanteile?

Inhalt der Vertragsbedingungen - Soll-Vorschrift und Mindestliquidität: Bei der Ausgestaltung der Vertragsbedingungen wäre zu beachten, dass ein Mitarbeiterbeteiligungsfonds seine Anlagepolitik allein an Rendite- und Risikogesichtspunkten zu orientieren hat. Im Interesse seiner Anteilinhaber sollte ein MBF seine Beteiligungen ausreichend über verschiedene Branchen und Regionen streuen können. Ein solcher Vertragsinhalt dient nicht nur einer besseren Risikostreuung, sondern auch der Ertragsstabilisierung.

Die Frage, in welchem Umfang nichtnotierte Beteiligungstitel - seien es Unternehmensanleihen, Darlehensforderungen oder stille Beteiligungen - von einem MBF erworben werden sollen, muss in der alleinigen Verantwortung der Investmentgesellschaft verbleiben. Denn sie trägt auch die alleinige Verantwortung gegenüber den Anteilinhabern.

In den Vertragsbedingungen könnte jedoch vorgesehen werden, dass ein Mindestanteil von x Prozent des Fondsvermögens in nicht-notierten Beteiligungstiteln und ein solcher von y Prozent in Unternehmen zum Beispiel einer Region angelegt werden soll (Soll-Vorschrift). Die Frage, in welchem Umfang Mindestliquidität zu halten ist, hängt davon ab, in welchem Umfang sich nicht-notierte Titel in einem MBF befinden, ebenso davon, welche Kündigungsfrist für die Rückgabe von Anteilscheinen in den Vertragsbedingungen vereinbart wird. Deshalb sollte auch erst in den Vertragsbedingungen festgelegt werden müssen, in welchem Umfang Mindestliquidität in einem MBF zu halten ist (Muss-Vorschrift).

Die notwendige Erfahrung, welche Liquidität bei nicht-notierten Vermögensgegenständen mindestens vorzuhalten ist, um Rückgabeverlangen jederzeit zu bedienen, sollte in der Zwischenzeit in der Investmentbranche vorliegen.

Die entsprechenden Prozentsätze wären auf regionaler Ebene zwischen der Investmentgesellschaft und den Initiatoren der Auflegung eines MBF auszuhandeln. Es wäre hierbei Aufgabe einer Investmentgesellschaft, im Rahmen der Vertragsverhandlungen dafür zu sorgen, dass solche Mindestsätze vereinbart werden, die ihren anlagepolitischen Vorstellungen und den Interessen der Anteilinhaber nicht widersprechen. Will eine Investmentgesellschaft von einem Soll-Mindestsatz nach unten abweichen, würde ihr eine Begründungspflicht gegenüber den Mitinitiatoren des MBF obliegen.

Die Verlagerung der Entscheidung auf die Vertragsparteien darüber, in welchem Umfang Kapital in die beteiligten Unternehmen zurückfließen soll, läge auf der Linie der Vorschläge der Arbeitsgruppe für die innerbetriebliche Mitarbeiterkapitalbeteiligung. Denn die Art und Weise der innerbetrieblichen Beteiligung wird hier ausschließlich freiwilligen Vereinbarungen zwischen Belegschaft und Unternehmen überlassen.

Wahlmöglichkeit für die Arbeitnehmer einräumen

In den Vertragsbedingungen wäre weiterhin zu bestimmen, dass die Anteile eines MBF - vergleichbar der Situation bei Belegschaftsaktienfonds - grundsätzlich nur von einem in den Vertragsbedingungen zu bestimmenden Kreis von Arbeitnehmern erworben werden dürfen, also zum Beispiel den Mitarbeitern eines oder mehrerer Unternehmen, einer Region oder einer Branche.

Andererseits sollten die Vertragsbedingungen auch zulassen, dass sich in begrenztem Umfang auch Beschäftigte aus anderen Regionen/Branchen beteiligen können, um Arbeitnehmern eine Wahlmöglichkeit einzuräumen, wenn sie mit der Wertentwicklung des MBF ihrer Region oder Branche nicht zufrieden sind. Ebenso könnte Arbeitgebern oder anderen Anlegern - falls sie es wünschen - der Zugang zu einem solchen MBF gestattet werden. Dies bietet sich auch an, um einem MBF möglichst schnell zu einem kostendeckenden Fondsvolumen zu verhelfen. Eine solche flexible Konzeption wäre eine angemessene Antwort auf die von Region zu Region unterschiedliche Unternehmenslandschaft einerseits und auf das Selbstverständnis von Investmentgesellschaften andererseits. Aus der Sicht von Arbeitnehmern hätten so gestaltete MBFs die Chance, als vergleichbar attraktiv wie traditionelle Investmentfonds empfunden zu werden.

Praktische Abwicklung von regionalen MBFs

Industrie- und Handelskammern können zwecks Gründung eines Mitarbeiterfonds für ihre Wirtschaftsregion entscheiden, mit welchen Investmentgesellschaften Kontakt aufgenommen werden sollte. Ein mit Vertretern der Region besetzter "Beirat" könnte als Beratungsorgan die ausgewählte Investmentgesellschaft unterstützen. Die Mitglieder einer IHK wären sodann darüber zu unterrichten, welche Unternehmen nach Auffassung der Investmentgesellschaft als geeignete Beteiligungsunternehmen in Frage kommen. Denn Beteiligungsunternehmen müssen über ein ausreichendes Rechnungswesen, eine effiziente Zukunftsplanung sowie eine ausreichende Zukunftsgewinnerwartung verfügen.

Über IHKs könnte auch der regionale Bedarf an Beteiligungskapital ermittelt werden. Ausgehend von den von IHKs beziehungsweise ihrer Muttergesellschaft zur Verfügung gestellten Informationen hätten Investmentgesellschaften aufgrund einer Analyse der Bilanzen sodann auf die in Frage kommenden Unternehmen zuzugehen. Sparkassen, Volks-und Raiffeisenbanken sowie die Filialen von Großbanken vor Ort könnten für die ihnen angeschlossenen Investmentgesellschaften die Bonitätsprüfungen übernehmen.

IHKs können grundsätzlich wertvolle Hilfe bei der Aufklärungsarbeit gegenüber den regionalen Unternehmen und deren Mitarbeiter leisten und eventuell auch den zu erwartenden regionalen Anlagebedarf abschätzen. Denn ein MBF benötigt ein bestimmtes Fondsvolumen, wenn er dauerhaft kostendeckend und ertragbringend arbeiten soll. Aus der Sicht von Muttergesellschaften von Investmentgesellschaften ist von Interesse, dass sie über ihre Investmenttöchter Kontakte zu Unternehmen anbahnen können, die bisher nicht zu ihrem Kundenkreis zählen.

Branchen-MBFs

Die für regionale MBFs geltenden Überlegungen treffen prinzipiell auch für Branchen-MBFs zu. So können Tarifvertragsparteien für die Arbeitnehmer einer Branche die Auflegung eines MBF anregen, gegenüber Branchen-MBFs, die ihr Fondsvermögen überwiegend in der eigenen Branche anlegen wollen/sollen, sollten inzwischen jedoch auch die Tarifvertragsparteien nach den Erfahrungen, mit zum Beispiel der Technologiebranche zwischen 2000 und 2002, die notwendige Skepsis aufbringen. Angesichts der durch die Globalisierung zu erwartenden Veränderungen im Wirtschaftsleben weiß heute niemand, welche Unternehmen und Branchen in einigen Jahrzehnten noch existieren.

Bei derartigen Branchen-MBFs, deren Anlagespielraum auf die eigene Branche beschränkt wäre, wäre deshalb einem Arbeitnehmer zu empfehlen, nach Ablauf der Haltedauer seine Anteilscheine wegen unzureichender Risikostreuung zurückzugeben.

Da Tarifvertragsparteien bei Branchen-MBFs lediglich ein Instrument nutzen, das sich in unsere Rechts- und Wettbewerbsordnung für Kapitalsammelstellen einfügt, können gegenüber solchen Branchen- MBFs keine ordnungspolitischen Bedenken erhoben werden. Sie sind aus ordnungspolitischer Sicht vergleichbar mit den bereits existierenden Branchen-Pensionsfonds oder Branchen-Pensionskassen. Würden MBFs gesetzlich zur Veröffentlichung ihrer Wertentwicklungszahlen verpflichtet, wäre auch die notwendige Kontrolle durch die Öffentlichkeit gewährleistet.

Zu kompliziert?

Vorteile des Lösungsvorschlags aus der Sicht mittelständischer Unternehmen:

Der häufig erhobene Einwand, MBFs seien für den Mittelstand zu kompliziert, trifft nicht zu. Der einzelne Unternehmer kann für seinen jeweiligen Arbeitnehmer bei der den MBF auflegenden Investmentgesellschaft ein für die Haltedauer gesperrtes Wertpapierdepot eröffnen, auf das Einzahlungen zu erfolgen haben. Die Investmentgesellschaft würde im Gegenzug Anteile am MBF dem Wertpapierdepot des Arbeitnehmers gutschreiben.

In der Praxis der Mitarbeiterbeteiligung wird häufig von der Einführung von Gewinnbeteiligungsmodellen abgesehen, um Arbeitnehmern keinen Einblick in die Ertragslage eines Unternehmens zu gewähren. Dieser Hinderungsgrund entfällt beim Angebot von Anteilen an MBFs, weil die Unterlagen über die Ertragssituation sich nur bei den Investmentgesellschaften befinden, die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Arbeitnehmer erlangen also keinen Einblick in die Gewinnsituation eines Unternehmens.

Auch entstehen für ein Unternehmen keine Absicherungskosten wie zum Beispiel bei Mitarbeiterdarlehen, da eine Absicherung der Beteiligung aufgrund der Risikostreuung in einem MBF überflüssig ist. Erwirbt ein MBF zum Beispiel eine stille Beteiligung an einem Unternehmen, ist er nur bei Gefährdung seiner Kapitalanlage an einer Mitsprache interessiert. Denn sein Interesse richtet sich primär darauf, für seine Anleger angemessene Erträge zu erwirtschaften.

Stärkung des Eigenkapitals durch stille Beteiligung

Über MBFs wird das Ziel, die Arbeitnehmer enger an das eigene Unternehmen zu binden, zumindest bei solchen - und damit der Mehrzahl - von Unternehmen erreicht, die bisher noch keine Kapitalbeteiligungsmodelle angeboten haben. Dies gilt auch dann, wenn das Kapital nicht direkt im eigenen Unternehmen angelegt wird. Denn wenn betriebliche Alterssicherungssysteme, bei denen das Kapital ebenfalls betriebsextern investiert wird, die Betriebsbindung erhöhen beziehungsweise das Betriebsklima verbessern, dann muss dies auch für die Gewährung von Anteilen an MBFs gelten.

Bei Vereinbarung einer stillen Beteiligung wird auch das Eigenkapital eines Unternehmens gestärkt. Eine solche Beteiligung ist inhaltlich flexibel gestaltbar, zählt steuerlich zum Fremdkapital und wird banktechnisch als Eigenkapital gewertet. Solche Beteiligungen sind deshalb sowohl in Deutschland als auch Österreich die bei mittelständischen Unternehmen beliebteste Beteiligungsform. Bei ihr können zum Beispiel neben festen Zinszahlungen auch ertragsabhängige Zahlungen vereinbart werden.

Die Liquiditätssituation eines Unternehmens wird verbessert, weil solches Beteiligungskapital im Gegensatz zum Fremdkapital zirka zehn Jahre tilgungsfrei gestellt werden kann. Zinsen können erst nach einem Jahr und müssen nicht wie bei Fremdkapital jedes viertel Jahr entrichtet werden. Sicherheiten sind nicht zu stellen, entsprechend entfallen auch die Sicherungskosten.

Aufgabe des Treuhänderprinzips nicht notwendig

Beteiligungskapital von einem MBF können somit auch für Unternehmen mit ausreichender Bonität langfristig Kostenvorteile bieten. Derartiges stilles Beteiligungskapital wird vom organisierten Kapitalmarkt nicht zur Verfügung gestellt.

Dagegen wird teilweise eingewandt, es sei für die Unternehmen kaum attraktiv, 100 Prozent in einen Fonds zu investieren, von dem anschließend nur 75 Prozent zurückfließen. Dem ist entgegenzuhalten, dass auch in der Vergangenheit Sonderzahlungen überwiegend aus einem Unternehmen abgeflossen sind. Im Übrigen bleibt es weiterhin jedem Arbeitgeber überlassen, seinen Arbeitnehmern direkte Kapitalbeteiligungen anzubieten, um einen vollständigen Rückfluss von Sonderzahlungen zu bewirken.

Vorteile des Lösungsvorschlags aus der Sicht von Arbeitnehmern: Jeder Arbeitnehmer hat den gleichen staatlich begünstigten Zugang zu einem MBF, unabhängig davon, ob es zu einem Beteiligungsvertrag zwischen MBF und seinem Arbeitgeber kommt oder nicht. Er nutzt die Vorteile einer Investmentfondskonstruktion unter anderem die Vermeidung des doppelten Risikos, sowohl Arbeitsplatz als auch Kapital zu verlieren.

Gleichzeitig beteiligt er sich an den Erfolgen regionaler und überregionaler Wirtschaftsunternehmen. Ein Arbeitnehmer kann sich die jährlichen Erträge auszahlen oder automatisch wiederanlegen lassen. Dass einmal auf eine jährliche Ausschüttung verzichtet werden muss, erscheint bei der vorgeschlagenen Gestaltung von MBFs ausgeschlossen.

Anders als häufig bei innerbetrieblichen Beteiligungsmodellen ist der Verkauf der Anteile unproblematisch: Da im Rahmen einer solchen flexiblen Konzeption eine Investmentgesellschaft - wie bei üblichen Investmentfonds auch - in ausschließlichem Interesse der Anleger tätig ist, kann auch bei MBFs die Treuhänderstellung einer Investmentgesellschaft aufrechterhalten bleiben. Die Arbeitsgruppe plant demgegenüber, das aus dem Anlegerschutzgedanken abgeleitete und für das deutsche und europäische Investmentfondssystem zentrale Prinzip der Treuhänderfunktion aufzubrechen und durch die besondere Zwecksetzung des Fonds zu ersetzen.

An dieser Stelle wird deutlich, dass MBFs zumindest auch strukturpolitischen Zielen dienen sollen. Strukturpolitik und attraktive investive Einkommenspolitik sind jedoch grundsätzlich nicht miteinander kompatibel. Die Aufgabe des Treuhänderprinzips ist bei Beachtung der vorgeschlagenen Änderungen auch nicht notwendig. Denn wesentliche Ziele der Arbeitsgruppe wie Beteiligung am Erfolg von Wirtschaftsunternehmen, Aufbau einer attraktiven investiven Einkommensquelle, Ausbau der betrieblichen Mitarbeiterbeteiligung und Gleichstellung von nicht-börsennotierten mit börsennotierten Unternehmen bei der Kapitalanlage/Kapitalverwendung lassen sich auch ohne Aufgabe der Treuhänderfunktion erreichen.

Um dem Konzept der großen Koalition zur Vermögensbildung und Mitarbeiterkapitalbeteiligung zu einem flächendeckenden Durchbruch zu verhelfen, bedarf es allerdings wesentlich besserer steuerlicher Rahmenbedingungen - sowohl um für jeden Arbeitnehmer einen attraktiveren Einkommensstrom aus Kapitalvermögen zu erzeugen als auch um kostendeckende Fondsvolumina in einem überschaubaren Zeitraum zu erreichen.

Hoher gesellschaftspolitischer Stellenwert

Aus gesellschaftspolitischen Gründen verdienen die Vorstellungen der Koalition eine zwar kritische, jedoch konstruktive Begleitung. Deren investmentkomforme Umsetzung stellt für die deutsche Investmentbranche eine gewaltige Herausforderung dar und zwingt sie zu einem Neu- und Umdenken. Dies ist jedoch lediglich eine Konsequenz der Investmentfondsidee, zu mehr Chancengerechtigkeit/Chancengleichheit in der Gesellschaft beizutragen und allen Bevölkerungsschichten den Zugang zu allen Anlagemärkten zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern, also auch zum Markt für Beteiligungen an nicht-börsennotierten Unternehmen.

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