Interview

Redaktionsgespräch mit Günther Merl - "Die Möglichkeit einer Banken- Insolvenz ist absolut erforderlich."

Herr Dr. Merl, Sie führen die Finanzmarktkrise im Wesentlichen auf den Abbau der Regulierung zurück.

Dies ist ohne Zweifel so. Die Finanzmärkte sind durch eine lange Phase der Deregulierung gekennzeichnet. Seit der Regierung Clinton und dem Notenbankchef Alan Greenspan wurde die amerikanische Finanzindustrie zunehmend der Selbstregulierung der Märkte überlassen und die Aufsicht hat sich sehr stark an den Interessen der Banken orientiert. Die ordnende Hand des Staates wurde als nicht notwendig erachtet. Dieser amerikanische Strategiewandel wurde bald weltweit übernommen und von Politikern, der Wissenschaft und den Medien positiv begleitet. Die Folgen sind bekannt.

Sie verbinden den Begriff der Deregulierung nicht nur mit der Kreditwirtschaft, sondern mit der gesamten Finanzindustrie.

Ja, denn die Phase der Deregulierung wurde vor allem dadurch geprägt, dass neben den Banken, Versicherungen und Investmentfonds neue Marktteilnehmer wie Hedgefonds und Private Equity Fonds in den Markt eintraten. Diese Marktteilnehmer unterlagen keinen Beschränkungen. Der Anteil des Geschäfts dieser nicht oder kaum regulierten Schattenbanken hat sich deutlich erhöht.

Die neuen Marktteilnehmer und die von ihnen entwickelten neuen Produkte sind also ein Teil des Problems?

Es ist eine Vielzahl von neuen komplexen Finanzprodukten entstanden, die von realen Finanztransaktionen völlig losgelöst sind. Mit den Finanzderivaten wurde es möglich, Geschäfte quasi virtuell auf Zins-, Kurs- und Risikoveränderungen abzuschließen. Das Grundmuster hierzu sind Zins- und Währungsswaps, Credit Default Swaps (CDS) oder Optionen. Hieraus hat sich eine Vielzahl von Produktvarianten entwickelt. Diese Produkte werden fast ausschließlich "over the counter", also nicht standardisiert über Börsen, sondern unmittelbar zwischen den Marktteilnehmern kontrahiert.

Nun war keiner gezwungen, sich am Handel mit diesen Wertpapieren zu beteiligen. Sie haben eine Verbindung hergestellt zwischen der Liberalisierung der Finanzmärkte und einem Wertewandel in der Finanzindustrie. Erst diese Kombination, so Ihre Aussage, habe die Finanzmarktkrise ausgelöst.

Ja. In Europa wurden zunehmend die anglo-amerikanischen Wirtschaftsprinzipien übernommen, wonach sich wirtschaftliches Handeln alleine am geltenden Gesetz und nicht an ethischen Grundsätzen wie dem sprichwörtlichen Verhalten des "ehrbaren Kaufmanns" orientiert. Zur Messlatte des wirtschaftlichen Handelns wurden kurzfristige Gewinnziele wie die Quartalsperformance und nicht die nachhaltige Unternehmensentwicklung. Ziele waren eine möglichst hohe Rendite und ein maximaler Mehrwert für den Aktionär. An die Stelle des Stakeholder Value trat der Shareholder Value.

Inwieweit hatten das Management und die Praxis der Aufsichtsgremien Anteil an der Finanzmarktkrise?

Fehlentscheidungen des Managements und mangelnde Kontrolle durch die Aufsichtsgremien haben einen erheblichen Anteil an der Finanzkrise.

Ein Beispiel?

Zwei Beispiele: Das Managementversagen zeigt sich zum Beispiel in dem Verzicht auf eigene Kreditanalysen bei strukturierten Wertpapieren. In den Banken waren für den An- und Verkauf dieser Titel in der Regel nicht mehr die Kreditabteilungen, sondern die Handelsabteilungen zuständig. Nach den üblichen Usancen stützen sich diese nicht auf eine eigene Bonitätsbeurteilung, sondern verlassen sich auf externe Ratings. Hinzu kam, dass die strukturierten Wertpapiere nur geringen aufsichtsrechtlichen Unterlegungspflichten für Eigenkapital unterlagen, was sie zusätzlich attraktiv machte. So konnten vermeintlich attraktive Margen bei geringem Risiko und geringem Eigenkapitalbedarf erzielt werden. Um es knapper zu formulieren: Die Risikosteuerung und das eigene Risikomanagement hat nicht Schritt gehalten mit dem Risikoappetit.

Zweites Beispiel: Es hat sich gezeigt, dass viele Banken nicht über den notwendigen langfristigen Liquiditätspuffer verfügten und ihre Dispositionen nur auf die Absicherung der kurzfristigen Liquidität abgestellt hatten. Die bisherigen Erfahrungswerte schienen zu belegen, dass der Zugang zur Liquidität nicht eine Frage der Erhältlichkeit, sondern lediglich des Preises sei. In der Finanzkrise waren die Geld- und Kapitalmärkte jedoch so weit ausgetrocknet, dass viele Banken selbst bei Konditionszugeständnissen in Liquiditätsengpässe kamen.

Ein Ergebnis der Finanzmarktkrise ist, dass die Planung und Kontrolle der strukturellen Liquidität bei den Banken weiter entwickelt werden muss. Im Gegensatz zur kurzfristigen Liquidität unterlag die langfristige Liquidität keinen besonderen aufsichtsrechtlichen Anforderungen und es gab deshalb keine langfristigen Planungen und Stresstests.

In der Politik werden bei dem Stichwort Managementversagen an erster Stelle die Anreiz- und Bonifikationssysteme genannt. Sie bezeichnen dies eher als sekundäre Krisenauslöser. Wer hat nun recht?

Sicherlich haben übertriebene Anreiz- und Bonifikationssysteme bei Finanzinstituten die kurzfristige Spekulation befördert und sich damit Risiko erhöhend ausgewirkt. Aber auch wenn Teile der Politik dies anders sehen: Die Anreiz- und Bonifikationssysteme waren nicht entscheidend für die Finanzmarktkrise. Sie sind vielmehr sehr stark von der Politik populistisch genutzt worden, um von dem eigenen Regulierungsversagen abzulenken.

Wenn Sie eine Quantifizierung der Krisenursachen vornehmen müssten: Wie sähe Ihre Gewichtung aus?

Sehr grob: Die Finanzmarktkrise ist zu zwei Drittel auf Regulierungsversagen und nur zu einem Drittel auf Managementversagen zurückzuführen. Der Staat ist als Gesetzgeber seiner Verantwortung nicht nachgekommen, Eckpunkte für die Finanzmärkte zu setzen. Es war falsch, die Regulierung den Märkten selbst zu überlassen. Hätte auf internationaler Ebene eine für alle Marktteilnehmer und Marktsegmente effiziente Regulierung bestanden, hätte die Finanzmarktkrise vermieden werden können und eine staatliche Bankenrettung wäre nicht notwendig geworden.

Steht eine Verstaatlichung nicht im Widerspruch zu den Prinzipien eines marktwirtschaftlich verfassten Finanzsystems?

Dann nicht, wenn Insolvenzen von Banken (noch) nicht möglich sind. Ist die Insolvenz kein Drohszenario mehr, weil der Staat stützend eingreifen muss, läuft nämlich die Verantwortung der Eigentümer ins Leere. Der Staat wird so zur Geisel der Finanzinstitute. Wenn deshalb eine Insolvenz wegen einer Gefährdung der Finanzmarktstabilität auszuschließen ist, dürfen die Eigentümer nicht dadurch belohnt werden, dass der Staat mit entsprechenden Stützungsmaßnahmen zur Verfügung steht. Dies würde dazu führen, dass erneut Risiken im Vertrauen auf die staatliche Unterstützung eingegangen werden.

Die Strafe für das unternehmerische Versagen muss deshalb bei systemrelevanten Instituten in einem Entzug der unternehmerischen Verantwortung und damit in der Übernahme des Eigentums durch den Staat bestehen. Der Staat kann dann das Unternehmen restrukturieren oder geordnet abwickeln.

Das von Ihnen gezeichnete Bild erfordert ein Ende der Deregulierung und die Schaffung eines neuen Ordnungsrahmens. Wie sollte dieser Rahmen gestaltet werden und wer sollte in die Regulierung einbezogen werden?

Vorab: Regulierungen sind nur dann wirksam, wenn sie alle Marktteilnehmer und alle Finanzprodukte umfassen. Insbesondere bei nicht regulierten Marktteilnehmern und Produkten gibt es wesentliche Lücken, die zu schließen sind.

Also auch eine Regulierung der Hedgefonds?

Dies ist ganz zentral für stabilere Finanzmärkte. Hedgefonds sind rein spekulative Anlagevehikel, die versuchen, über Fremdfinanzierung, Leerverkäufe, Derivate und Arbitragestrategien das eigene Anlagevermögen zu hebeln, um einen möglichst hohen Ertrag zu erzielen. Sie unterliegen weitgehend keiner Regulierung, Transparenz und Aufsicht. Da Hedgefonds sehr große Marktvolumina bewegen, können sie bei gleichgerichtetem Anlageverhalten entscheidend für die Entwicklung einzelner Marktsegmente sein. Hedgefonds sollten deshalb nicht nur unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Vertriebs und Anlegerschutzes, sondern vor allem wegen ihres möglichen beherrschenden Einflusses auf einzelne Marktsegmente einer Regulierung unterworfen werden. Hierzu zählen die Zulassung, die Genehmigung von Geschäftsfeldern und einheitliche Standards für das Risikomanagement. Des Weiteren Eigenkapital- und Verschuldungsvorschriften, die Transparenz und die Kontrolle durch die Finanzmarktaufsicht.

Die europäischen Finanzminister haben sich gerade gegen den Willen Großbritanniens darauf geeinigt, die Regulierung von Hedgefonds voranzutreiben. Sind die Vorschläge ausreichend?

Sie gehen zumindest in die richtige Richtung. Wichtig ist außerdem, dass die Hedgefonds ein geeignetes Risikomanagement nachweisen, Mindestkapital vorhalten und Depotbanken einschalten müssen, die das Fondsvermögen verwalten. Es ist zu wünschen, dass diese Regelungen auf internationaler Ebene umgesetzt werden. Aber auch national ist ein Anfang sinnvoll.

Die Regulierung sollte sich aber nicht nur alleine auf Hedgefonds beschränken, sondern auch alle anderen Formen von Schattenbanken mit einbeziehen. Und, was wichtig ist, bisher nicht regulierte Produkte, wie Kreditausfallversicherungen oder Leerverkäufe, sollten ebenfalls einer Regulierung unterworfen werden.

Kreditausfallversicherungen sollen europäisch reguliert werden?

Ja, die Credit Default Swaps sind nicht standardisiert und werden unmittelbar zwischen den Marktteilnehmern im Freiverkehr gehandelt. Sie unterliegen keiner zentralen Verrechnung und können unbegrenzt gehandelt werden. In der Finanzmarktkrise wurde auf die Bonitätsverschlechterung von Marktteilnehmern spekuliert, was sich in steigenden Spreads niederschlug. Überspitzt formuliert: Innerhalb der Euro-Zone ist an die Stelle des Devisenhandels der CDS-Handel getreten.

Der Handel mit Kreditderivaten sollte klar geregelt und die Spekulation begrenzt werden. CDS sollten deshalb nur dann abgeschlossen werden können, wenn sie gedeckt, das heißt mit einem Schuldtitel unterlegt sind oder wenn ein unmittelbarer Sicherungszusammenhang besteht. Damit wird ein Leerverkauf unterbunden.

Schließlich: CDS müssen bei der Risikoübernahme für alle Marktteilnehmer wie direktes Kreditgeschäft behandelt und deshalb mit Eigenkapital unterlegt werden. Ungedeckte CDS sollten nicht mehr möglich sein. Der Handel mit CDS sollte nur über eine zentrale Gegenpartei wie die Börsen oder auf transparenten börsenähnlichen Plattformen stattfinden, damit die notwendige Standardisierung und Transparenz gegeben ist. Zudem sollten die Teilnehmer am CDS-Markt einer Registrierung und Kontrolle durch die Finanzmarktaufsicht unterliegen.

Stichwort ungedeckte Leerverkäufe: Stimmt es, dass ein Leerverkaufsverbot nur international greift?

International ist sicherlich besser als europäisch oder national. Wir sind aber lange genug theoretisch optimalen Modellen und Entscheidungsstrukturen nachgelaufen. Wenn man nicht die beste der Welten erreicht, dann bitte halt die zweitbeste. Ich halte die Argumentation der Befürworter von ungedeckten Leerverkäufen als nicht stichhaltig und sehe sie weitgehend als interessengeleitet. Mit dem Verbot wird ein sehr kostengünstiges Spekulationsinstrument auf fallende Kurse verhindert, was die Gewinnchancen des Handels schmälert, dafür aber zu einer Stabilisierung der Finanzmärkte beiträgt. Deshalb die intensive Lobbyarbeit. Den am 2. Juni verabschiedete "Entwurf für ein Gesetz zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivategeschäfte" begrüße ich sehr.

Wie ist die Funktion der Ratingagenturen künftig zu sehen?

Wir alle haben erlebt, dass sich Ratingagenturen irren und ihre Fehlbeurteilungen erhebliche Auswirkungen auf das Marktgeschehen hatten und haben. Die Tätigkeit der Ratingagenturen ist deshalb wegen ihres erheblichen Einflusses auf die Finanzmärkte umfassend zu regulieren. Hierzu zählen die Registrierung, die Überwachung durch die Finanzaufsicht, die Prüfung durch die Wirtschaftsprüfer und die Transparenz über Modell, Methoden und grundlegenden Annahmen der Bewertung. Die Bewertungsmandate sollten grundsätzlich durch die Investoren in Auftrag gegeben werden. Ratingagenturen sollten einer Haftungsregelung - vergleichbar den Wirtschaftsprüfern - unterworfen werden.

Und um das regulatorische Gewicht der Ratingagenturen zu mildern, sollte den eigenen Risikobewertungen der Finanzinstitute ein größeres Gewicht zukommen.

Teilen Sie die Auffassung, dass international tätige Institute einer supranationalen Aufsicht unterstellt werden sollten?

Nein. International tätige Institute können meiner Auffassung nach nicht von einer supranationalen Aufsicht länderübergreifend kontrolliert werden. Es bedarf einer klaren Zuordnung der Verantwortung auf die nationale Aufsicht am Sitz des jeweiligen Instituts, die auch im Zweifelsfall das Risiko trägt. Das schließt aber andererseits eine Kooperation der nationalen Aufsichtsbehörden nicht aus. Fatal wäre es, wenn es zur Entwicklung international tätiger heimatloser Banken käme, die durch eine supranationale Aufsicht überwacht würden, die aber im Insolvenzfall kein Risiko übernimmt. Dieses Risiko müsste dann zwischen den Mitgliedstaaten sozialisiert werden.

Also eine stärkere nationale Aufsicht. Ist die Integration der BaFin in die Bundesbank der richtige Weg?

Die Weichen werden so gestellt, dass die Deutsche Bundesbank allein für die Kontrolle von Banken, Versicherungen und den Wertpapierhandel zuständig sein soll. Sobald die Finanzaufsicht hoheitliche Aufgaben wahrnimmt wie die Zulassung und Schließung von Banken, muss sie ihr Tun der rechts- und fachaufsichtsrechtlichen Kontrolle der Regierung unterwerfen. Die Finanzaufsicht hat damit immer eine politische Dimension. Damit ist meines Erachtens die Unabhängigkeit der Bundesbank infrage gestellt. Deshalb bin ich eher für eine Trennlösung.

Welche Instrumente müsste die Aufsicht an der Hand haben, um künftig besser gewappnet zu sein?

Eine Finanzaufsicht kann fehlende Regulierung nicht ersetzen. Deshalb sind die Instrumente von großer Bedeutung. Künftig soll eine Risikoübernahme durch den Staat verhindert werden. Als mögliche Maßnahmen kommen hierfür die Erhöhung der Mindestkapitalanforderungen, die Erhebung einer Bankenabgabe zur Finanzierung eines Krisenfonds, die Anpassung des Insolvenzrechts und die Erleichterung einer geordneten Abwicklung infrage.

Die Erhöhung der Mindesteigenkapitalanforderungen soll ein Risikopuffer für zukünftige Krisensituationen darstellen?

Ja, aber die Nutzung dieses Puffers in Krisensituationen ist über fallende Kernkapitalquoten allen Marktteilnehmern transparent und führt für die betroffenen Institute zu einer Verschlechterung der Bonitätseinschätzung. Anders ist dies, wenn auf stille Reserven zurückgegriffen werden kann. Die Nutzung von stillen Reserven ist nach der IFRS-Bilanzierung jedoch kaum mehr möglich. Dies war in der HGB-Welt anders. Die IFRS-Bilanzierung hat in der Finanzmarktkrise als Brandbeschleuniger gewirkt. Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die nach wie vor nach HGB bilanzieren sind deshalb vergleichsweise gut durch die Krise gekommen. Es sollten deshalb auch in der IFRS-Welt Möglichkeiten geschaffen werden, Reserven für schwierige Unternehmenssituationen und Krisen zu legen.

Im Mittelpunkt der politischen Diskussion steht aber die Bankenabgabe, der Finanzstabilisierungsbeitrag und Finanzaktivitätensteuer. Wie ist Ihre Bewertung?

Während die "Bankenabgabe" einen Vorsorgefonds für zukünftige Bankinsolvenzen darstellt, sind der "Finanzstabilisierungsbeitrag" und die "Finanzaktivitätssteuer" rein fiskalpolitische Instrumente, um zusätzliche Steuereinnahmen losgelöst von der Finanzkrise zu generieren. Das Argument, damit die kurzfristige Spekulation unattraktiver zu machen und die systemischen Risiken von Finanzinstituten zu begrenzen, ist fadenscheinig. Der Staat will sich an Spekulationsgewinnen beteiligen und zusätzliche Steuereinnahmen erzielen, vergleichbar der Tabaksteuer, die ja auch keinen Einfluss auf das Raucherverhalten hat. Für die Kunden werden damit die Finanzdienstleistungen verteuert.

Banken sollen insolvent gehen können?

Ja, als Möglichkeit ist dies absolut erforderlich. Im Falle der Schieflage eines systemrelevanten Kreditinstituts müssen die Instrumente vorhanden sein, um in einem geordneten Verfahren die Restrukturierung und Abwicklung durchführen zu können. Hierzu ist ein eigenes Bankeninsolvenzrecht zu schaffen, das den Umbau und die Abwicklung ohne wesentliche Auswirkungen auf den Finanzmarkt ermöglicht.

Wie könnte dies im Einzelnen aussehen?

Die Abspaltung von zukunftsfähigen Unternehmensteilen auf eine "Good Bank", welche zunächst fortgeführt und später vermarktet wird, muss ebenso möglich sein, wie eine geordnete Abwicklung von problembehafteten und nicht zukunftsfähigen Unternehmensteilen in einer "Bad Bank". Für diese müssen erleichterte aufsichtsrechtliche Anforderungen gelten. Die Haftung der Gesellschafter und Gläubiger muss in jedem Fall gegeben sein. Die Weiterführung der "Good Bank" kann temporär durch staatliche Garantien sichergestellt werden. Sofern ein aus einer "Bankenabgabe" gespeister Vorsorgefonds besteht, kann dieser mit herangezogen werden, wenn die Leistungsfähigkeit der Gesellschafter und Gläubiger erschöpft ist. Als Plattform für die "Good und Bad Bank" bietet sich der SoFFin an.

Wie sehen Sie die Durchsetzungsmöglichkeiten der besprochenen Vorschläge auf internationaler Ebene?

Bisher ist für mich kein Gesamtkonzept für ein international koordiniertes Vorgehen sichtbar. Es gibt eine Reihe von Vorschlägen und Maßnahmen einzelner Länder, insbesondere Deutschlands und den USA, der Europäischen Kommission sowie europäischer und internationaler Institutionen. Das Ganze gleicht bisher noch mehr einem Flickenteppich als einem ausgeklügelten Masterplan. Es dürfte deshalb schwer werden eine gemeinsame Linie auf europäischer oder internationaler Ebene zu finden. Hinzu kommen standortpolitische Interessen einzelner Länder und die Verhinderungsstrategie einzelner Gruppen von Marktteilnehmern, die immer noch ein zu starkes Gewicht haben und international abgestimmte Lösungen erschweren bis verhindern.

Nationale Alleingänge werden ja von vielen Marktteilnehmern abgelehnt. Also gar keine Lösungsansätze?

Ich sehe dies anders. Es ist besser, isolierte nationale Regelungen zu haben als keine Regelung. Vor diesem Hintergrund ist das Vorgehen Deutschlands und der USA als zweitbeste Lösung zu unterstützen. Regulierungsmaßnahmen müssen schnell greifen, um den Märkten die notwendige Sicherheit zu geben. Die Verzögerung von Lösungen führt zu einer Verunsicherung und Destabilisierung der Märkte. Ein isoliertes Vorgehen sichert die Stabilität nationaler Finanzmärkte und übt einen Druck auf ein international koordiniertes Vorgehen aus.

Das Interview führte Sven Hirschler, freier Journalist.

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