Aufsätze

Kreditpooling in der S-Finanzgruppe - von der Diversifikation einzelner Adressrisiken zur effektiven Kreditportfoliosteuerung

Die gravierenden Auswirkungen zahlreicher Unternehmensinsolvenzen haben Banken und Sparkassen die Notwendigkeit eines aktiven Kreditportfoliomanagements aufgezeigt. Insbesondere für Sparkassen und andere regionale Institute steht der Abbau von adressen-, branchenspezifischen sowie regionalen Konzentrationsrisiken im Vordergrund. Die originäre Kreditvergabe stellt im Wesentlichen auf adressenspezifische Aspekte ab, wobei das Regionalprinzip ein systemimmanentes Defizit bei der regionalen Kreditrisikodiversifizierung verursacht.

Konzeption der Kreditpooling-Transaktion

Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, für regional tätige Institute wie Sparkassen oder Genossenschaftsbanken geeignete Instrumente zur Steuerung von Konzentrationsrisiken aus mittelständischem Kreditgeschäft zu entwickeln und einzusetzen. Als Risikosteuerungsinstrument haben sich Kreditpooling-Transaktionen bewährt, über die adressen- und branchenspezifische sowie regionale Konzentrationsrisiken abgesichert und Investitionen in granulare Kreditrisikopositionen getätigt werden können. Beide Maßnahmen führen - bei entsprechendem Umfang - zur erheblichen Reduktion des unerwarteten Verlustes und damit des eigentlichen Kreditportfoliorisikos.

Im Rahmen der in der S-Finanzgruppe etablierten Kreditpooling-Transaktionen erfolgt die Übertragung von Adressrisiken synthetisch, sodass die den Adressrisiken zugrunde liegenden Kreditengagements im Bestand der Sparkasse bleiben und die über den Kreditbasket abgesicherten Kreditnehmer weiterhin von der Sparkasse betreut werden. Somit bleibt die Sparkasse bei zukünftigen Entscheidungen im Rahmen der Kundenbeziehung autonom.

Der synthetische Risikoübertrag zwischen den Transaktionsbeteiligten erfolgt mittels variabel verzinslicher Credit Linked Notes (CLN). Hierbei wird ein Credit Default Swap (CDS) mit einem liquiditätswirksamen Instrument, in diesem Fall einer Inhaberschuldverschreibung (IHS), verknüpft. Aufgrund der Verbriefung als Credit Linked Note ist die Transaktion liquiditäts- beziehungsweise bilanzwirksam und als Wertpapier während der Transaktionslaufzeit handelbar.

Im ersten Schritt erfolgt der Risikoübertrag von den Originatoren-Sparkassen (Sicherungsnehmer) zur Zweckgesellschaft mittels Originatoren-Credit-Linked-Notes. Deren Verzinsung richtet sich nach dem Drei-Monats-Euribor, dem Entgelt für die Liquiditätsüberlassung, der jeweiligen risikoadjustierten Bonitätsprämie für das eingebrachte Adressrisiko sowie einer Kre-ditpooling-Gebühr. Die an die Zweckgesellschaft übertragenen Risiken werden in einem zweiten Schritt gepoolt und somit diversifiziert über die Emission von Inves-toren-Credit-Linked-Notes an Investoren-Sparkassen (Sicherungsgeber) übertragen. Die Verzinsung der Investoren-CLNs setzt sich dabei aus den oben genannten Bestandteilen ohne Kreditpoolinggebühr zusammen. Dabei spiegelt die risikoadjustierte Prämie als Summe der Einzelprämien das durchschnittliche Bonitätsspektrum des Kreditpools wider und ist bei der untranchierten Kreditpooling-Transaktion für alle Investoren identisch (Abbildung 1).

Von einem regionalen Projekt zur bundesweiten Ausdehnung

Im Rahmen einer Testtransaktion wurde unter Federführung des DSGV der konzeptionelle Weg des Kreditpooling in der Sparkassenorganisation erstmals im Jahr 2002 beschritten. Bayern-LB und Helaba haben in Zusammenarbeit mit den regionalen Sparkassenverbänden die Transaktionsstruktur weiterentwickelt und ihren Sparkassen in den Jahren 2004 und 2005 jeweils zwei regionale Kreditpooling-Transaktionen angeboten. Dabei wurde ein aggregiertes Volumen von rund 200 Millionen Euro, das sich auf zirka 120 Adressen verteilte, generiert. Beide Landesbanken haben hierdurch umfangreiche Erfahrung im Pooling von mittelständischen Kreditrisiken gesammelt.

Die konzeptionelle Zusammenarbeit bei den erwähnten regionalen Transaktionen war die Basis für den im September 2006 aufgelegten überregionalen Sparkassen-Kreditbasket III, der mit einen Gesamtvolumen von zirka 135 Millionen Euro und über 70 Adressen die bis dato größte Kre-ditpooling-Transaktion in der Sparkassen-Finanzgruppe darstellte. Neben Sparkassen aus Bayern sowie Hessen und Thüringen nahmen auch Institute aus dem Saarland und Schleswig-Holstein teil.

Basierend auf dieser Erfahrung haben nunmehr Bayern-LB und Helaba in Zusammenarbeit mit der HSH Nordbank AG, LBBW, Nord-LB, Saar-LB, Sachsen-LB und WestLB AG sowie unter Beteiligung der regionalen Sparkassenverbände und mit Unterstützung des DSGV in aufsichtsrechtlichen Themen die erste bundesweite Kreditpoo-ling-Transaktion, den Sparkassen-Kreditbasket IV mit einem Poolvolumen in Höhe von rund 200 Millionen Euro, realisiert. Dabei haben rund 50 Sparkassen zirka 120 mittelständische Kreditengagements abgesichert. Die Laufzeit der Transaktion beträgt fünf Jahre und begann am 19. September 2007.

Abgrenzung zwischen ABS- und Kreditpooling-Transaktionen

Zentrale Neuerung des Sparkassen-Kreditbasket IV ist die bundesweite Ausdehnung der Transaktion, die den Sparkassen zum einen die Absicherung höherer Einzelabschnitte ermöglicht. Zum anderen erhalten Sparkassen die Chance, in ein in regionaler, branchen- und adressenspezifischer Hinsicht granulares Portfolio zu investieren und damit positive Effekte für die Risikostruktur des eigenen Kreditportfolios zu erzielen.

In den letzten Wochen führte die sogenannte Subprime-Krise dazu, dass Asset-Backed-Securities-Transaktionen (ABS) unabhängig, ob Subprime oder nicht - in Verruf geraten sind und infolgedessen ein Anstieg der Bonitätsspreads beobachtet werden konnte. Marktteilnehmer, die seit Jahren Titel der unterschiedlichsten Asset-Backed-Commercial-Paper-Programme erwerben, sind irritiert und verunsichert. Vor diesem Hintergrund erscheint es notwendig, wesentliche Abgrenzungsmerkmale zwischen den ABS- und Kreditpoo-ling-Transaktionen zu skizzieren. Dabei werden die zugrunde liegenden Assets, die Tranchierung, die Form des Risikotransfers, die Liquiditätsströme, die Stringenz der Auswahl der Kreditrisiken und die Kapitalmarktnähe als Unterscheidungskriterien herangezogen.

Während ABS-Strukturen unterschiedlichste Assets - von Kreditkartenforderungen über wohnwirtschaftliche oder gewerbliche Hypothekardarlehen bis zu Emerging-Markets-Papieren - verbriefen, werden bei Kreditpooling-Transaktionen Adressrisiken aus mittelständischem Firmenkundengeschäft abgesichert. Auch erfolgt bei der letztgenannten Transaktionsstruktur keine Unterteilung (Tranchierung) von Risiken in unterschiedliche Bonitätsklassen, sodass Investoren an Verlusten, die im Kreditbasket entstehen, pro rata beteiligt werden.

Betrachtet man die Liquiditätsströme bei Kreditpooling-Strukturen als weiteres Unterscheidungskriterium, so sind diese aufgrund des synthetischen Risikotransfers unabhängig von den zugrunde liegenden Cash-Flows der über den Pool abgesicherten Kredite. Für die Aufrechterhaltung der Zahlungsströme ist allein die erstklassige Bonität der beteiligten Sparkassen ausschlaggebend. Darüber hinaus sind bereits zu Beginn der Transaktion die zugrunde liegenden Kapitalströme fristenkongruent geschlossen.

Ein Liquiditätsrisiko, wie bei True-Sale-ABS-Programmen zu beobachten, besteht aufgrund der unterschiedlichen Absicherungssystematik nicht. Als weiteres Unterscheidungskriterium kann der Auswahlprozess der abzusichernden Assets herangezogen werden. Ausgangspunkt für die Risikoauswahl bei Kreditpooling-Transaktionen ist das in der gesamten Sparkas-sen-Finanzgruppe einheitliche Bonitäts- und Risikoverständnis, dass mittels des S-Standard-Ratings quantifiziert wird. Einheitliche Anwendungsleitlinien gewährleisten ein hohes Maß an Vergleichbarkeit. Zusätzlich werden die Prüfungsstellen der regionalen Sparkassenverbände in den Auswahlprozess eingebunden und nehmen eine Plausibilisierung bezüglich der Einhaltung der Einbringungsvoraussetzungen der abzusichernden Kredite vor.

Wenngleich Ratingagenturen eine vergleichbare Aufgabe im Rahmen von ABS-Transaktionen wahrnehmen, so kann die stetige Einbindung der Prüfungsstellen bei der Prüfung der Sparkassen als Vorteil gesehen werden. Entscheidend bei der Abgrenzung von Kreditbaskets zu ABS-Strukturen ist aber auch, dass die Bepreisung beziehungsweise Bewertung der Kreditbas-ket-Transaktionen in der S-Finanzgruppe unabhängig von den derzeitigen Verwerfungen am ABS-Markt erfolgt, sodass die Subprime-Krise keinen negativen Einfluss auf den Wert der Investoren-CLNs hat.

Von der Portfolioanalyse zur Steuerung

Für lokal tätige Institute wie Sparkassen ist ein zieladäquates Kreditportfoliomanagement von zentraler Bedeutung. Instrumente hierfür wurden unter Federführung des DSGV entwickelt und bei den Sparkassen bundesweit implementiert. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere das RAP-Tool sowie Credit Portfolio-View (CPV). Während das erstgenannte Re-chen-Tool die risikoadjustierte Bepreisung (Risk Adjusted Pricing) im Kreditgeschäft unterstützt, ermöglicht Credit Portfolio View als Kreditrisikomodell unter anderem die Quantifizierung des Risikos in Form des unerwarteten Verlustes (zum Beispiel anhand des Value at Risk) auf Kreditportfolioebene. Neben softwaregestützten Steuerungsinstrumenten ist es jedoch erforderlich, entsprechende Produkte wie das Kreditpooling zu entwickeln, um die Ergebnisse der Portfolioanalyse in geeignete Maßnahmen zur Portfoliosteuerung umsetzen zu können.

Wie sich das Kreditpooling in der Praxis auf die Risikosituation eines Portfolios auswirken kann, soll anhand des nachfolgenden vergleichenden Investitionsbeispiels exemplarisch aufgezeigt werden.

Im Fall der Investitionsalternative 1 vergibt die Sparkasse einen unbesicherten Kredit bezogen auf eine Einzeladresse - in Höhe von 4,0 Millionen Euro. Vor dem Hintergrund der Ratingeinstufung weist der Kredit einen erwarteten Verlust von rund 10 000 Euro auf. Das mit der Kreditierung verbundene tatsächliche Risiko, gemessen anhand des 99,9 prozentigen Konfidenzniveaus, beträgt jedoch rund 3 780 000 Euro. Die sich aus diesem Investment ergebende Wertänderungsverteilung ist der Abbildung 2 zu entnehmen.

Als Alternativinvestment könnte die Sparkasse das diversifizierte Kreditrisiko eines Kreditbaskets in Höhe von 4,0 Millionen Euro erwerben. Der hier betrachtete aus unbesicherten Krediten allokierte Basket weist einen vergleichbar hohen erwarteten Verlust von rund 10 000 Euro auf. Das Kreditrisiko, bezogen auf das Konfidenzniveau von 99,9 Prozent beträgt jedoch nur zirka 145 000 Euro und damit lediglich rund fünf Prozent der Vergleichsinvestition. Die zur Veranschaulichung dienende Wertänderungsverteilung - die in Abbildung 3 dargestellt ist - zeigt die typische Verteilungsfunktion von Kreditportfolios. Sie veranschaulicht, wie hoch das Kreditrisiko des bonitätsmäßig vergleichbaren Einzelinvestments zu einem gleich hohen Engagement im einen vergleichsweise diversifizierten Kreditbasket ist und zeigt dessen Vorteilhaftigkeit unter Risikogesichtspunkten. Aus dem Vorgesagten wird ersichtlich, wie vorteilhaft sich die Diversifikation des Pooling unter Risikogesichtspunkten auswirkt.

Ausblick Kreditrisikomanagement

In der Praxis setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass für die Kreditportfoliosteuerung im Wesentlichen der Abbau von Konzentrationsrisiken über synthetische Strukturen zielführend ist. Die Sparkassenorganisation hat mit dem verbundeinheitlichen Rating ein standardisiertes Instrument zur Klassifizierung von Kundenbonitäten umgesetzt und Systeme zur Steuerung des Kreditrisikos flächendeckend eingeführt. Diese Rahmenbedingungen bilden die Basis für regionale und überregionale Kreditpooling-Transaktionen. Sie sind für regional tätige Sparkassen unverzichtbare Steuerungsinstrumente, um Konzentrationsrisiken zielgerichtet und kostengünstig abzubauen und ein effektives Kreditportfoliomanagement zu implementieren.

Um die erforderliche Marktpräsenz vor Ort zu unterstützen, ist erklärtes Ziel aller Beteiligten, das Diversifikationspotenzial innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe durch Basket-Transaktionen verstärkt zu nutzen. Eine Ausweitung des Kreises der teilnehmenden Sparkassen und eine Erhöhung des Volumens führt zu einer größeren Granularität. Dies steigert die Effizienz des Instrumentes Kreditpooling. Zielsetzung ist, das Kreditpooling als Plattform im Sinne eines synthetischen Sekundärmarktes für illiquide mittelständische Adressrisiken dauerhaft zu etablieren. Mit dem Sparkassen-Kreditbasket IV - als erster bundesweiter Transaktion - wurde ein vielversprechender Weg in ein künftig noch bedeutsameres Geschäftsfeld beschritten.

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