Aufsätze

Nachhaltigkeitsberichterstattung von Kreditinstituten

Kreditinstitute veröffentlichen sogenannte Nachhaltigkeitsberichte, um über ihren Umgang mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Herausforderungen zu informieren. Die wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeitsberichten basiert dabei unter anderem auf dem gestiegenen Interesse von Nachhaltigkeitsinvestoren, die neue Finanzierungs- und Geschäftsmöglichkeiten bieten.1) Zusätzlich haben die mit dem Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008 ausgelösten Reputationsverluste dazu geführt, dass die Institute die Notwendigkeit erkannt haben, ihre öffentliche Wahrnehmung zu verbessern.

Externe Anforderungen und interne Auswirkungen

Der Vergleich von Nachhaltigkeitsberichten anhand der Bewertung von Qualität und Glaubwürdigkeit gestaltet sich problematisch, da die Berichte auf freiwilliger Basis veröffentlicht werden und mangels eindeutiger Vorgaben unterschiedlich gestaltet sein können.2) Der Begriff Nachhaltigkeit wird häufig auch mit anderen Begriffen wie Corporate Social Responsibility gleichgesetzt.3)

Nachhaltigkeit und damit auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Kreditinstituten sind jedoch sehr spezifische Konzepte und deutlich vom allgemeinen Charakter anderer Bezeichnungen abzugrenzen. So stellt die Nachhaltigkeitsberichterstattung eines Kreditinstituts der in regelmäßigen Abständen freiwillig veröffentlichte Bericht zur Geschäftstätigkeit hinsichtlich ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekte sowie deren Auswirkungen auf die Stakeholder des Instituts dar. Nachhaltigkeit ist dabei nicht nur als reiner Kostenfaktor zu betrachten, sondern als ein Mittel, Unternehmensziele wie die Steigerung des Unternehmenswertes zu erreichen.4) Durch steigende Ansprüche von Stakeholdern und sich verändernde Geschäftsbedingungen sind Nachhaltigkeitsberichte im Grunde kein freiwilliger Zusatz mehr, sondern werden von Kreditinstituten erwartet.5) Der mit der Erstellung einhergehende Austausch mit Interessensgruppen gibt den Banken dabei ein genaueres Bild von den Anforderungen der Stakeholder. Dieses kann wiederum zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen in Bezug auf nachhaltige Geschäftstätigkeiten genutzt werden und beispielsweise die Kundenzufriedenheit erhöhen.6) Unternehmensintern ermöglicht die Etablierung eines Nachhaltigkeitsmanagements unter anderem die Verbesserung des bestehenden Risikomanagements. Mögliche Risiken zum Beispiel durch Imageschäden oder Strafzahlungen können früher antizipiert oder sogar vermieden werden.7)

Bestehende Nachhaltigkeitsvorgaben ...

Die Standards der Global Reporting Initiative (GRI) sind die am weitesten verbreiteten Vorgaben für die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten.8) Bei nachhaltigkeitsorientierten Investoren genießen sie ein hohes Ansehen, da sie die Informationen der Berichte standardisieren und damit vergleichbar machen. Die Anforderungen werden in sogenannten Leistungsindikatoren dargestellt. Sie beinhalten Informationen über die Nachhaltigkeitsleistungen in den Bereichen Ökonomie, Ökologie, Arbeitspraktiken und Beschäftigung, Menschenrechte, Gesellschaft und Soziales sowie Produktverantwortung.9)

Die GRI gelten für alle Branchen; es existieren zusätzlich zahlreiche, konkret auf den Finanzsektor ausgerichtete Initiativen. Bei den GRI gibt es beispielsweise eine Reihe von Zusatzindikatoren, die speziell auf Kreditinstitute zugeschnitten sind. Sie werden im sogenannten Financial Services Sector Supplement zusammengefasst.

... nicht gut genug abgestimmt

Auch das UN Environment Programme hat eine Finance Initiative initiiert. Sie stellt das Fundament für den internationalen Austausch zwischen den Vereinten Nationen und der Finanzbranche dar. Eine weitere Vorgabe sind die UN Principles for Responsible Investment. Die Teilnahme an der Initiative verpflichtet zur Einhaltung von sechs Prinzipien, darunter zum Beispiel zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien im Investitions- und Entscheidungsprozess. Speziell für Projektfinanzierungen haben sich die sogenannten Äquator Prinzipien etabliert. Des Weiteren können sich Institute auch deutschsprachigen Interessensvertretungen wie dem Verein für Umweltmanagement und Nachhaltigkeit in Finanzinstitute e. V. sowie dem Forum Nachhaltige Geldanlagen anschließen.

Selbst die in Abbildung 1 dargestellten Vorgaben sind jedoch nicht ohne Weiteres vergleichbar, da sich die Themen oft überschneiden, die Vorgaben aber nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sind.

Nachhaltigkeitsberichte von Kreditinstituten im Vergleich

Eine standardisierte Bewertung der Nachhaltigkeitsberichte von Kreditinstituten gestaltet sich auch aufgrund der fehlenden Verbindlichkeit der Vorgaben schwierig, daher sollte sich die Bewertung zusätzlich an anderen Kategorien orientieren. Dabei sind im Bankensektor insbesondere Indikatoren interessant, die über sensible Themen wie Vergütung und Standards im Kerngeschäft berichten. Themen wie Emissionen dürften hingegen für Kreditinstitute eine untergeordnete Rolle spielen.

Für eine Untersuchung und einen Vergleich von Nachhaltigkeitsberichten ausgewählter Kreditinstitute wurde aufgrund der erläuterten Schwierigkeiten das in Abbildung 2 beschriebene Kategoriensystem in Anlehnung an die GRI-Leitlinien entwickelt. Zur Durchführung der Analyse wurden die ebenfalls abgebildeten Unterkriterien herangezogen. Die Untersuchung basiert dabei auf den zum 1. September 2013 aktuellen Nachhaltigkeitsberichten zehn verschiedener Institute. Analysiert wurden sowohl private Banken, für Genossenschaftsbanken und Sparkassen zentrale Institute, Landesbanken, soziale Banken als auch eine Förderbank. Der Berichtszeitraum erstreckt sich vom Jahr 2009 bis zum Jahr 2012. Alle Berichte wurden anhand der GRI-Standards erstellt und umfassen mindestens 28 Seiten.

Früheste Berichte aus dem Jahr 2000

Formale Aspekte: Beim Vergleich der formalen Aspekte zeigt sich ein uneinheitliches Bild. Der Berichtszyklus variiert von einem Jahr bis hin zu drei Jahren. Einige Institute wie beispielsweise die DZ Bank veröffentlichen abwechselnd ausführlichere Berichte und Statusupdates. Auch der Berichtszeitraum ist nicht einheitlich; einige Banken wie die LBBW wählen vom Geschäftsjahr abweichende Zeiträume. Wesentlich ausgewogener ist die Erscheinungsform der Berichte, denn mit Ausnahme weniger Banken veröffentlichen alle Institute sowohl gedruckte als auch digitale (Teil-)Versionen. Die Integration des Nachhaltigkeitsberichts in die Finanzberichterstattung, wie bei Triodos, ist noch nicht branchenüblich.

Beim Aufbau der Berichte fällt auf, dass einige Institute, darunter die HVB, sogenannte GRI-Bilanzen erstellen. Diese ordnen den geforderten Indikatoren konkrete Inhalte zu. Andere Institute verweisen lediglich auf Seiten aus dem Fließtext. Viele Banken legen ihre Nachhaltigkeitsziele und deren aktuellen Status offen, so auch die Bayern-LB. So wird es möglich, zukünftige Entwicklungen abzuschätzen. Eine Maßnahme, die ebenfalls zum Verständnis beiträgt, ist ein Glossar. Dieses ist beispielsweise beim Bericht der GLS vorhanden.

Die Aktualität des Themas lässt sich an der Historie der Berichterstattung festmachen. Keines der betrachteten Institute berichtet länger als seit dem Jahr 2000. Viele haben den Trend erst im Zuge der Finanzkrise erkannt.

Geldwert sozialer und ökologischer Produkte

Glaubwürdigkeit: Die meisten Institute nutzen die Expertise von externen Agenturen, um die Berichte bestmöglich zu gestalten. Insgesamt ist das Verhältnis von Werbung und Text in allen Berichten ausgewogen. Zusätzlich bietet sich die strukturelle Unterscheidung in einen Fakten- und einen Werbeteil an, die beispielsweise die Deutsche Bank vornimmt. Eine externe Prüfung der Inhalte fördert die Glaubwürdigkeit der Berichte. Unter anderem die KfW lässt die gesamten Inhalte extern von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verifizieren. Viele Institute haben eine derartige Verifizierung allerdings nur in Bezug auf die Umweltdaten eingeführt.

Inhalte und Adressaten: Aktuelle Herausforderungen im Bankensektor beziehen sich auf die Vergütungsthematik und Bewertung der Vermögensgegenstände hinsichtlich ihrer sozialen und ökologischen Verträglichkeit. Einige Institute, darunter die Commerzbank, berichten dabei detailliert über das Verhältnis des Grundgehalts von Männern zu dem von Frauen sowie über den Zusammenhang zwischen Bezahlung und Leistung führender Mitarbeiter. Eine Herausforderung für die Berichterstatter scheint darüber hinaus die Bezifferung des Geldwerts sozialer und ökologischer Produkte zu sein. Bei der Untersuchung der Umweltaspekte fällt unter anderem bei der Deka-Bank die Bandbreite verschiedener Maßnahmen auf, darunter besonders das Thema Energiewende. Alle untersuchten Institute engagieren sich beim Carbon Disclosure Project.

Bedingt vergleichbare Inhalte

Untersucht wurde auch, an welche Stakeholder die Banken ihre Berichte adressieren. Obwohl die Anzahl der identifizierten Anspruchsgruppen schwankt, sind dennoch Gemeinsamkeiten festzustellen. So werden zumeist Mitarbeiter, Kunden, Anteilseigner und Nichtregierungsorganisationen als Adressaten des Berichts genannt.

Umgang mit GRI-Leitlinien: Obwohl alle

Berichte GRI-konform sind, können die Inhalte nur bedingt verglichen werden. Selbst für die GRI-Indikatoren bestehen teilweise unterschiedliche Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise der Berichterstattung. Ebenso uneinheitlich ist der Umgang der Banken mit den Indikatoren. Besonders bei von der GRI geforderten Kennzahlen fällt auf, dass die Banken intern oft andere Daten erheben und daher die von den GRI-Indikatoren geforderten Kennzahlen nicht berichtet werden können.

Kaum Kontrolle ...

Aufgrund der festgestellten Unterschiede in den Nachhaltigkeitsberichten der Banken besteht weiterhin Potenzial für Verbesserungen. Misserfolge und Kritik an den Instituten sollten ebenso thematisiert werden wie erfolgreiche Maßnahmen. Es sollte darüber informiert werden, woher verwendete Informationen stammen und wie diese generiert wurden. Die Einbindung von Überwachungsmechanismen, die für die Einhaltung der Vorgaben sorgen, wird kaum thematisiert. Zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit sollten deshalb externe und interne Überprüfungen des Nachhaltigkeitsmanagements eingeführt und über die Ergebnisse berichtet werden.

Die Publikation eines Nachhaltigkeitsberichts sollte auf die Veröffentlichung des Geschäftsberichts abgestimmt werden, um mehr Interesse bei einem breiteren Publikum zu erwecken. Dementsprechend empfiehlt sich ein Berichterstattungszyklus von einem Geschäftsjahr. Zur Verbesserung der Wahrnehmung des Engagements ist die Nutzung sozialer Medien durch die Einbindung von interaktiven Berichtsseiten empfehlenswert.

... bei der Einhaltung von Standards

Aufgrund der gestaltbaren Prüfung und der Freiwilligkeit der Berichterstattung ist den Inhalten mit Misstrauen zu begegnen.10) Die Einhaltung von freiwilligen Standards ist ebenfalls kritisch zu sehen, da sie kaum kontrolliert wird.11) Ohne verpflichtende und harmonisierte Vorgaben kann die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht so zuverlässig wie die Finanzberichterstattung werden.12) Eine mögliche Pflicht kann jedoch nicht als alleiniges Qualitätsmerkmal dienen.13) Die Umsetzung und Kontrolle der Vorgaben ist entscheidend. Ein erster Schritt wäre eine Einigung auf eine einheitliche Definition des Terms Nachhaltigkeitsbericht.

Fußnoten

1) Vgl. Miolo, Alessandro/Veser, Mark (2012): Integrated Reporting - wirklich ein Bedürfnis? In: Zeitschrift für internationale Rechnungslegung, Jg. 7, Nr. 12, S. 479.

2) Vgl. Herzig, Christian/Schaltegger, Stefan (2004): Nachhaltigkeit in der Unternehmensberichterstattung: Gründe, Probleme, Lösungsansätze. Diskussionspapier zum Fachdialog des Bundesumweltministeriums (BMU) am 13. November 2003, Berlin, Lüneburg, S. 6f.

3) Vgl. Dahlsrud (2008): How Corporate Social Responsibility is defined: an Analysis of 37 different Definitions, in: Corporate Social Responsibility and Environmental Management, Volume 59, No. 15, S. 1-13.

4) Vgl. Hansen, Ursula/Schrader, Ulf (2005): Corporate Social Responsibility als aktuelles Thema der Betriebswirtschaftslehre, in: Die Betriebswirtschaft, Jg. 65, Nr. 4, S. 374.

5) Vgl. Fabisch, Nicole (2004): Soziales Engagement von Banken - Entwicklung eines adaptiven und innovativen Konzeptansatzes im Sinne des Corporate Citizenship von Banken in Deutschland, Hamburger Schriften zur Marketingforschung. Hrsg. von Michael Zerres, Band 27, München und Mering, S. 5.

6) Vgl. Baetge, Jörg/Schmidt, Matthias (2010): Nachhaltigkeit - eine Angelegenheit für den CFO?! In: Zeitschrift für internationale Rechnungslegung, Jg. 5, Nr. 7/8, S. 294.

7) Vgl. Loew, Thomas/Clausen, Jens (2010): Wettbewerbsvorteile durch CSR: Eine Metastudie zu den Wettbewerbsvorteilen von CSR und Empfehlungen zur Kommunikation an Unternehmen, Berlin und Hannover, unter: http://www.4sustainability.de/fileadmin/redakteur/bilder/Publikationen/Loew-Clausen-2010-Wettbewerbsvorteile-durch-CSR-Gutachten-fuerBMAS.pdf, S. 9.

8) Vgl. Eiselt, Andreas/Kaspereit, Thomas (2010): Nachhaltigkeitsberichterstattung als Instrument der Kapitalmarktkommunikation, in: Zeitschrift für internationale und kapitalmarktorientierte Rechnungslegung, Jg. 10, Nr. 7-8 , S. 380.

9) Vgl. Haller, Axel/Ernstberger, Jürgen (2006): Global Reporting Initiative - Internationale Leitlinien zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten, in: Betriebs Berater, Jg. 61, Nr. 46, S. 2523f.

10) Vgl. Loew, Thomas/Clausen, Jens (2009): CSR und Innovation: Literaturstudie und Befragung, Berlin und Münster, unter: http://www.4sustainability.de/fileadmin/redakteur/bilder/Publikationen/Clausen-Loew_CSR-und-Innovation-LiteraturstudieundBefragung.pdf, S. 12.

11) Vgl. Gerke, Wolfgang (2005): Kapitalmärkte und Ethik - ein Widerspruch, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik, Jg. 6, Nr. 1, S. 26.

12) Vgl. Simon-Heckroth, Ellen (2011): Die Zukunft der Nachhaltigkeitsberichterstattung - Pflicht oder Kür, in: Die Wirtschaftsprüfung, Jg. 64, Nr. 4, S. I.

13) Vgl. Herzig, Christian/Schaltegger, Stefan (2005): Unternehmerische Nachhaltigkeitsberichterstattung. Entwicklung und europäische Trends, in: Information der Internationalen Treuhand AG, Nr. 118 (Oktober), S. 18.

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