Interview

Redaktionsgespräch mit Carl-Ludwig Thiele - "Alle Marktakteure müssen gemeinsam an neuen Strukturen arbeiten."

Herr Thiele, Bargeld ist Vertrauenssache, inwieweit ist der Umgang mit dem Geld aus Notenbanksicht hoheitliche Aufgabe und wo ist er auf Dritte zu übertragen?

Nicht der ganze Prozess des Bargeldhandling ist notwendigerweise eine hoheitliche Aufgabe. Münzen und Scheine werden von der Bundesbank in Verkehr gebracht, und nicht mehr umlauffähiges Geld wird von ihr wieder vernichtet. Sie ist also sowohl Ausgangsals auch Endpunkt im Kreislauf der Bargeldnutzung und trägt somit für Echtheit und hohe Qualität des umlaufenden Bargelds bei. Doch die Notenbank muss nicht zwingend den gesamten Kreislauf abdecken. Es ist nicht erforderlich, und es macht auch ökonomisch keinen Sinn, dass Transporte von jedem Einzelhändler oder jeder Bankfiliale bis zur Bundesbank erfolgen und umgekehrt. Im mehrstufigen Prozess des Bargeldhandling gibt es Aufgaben, die andere übernehmen können. Die Bundesbank ist angehalten, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beherzigen und mit ihren Ressourcen demgemäß umzugehen, weshalb sie Rahmenbedingungen aufstellt und Anreize setzt, damit private Bargeldakteure Aufgaben des Bargeldhandlings wahrnehmen.

In diesem Jahr greift ein grundlegend neues Verfahren und die gesetzlichen Rahmenbedingungen verändern sich. Das neue Verfahren betrifft den Bereich des Münzgeldes: Seit 1. Januar 2011 ist der sogenannte Normcontainer für Ein- und Auszahlungen bei der Bundesbank entgeltfreier Standard. Damit betont die Bundesbank ihre Rolle als Großhändler. Für die Annahme und Abgabe gemischter und abweichender Münzmengen, was bis auf Weiteres noch möglich ist, wurden die Entgelte bewusst angezogen, um Veränderungen in diesem Sinne zu fördern. Die Änderung des Dienstleistungsangebots wurde dem Markt rechtzeitig bekannt gegeben, sodass es keine Überraschungen gab.

Am 1. Mai 2011 läuft die etwa anderthalbjährige Übergangsfrist des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes ab. Mit diesem Gesetz wird die europäische Zahlungsdiensterichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Dienstleister wie Werttransporteure, die weiterhin oder künftig Aufgaben im Bereich der Bargeldver- und -entsorgung mit der Verrechnung von Zahlungen kombinieren wollen, bedürfen künftig einer Genehmigung durch die BaFin. Die Bundesbank wird deshalb ab dem 1. Mai 2011 nur noch Konten für zertifizierte Dienstleister führen. Der gewerbsmäßige Transport sowie die reine Bearbeitung von Banknoten und Münzen unterliegt nicht dieser Erlaubnispflicht.

Hat sich der Münzkreislauf durch die Änderungen zum 1. Januar dieses Jahres schon spürbar verändert? Hat gerade der Handel neue Aufgaben übernommen?

Wir befinden uns in einem Wettbewerb der Ideen und einem Wettbewerb der Möglichkeiten, in dem sehr differenziert auf die geänderten Gegebenheiten eingegangen wird. Es gibt viele Ansätze, die sich noch am Markt bewähren müssen.

Wie haben Kreditinstitute reagiert, die nicht in der Lage waren, sich Normcontainer mit einem Gewicht zwischen 625 und 700 kg in die Zentrale oder Filiale zu stellen?

Diese bedienen sich zum Großteil nach wie vor der Wertdienstleister, die den kundengerechten Bedarf bereitstellen können. Die Wertdienstleister haben das Equipment und die Technik für die Annahme und den Transport der Münzen. Da diese Spezialisten bis Ende der ZAG-Übergangsfrist auch verrechnen und rollieren können, werden Transportwege verkürzt und der Aufwand reduziert.

Ein anderes Beispiel ist eine Sparkasse, die eine eigene Organisation speziell für den Umgang mit Münzgeld gebildet hat, und entsprechende Dienstleistungen anderen Instituten aus der Region anbietet. Darüber hinaus gibt es überregionale Münzgeldversorgungsmodelle wie das DZ-Bank-Modell. Kurzum, es gibt wie erwähnt sehr vielfältige Modelle im Markt, von denen sich über die Zeit die zukunftsfähigen durchsetzen und dann sicherlich auch zu größeren Einheiten führen werden.

Wie steht es um das Thema Sicherheit? Wer überwacht all die neuen Lösungen, die nun entstehen und prüft sie auf Tauglichkeit?

Es gibt den sogenannten Münzrollenstandard in Deutschland. Trotz der Anfang des Jahres in Kraft getretenen EU-Verordnung zur Prüfung von Münzen gilt er mindestens bis 2014. Darin sind die Standards für die Prüfung klar definiert, angefangen von einem Echtheitsprüfungssensor im Rollierautomaten bis zu der auf den Rollen vorhandenen Identifikationsnummer, mit der sich genau zurückverfolgen lässt, wer welche Rolle hergestellt hat. Das schafft klare Verantwortlichkeiten. Bei Fehlverhalten werden Erstattungsleistungen fällig. Im Rahmen von Stichproben aus den eingegangenen Normcontainern überprüft die Bundesbank ständig die Einhaltung der Standards und somit den Münzgeldumlauf. Fehlerhafte Münzen werden sofort eingezogen.

Die für solche Tätigkeiten zugelassenen Maschinentypen sind auf der Website der EU-Kommission aufgelistet. Die zuständigen nationalen Stellen, in Deutschland ist dies die Bundesbank, überprüfen jeweils den Maschinentyp auf seine Tauglichkeit, insbesondere hinsichtlich des Erkennens von Fälschungen. Geeignete Typen erhalten quasi ein Zertifikat, welches ein Jahr gilt und dann erneuert werden muss, ähnlich wie bei einem Geräte-TÜV. Die Kontrolle jeder einzelnen Maschine ist vom Aufwand her nicht darstellbar. Sollten sich über die Stichproben Hinweise auf fehlerhaft arbeitende Maschinen verdichten, dann wird die Bundesbank natürlich auch bei den Betreibern vor Ort aktiv.

Das alles klingt nach einem relativ reibungslosen Übergang. Täuscht der Eindruck?

Die Ängste, die außerhalb der Bundesbank geschürt wurden, dass ab dem 1. Januar die Bargeldversorgung zusammenbricht, um Aufregung zu erzeugen, waren unbegründet. Die ausgemalten Befürchtungen sind nicht eingetreten. Vielleicht wollten die Kritiker auch nur eine vorbeugende Wirkung erzielen und ihre "Pflicht" tun. Das gehört zur Interessenvertretung dazu.

Die bisherigen Erfahrungen mit den Normcontainern im Münzbereich belegen, dass es geht. Von der von Gegnern dieser Reformen vorausgesagten Bargeldknappheit ist bislang nichts zu spüren. Die Bundesbürger haben Silvester gefeiert und gehen seitdem jeden Tag einkaufen, fah-ren mit U-Bahnen und Bussen, ohne dass eine Knappheit zu spüren ist. Die Verän-derungen haben also nicht bei den Bürgern stattgefunden, sondern bei denjenigen, die

Münzen zur Bundesbank gebracht haben und vielleicht auch in Zukunft bringen werden. Für die Notenbank erhöht sich eindeutig die Effektivität und Effizienz. Allein im Januar dieses Jahres ist wegen der Einführung des Normcontainers der Personalbedarf für die Münzgeldportionierung um 30 Prozent gefallen.

Nach dem Gesetz über die Deutsche Bundesbank sind die Pflichten klar verteilt. Wo verändert das ZAG hier die Aufgabenverteilung?

Nur ein Bruchteil der Einzelhändler entsorgt sein Bargeld direkt bei der Bundesbank. Ein Großteil bedient sich der Kreditinstitute. Für Transporte zur Bundesbank oder zu den Kreditinstituten werden Werttransporteure beauftragt. Auf Wertdienstleister, die sich wie bisher lediglich auf den Transport und die Bearbeitung von Bargeld beschränkt hatten, wird durch das ZAG grundsätzlich keine Veränderung zukommen.

Mit Veränderung der Rechtslage durch das ZAG wird aber ein eigenständiges Recycling durch Werttransporteure nicht mehr möglich sein, sofern die ZAG-Lizenz fehlt. Gerade im Münzbereich entstehen aufgrund der Einführung des Normcontainers Kooperationen zwischen Kreditinstituten und Werttransporteuren, aber auch alternative Verfahren. Das wird zu weiteren Veränderungen in der Landschaft der professionellen Bargeldakteure führen.

Die Bundesbank strebt einen Marktanteil von 50 Prozent des Banknoten-Recyclingvolumens an. Ist das Verhältnis von 50 zu 50 realistischerweise zu erreichen?

Ja! Natürlich nicht sofort, denn es ist ein Prozess. Um diese Vorgabe erfüllen zu können, müssen Strukturen verändert und neu geschaffen werden. Doch die Richtung ist klar vorgegeben: Die Bundesbank versteht sich im Bereich Bargeld nicht als Einzelhändler, sondern als Großhändler.

Dass die angestrebte Verschiebung der Gewichte zu privaten Unternehmen eine Herausforderung ist, zeigen allein die Größenordnungen, über die geredet wird: Per Ende Dezember 2010 waren in Deutschland 27 Milliarden Münzen mit einem Gesamtgewicht von 110 000 Tonnen im Umlauf. Der Banknotenumlauf belief sich zum gleichen Stichtag auf einen Wert von gut 360 Milliarden Euro bei 7,6 Milliarden Stück umlaufenden Banknoten. Interessanter sind aber die Stromgrößen: Allein 2009 wurden von der Bundesbank Scheine im Wert von knapp 480 Milliarden Euro angenommen und gut 480 Milliarden Euro herausgegeben. Mit anderen Worten: der gesamte Umlauf wurde in der wertmäßigen Betrachtung rein statistisch einmal ausgetauscht und ein weiteres Drittel ein zweites Mal.

Im Banknotenhandling können und werden private Akteure eine zunehmend wichtigere Rolle einnehmen. Das Potenzial liegt in der noch steigerungsfähigen Automation, die es den Kreditinstituten oder Wertdienstleistern ermöglicht, auf effiziente Weise Banknoten zu prüfen, um sie letztendlich ohne Einbindung der Notenbank wieder an den Endverbraucher auszugeben. Vielversprechende Ansätze gibt es: Bereits 2009 wurden Banknoten im Wert von 240 Milliarden Euro privatwirtschaftlich von den Kreditinstituten bearbeitet und ausgezahlt, davon 45 Milliarden Euro über Automaten und 195 Milliarden Euro manuell am Bankschalter. Bezogen auf das gesamte Recyclingvolumen in Höhe von 670 Milliarden Euro entspricht das einem Anteil von 36 Prozent, ist also gar nicht mehr so weit von den 50 Prozent entfernt.

Gibt es für das Erreichen solcher neuen Strukturen ein bestimmtes Zeitfenster?

Es würde keinen Sinn machen, hier einen unnötigen Termindruck aufzubauen. Man muss dem Markt Zeit geben, tragfähige Lösungen zu entwickeln. Diese Zeit bekommen alle Beteiligten, aber man wird sicherlich schon recht zeitnah praktikable Lösungen sehen.

Wichtig bei solchen Veränderungen ist die Vorgabe eines Enddatums für die alten Regelungen, damit der Prozess des Umdenkens und der Veränderung in Gang kommt. Dieses wurde mit dem 1. Januar 2011 im Bereich Münzgeld und dem 30. April für Zahlungsdienste klar kommuniziert.

Zu den Werttransporteuren: Wie man hört, läuft die Lizenzierung eher schleppend. Sind die Bestimmungen des ZAG zu anspruchsvoll für Wertdienstleister?

Wie in jedem Gesetzgebungsverfahren gab es auch hier die Möglichkeiten der Anhörung und der Stellungnahme. Das Gesetz kam also für die Branche nicht völlig überraschend über Nacht aus dem Busch auf den Markt. Nun ist die Rechtsgrundlage seitens des Gesetzgebers vorgegeben und muss erfüllt und umgesetzt werden.

Natürlich sind die Veränderungen auch mit höheren Anforderungen verbunden. Das trifft eine Branche, die von Dritten als nicht besonders eigenkapitalstark eingeschätzt wird und wegen der hohen Wettbewerbsintensität mit geringen Margen arbeitet. Hinzu kommt der Vertrauensverlust in Werttransporteure seit dem He-ros-Fall. Letzterer hat gravierende Schwachstellen im System offengelegt, es wurde mit anvertrauten Werten nicht verantwortungsbewusst umgegangen.

Wie ist der Status quo der Gespräche? Rechnen Sie mit einem ähnlich reibungslosen Übergang?

Die Bundesbank ist zuversichtlich, dass der Übergang gut gelingen wird. Allerdings hat sie auf den Fortgang der Dinge nur mittelbaren Einfluss. Für die Lizenzierung der Werttransporteure ist die BaFin zuständig, dort sind die handelnden Personen.

Müssen am Gesetz Nachbesserungen erfolgen, damit Lizenzen erteilt werden?

Es liegt im Interesse der Bundesbank, dass Lizenzen erteilt werden. Und ich gehe davon aus, dass die zulassende Stelle in engem Kontakt mit den zuzulassenden Dienstleistern steht, diesen die Anforderungen genau erläutert und Zulassungen bis 30. April erfolgen werden. Es gibt schließlich nur eine Handvoll größerer Unternehmen, die überhaupt eine Zulassung beantragt hat.

Sollten im absoluten Worst Case keine Lizenzen erteilt werden, wird die Bargeldver- und entsorgung trotzdem nicht zusammenbrechen, denn wie bereits erläutert ist der reine Transport und die Aufbereitung zur Einzahlung nicht lizenzierungspflichtig.

Aber wird nicht der Bürger der Bundesbank die Schuld geben, sollte etwas nicht klappen? Denn er verbindet das Thema Bargeld doch eindeutig vor allem mit der Notenbank.

Grundsätzlich ist einmal klarzustellen, dass zwischen den Auswirkungen des ZAG auf die Bargeldversorgung und die Entwicklung eines privaten Bargeldrecyclings strikt zu trennen ist. Die Bargeldakteure haben in Gesprächen bestätigt, dass das ZAG die Bargeldversorgung nicht stören wird. Lediglich ein eigenständiges Bargeldrecycling durch Wertdienstleister wird durch dieses Gesetz berührt, das es übrigens in nennenswertem Umfang bisher noch gar nicht gibt.

Hier geht es deshalb nicht um eine Schuldfrage, sondern um die Erfüllung eines gesetzlichen Auftrags. Und dieser verändert sich mit der Zahlungsdienstrichtlinie und dem daraus abgeleiteten ZAG.

Nichtsdestotrotz ist die Bundesbank natürlich in Gesprächen mit der BaFin und den Wertdienstleistern auf der Suche nach tragfähigen Lösungen.

Sehen Sie denn tragfähige Lösungen für ein privates Recycling?

Selbstverständlich beobachtet die Bundesbank die Entwicklungen. Aber sie beeinflusst an dieser Stelle nicht den Markt. Dieser Markt ist schon jetzt vorhanden und wird sich weiterentwickeln. Es gibt jedenfalls eine Reihe vielversprechender Ansätze, um zu einer vernünftigeren Arbeitsteilung zu kommen.

Würden Sie ein paar Beispiele geben?

Die Kooperation von Shell und Postbank, bei der Tankstellen mit Cash-Recycling-Systemen ausgestattet werden und die auf diesem Wege geprüfte Banknoten wieder zur Wechselgeldauszahlung oder Bargeldabhebung mit einer Postbank-Karte zur Verfügung steht, ist hier genauso zu erwähnen wie die "Cash-Back"-Verfahren im Einzelhandel, also die gebührenfreie Bargeldabhebung direkt an der Kasse. Innerhalb der Kreditwirtschaft gibt es Dutzende verschiedener Lösungsansätze im Bereich des Münzgeldrecyclings, von der DZ Bank für die Kreditgenossen im Großen angefangen bis hin zu kleinen regionalen oder gar lokalen Möglichkeiten. Diese werden vom Markt geprüft, und der Markt wird entscheiden, was sich davon letzten Endes durchsetzen wird. Das zu beurteilen, ist nicht Aufgabe der Bundesbank.

Was antworten Sie Kritikern, die anmerken, die Bundesbank ziehe sich aus der Fläche zurück und wälze Kosten auf die Kreditwirtschaft und den Handel über?

Das ist deutlich zu kurz gedacht. Es geht vor allem darum, eine höhere volkswirtschaftliche Effizienz zu schaffen.

Was ist passiert? Im Zuge der Strukturreform der Deutschen Bundesbank wurde die Zahl der Filialen auf derzeit 47 reduziert, und bis Ende 2015 wird die Zahl auf dann 35 sinken. 1993 gab es noch gut 200 Filialen. Die Zahl der Mitarbeiter ist im gleichen Zeitraum von mehr als 17 000 auf unter 10 000 reduziert worden. Damit verändert sich die physische Präsenz. Doch ich denke nicht, dass der Bürger und der Einzelhändler zwischen 1993 und 2010 von diesen Veränderungen merklich betroffen waren.

Durch gesetzliche Bestimmungen entsteht Raum zur Veränderung der Aufgabenbereiche. Es ist salopp formuliert, nicht Aufgabe der Bundesbank mit dem Klingelbeutel durch das Land zu gehen, in den jeder sein Bargeld hineinwirft. Sondern alle Marktakteure müssen gemeinsam an neuen Strukturen arbeiten. Es ist nicht notwendig, ich betone es noch einmal, jede Banknote und Münze bis zur Bundesbank zur Bearbeitung durchzureichen, sondern das kann auf einer der Stufen davor im Kreislauf geschehen.

Das mag in bevölkerungsreichen Gegenden mit kurzen Wegen, sprich in Großstädte oder Ballungszentren sicherlich zutreffen, doch werden sich solche privatwirtschaftlichen Lösungen auch auf strukturschwache Gegenden übertragen lassen?

Die Erwartung einer Omnipräsenz der Bundesbank in ganz Deutschland ist deutlich überzogen. Selbst mit einem Netz von über 200 Filialen gab es weiße Flecken auf der Landkarte. Deutschland hat eine sehr gute Verkehrsinfrastruktur, sodass ich keine Gefahr erkennen kann, dass das konsolidierte Filialnetz die Bargeldver- und -entsorgung in Teilen Deutschlands zum Erliegen bringt.

Jedes Kreditinstitut und jeder Einzelhändler muss wirtschaftlich arbeiten. Von daher haben der Handel und die Kreditwirtschaft auch ein Interesse daran und Verständnis dafür, dass auch die Deutsche Bundesbank effizient und wirtschaftlich arbeitet. Diese Optimierung findet statt, ohne Kollateralschäden zu hinterlassen und ohne den gesetzlichen Auftrag der Bundesbank aus den Augen zu verlieren oder zu untergraben.

Ist denn zu erwarten, dass es auch im Bereich des Banknotenhandlings künftig zu höheren Gebühren seitens der Bundesbank kommen wird?

Im Bereich unserer Dienstleistungen für Banknoten ist die Lenkungsfunktion der Preise eingeschränkt. Die Notenbanken der europäischen Währungsunion haben nämlich gemeinsame entgeltfreie Standardleistungen definiert, um eine Vereinheitlichung des europäischen Währungsgebietes zu fördern.

Diese Leistungen müssen die Notenbanken anbieten. Sie können darüber hinaus frei definierte sogenannte Zusatzleistungen gegen Entgelt offerieren. Da Preiserhöhungen auf Zusatzleistungen beschränkt sind, können die Kunden der Bundesbank jederzeit auf die entgeltfreien Standardleistungen ausweichen. Dies macht eine umsichtige Preispolitik für Dienstleistungen im Bereich Banknoten erforderlich.

Wer trägt die Kosten all dieser Strukturveränderungen?

Jede Verfahrensumstellung verursacht Umstellungskosten. Das ist im Bargeldbereich nicht anders als im Zahlungsverkehr. Im Zahlungsverkehr haben die Umstellungen zu einer höheren Effizienz und einer größeren Sicherheit geführt. Gleiches gilt für die Bargeldversorgung. Die Vergangenheit hat Schwachstellen aufgezeigt, und es kam zu dreistelligen Millionenschäden. Das soll nicht wieder passieren. Von daher stehen den Kosten für die Umstellung geringere Schadenswahrscheinlichkeiten gegenüber.

Also wie bei einer Versicherung: Zahle brav, es könnte schließlich mal was passieren?

Allerdings wird in diesem Falle nicht nur eine Brandversicherung verkauft, sondern es werden gleichzeitig Maßnahmen zur Brandverhütung mitgeliefert.

Sind durch all das Veränderungen im Verhalten der Kunden zu erwarten? Wird beispielsweise das bargeldlose Zahlen an Bedeutung gewinnen?

Es ist nicht die Aufgabe der Bundesbank das Zahlungsverhalten der Bürger zu reglementieren. Der Bürger soll so bezahlen, wie er es für richtig hält. Bei 82 Prozent aller Einkäufe nutzt er dafür das Bargeld. Die Bundesbank hat Angebote sowohl im Zahlungsverkehr als auch im Bargeldbereich. Allerdings gibt es jetzt unterschiedliche Angebote für unterschiedliche Interessentengruppen. Jeder kann nun überprüfen, was für ihn die beste Lösung ist.

Rein betriebswirtschaftlich betrachtet, müsste Ihnen doch das bargeldlose Zahlen lieber sein, weil es günstiger ist.

Noch einmal: Die Bundesbank hat nicht das Ziel, den Markt hinsichtlich der Wahl der Zahlungsinstrumente zu beeinflussen. Sie muss mit Blick auf die Neuerungen Anfang Mai ihre Aufgaben erfüllen. Was dann passiert, geht - im Gegensatz zu der von der Bundesbank initiierten Umstellung der Münzversorgung - nicht von der Bundesbank aus.

Aber wird das ohne Auswirkungen auf die Verbraucher bleiben?

Die Bundesbank versorgt nicht den Endverbraucher. Sie befüllt keine Geldausgabeautomaten, sondern betreut und beliefert als Bank der Banken von wenigen Ausnahmen abgesehen die Kreditwirtschaft. Die Feinverteilung übernehmen andere. Der Endverbraucher merkt also nicht zwingend etwas davon, dass sich das Dienstleistungsangebot der Bundesbank gegenüber den Wertdienstleistern und der Kreditwirtschaft ändert.

Welche Rolle kann die Technik, sprich die Geldautomaten, auf dem Weg zu mehr Effizienz spielen?

Das Banknotenrecycling über Automaten liegt noch auf niedrigem Niveau, hat sich allerdings spürbar erhöht. Mit 45 Milliarden Euro erfolgte rund ein Sechstel des gesamten von der Kreditwirtschaft abgewickelten Recyclingvolumens über Automaten. Hier liegt noch enormes Potenzial. In einer Studie von Wincor-Nixdorf hieß es vor einigen Jahren, etwa 15 000 der insgesamt 54000 Geldausgabeautomaten könnten durch Cash-Recycler ersetzt werden, also Geräte, bei denen sich Einzahlungen und Auszahlungen die Waage halten. Aktuell beläuft sich deren Zahl auf etwa 5700.

Welche Konsequenzen werden die Veränderungen auf die Struktur der Deutschen Bundesbank haben?

In einer stärkeren Rolle der Bundesbank als Großhändler im Bargeldkreislauf werden Aufwendungen reduziert. Aus den derzeitig vorgenommenen Veränderungen ergeben sich aber keine weiteren Strukturveränderungen.

Sie müssen als Vorstand all diese Maßnahmen auch in die Bundesbank hinein verkaufen. Wie leicht beziehungsweise schwer ist das?

Über die letzten Jahrzehnte haben viele Bedienstete der Bundesbank aufgrund des Stellenabbaus den Eindruck gehabt, sie wären in einem Abbruchunternehmen. Ich kenne keine andere Institution, die in knapp 20 Jahren ihren Personalbestand halbiert und dennoch ihre tragende Funktion für unsere Volkswirtschaft bewahrt hat.

Es ist daher besonders wichtig, die Bedeutung der Bundesbank stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen: Denn im Finanzsektor ebenso wie in der Realwirtschaft ist die Bundesbank der volkswirtschaftliche Anker unseres

Landes. Das sollte in der Bevölkerung bekannter sein. Hier das Bewusstsein stärker zu prägen, sehe ich als eine meiner Aufgaben. Schließlich sind der Bargeldbereich und der Zahlungsverkehr sehr große und bedeutende Geschäftsfelder der Bundesbank.

Man nimmt Sie durchaus als Offensiv-Spieler wahr!

Ja natürlich, es gibt gar keinen Grund hier nur defensiv etwas zu verteidigen. Die Bundesbank darf selbstbewusst darauf hinweisen, dass sie eine tragende Säule unserer Volkswirtschaft ist.

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