Gespräch des Tages

Rechtsprechung - Keine Aufklärungspflicht der Banken über ihre Gewinnmargen

Rechtsanwalt Dr. Claus Steiner, Wiesbaden, schreibt der Redaktion: "Die "Urteilsfrequenz" des BGH und der Oberlandesgerichte zu Fragen der Beratungs- und Aufklärungspflichten der Kreditinstitute gegenüber Anlegern hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Da Inhalt und Umfang der Pflichten der Banken nach insoweit einhelliger Rechtsprechung von den , Umständen des Einzelfalles' abhängen, können Anleger praktisch für jede Sachverhalts-Variante den Rechtsweg einschlagen.

Ein weiterer Grund für die wachsende Zahl von Urteilen liegt sicher auch darin, dass sich bei der zivilrechtlichen Verfolgung von behaupteten Beratungs- und Aufklärungsfehlern eine Art , Jagdtrieb' der Anleger auf die beratenden Banken entwickelt hat.

Der BGH hat bisher in der Abwägung zwischen den Bankpflichten und den - zuweilen überzogenen - Ansprüchen der Anleger auf Schadensersatz in aller Regel Augenmaß gezeigt. Eine deutliche Bankenfreundlichkeit, wie manchmal der Spruchpraxis des XI. (Banken-)Senats des BGH unterstellt wird, trifft bei objektiver Betrachtung nicht zu. Beispielhaft zeigen das etwa seine Beschlüsse vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07 - ZIP 2009, Seite 455) und neuerdings vom 12. Mai 2009 (XI ZR 585/07 - MDR 2009, Seite 939), in denen die Richter - bankenstreng - entschieden haben, dass die beratende Bank verpflichtet sei, den Anleger über alle Rückvergütungen (zum Beispiel des Agio) und Provisionen zu informieren, die sie etwa von einer Fondsgesellschaft für die Vermittlung der Anlage erhält. Hier bestehe ein aufklärungspflichtiger Interessenkonflikt der Bank zwischen ihrem Umsatzbeziehungsweise Vergütungsinteresse und ihrer Pflicht zu ordnungsmäßiger Kundenaufklärung. Der BGH zwingt die Banken damit, den Kunden offenzulegen, wenn sie wegen zu erwartender Rückvergütung oder Provision einen besonderen Anreiz gerade zur Empfehlung dieses Anlageprodukts haben.

Das OLG Düsseldorf hat nun in einem Urteil vom 29. Juni 2009 (I-9 U 187/08 - WuW 2009, Seite 1410) über einen zunächst vergleichbar erscheinenden Fall gegenteilig entschieden und die Klage der Anlegerin abgewiesen. Bei genauer Betrachtung liegt der Fall aber gerade um die maßgebliche Facette anders. Hier hatte eine Bank als Emittentin ein eigenes Anlageprodukt (Tandem-Zinssammler-Anleihe) vertrieben und Anteile daran einem mittelständischen Unternehmen zur Anlage empfohlen und verkauft. Da später der Kurs dieser Anleihe sank und die Anlegerin beim Verkauf einen Verlust erlitt, verlangte sie von der Bank Schadensersatz unter anderem, weil die Bank sie nicht über ihre einkalkulierte Gewinnmarge aufgeklärt habe. Das OLG verneinte diese Aufklärungspflicht mit dem Argument, es verstehe sich von selbst, dass eine Bank wie jedes Wirtschaftsunternehmen den Preis ihrer Produkte so gestalte, dass für sie ein Gewinn verbleibe. Ein Anleger könne nicht den Selbstkostenpreis für ein Finanzprodukt der Bank erwarten. Mit den Fällen von Innenprovisionen und Rückvergütungen - hier liegen die anderen , Umstände des Einzelfalls'! - sei dieser Sachverhalt nicht vergleichbar. Jeder Marktteilnehmer wisse, dass Leistungen im Wirtschaftsleben , üblicherweise nicht unentgeltlich erbracht' würden und die Bank ihren Gewinn nur aus dem Finanzprodukt selbst erzielen könne.

Diesem Urteil darf man zustimmen. Schließlich kommt auch niemand auf die Idee, beim Kauf etwa eines Kraftfahrzeugs oder eines PC von dem Hersteller oder Händler die Angabe der in den Preis einkalkulierten Gewinnmarge zu erwarten. Bei selbst , hergestellten' Bankprodukten kann also die Rechtslage nicht anders sein. Hoffentlich sieht der BGH als Revisionsgericht das ebenso. Es wird zu gegebener Zeit darüber zu berichten sein."

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