Aufsätze

Konzentration in der Fondsbranche: Größere Marktchancen auf kleinerem Raum

Wenn man betrachtet, wie die AIFM-Richtlinie ihren Weg in das deutsche Recht genommen hat, fühlt man sich ein wenig an eine Lawine erinnert. Anfänglich sollte sie Regelungslücken bei alternativen Anlagevehikeln wie Private-Equity- und Hedgefonds schließen. Letztendlich mündete sie in das fast 600 Seiten umfassende Kapitalanlagesetzbuch (KAGB), das im Juli 2013 in Kraft getreten ist.

Während das KAGB aus Sicht der Investmentfondsbranche der "offenen Fonds" lediglich eine Weiterentwicklung der Fondsregulierung auf europäischer Ebene darstellt, stellt es für die Emissionshäuser der bis dato als "geschlossene Fonds" titulierten Beteiligungsangebote einen wahren Paradigmenwechsel dar. Denn das KAGB stellt diese Beteiligungsangebote künftig auf eine Stufe mit Produktlösungen der offenen Investmentfondsbranche und führt folgerichtig beide Produktgattungen in einem Ordnungsrahmen zusammen.

Die daraus resultierenden regulatorischen Anforderungen führen am Ende des Tages auch zu deutlichen Kostensteigerungen. Das kann bei dem einen oder anderen Initiator das ganze Geschäftsmodell infrage stellen; und wird für manchen Neuanbieter zu einer kaum überwindbaren Hürde. Eine Konsolidierung ist in der Fondsbranche insofern unausweichlich. Überleben und neue Marktchancen ergreifen können nur diejenigen Unternehmen, die bereit und fähig sind, sich an die neuen Anforderungen anzupassen.

OGAW und AIF: Ein Unterschied nicht nur technischer Natur

Mit der neuen Systematik des KAGB gehen auch neue Begrifflichkeiten einher: Aus der früheren "Kapitalanlagegesellschaft" (KAG) wurde nun die sogenannte "Kapitalverwaltungsgesellschaft" (KVG). In diesem Zuge haben bestehende KAGen eine Geschäftserlaubnis als KVG zu beantragen. Darüber hinaus zieht das neue Gesetz auch eine Trennlinie zwischen zwei Arten von Investmentvermögen: den sogenannten "Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren" (OGAW) und den "alternativen Investmentfonds" (AIF). Erstere sind richtlinienkonforme Wertpapierfonds im Sinne der europäischen OGAW-Richtlinie, die etwa in Aktien oder Anleihen investieren.

AIF sind dagegen alle investmentrechtlich regulierten offenen Investmentfonds, die nicht als OGAW gelten, sowie alle bis dato als "geschlossene Fonds" be titelten Vermögen. Zu den offenen AIF gehören insbesondere der bisherige Spezialfonds und Publikumsfonds, wie zum Beispiel offene Immobilienfonds, aber auch Produkte, die als "sonstige Sondervermögen" qualifiziert wurden, wie zum Beispiel Fonds mit physischen Edelmetallen. Der Unterschied zwischen OGAW und AIF ist dabei nicht nur ein technischer, denn für Verwalter von OGAW und AIF gelten teils sehr unterschiedliche Zulassungsanforderungen und Berichtspflichten.

So gibt es die KVG künftig in drei Ausprägungen: entweder als KVG für OGAW-Investmentvermögen (OGAW-KVG) oder als KVG für AIF-Investmentvermögen (AIF-KVG) - oder als KVG für beide Richtungen, also OGAW wie AIF. Vormals als KAG operierende Fondsgesellschaften müssen in diesem Zuge eine erweiterte Zulassung beantragen, um künftig als AIF-KVG agieren zu dürfen.

Deutlich höherer bürokratischer Aufwand

Die Umsetzung der AIFM-Richtlinie bringt mit den damit verbundenen erweiterten Berichtspflichten, den erforderlichen Änderungen von Vertriebsmaterialien und so weiter einen bürokratischen Aufwand mit sich, der deutlich höher ist als bisher. Insbesondere für kleine und mittlere Fondsgesellschaften ist der zusätzliche Verwaltungsaufwand eine große Herausforderung.

Für Initiatoren geschlossener Fonds macht sich die Einbeziehung ihres Geschäftsfeldes in das KAGB besonders bemerkbar, denn eine Vielzahl von Organisationsvorschriften, die auch schon bisher für KAGen galten, sind für manche von ihnen Neuland. Zu den aus Sicht des Anlegerschutzes wichtigsten Neuerungen gehört sicherlich, dass auch geschlossene Fonds jetzt eine "Verwahrstelle" (Depotbank) benötigen. Eine wichtige Aufgabe ist die Kontrolle der Mittelverwendung. Zudem müssen die Initiatoren geschlossener Fonds ein Risikomanagement aufbauen, das unter anderem ein unabhängiges Risikocontrolling, Stresstests und die Überwachung von Liquiditätsrisiken umfasst. Für viele stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, ob sie überhaupt AIF-Manager werden wollen oder nicht.

Nicht jeder Anbieter offener oder geschlossener Fonds wird die erforderlichen organisatorischen und finanziellen Anforderungen aus eigener Kraft stemmen können oder wollen. Bei diesen Gesellschaften sind zwei Effekte zu beobachten. Einige streichen angesichts der neuen Anforderungen die Segel, ziehen sich aus dem Geschäft der Neuauflage von Fonds zurück und konzentrieren sich auf die Verwaltung bestehender Vermögen. Andere Anbieter und Initiatoren entscheiden sich dafür, den erhöhten Administrationsaufwand an professionelle Service-Gesellschaften auszulagern.

Diese als Service- oder auch Master-KVGen operierenden Einheiten übernehmen als externe Dienstleister die Organisation und Administration - der Initiator kümmert sich um seine Kernkompetenzen Portfoliomanagement und Vertrieb. Dieses Geschäftsmodell existiert im Bereich der klassischen Investmentfonds bereits seit Jahren und verzeichnete gerade in den vergangenen Jahren ein dynamisches Wachstum. Dabei gibt es auch Service- beziehungsweise Master-KVGen, die bereits langjährige Erfahrungen mit der Verwaltung von Immobilien-Investmentfonds aufweisen und insofern den Initiatoren geschlossener Fonds mit Sachwertanlagen wie Schiffen, Windkraft und eben Immobilien ein hohes Verständnis entgegenbringen.

Unbegründete Ängste vor externer Master-KVG

Allerdings befürchten einige Initiatoren, nicht mehr so frei über Produkte und Investitionen bestimmen zu können wie bisher, und können sich nicht so recht mit dem Gedanken anfreunden, dass formaljuristisch die KVG an der bisherigen Stelle des Initiators steht und zivil- und aufsichtsrechtlich verantwortlich ist. Die Vorbehalte dieser Initiatoren gegen eine externe KVG verlieren allerdings in dem Maße an Gewicht, indem die Initiatoren erkennen, dass die Rolle der KVG eine "dienende" ist, die sich - vom Anleger nahezu unbemerkt - im Hintergrund abspielt, und der Initiator weiterhin gegenüber dem Kunden der erste Ansprechpartner ist.

Um diese Ängste zu nehmen, werden in der Praxis Kooperationsvereinbarungen getroffen, die dem Initiator weitgehendes Mitspracherecht einräumen. Hier muss natürlich erwähnt werden, dass solche Kooperationsvereinbarungen im Aufsichtsrecht ihre Grenzen finden. Die KVG verantwortet die Verwaltung fremden Geldes, genau deswegen wird sie ja stark reguliert - als diejenige, die letztlich die Verantwortung trägt. Da die Entscheidung für eine eigene KVG in der Regel nur für große Initiatoren finanziell und organisatorisch sinnvoll ist, werden die kleineren Emissionshäuser an dieser Stelle aber über ihren Schatten springen müssen. Dieser Sprung kann am Ende ein Gewinn sein: Denn so müssen sie sich nicht mit den Widrigkeiten einer Neugründung auf der grünen Wiese aufhalten, sondern erhalten den Zugang zu einer etablierten und eingespielten KVG - idealerweise mit den skizzierten Erfahrungen im Bereich der Administration von Sachwerten.

Klarheit durch Rechtsverordnungen

Und Erfahrung tut dieser Tage not. Denn während heute bereits klar ist, welche Möglichkeiten das KAGB bietet und welche Entscheidungen Initiatoren zu treffen haben, bestehen an anderen Stellen noch Unklarheiten. Was kaum verwundern kann: Immerhin umfasst das KAGB nahezu 600 Seiten. Daher muss die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) - unter anderem durch konkrete Verordnungen sowie Auslegungen im Wege der Verwaltungspraxis - noch festlegen, wie bestimmte Vorgaben konkret umgesetzt werden sollen.

Außerdem verweist das KAGB vielfach auf übergeordnete supranationale Rechtsvorschriften, wie zum Beispiel die sogenannte Level-2-Verordnung der EU-Kommission, die wiederum die AIFM-Richtlinie auslegt, sowie auf Ausführungen der European Securities and Markets Authorithy (ESMA) als europäische Aufsichtsorganisation.

Unklarheiten bestehen unter anderem beim Begriff der Auslagerung. In §36 KAGB heißt es, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft unter bestimmten Bedingungen Aufgaben auf ein anderes Unternehmen auslagern kann. Hier stellt sich die Frage, welche Tätigkeiten vom Begriff der "Aufgabe" und somit vom Regelungskreis der Norm erfasst sind. Fest steht, dass die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement als Aufgabe im Sinne von §36 KAGB gelten. Insoweit regelt das Gesetz sogar ausdrücklich, dass für die Auslagerung dieser Tätigkeiten zusätzliche Voraussetzungen zu beachten sind.

Bei administrativen Tätigkeiten wie der Buchhaltung und solchen im Zusammenhang mit den Vermögenswerten des AIF wie der Immobilienverwaltung geht die EU-Kommission als Richtliniengeber bereits davon aus, dass die Wahrnehmung von Aufgaben eine Auslagerung im rechtlichen Sinne darstellt. Inwieweit allerdings beispielsweise der Vertrieb als Aufgabe im Sinne der Norm zu bewerten ist, wird von der BaFin noch geprüft.

Aus Initiatorensicht wäre hier natürlich das Ergebnis wünschenswert, dass dieser aufsichtsrechtlich keine Auslagerung darstellt. Prob lematisch in der praktischen Anwendung ist auch der Begriff der "Auslagerung" selbst, denn im heutigen Internetzeitalter können auch kleine Nicht-Standard-Softwareapplikationen als Auslagerung betrachtet werden - hier ist eine Einzelfallbeurteilung erforderlich.

Anforderungen an das Vergütungssystem noch nicht dargelegt

Da die AIFM-Richtlinie respektive das KAGB den Anlegerschutz verbessern sollen, nehmen sie auch Einfluss auf die Vergütungspolitik. Unter anderem werden detaillierte Anforderungen an die Vergütungspraxis für bestimmte Mitarbeiter gestellt. Der Anspruch ist, dass die Vergütung der Geschäftsleitung sowie der Mitarbeiter, die einen maßgeblichen Einfluss auf das Risikoprofil des Portfolios haben, im Einklang mit einem soliden Risikomanagement steht und nicht dazu führen darf, dass die Verantwortlichen unangemessene Risiken eingehen. Die konkreten Anforderungen, die an das Vergütungssystem selbst zu stellen sein werden, hat der deutsche Gesetzgeber jedoch nicht im Einzelnen dargelegt.

Insgesamt betrachtet werden die AIFM-Richtlinie und das KAGB zur weiteren Professionalisierung der Branche beitragen; sie sorgen für sich europaweit angleichende Rahmenbedingungen und für mehr Einheitlichkeit zwischen offenen und geschlossenen Fonds. Und die weiter zunehmende Transparenz, aber auch der verpflichtende Einsatz von Sicherungsinstrumenten wie der Verwahrstelle, die nicht nur Verantwortung trägt, sondern dem Anleger im Schadensfall auch haftet, können helfen, verloren gegangenes Vertrauen wiederzugewinnen. Per saldo kann unsere Branche, die sich der Verwaltung und dem Management von Vermögenswerten für Anlegergemeinschaften verschrieben hat, deshalb zuversichtlich in die Zukunft blicken.

Jörg W. Stotz , Sprecher der Geschäftsführung , HANSAINVEST Hanseatische Investment-GmbH
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