Gespräch des Tages

Kreditgeschäft - Wann kommt Sallie Mae an die Reihe?

Prof. Dr. Jürgen Singer, Universität Leipzig, schreibt der Redaktion:

"Die US-amerikanischen Refinanzierer von Hypothekenkrediten Fannie Mae und Freddie Mac dürften inzwischen bekannt und berühmt sein. Vor der Kreditkrise waren sie noch weitgehend unbekannt, was sich innerhalb weniger Monate geändert hat. Inzwischen ist es Allgemeinwissen der Bankpraktiker, dass diese beiden staatsnahen Institute etwa die Hälfte der US-amerikanischen Immobilienkredite für Häuser und Appartements in den Büchern halten. Vor Kurzem konnte man von deren CEOs und CFOs vernehmen, dass alles in Ordnung sei. Es gibt aber noch eine weitere Besonderheit im US-amerikanischen Kreditgewerbe: Sallie Mae. Das klingt irgendwie nach einer Freundin oder einer Tante aus den USA. Darunter ist aber die größte Bank für die Vergabe von Student Loans zu verstehen, gegründet 1972. Die Bezeichnung leitet sich von Student Loan Marketing Association ab, die Aktien notieren an der Nyse, der Sitz ist Reston. Die SLM Corporation gehört zu den Fortune 500 Unternehmen. Nach der Meinung des im Zuge der Finanzmarktkrise inzwischen ebenfalls weltweit bekannten US-Ökonomen Nouriel Roubini folgen den Subprime-Krediten neben geleveragten Finanzierungen oder Leasingfinanzierungen auch Studentenkredite: 'But we have problems with credit-card debt, student-loan debt, auto loans, commercial real estate loans, home-equity loans, corporate debt and loans that financed leveraged buyouts.'

Bricht die bisherige Finanzierungsorganisation der Bildungsfinanzierung zusammen, dann kann man abwarten, bis die US-Regierung auch Sallie Mae unter ihre Fittiche nimmt! Inzwischen ziehen sich auch US-Banken aus dem Studienkreditmarkt zurück, beispielsweise Citibank und Bank of America. Kredite werden nur noch an Studenten ausgewählter Hochschulen ausgereicht, Studenten an schlecht eingestuften Hochschulen oder an Hochschulen mit zu vielen Abbrechern erhalten dagegen keine Kredite. Außerdem wurde die Marge der bearbeitungsintensiven Studienkredite derart vermindert, sodass die Banken einen Verlust in diesem Geschäftsfeld befürchten und es restriktiv bearbeiten.

Im ersten Quartal 2008 erzielte Sallie Mae einen Verlust von 104 Millionen US-Dollar, im ersten Quartal 2007 war das Ergebnis mit 116 Millionen US-Dollar noch positiv. Die Ausfallraten erhöhten sich von 2,3 Prozent auf 2,6 Prozent vom dritten auf das vierte Quartal 2008. Der Verlust von Sallie Mae im vierten Quartal 2008 stieg auf 216 Millionen US-Dollar an. Sallie Mae generierte im Neugeschäft im vierten Quartal 2008 einen Zuwachs von 25 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2007, was den Rückzug der Banken dokumentiert. Man kann davon ausgehen, dass der exzessive Anstieg des Jobabbaus auch die Zukunftspläne der Akademiker beeinträchtigt. Inzwischen bauen US-Sozietäten schon in großem Umfang Anwälte ab. Der Arbeitsmarkt für Junganwälte an der Wall Street gilt als äußerst schwierig: M&As sowie IPOs sind rar geworden. Stattdessen werden mehr Insolvenzen registriert. Statt gut bezahlter Arbeitsplätze im Finanzzentrum New York erinnern schlecht bezahlte Praktika und hohe Verschuldung für das Studium stark an griechische Verhältnisse. Wann spannt die US- Regierung ihren Regenschirm auch über Sallie Mae?"

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