Statistik

Noch viel Potenzial für höhere Marktanteile

Es liegt gewiss auch an der Grundkonstruktion von Versicherungen, dass die Branche bislang so vergleichsweise unbeschadet durch die Verschärfung der Finanzmarktkrise zu kommen scheint. Wer auf eine für den Einzelnen gar nicht darstellbaren Abfederung von Risiken durch eine Versichertengemeinschaft ausgerichtet ist - sei es gegen Unwägbarkeiten des täglichen Lebens und/oder vieler schwer kalkulierbarer Geschäftsaktivitäten -, der orientiert sich tendenziell langfristig. Das Produkt Versicherungen hat somit quasi von Natur aus eine ausgleichende Wirkung im Zeitverlauf.

Neuer Bewertungsbedarf bei Kapitalanlagen?

Entsprechend moderat zeichnet die Branche auch ihre Geschäftsentwicklungen des vergangenen Jahres nach. Per Ende November 2008 registrierte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zwar nur überschaubare Impulse der vor gut einem Jahr noch vergleichsweise guten Wirtschaftsentwicklung, doch auch von den verschärften Krisenszenarien, wie sie sich im Bankgewerbe schon gleich nach der Lehman-Pleite abzeichneten, ist die Branche bislang nur in Maßen betroffen. Allein die Bewertungsfrage der höchst gewichtigen Kapitalanlagen wird im Lichte der anstehenden Bilanzsaison in den letzten Wochen thematisiert. Auch wenn die hiesige Branche nur noch spärlich in Aktien investiert ist, so die Befürchtung, dürften andere, vermeintlich sichere Papiere - bis hin zu Staatsanleihen - erhebliche Bewertungsrisiken bergen.

Für die Branche insgesamt wird für das abgelaufene Jahr ein Beitragsplus von 1,5 (nach plus 0,6) Prozent auf 165,3 Milliarden Euro hochgerechnet. Dabei sieht der Branchenverband das erwartete Wachstum maßgeblich von der Personenversicherung getragen: Während er für die Lebensversicherung (ohne Pensionskassen und Pensionsfonds) und die private Krankenversicherung ein Beitragswachstum in Höhe von zwei beziehungsweise 2,9 Prozent veranschlagt, erwartet er den vorläufigen Zahlen nach für die Schaden- und Unfallversicherung ein Beitragsplus von 0,2 Prozent. Für das laufende Jahr 2009 rechnen die Versicherer über alle Sparten hinweg in etwa mit einem gleichbleibenden Beitragsvolumen. Im Einzelnen wird für die Lebensversicherung, wegen des größeren Gewichtes der regulären Abläufe von in früheren Jahren und Jahrzehnten abgeschlossenen Policen, ein leichter Rückgang der Beitragseinnahmen um 1,5 Prozent für möglich gehalten. In der privaten Krankenversicherung erscheint dem GDV dagegen ein Beitragszuwachs von drei Prozent realistisch, während in der Schaden- und Unfallversicherung das Prämienvolumen auf dem Stand des Vorjahres verharren dürfte.

Mit Blick auf die Aussichten der einzelnen Sparten wird der klassischen Lebensversicherung vor dem Hintergrund der Unsicherheiten an den Finanzmärkten eine Renaissance attestiert. Sicherheit gewinnt angesichts einer realistischeren Einschätzung der Risiken wieder an Wert. Dabei wird ein fortgesetzter Trend zur Rentenversicherung und zu fondsgebundenen Versicherungen registriert, nicht zuletzt dank des weiterhin hohen Neugeschäftes an Riester-Verträgen. Deren Eintritt in die letzte Förderstufe hat diesem Segment trotz rückläufiger Zahl an Neuverträgen eine beträchtliche Erhöhung der Jahresbeiträge beschert - und zwar auch für Bestandsverträge.

Enormer Nachholbedarf in der (betrieblichen) Altersvorsorge

Genau an dieser Stelle räumt die Gruppe der öffentlichen Versicherer nach wie vor einen enormen Nachholbedarf gegenüber den Mitbewerbern ein. Denn trotz aller Erkenntnis des hohen Stellenwertes der Altersvorsorge in der Bevölkerung und bei allem Bemühen um die Schaffung besserer Strukturen (vergleiche auch Beitrag Lang-ohr-Plato) wird ihnen in dem Segment der Privatrenten-Versicherung und auch in der betrieblichen Altersvorsorge lediglich ein Marktanteil von unter fünf Prozent eingeräumt. Gemessen an den Anteilen in anderen Segmenten des Kundengeschäftes der Sparkassen ist das eine Marktdurchdringung, die weder die öffentlichen Versicherer noch deren Vertriebspartner Sparkassen zufriedenstellen kann. Dass es für die S-Gruppe wie auch die Mitbewerber in der Altersvorsorge noch reichlich Marktpotenzial gibt, belegen einmal mehr die Zahlen der Deutschen Rentenversicherung aus dem Jahre 2008. Demnach betrug die durchschnittliche ausgezahlte gesetzliche Altersrente für Männer bundesweit 981 Euro und für Frauen lediglich 511 Euro.

Genauere Zahlen über den Geschäftsverlauf und die Marktposition der öffentlichen Versicherer im Berichtsjahr 2008 liegen noch nicht vor. Sie werden vom Verband der öffentlichen Versicherer traditionell erst im Frühjahr von den einzelnen Mitgliedshäusern abgefragt und erscheinen Mitte jeden Jahres zusammen mit einer Auswertung der eigenen Marktanteile im Vergleich zu wichtigen Mitbewerbern in einem speziellen Jahrbuch für die Gruppe. Erste Indikationen über die Entwicklung im Berichtsjahr geben aber vorläufige Zahlen der Versicherungskammer Bayern (Stand Jahreswechsel 2008/2009) und der Sparkassenversicherung Stuttgart (Stand Anfang Februar 2009).

Deutliche Rückführung der Aktienbestände

So hat die Bayerische Versicherungskammer mit Blick auf das Beitragswachstum ein Plus von 4,1 Prozent auf 5,89 Milliarden Euro gemeldet und sieht sich damit deutlich über der Entwicklung des Gesamtmarktes - sowohl in der Personenversicherung als auch in der Kompositsparte. Der Kapitalanlagebestand im Konzern wird mit 34,1 Milliarden Euro veranschlagt. Durch die "dynamische Steuerung des Risikobestandes", so wird gleichzeitig mit Blick auf eventuelle Bewertungsrisiken beruhigt, wurde das Aktienengagement im Laufe des Jahres von neun auf 1,5 Prozent zurückgefahren. Und größere Einzelrisiken (zum Beispiel Lehman) sieht man nicht im Portfolio.

Mit Blick auf die einzelnen Sparten sind die gebuchten Bruttobeiträge der Krankenversicherung im Konzern VKB im Geschäftsjahr 2008 um 3,4 Prozent (Markt: knapp drei Prozent) auf 1,81 Milliarden Euro gestiegen. Insgesamt waren bei den Krankenversicherern (Bayerische Beamtenkrankenkasse, Union Krankenversicherung und BBV Krankenversicherung (Erwerb zum 1. September 2008) zum Jahresende 2008 etwa 2,7 Millionen Personen versichert. Das entspricht einem Zuwachs von rund 80 000 Personen. Die Verwaltungskostenquote wird mit 2,6 Prozent beziffert. Der Kapitalanlagebestand erhöhte sich um sieben Prozent auf 7,9 Milliarden Euro.

In der Schaden- und Unfallversicherung sieht die Versicherungskammer Bayern ihr Abschneiden deutlich besser als der Markt. Die gebuchten Bruttobeiträge stiegen demnach um 3,0 Prozent (Markt: 0,4 Prozent) auf 1,83 Milliarden Euro. Die Combined Ratio (kombinierte Schaden-Kosten-Quote) lag bei 95 Prozent, die Geschäftsjahresschadenquote bei 72,3 (76,9) Prozent. Der Kapitalanlagenbestand belief sich wie im Vorjahr auf 4,7 Milliarden Euro.

In der Lebensversicherung schließlich verzeichneten die Konzernunternehmen eine Steigerung der gesamten laufenden Neubeiträge um 21 Prozent, die Einmalbeiträge konnten um 26 Prozent gesteigert werden. Eine besonders starke Nachfrage wird bei kapitalmarktorientierten Produkten registriert, insbesondere nach den neu eingeführten Produkten fondsgebundene Rentenversicherung und die zertifikatgebundene Rentenversicherung. Der Vertragsbestand ist nach Angaben der Gesellschaft um 1,4 Prozent gewachsen. Insgesamt erzielten die Lebensversicherer des Konzerns Prämieneinnahmen in Höhe von 2,25 (2,31) Milliarden Euro inklusive Pensionskassen und Pensionsfonds. Dies bedeutet eine Steigerung von rund fünf Prozent. Die Verwaltungskosten werden wie im Vorjahr mit 1,9 Prozent angegeben. Der Kapitalanlagenbestand erhöhte sich um zwei Prozent auf rund 21 Milliarden Euro.

"Solides" Geschäftsjahr in Stuttgart

Von einem soliden Geschäftsjahr 2008 spricht die SV Sparkassenversicherung, Stuttgart. Deren gebuchten Bruttobeiträge stiegen nach vorläufigen Zahlen leicht auf 2,72 (2,7) Milliarden Euro. Der Bestand an Kapitalanlagen blieb mit 19,4 Milliarden Euro konstant. Im Einzelnen stiegen die Beitragseinnahmen in den Schaden- und Unfallversicherungen auf 1,176 Milliarden Euro (plus 3,2 Prozent). Die SV sieht sich damit deutlich über dem Durchschnitt der Versicherungsbranche, die in den Kompositsparten mit einem Plus von 0,2 Prozent rechnet. Der Zuwachs wird insbesondere von den privaten (plus 5,7 Prozent) und gewerblichen (plus 4,6 Prozent) Sachversicherungen getragen. In der Sparte Kraftfahrt blieben die Bruttobeiträge mit 206 Millionen Euro nahezu konstant.

Die Bruttoschadenaufwendungen stiegen nach vorläufigen Zahlen auf 908 Millionen Euro. Damit erhöhte sich auch die Bruttoschadenquote auf 79,4 (73,6) Prozent (Vorjahr 73,6). Hier machen sich aus Sicht der Gesellschaft insbesondere die Elementarschadenereignisse des Jahres bemerkbar, die mehr als 95 000 Schäden mit einem Schadenaufwand in Höhe von rund 184 Millionen Euro verursachten.

Steigendes Neugeschäft in der Lebensversicherung

In den Lebensversicherungen stieg das Neugeschäft 2008 insgesamt um 19,5 Prozent auf 2,366 Milliarden Euro nach Beitragssumme. Im Geschäftsfeld betriebliche Altersvorsorge (bAV) wird eine Steigerung von 69,1 Prozent nach Beitragssumme gemeldet. Dass die Beitragseinnahmen in der Lebensversicherung insgesamt mit 1,519 Milliarden Euro rund 0,9 Prozent unter dem Vorjahreswert lagen, wird vor allem auf die Beendigung der Beitragszahlungsphase für Tarife aus dem Jahr 2003 zurückgeführt.

Von der Finanzkrise sieht sich die SV Lebensversicherung nicht betroffen und hält die Verpflichtungen aus den Verträgen dank hoher Reserven jederzeit für gewährleistet. Durch den Kursrutsch bei Aktien und Rentenpapieren, so wird eingeräumt, haben sich die laufenden Erträge deutlich verringert. Die "dynamische Steuerung des Risikobestandes", so wird betont (übrigens mit exakt der gleichen Diktion wie bei der Bayerischen Versicherungskammer), wurde das Aktienengagement im Laufe des Jahres 2008 bis auf unter ein Prozent zurückgefahren. Zum 31. Dezember 2008 beschäftigte die SV rund 2 816 (2 884) Mitarbeiter im Innendienst (umgerechnet auf Vollzeitstellen). Im Außendienst waren es 1 910 (1 924) Vollzeitstellen.

Für die Gruppe der öffentlichen Versicherer als Ganzes basieren die verfügbaren Zahlen der Marktanteile aus dem Jahrbuch 2008. Sie spiegeln damit die Wettbewerbsposition zum Jahresende 2007 wider, wie sie der Verband öffentlicher Versicherer anhand der Meldungen seiner Mitglieder und der verfügbaren sonstigen Marktdaten ermittelt hat. Demnach veranschlagen die öffentlichen Versicherer ihren Marktanteil gemessen an den Bruttobeitragseinnahmen über sämtliche Zweige hinweg auf 10,3 Prozent und registrieren damit im Verlauf der letzten Jahre leichte Marktanteilsverluste.

Die gleiche Tendenz zeigt sich bei Lebensversicherungen, deren Marktanteil zuletzt mit 9,7 Prozent registriert wurde. Speziell im Neugeschäft mit Riester-Produkten meldet der Verband zusammen mit der Sparkassenseite freilich in den letzten Jahren seine Ambitionen an, beim Neugeschäftsaufkommen weit besser als die Wettbewerber abzuschneiden und auf Dauer deutlich näher an die Marktanteile heranzurücken, wie sie für Sparkassen im Einlagen- und Kreditgeschäft üblich sind.

Marktführer bei Sachversicherungen

Als stabil stuft der Verband mit 6,1 Prozent das Gewicht seiner Mitgliedsinstitute in der Krankenversicherung ein. Und für 2008 sieht die VKB die öffentlichen Versicherer im Neugeschäft klar auf der Gewinnerseite. Zuwächse werden schließlich für die Schaden- und Unfallversicherung gemeldet, deren Marktanteil bei knapp 14 Prozent angesiedelt wird. In diesem Versicherungszweig sind die öffentlichen Versicherer traditionell am stärksten positioniert, in der Sachversicherung sehen sie sich mit 23,6 Prozent gar als Marktführer.

Speziell letztere Sparte profitiert dabei freilich noch in hohem Maße von der früheren Position der Monopolversicherer. Bis in die neunziger Jahre hinein musste in bestimmten Gemeinden und Regionen das Feuerrisiko zur Wohngebäudeversicherung bei dem zuständigen Monopolversicherer abgeschlossen werden. Nachdem diese Praxis durch EU-Recht untersagt worden war, wurden diese Gesellschaften von den öffentlichen Versicherern der Region übernommen, die in diesen Versicherungsbereichen von deren starker Marktstellung profitieren.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X