Aufsätze

Nachträgliche Drittsicherheiten - Anfechtungsrisiken in der Insolvenz

In der Bankpraxis stellt sich nach einer Kreditvergabe oftmals die Frage, ob vorhandene Sicherheiten ausreichend sind oder ob weitere Sicherheiten verlangt werden sollten oder gar müssen. Soweit die Stellung weiterer Sicherheiten nach erfolgter Darlehensgewährung vereinbart wird, handelt es sich um nachträgliche Sicherheiten. Dabei kann die Initiative sowohl von der Bank als auch vom Kunden ausgehen. Während die Bank insbesondere bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder des Wertes vorhandener Sicherheiten eine Nachbesicherung verlangen kann, kann das Angebot zur Stellung weiterer Sicherheiten beispielsweise bei dem Wunsch nach Freigabe gestellter Sicherheiten oder bei einer gewünschten Prolongation auch vom Kunden aus erfolgen. Nicht selten verfügt der Kreditnehmer über keine eigenen freien Sicherheiten mehr, sondern bietet stattdessen Sicherheiten dritter Personen an. Solche Sicherheiten, die nicht aus dem Vermögen des Kreditnehmers gestellt werden, werden als Drittsicherheiten bezeichnet.

Wirksame Sicherungsvereinbarung

Drittsicherheiten sind zum Beispiel Bürgschaften, Patronatserklärungen oder Grundschulden an nicht im Eigentum des Kreditnehmers stehenden Grundstücken. Häufig erfolgt die Stellung der Sicherheit von einer dritten Person, die mit dem Kreditnehmer verbunden ist und ein Interesse daran hat, dass der Kreditnehmer den Kredit weiter erhält, wie von Gesellschaftern des Kreditnehmers oder aber Mutter- oder Tochtergesellschaften. Von Ausnahmen abgesehen kann die Stellung von Drittsicherheiten wirksam vereinbart werden. Die Bank trifft mit der dritten Person als Sicherungsgeber eine Sicherungsvereinbarung, in welcher als Sicherungszweck die zu sichernde Forderung des Hauptschuldners genau bezeichnet wird. Die Sicherheit wird sodann gestellt, die Kreditforderung damit gesichert. Kommt der Kreditnehmer seinen Verpflichtungen nicht nach, kann die Bank darauf zugreifen. Fraglich ist jedoch, was mit der nachträglichen Drittsicherheit im Fall der Insolvenz der Hauptschuldnerin oder der Drittsicherungsgeberin erfolgt. Ob diese insolvenzfest ist oder nicht, hängt von den Anfechtungsmöglichkeiten ab.

Anfechtbare Handlungen und Anfechtungsgründe: Mit der Anfechtung sollen sachlich ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen, die zu einer Verkürzung der Insolvenzmasse geführt haben, rückgängig gemacht werden. Als Besonderheit im Insolvenzrecht kann der Insolvenzverwalter alle Rechtshandlungen im weiteren Sinne anfechten. Erfasst werden soll jedes rechtlich bedeutsame Handeln, welches sich negativ auf die Vermögenssituation des Insolvenzschuldners ausgewirkt hat. Umfasst werden mithin nicht nur Willenserklärungen, bei denen der rechtliche Erfolg gewollt ist, sondern jede Willensbetätigung, die eine oder mehrere rechtliche Wirkungen hervorruft (rechtsgeschäftliche und reine Tathandlungen).

Anfechtbar sind somit nicht nur Vereinbarungen und Erklärungen, sondern auch rechtsgeschäftliche Verfügungen des Insolvenzschuldners, wie Übereignung von Sachen, die Abtretung von Forderungen oder anderer Rechte, die Verpfändung von Sachen oder Rechten oder die Belastung von Grundstücken. Anfechtbare Rechtshandlungen sind auch Unterlassungen auf materiellem und prozessualem Gebiet, wie Nichtverhinderung des Eigentumsverlustes, die Nichteinlegung von Rechtsmitteln, das Unterlassen der Verjährungsunterbrechung sowie das Unterbleiben rechtzeitiger Irrtumsanfechtung. Anfechtbar sind auch Maßnahmen von Gläubigern oder Dritten gegen den Insolvenzschuldner. Nachträgliche Drittsicherheiten sind grundsätzlich vollumfänglich anfechtungsfähig.

Anfechtungsgründe

Voraussetzung für eine wirksame Anfechtung ist, dass dem Anfechtenden ein Anfechtungsgrund zur Verfügung steht. Die Insolvenzordnung beinhaltet zahlreiche Anfechtungsgründe, die gestaffelt nach der zeitlichen Nähe zum Insolvenzverfahren nachfolgend kurz beschrieben werden. Anfechtbar sind:

nach Verfahrenseröffnung

· Rechtshandlungen, wenn diese trotz Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts auf den Insolvenzverwalter (§§ 80, 91 InsO) wegen des Gutglaubensschutzes bei Registergeschäften wirksam sind,

nach dem Insolvenzantrag

· jedwede Handlung nach allen Anfechtungstatbeständen,

bis zu einem Monat vor dem Insolvenzantrag

· inkongruente Deckung (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO), insbesondere Zahlungen auf nicht fällige Schulden oder Befriedigung im Rahmen von Vollstreckungsmaßnahmen,

bis zu zwei bis drei Monate vor dem Insolvenzantrag

· inkongruente Deckung bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (§ 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO),

· inkongruente Deckung bei Kenntnis des Gläubigers von der Gläubigerbenachteiligung (§ 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO),

bis zu drei Monate vor dem Insolvenzantrag

· kongruente Deckung bei Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO), insbesondere Zahlungen auf fällige Verbindlichkeiten bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit,

· unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen und Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (§ 132 Abs. 1 N. 1 InsO),

bis zu einem Jahr vor dem Insolvenzantrag

· Tilgungen von kapitalersetzenden Darlehen (§ 135 Nr. 2 InsO),

· Einlagenrückgewähr oder Erlass des Verlustanteils eines stillen Gesellschafters (§ 136 InsO),

bis zu zwei Jahre vor dem Insolvenzantrag

· entgeltliche Verträge mit nahestehenden Personen (§ 133 Abs. 2 InsO),

bis zu vier Jahre vor dem Insolvenzantrag

· unentgeltliche Leistungen (§ 134 InsO),

bis zu zehn Jahre vor dem Insolvenzantrag

· vorsätzliche Benachteiligung (§ 133 Ab. 1 Nr. 1 InsO) und

· Sicherung der Rückgewähr kapitalersetzender Darlehen (§ 135 Nr. 1 InsO).

Für nachträgliche Drittsicherheiten ist nur ein Teil vorgenannter Anfechtungsgründe von unmittelbarer Relevanz. So betrifft ein anderer Teil nur Gesellschafter des Insolvenzschuldners oder nahestehende Personen, wenn diese Vermögenswerte vom Insolvenzschuldner erhalten haben. Für die verbleibenden Anfechtungsgründe fragt sich zunächst, in welcher Insolvenz das Risiko der Anfechtung besteht, in der des Hauptschuldners oder in der des Drittsicherungsgebers.

Insolvenz des Dritten

In der Insolvenz des Hauptschuldners stellt sich die Bestellung der Drittsicherheit aus Sicht der Gläubiger grundsätzlich als nicht benachteiligend dar. Belastet ist nicht das Vermögen des Insolvenzschuldners, sondern das Vermögen des Dritten. Für die Gläubiger ist die Drittsicherheit von Vorteil, kann diese doch dazu führen, dass ihr Mitgläubiger (der Sicherungsnehmer) sich bei dem Dritten bedient und mehr Vermögen des Hauptschuldners zur Verteilung verbleibt.

Nur in Ausnahmefällen, beispielsweise wenn der Drittsicherungsgeber seinerseits aus dem Vermögen des insolventen Hauptschuldners eine Sicherung erhält oder dieser im Gegenzug für die Stellung der Sicherheit durch den Dritten etwas zu leisten hat, kann durch die Sicherheitengewährung eine Gläubigerbenachteiligung im Hinblick auf die Gläubiger des insolventen Hauptschuldners eintreten.

Anders verhält es sich jedoch bei der Insolvenz des Dritten. Sein Vermögen ist durch die Gewährung der Sicherheit betroffen, sodass das Risiko besteht, dass die nachfolgenden Anfechtungstatbestände greifen.

Anfechtung bei kongruenter Deckung (§ 130 InsO): Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine ihm gebührende (kongruente) Sicherung oder Befriedigung (Deckung) gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte. Eine gebührende Sicherung oder Befriedigung liegt vor, wenn der Gläubiger auf diese einen Anspruch hatte. Der Sicherungsgeber muss mithin auf die ihm gegenüber erfolgte Handlung, zum Beispiel die Zahlung aufgrund der Bürgschaft oder der Patronatserklärung einen Anspruch gehabt haben.

Dieser Anspruch wird sich bei nachträglicher Drittsicherheit regelmäßig aus der Sicherungsvereinbarung mit dem Sicherungsgeber ergeben. Ist der in der Sicherungsvereinbarung getroffene Sicherungszweck eingetreten, kann der Sicherungsnehmer den Sicherungsgeber in Anspruch nehmen und dieser muss die geforderte Leistung oder Handlung vor nehmen. Erfolgt dies, kann angefochten werden, wenn der Sicherungsgeber zu dieser Zeit bereits zahlungsunfähig war und der Sicherungsnehmer die Zahlungsunfähigkeit kannte. Wenn der Insolvenzantrag auf Überschuldung oder drohende Zahlungsunfähigkeit gestützt wird, die Zahlungsunfähigkeit aber noch nicht eingetreten ist, sind auch kongruente Deckungen nicht anfechtbar. Eine Anfechtung ist in diesen Fällen aber nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 möglich, wenn die Rechtshandlung des Sicherungsgebers nach Antragstellung erfolgte und dem Sicherungsnehmer die Antragstellung bekannt war. Bei kongruenten Deckungen ist die Bank also vor einer Anfechtung nach § 130 InsO geschützt, es sei denn, sie hatte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder der Antragstellung.

Anhaltspunkte für Zahlungsunfähigkeit

Für die Kenntnis über die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners genügt allerdings bereits die Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Insolvenzantrag schließen lassen (§ 130 Abs. 2 InsO). Anhaltspunkte für die Zahlungsunfähigkeit sind beispielsweise die Einstellung des Geschäftsbetriebes, Sanierungsbemühungen, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, schleppende und verspätete Zahlungen, wenn der Schuldner vor seinen Gläubigern geflohen ist oder mitteilt, dass Maßnahmen der Zwangsvollstreckung fruchtlos sind. Während der Sicherungsnehmer aufgrund der laufenden Geschäftsbeziehungen von der Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners oder von Umständen, die auf eine solche schließen lassen, häufig kurzfristig Kenntnis erlangt, besteht zu dem Drittsicherungsgeber meist kein so enges Verhältnis, aus welchem Umstände, die auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, bekannt werden. Allerdings kann sich die Frage stellen, ob Kenntnisse des mit dem Sicherungsgeber in engem Kontakt stehenden Hauptschuldners dem Dritten bekannt geworden sein könnten. Sind dem Sicherungsnehmer bereits bestimmte Tatsachen (Presseberichte, amtliche Veröffentlichungen) bekannt geworden, so kann er gehalten sein, sich zu erkundigen.

Margensicherheiten, das heißt eine Verpflichtung zur Stellung von Finanzsicherheiten als Sicherheit für die Absicherung des Verhältnisses zwischen Wert der gesicherten Verbindlichkeit und dem Wert einer gelisteten Sicherheit sind privilegiert und nicht anfechtbar.

Anfechtung bei inkongruenter Deckung (§ 131 InsO): Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit (daher inkongruent) zu beanspruchen hatte. Die Anfechtung einer inkongruenten Deckung ist leichter möglich, weil hier der Gläubiger weniger schutzwürdig erscheint. Bis zu einem Zeitraum von einem Monat vor dem Insolvenzantrag wird auf das Vorliegen weiterer objektiver Voraussetzungen (wie Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) und subjektiver Voraussetzungen (wie Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit) verzichtet.

Eine inkongruente Deckung kann bis zum dritten Monat vor dem Insolvenzantrag angefochten werden, wenn der Schuldner zu dieser Zeit bereits zahlungsunfähig war, ohne dass es auch hier auf den Kenntnisstand des Anfechtungsgegners ankommt. Inkongruente Deckungen sind innerhalb dieses Zeitrahmes auch anfechtbar, wenn der Schuldner zu diesem Zeitpunkt noch nicht zahlungsunfähig oder überschuldet war, wenn dem Gläubiger aber bekannt war, dass Insolvenzschuldner benachteiligt werden. Hier ist es gleichfalls ausreichend, wenn der Gläubiger Kenntnis von Umständen erlangt hat, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen.

Schuldbeitritt des Dritten

Für die nachträgliche Drittsicherheit kommt es mithin darauf an, ob der Sicherungsnehmer auf die Rechtshandlung zu dem Zeitpunkt der Vornahme bereits einen durchsetzbaren Anspruch hatte oder nicht. Die Sicherungsvereinbarung, mittels derer sich der Dritte erstmals gegenüber dem Sicherungsnehmer verpflichtet, eine bereits bestehende Schuld des Hauptschuldners nachträglich abzusichern, ist inkongruent. Der Sicherungsnehmer hat allenfalls gegenüber dem Hauptschuldner einen Anspruch auf Stellung einer nachträglichen Sicherheit, nicht jedoch gegenüber dem Dritten. Die Verpflichtung des Dritten ergibt sich erst durch sein Versprechen, die Sicherheit zu stellen. Auch ein Schuldbeitritt des Dritten ist inkongruent. Erst die Rechtshandlung, der ein bereits verbindliches und nicht mehr anfechtbares Versprechen des Dritten gegenüber dem Sicherungsnehmer zugrunde liegt, zum Beispiel die Zahlung auf die vor der Drei-Monats-Frist abgegebene (inkongruente) Bürgschaft, ist kongruent, wenn sie zum Zeitpunkt der Zahlung in der Höhe vom Bürgen verlangt werden konnte.

Inkongruent ist insoweit auch eine nicht zu beanspruchende Befriedigung, beispielsweise wenn die Forderung verjährt oder das Grundgeschäft nach § 119 ff. BGB anfechtbar ist. Eine nicht zu beanspruchende Sicherung liegt ferner vor, wenn der Gläubiger keinen hinreichend konkretisierten Anspruch aus einer getroffenen Vereinbarung, aus AGB oder aus Gesetz hat. Grundlage eines Anspruches auf Sicherheit gegenüber dem Dritten kann nur ein individuelles und konkretes Versprechen des Dritten sein. Ansprüche von Banken oder Sparkassen auf Nachbesicherung, wie in ihren AGB enthalten (Nr. 13 Abs. 1 AGB Banken beziehungsweise Kreditgenossenschaften, Nr. 22 Abs. 1 AGB Sparkassen) können nur einen Anspruch gegenüber dem Hauptschuldner begründen und selbst dieser wird als inkongruent angesehen. Schließlich wird von der Rechtsprechung auch das Auffüllen nicht voll valutierter Sicherheiten durch die Abtretung ungesicherter Drittforderungen als inkongruent angesehen.

Gleichbehandlung aller Gläubiger

Rechtshandlungen des Insolvenzschuldners, die aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgen, sind gleichfalls innerhalb des Drei-Monats-Zeitraumes anfechtbar, wobei die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen innerhalb des letzten Monates vor dem Insolvenzantrag bereits gemäß § 88 InsO unwirksam sind. Mit der Anfechtungsmöglichkeit von Zwangsvollstreckungshandlungen wird dem Gleichbehandlungsgrundsatz aller Gläubiger vom Zeitpunkt materieller Insolvenz Vorrang vor dem Prioritätsprinzip im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung eingeräumt.

Anfechtbar sind dabei bereits Handlungen, die zur Vermeidung bevorstehender Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgen. Leistet der Drittschuldner, gegen den der Sicherungsgläubiger bereits einen Titel hat, wie bei einem abstrakten Schuldanerkenntnis im Rahmen der Grundschuldbestellung mit sofortiger Zwangsvollstreckung, aufgrund eines Mahnschreibens mit Androhung möglicher Zwangsvollstreckung (sogenannte Druckzahlung), kann angefochten werden. Auch durch die Zwangsvollstreckung erlangte Sicherheiten sind anfechtbar. Zahlt der Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, liegt gleichfalls eine inkongruente Deckung vor.

Anfechtung unmittelbar nachteiliger Rechtshandlungen: Bei dieser Anfechtungsmöglichkeit handelt es sich um einen Auffangtatbestand. Während nach §§ 130, 131 InsO nur gegenüber Insolvenzgläubigern angefochten werden kann, erfasst § 132 InsO die Nichtinsolvenzgläubiger. Ist der Sicherungsnehmer kein Insolvenzgläubiger des Dritten, kann eine Anfechtung wegen unmittelbar nachteiliger Rechtshandlungen in Betracht kommen.

Billigkeitserwägung bei unentgeltlichen Leistungen

Nach § 132 InsO ist ein Rechtsgeschäft des Schuldners anfechtbar, das die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt, wenn es in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn der Schuldner zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig war und wenn der andere Teil zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder das Rechtsgeschäft nach dem Insolvenzantrag vorgenommen wurde und wenn der andere Teil diesen kannte. Gleiches gilt bei einer anderen Rechtshandlung des Schuldners, durch die er ein Recht verwirkt oder nicht mehr geltend machen kann oder durch die ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen ihn erhalten oder durchsetzbar wird.

Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistung: Gemäß § 134 InsO sind unentgeltliche Leistungen des Insolvenzschuldners anfechtbar, solange sie bis zu vier Jahre vor dem Insolvenzantrag vorgenommen wurden. Bei dieser Regelung steht nicht die Gläubigerbenachteiligung im Vordergrund, sondern die Billigkeitserwägung, dass der Empfänger unentgeltlicher Leistungen diese nicht auf Kosten der Allgemeinheit behalten sollte. Ausgenommen sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Wertes.

Der Begriff der Leistung im Sinne des § 134 InsO ist grundsätzlich weit zu verstehen. Er umfasst nicht nur Rechtsgeschäfte, durch die Rechte begründet, aufgehoben, übertragen, belastet oder verändert werden, sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte bis hin zu bloßen Rechtshandlungen, wie Gebrauchsüberlassungen, Unterlassen eines Widerspruchs gegen einen Mahnbescheid oder die Nichtunterbrechung einer Verjährungs-, Ersitzungs- oder Ausschlussfrist. Eine Leistung liegt somit bereits dann vor, wenn jemand durch eine Rechtshandlung des Insolvenzschuldners begünstigt wird. Die Gewährung einer nachträglichen Drittsicherheit stellt eine Leistung des Insolvenzschuldners gegenüber dem Gläubiger dar.

Eine unentgeltliche Leistung liegt vor, wenn ein Vermögenswert des Insolvenzschuldners aufgegeben wurde, ohne dass dafür eine Gegenleistung mit einem entsprechenden Gegenwert erbracht wurde. Für die Frage, ob ein Gegenwert vorhanden ist, ist der objektive Wert der ausgetauschten Werte maßgeblich. Hierbei sind jedoch subjektive Bewertungen der Be teiligten im Rahmen eines angemessenen Bewertungsspielraums zu berücksichtigen. Die Anfechtung beschränkt sich bei teilbaren Leistungen und gemischten unentgeltlich/entgeltlichen Vorgängen grundsätzlich auf den überschießenden Teil, der als unentgeltlich gilt.

Sicherheitentausch: Gegenleistung erbracht

Die Bestellung einer nachträglichen Sicherheit für eine fremde Schuld stellt in der Insolvenz des Sicherungsgebers regelmäßig eine unentgeltliche Leistung zugunsten des Sicherungsnehmers dar, wenn der Sicherungsgeber nicht zur Bestellung der Sicherheit verpflichtet war und dafür kein Gegenwert im vorab beschriebenen Sinne erbracht wurde. Da das Stehenlassen einer Verbindlichkeit keine Zuführung eines neuen Vermögenswertes ist, stellt dies keine entgeltliche Gegenleistung dar, ohne dass es auf die Frage der Durchsetzbarkeit des Anspruchs ankommt. Somit ist weder die Prolongation eines Darlehens noch der Verzicht auf eine Titulierung oder auf eine Zwangsvollstreckung geeignet, die Entgeltlichkeit der Stellung einer Drittsicherheit zu begründen. Allein ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Sicherungsgebers, welches beispielsweise bei konzernverbundenen Unternehmen oder bei Gesellschaftern gegeben ist, wird für eine Entgeltlichkeit gleichfalls als nicht aus reichend angesehen. Eine Entgeltlichkeit kann im Fall der nachträglichen Drittbesicherung nur gegeben sein, wenn der Sicherungsgeber zur Bestellung der Sicherheit aufgrund einer entgeltlich begründeten Verpflichtung gehalten war.

Kriterium Entgeltlichkeit

Bei der Frage, ob die Leistung entgeltlich ist, kommt es bei der Drittsicherheit infolge des Drei-Personen-Verhältnisses nicht zwingend darauf an, dass der Dritte eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat; es ist ausreichend, wenn diese dem Hauptschuldner zugutekommt. So liegt auch eine Entgeltlichkeit vor, wenn die Bank gegenüber dem Hauptschuldner für die mit der Verpflichtung des Dritten zur Sicherheitenbestellung das vorhandene Darlehen erweitert und entsprechend mehr Geld zur Verfügung stellt. Auch erbringt der Sicherungsnehmer bei einem Sicherheitentausch, bei dem er eine Drittsicherheit erhält, eine Gegenleistung. Er gibt die eine Sicherheit gegen die Einräumung einer anderen frei. Unterstellt man die Gleichwertigkeit der Sicherheiten, liegt eine Entgeltlichkeit vor.

Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung: Gemäß § 133 InsO sind Rechtshandlungen anfechtbar, die der Insolvenzschuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Insolvenzantrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat und der andere Teil zur Zeit der Vornahme der Handlung diesen Vorsatz kannte. Die Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners drohte oder dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

Diese Norm erfasst Rechtshandlungen, welche vom Schuldner mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommen wurden. Der Insolvenzschuldner handelt mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er bei Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung der Gläubiger gewollt oder sie jedenfalls als mutmaßliche Folge seines Handelns erkannt und gebilligt hat.

Vorsatz zur Benachteiligung der Gläubiger

Da es sich bei dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz um ein subjektives Tatbestandsmerkmal handelt, wird das Vorliegen anhand von dafürsprechenden Umständen beurteilt. So ist ein starkes Beweisanzeichen für das Vorliegen von Benachteiligungsabsicht die Inkongruenz der fraglichen Leistung bei Zweifeln an der Bonität des Schuldners. Allerdings gilt dies wiederum nicht, wenn der Schuldner davon ausgehen konnte alle Schuldner befriedigen zu können oder wenn zum Zeitpunkt der Handlung noch keine Zweifel an der wirtschaftlichen Situation des Schuldners bestanden. In der Praxis wird der Insolvenzverwalter zunächst den Zeitraum vor Antragstellung ermitteln, in dem sich der Schuldner bereits in der Krise befand und sodann anhand von Umständen, wie schleppende Zahlungen oder Nichterfüllung über längere Zeiträume, Vermögensverlagerungen, häufige Mahnungen, Kreditreduzierungen, ermitteln, ob ihm die Situation hätte bewusst gewesen sein müssen.

Voraussetzung für die Anfechtungsmöglichkeit ist zudem, dass der Anfechtungsgegner Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit hatte. Hier wird die Beurteilung wiederum anhand von Umständen vorgenommen, die zwingend auf die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hinweisen und dem Anfechtungsgegner zur Kenntnis gelangten.

Bei der Drittsicherheit handelt es sich um ein Drei-Personen-Verhältnis. Auch wenn eine Inkongruenz vorliegen sollte, mag zwar im Zwei-Personen-Verhältnis der Rückschluss gelten, dass ein Gläubiger nur dann eine andere als die tatsächlich geschuldete Leistung akzeptiert, wenn er von einer Zahlungsunfähigkeit oder deren Drohen beim Leistenden ausgeht. Bei der vorliegenden Fragestellung akzeptiert der Gläubiger die Stellung einer weiteren Sicherheit für die Verbindlichkeit des Darlehensnehmers und nicht im Hinblick auf eine Verpflichtung des Insolvenzschuldners. Dies spricht daher eher dafür, dass der Gläubiger bei Einräumung der Zusatzsicherheit keine Anzeichen für eine drohende Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners hatte. Da der Sicherungsnehmer in der Regel den engeren Geschäftskontakt zum Hauptschuldner und nicht zum Drittsicherungsgeber hält, werden ihm eher keine Umstände bekannt werden, die auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen. Eine Kenntnis von einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Drittsicherungsgebers dürfte daher nicht so leicht anzunehmen sein.

Vollen Wert des entzogenen Vermögens ersetzen

Umfang des Herausgabeanspruchs bei wirksamer Anfechtung: Erfolgt eine wirksame Anfechtung ist der Gläubiger verpflichtet, zur Insolvenzmasse das, was aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben wurde, zurück zu gewähren (§ 143 InsO). Zurückzugeben ist somit das, was durch die anfechtbare Rechtshandlung dem Vermögen des Schuldners entzogen worden ist. Bei Unmöglichkeit der Rückgewähr ist grundsätzlich der volle Wert des entzogenen Vermögens zu ersetzen. Zum Rückgewährsanspruch gehören auch alle aus dem empfangenen Gegenstand gezogenen Nutzungen. Bei Geld umfasst der Rückgewähranspruch auch die marktüblichen Zinsen als Nutzungsersatz. Schließlich können auch Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung hinzukommen.

Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese jedoch nur zurück zu gewähren, soweit er durch die Leistung bereichert ist (§ 143 II InsO). Soweit die Bank das Erlangte, zum Beispiel den Versteigerungserlös aus der verwerteten Grundschuld des Dritten, bereits anderweitig verbraucht hat, könnte sie sich allenfalls auf die Einrede der Entreicherung berufen. Es ist jedoch fraglich, ob eine Bank, die stets in gewissem Umfang Eigenkapital und Liquidität vorhalten muss, der Nachweis gelingt, dass sie gerade bezüglich des erlangten Vermögens entreichert ist.

Verjährung und Erlöschen des Anfechtungsanspruchs: Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs richtet sich durch Verweis (§ 146 InsO) nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften des BGB. Danach beträgt die allgemeine kenntnisabhängige Verjährung drei Jahre (§ 195 BGB), welche durch die kenntnisunabhängige Verjährung von zehn Jahren (§ 199 BGB) begrenzt wird. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (bei Handlungen vor dem Insolvenzverfahren ist dies die Verfahrenseröffnung, bei späteren Handlungen die Handlungen selbst) und der Gläubiger von den Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder grob fahrlässig nicht erlangt hat. Macht der Insolvenzverwalter einen ihm zu stehenden Anfechtungsanspruch nicht geltend, erlischt dieser mit Beendigung des Insolvenzverfahrens.

Individuelle Vereinbarung zur Abwehr der Anfechtung

Nachträgliche Drittsicherheiten beinhalten für den Sicherungsnehmer erhebliche Anfechtungsrisiken in der Insolvenz des Sicherungsgebers. Zwar kann sich der Sicherungsnehmer vor einer Vielzahl von Anfechtungsmöglichkeiten schützen, indem er die wirtschaftliche Situation des Sicherungsgebers überprüft und damit absichert, dass ihm keine Kenntnis von einer Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung oder einer damit verbundenen Gläubigerbenachteiligung vorgeworfen werden kann. Gefährlich können für ihn aber die Anfechtungstatbestände werden, bei denen es nicht auf seine Kenntnis ankommt. So besteht das Risiko, dass die nachträgliche Drittsicherheit wegen inkongruenter Deckung (§ 131 InsO) oder aber wegen einer unmittelbar nachteiligen Rechtshandlung (§ 132 InsO) angefochten wird, wenn innerhalb von drei Monaten nach Erhalt der Drittsicherheit für den Sicherungsgeber ein Insolvenzantrag gestellt wird.

Während dies ein noch überschaubarer Zeitraum für die Bank ist und sie sich durch Überprüfung des Sicherungsgebers davor in gewissem Umfang schützen kann, besteht weiterhin das Risiko der Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistung (§ 134 InsO). Um dieses Risiko zu minimieren kann nur versucht werden, bereits in den ursprünglichen Darlehensvertrag eine individuelle Vereinbarung mit Einwilligung des Dritten aufzunehmen, nach der festgelegt wird, unter welchen Bedingungen die konkret zu bezeichnende Drittsicherheit zu einem späteren Zeitpunkt zu stellen ist. Die nachträgliche Besicherung von Drittverbindlichkeiten ist ansonsten nach der Rechtsprechung des BGH in der Regel eine unentgeltliche Leistung und kann daher vom Insolvenzverwalter angefochten werden, wenn bis zu vier Jahre später ein Insolvenzantrag gestellt wird. Bei der noch Jahre später möglichen Anfechtung muss die Bank nicht nur die Drittsicherheit oder das aus dieser Erlangte herausgeben, sondern möglicherweise darauf auch noch erhebliche Zinsen an die Insolvenzmasse leisten.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X