Aufsätze

Redaktionsgespräch mit Michael Freytag / "Menschen müssen die Schufa in ihrem Alltag als nützlich erkennen können"

Herr Freytag, Sie führen die Schufa jetzt seit zwei Jahren: Wie haben Sie das Unternehmen vorgefunden und wie weit sind Sie auf dem Weg zu "Ihrer" Schufa?

Die Schufa ist ein sehr erfolgreiches Unternehmen im Informationsbusiness. Sie ist Deutschlands Marktführer insbesondere im B2C-Business mit Schwerpunkt Banken, Handel und Dienstleistung. Das Unternehmen ist über 85 Jahre mit der Wirtschaftsstruktur in Deutschland gewachsen und stellt mit seinen Bonitätsinformationen Vertrauen her. Ich habe ein Juwel mit viel Potenzial vorgefunden, das es verdient, in den Facetten noch feiner geschliffen zu werden. Daher gilt es, die Schufa fit für die Zukunft zu machen.

Wie gehen Sie das an?

Es ist gefährlich, wenn sich das Management erfolgreicher Unternehmen zufrieden zurücklehnt. Wir tun dies nicht. Die Schufa wird neu ausgerichtet mit einer auf zwei Grundpfeilern fußenden Strategie: Zum einen wird die traditionelle Produktpalette weiter ausgebaut und verfeinert. Daneben erhalten Innovationen einen immer größeren Stellenwert. Die Märkte, die die Schufa bedient, werden immer komplexer, schneller und sind in immer stärkerem Maße internetbasiert. Ein moderner Informationsdienstleister muss sich an den Kundenbedürfnissen orientieren. Deshalb wurde die neue Unternehmensstrategie beschlossen, um die Schufa in ihrer traditionellen Erfolgsschiene auszubauen und zugleich eine Innovationsschiene zu installieren. Dies bringt insbesondere die Produktentwicklung voran.

Die Schufa hat aktuell 7 000 Firmenkunden und 1,5 Millionen Privatkunden. In den letzten zwei Jahren verzeichnen wir einen Zuwachs im Privatkundenbereich von mehr als 50 Prozent. Die Konsumenten schätzen unsere Produkte, da sie auf ihre Bedürfnisse als Verbraucher zugeschnitten sind. Die Schufa ist also nicht nur "Schutzpatron der Unternehmen", sondern auch für den Verbraucher. Diese Ausrichtung muss klar kommuniziert werden.

Welche Produkte haben Sie denn für den Konsumenten schon entwickelt?

Es gibt beispielsweise die Unternehmens-Auskunft für "Häuslebauer", mit der über die am Bau beteiligten Unternehmen wie Bauträger oder Handwerker informiert wird. Das heißt, der private Bauherr bekommt auch Kenntnis über Zahlungsstörungen bei seinen potenziellen Lieferanten und Dienstleistern. Es ist für die Glaubwürdigkeit der Schufa wichtig, Produkte anzubieten, die den Menschen in einer konkreten Lebenssituation helfen.

Wie lange gibt es das schon?

Seit zwei Jahren.

Weitere Beispiele?

Unser neues Produkt "Identsafe". Das Internet gewinnt immer größere Bedeutung auch für private Konsumenten. Eine Umfrage hat gezeigt, dass sich 80 Prozent der Menschen unwohl fühlen, wenn persönliche Daten in einer Internetmaske abgefragt werden. Also hat die Schufa ein Produkt entwickelt, das helfen kann, Missbrauch im Internet aufzudecken. Seit einem halben Jahr gibt es nun Identsafe. Mittels der vom Kunden zur Verfügung gestellten Daten wie Ausweis-, Konto- oder Kreditkartennummer screenen und überprüfen wir weltweit alle öffentlich zugänglichen Internetapplikationen. Liegt kein Verdacht auf einen Missbrauch vor, erhält der Verbraucher einmal im Quartal einen Gesamtbericht. Kommen beim Internetscreening allerdings zwei Treffer zusammen, mit denen ein Missbrauch möglich ist, beispielsweise Name und Kontonummer im öffentlichen Netz, wird die Alarmfunktion ausgelöst: Der Verbraucher wird umgehend per SMS informiert, und es ist eine Hotline geschaltet, bei der Spezialisten rund um die Uhr den Kunden über das weitere Vorgehen beraten und Hilfestellung leisten.

Lohnt die neue Strategie denn auch?

2011 war das beste Geschäftsjahr in der Geschichte des Unternehmens, und die Zahlen für 2012 gestalten sich weiter positiv. Das ist erfreulich. Denn wenn Weichen neu gestellt werden, zählt am Ende neben der neuen Qualität des Unternehmens oder der Produkte immer auch die Wirtschaftlichkeit. Die Schufa ist eine Aktiengesellschaft mit 43 Aktionären, die einen Querschnitt der Wirtschaft abbilden. Unsere Eigentümer haben klare Vorstellungen über Qualität und Wirtschaftlichkeit ihrer Beteiligung.

Es ist erfreulich, dass die Kombination zwischen innovativer Produktgestaltung und gleichzeitig einer verbesserten Wirtschaftlichkeit gelingt. Besonders herausfordernd ist dies, wenn unsere Eigentümer zugleich auch unsere Kunden sind. Deswegen ist der Spielraum für ein Wachstum über Preiserhöhungen sehr eingeschränkt. Es besteht die Kunst darin, zu wachsen und unseren Kunden mit maßgeschneiderten Dienstleistungen im Alltag zur Seite zu stehen.

58 Prozent des Bruttoinlandsprodukts basiert auf privatem Konsum. Das entspricht einer Summe von 1,4 Billionen Euro pro Jahr oder rund vier Milliarden Euro am Tag. Für den mit Krediten finanzierten Teil dieses Konsums ist das von der Schufa angebotene Spektrum zuverlässiger Bonitätsinformationen von grundlegender Bedeutung.

Das heißt, die Schufa ist durchaus nützlich für die volkswirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik?

Ich denke, dass wir unseren Beitrag leisten. Wir haben Informationen über 66,2 Millionen natürliche Personen und über 3,9 Millionen Unternehmen. Besonders die mittleren und kleinen Unternehmen, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden, sind in unseren Dateien abgebildet. Im B2C-Bereich ist die Schufa bereits Marktführer, im B2B-Bereich wollen wir unsere Marktanteile deutlich ausweiten.

All das klingt nach einem klaren Selbstverständnis der Schufa und einem durchaus positivem Selbstbildnis. Warum passt das mit dem Image der Schufa in der Öffentlichkeit nicht zusammen?

Viele Menschen halten die Schufa fälschlicherweise für Kreditverhinderer und glauben, es würden nur Personen mit Zahlungsstörungen gespeichert. Genau das Gegenteil ist der Fall: Von den 66,2 Millionen natürlichen Personen haben 91,2 Prozent nur positive Daten, und diese positiven Daten geben wir permanent an die Banken und Händler weiter: Wir haben am Tag 275 000 Anfragen aus der Wirtschaft. Die Schufa ist also in den allermeisten Fällen Kreditermöglicher und nicht Kreditverhinderer. Dies muss unser Unternehmen aktiv in die Öffentlichkeit tragen. Eine wichtige Rolle hat unser Verbraucherbeirat, dem Wissenschaftler, Politiker, Journalisten, Verbandsvertreter und Schuldnerberatungsorganisationen angehören. Hier werden Informationen ausgetauscht und das Unternehmen kritisch reflektiert. Dies erfolgt auch durch den Ombudsmann der Schufa, Professor Winfried Hassemer, früherer Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichtes. Er hat in seinem ersten Jahresbericht zwölf Fehler der Schufa festgestellt, die allesamt umgehend beseitigt wurden. Bei 103 Millionen Vorgängen im Jahr sind zwölf Mängel durchaus eine gute Quote.

Was können Sie zur Imageverbesserung noch besser machen?

Wir kommunizieren intensiv unsere Rolle als Schutzpatron für Wirtschaft und Verbraucher, der überwiegend positive Daten gespeichert hat. Dafür wurde auch die Werbung geändert, die früher sehr kopfgesteuert war und nun auch emotional anspricht. Menschen müssen die Schufa in ihrem Alltag als nützlich erkennen können. Das soll in der neuen Kampagne gezeigt werden, beispielsweise für das Mieten einer Wohnung oder den Autokauf per Finanzierung. Daneben spielen aber auch die erwähnten neuen Produkte für den privaten Konsumenten eine wichtige Rolle. Denn diese machen die Schufa im Alltag erlebbarer.

Auch spielt der Datenschutz eine sehr große und zu Recht sehr wichtige Rolle. Wir haben daher die Kommunikation mit allen 17 Datenschutzbeauftragten in Bund und Ländern intensiviert.

Haben Sie mal analysieren lassen, wie viel Geschäft, wie viel Kredit es ohne die Schufa nicht gäbe?

Wenn es unsere Bonitätsinformation nicht gäbe, wären Unternehmen und Verbraucher praktisch im Blindflug unterwegs. Das kann ich mir nicht vorstellen.

Sie behaupten also, fast jeder nutzt die Angebote der Schufa im täglichen Geschäft, der eine etwas mehr, der andere etwas weniger?

Im B2C-Bereich der Verbraucherinformation hat die Schufa die Marktführerschaft, weil kein anderes Unternehmen so umfassende Bonitätsinformationen hat wie sie. Da die Daten nicht nur negative Informationen enthalten, die auch aus öffent lichen Registern stammen, sondern darüber hinaus unterschiedliche Grade von Positivverhalten berücksichtigen, kann die Schufa sehr zielgenau berichten. Wie bekommt man diese Datenvielfalt? Über das Reziprozitätsprinzip, das heißt, jeder der Daten bezieht, muss sich verpflichten, auch seine Daten einzugeben. Die Verbraucher stimmen über die Schufa-Klausel zu.

Die Wirtschaft könnte ohne diese Bonitätsinformation nicht florieren. Das Risiko bei Kreditgeschäften oder Kauf auf Rechnung wäre enorm hoch.

Wer sind die Wettbewerber hierzulande und wie groß ist der Vorsprung der Schufa?

Zum Beispiel Creditreform oder Arvato Infoscore. Im internationalen Bereich sind Equifax und Experian große Player. Um im Markt zu bestehen, muss jeder Anbieter stetig schneller und besser werden, denn die Zyklen für die Kundenbedürfnisse und die Entwicklung neuer Produkte werden immer kürzer.

Was waren die Gründe für das Rekordjahr 2011? Profitiert die Schufa von den Vertrauensverlusten oder lag es an der Neuausrichtung?

Die Schufa reflektiert die gesamtwirtschaftliche Situation in Deutschland. Diese war in 2011 und ist auch aktuell sehr positiv. Der private Konsum ist stark in Deutschland. Es gibt eine relativ niedrige Arbeitslosenquote. Die wirtschaftliche Entwicklung ist stabil. Das sind gute Rahmenbedingungen. Wirtschaftliche Sicherheit heißt mehr Konsum, heißt auch mehr Kredit, das heißt auch mehr Geschäft und damit mehr Umsatz für die Schufa.

Die gesamtwirtschaftliche Situation ist für die Schufa also wichtiger als eine Vertrauenskrise bei den Banken?

Banken und Handel gehören zu unseren Hauptkunden. Deren Konsumentenkreditgeschäft verläuft erfolgreich. Aber nicht nur dort. Die Schufa ist beispielsweise Marktführer im Telekommunikationsbereich oder bei gewerblichen Wohnungsunternehmen. Auch Versicherungen greifen auf unsere Informationen zurück. Wir haben mehrere Eckpfeiler, was sich positiv auf unsere Stabilität auswirkt.

Zurück zum Gewinn 2011: Was waren die Gewinntreiber?

Umsatzsteigerungen verzeichneten nicht nur die etablierten Produkte, sondern auch die neu erschlossenen Geschäftsfelder. Der Privatkundenbereich, den es früher noch gar nicht gab, erbringt inzwischen mehr als zehn Prozent des Umsatzes. Insgesamt ist das EBIT-Wachstum erfreulich und der Cash-Flow ebenfalls sehr gut. Alle Investitionen werden inzwischen aus dem Cash-Flow und damit aus eigenen Mitteln getätigt.

Wie verlässlich sind die Daten der Schufa?

In den letzten zehn Jahren nahmen die Verbraucherkredite um 50 Prozent zu. Die Rückzahlungsquote ist aber gleichbleibend hoch geblieben. 97,5 Prozent aller Kredite werden reibungslos zurückbezahlt. Das belegt zum einen ein funktionierendes Risikomanagement der Banken und der Händler. Es bedeutet aber auch, dass die Daten der Schufa richtig und verlässlich sind, denn die Scores sind oft Basis für einen Geschäftsabschluss.

Wie entwickeln Sie die Scores ständig weiter?

Scores sind eines unserer Kernprodukte. Sie geben eine Indikation, wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer Rückzahlung ist. Ohne dieses Score-Verfahren könnte man zum Beispiel den schnellen Handel im Internet gar nicht bewerkstelligen. Die Scores werden permanent verfeinert, da über das Reziprozitätsprinzip neue Daten hereinkommen.

Die Bandbreite an Unternehmen, die die Schufa mit Daten versorgen, nimmt zu. Aktuell verfügt die Schufa über mehr als 614 Millionen Daten, die eine sehr zuverlässige Hochrechnung garantieren. In der Qualität und Quantität hat die Schufa ein Alleinstellungsmerkmal. Davon profitieren sowohl Unternehmen als auch Verbraucher.

Wie erfolgen die Verarbeitung der Unmengen Daten und die Kundenbetreuung?

Die Schufa hat sechs Standorte mit 750 Mitarbeitern. Früher war die Schufa, die 2000 zu einer Holding AG verschmolzen wurde, noch an über 20 Standorten präsent und hatte wesentlich mehr Mitarbeiter. Im Rahmen der fortschreitenden Technisierung erfolgt die Dateneingabe über technische Applikationen inzwischen weitestgehend automatisiert und nicht mehr manuell.

Darüber hinaus wurden Kompetenzcenter gebildet. In Köln beispielsweise gibt es das Call-Center, das pro Jahr rund eine Million Anrufe entgegennimmt, Auskunft gibt und auch Produkte verkauft. Daneben gibt es ein Kompetenzcenter in Hannover für den gesamten Schriftverkehr mit den Kunden. In Bochum ist das technische Zentrum, und in Berlin und München gibt es noch zwei Datenzentren. Den IT-Dienstleister in Mainz haben wir gerade in unser Unternehmen integriert. Das ist jetzt die sehr konzentrierte Schufa-Welt.

Was sind die Anforderungen an die Mitarbeiter?

Insbesondere im Bereich IT ist der Anteil der Akademiker sehr hoch, vor allem Mathematiker und Informatiker. Das liegt daran, dass zum einen die eigene Unternehmens-IT dargestellt werden muss, zum anderen aber permanent an den Schnittstellen unserer Partner gearbeitet wird. Darüber hinaus kooperieren wir mit externen Unternehmen, um die IT stets auf dem neuesten Stand zu halten. Dies ist sicherlich auch künftig das größte Investitionsfeld.

Wie viel müssen Sie von dem, was hier in den speziellen Bereichen passiert, selber verstehen?

Der Vorstandsvorsitzende muss die Gesamtzusammenhänge verstehen, muss vor allem die Kundenanforderungen und Kundeninteressen kennen. Daher bin ich bei vielen Kundengesprächen und Akquisitionen persönlich dabei. Die Kunden sind im Fokus, denn sie müssen wir mit unseren Produkten und Dienstleistungen überzeugen. Daher haben wir Workshops mit Kunden aufgesetzt, in denen unsere Geschäftspartner ihre Wünsche und Anforderungen schildern können. Daraus entwickeln wir dann neue Produkte.

Besteht nicht die Gefahr, dass man sich verzettelt, wenn man die Kunden nach ihren gewünschten Produkten befragt?

Die Kernprodukte der Schufa haben einen sehr breit gefassten Nutzerkreis. Alle Produkte, die darüber hinaus entwickelt werden können, haben immer einen Nutzen für einzelne Unternehmen oder auch eine ganze Branche. Bonitätsdaten sind ein filigranes Gut und entfalten dann ihre Wirkung, wenn sich alle involvierten Unternehmen auch mit der Bereitstellung von Informationen daran beteiligen. Nur so entsteht ein nachhaltiger Gesamtnutzen.

Gibt es im Call-Center auch ein Beschwerdemanagement, das ausgewertet wird?

Natürlich, das ist enorm wichtig. Alle Anfragen werden genau erfasst und ausgewertet. Die Anfragen werden schnell und genau beantwortet. Für uns ist das Call-Center ein echtes Qualitätssicherungsinstrument.

Die telefonischen Anfragen transportieren weniger Beschwerden als vielmehr Fragen zur Schufa selbst oder zu Produkten.

Das telefonische Servicecenter ist in drei Stufen eingeteilt: Stufe 1, also etwa die Basisanfragen, wird direkt im Call-Center beantwortet. Schwierige Fragestellungen, wie beispielsweise detaillierte Fragen zum Scoring, werden zu den Spezialisten in Stufe 2 oder 3 weitergeleitet.

Die gesetzliche Regelung zur kostenlosen Selbstauskunft für Privatpersonen hat für einige Diskussionen gesorgt. Zu Recht? Wird davon wirklich rege Gebrauch gemacht?

Ja, viele Bürger nutzen diesen Service, um sich über ihren Stand bei der Schufa zu erkundigen. Seit ihrer Einführung wurde 1,5-Millionen Mal eine kostenlose Selbstauskunft erteilt. Verbraucher haben ein zunehmendes Interesse an ihren eigenen Daten, und das ist gut so.

Deswegen hat die Schufa Produkte entwickelt, die für die Verbraucher absolute Transparenz ermöglichen. So gibt es beispielsweise den Update-Service, der Verbraucher umgehend per SMS informiert, sobald sich deren Datenbestand bei uns ändert. Dieser Service kostet zehn Euro im Jahr, und innerhalb kurzer Zeit konnten wir 350 000 Kunden gewinnen. Damit kann auch Missbrauch vorgebeugt werden, denn der Kunde kann umgehend feststellen, ob er überhaupt einen geschäftlichen Kontakt zu dem im Datensatz übermittelten Unternehmen hatte.

Welche Rolle spielt das internationale Geschäft noch bei der Neuausrichtung der Schufa?

Der Fokus liegt ganz klar auf dem Heimatmarkt. Nichtsdestotrotz ist die Schufa auch in der Lage, die Bedürfnisse der Kunden im internationalen Geschäft zu befriedigen. So wurde beispielsweise über das Netzwerk mit internationalen Kooperationspartnern ein Data-Exchange-Programm aufgelegt, mit dem wir in der Lage sind, unseren Kunden jederzeit Informationen über deren Geschäftspartner aus anderen Ländern zur Verfügung zu stellen.

Gibt es im Gesellschafterkreis eigentlich mitunter Spannungen? Schließlich sitzen dort Banken und Unternehmen, die im Alltag Wettbewerber sind.

Die Vielfalt des Aktionärskreises ist unsere Stärke, da gibt es keine Spannungen. Die Gesellschafter sind hochprofessionell und schätzen die Schufa für ihr eigenes Business. Im Vordergrund steht stets das Interesse an der Weiterentwicklung des Unternehmens. Und dafür ist die Konstellation mit vielen relevanten Marktteilnehmern wichtig, denn aus dem Gesellschafterkreis kommt sehr viel Input.

Zählt die Gewinnerzielung zum Selbstverständnis der Schufa als AG?

An erster Stelle steht die hervorragende Produktqualität. Das ist der Erfolgsgarant für unser Unternehmen. Diese Grundausrichtung schließt wirtschaftlichen Erfolg ausdrücklich ein. Dieser ist wichtig. Zum einen werden wie erwähnt Investitionen aus dem Cash-Flow finanziert. Zum anderen haben natürlich auch unsere Eigentümer klare Maßstäbe, warum sie an einem Unternehmen beteiligt sind. Ohne wirtschaftlichen Erfolg geht es nicht und deswegen ist das Streben nach Wirtschaftlichkeit in unseren Köpfen präsent.

Wie ist Ihr Verhältnis zur Politik und zu Verbraucherschützern?

Sehr sachlich und professionell. Die Schufa ist in einem sensiblen Umfeld tätig, in dem Gesetzgebung eine große Rolle spielt. Dies erfordert immer wieder intensive Kommunikation, auch über unseren Verbraucherbeirat. Die Schufa ist kein x-beliebiges Unternehmen, sondern spielt für Konsumenten ebenso wie für Unternehmen eine bedeutende Rolle. Dessen sind wir uns bewusst.

Gibt es Gesetze oder Regulierungsbestrebungen die Schufa betreffend, die Sie für überzogen halten?

Nein, jedes Unternehmen, das am Wirtschaftsalltag teilnimmt, muss mit den Rahmenbedingungen in seinem jeweiligen Umfeld zurechtkommen. Ich bin überzeugt, dass höchste Vorsicht beim Datenschutz absolut richtig ist. Erst recht vor dem Hintergrund der Vernetzung der Welt über das Internet. Der Dialog zwischen allen Betroffenen und uns ist ausgesprochen konstruktiv.

Nun gab es aber doch sehr große Aufregung über ein mögliches Engagement der Schufa in sozialen Medien - wie bewerten Sie diesen Vorgang, haben Sie die Aufregung rund um dieses Thema verstanden?

Die Ambivalenz der öffentlichen Wahrnehmung an dieser Stelle ist erstaunlich. Es ist ein Faktum, dass persönliche Daten frei und öffentlich zugänglich in sozialen Netzwerken kursieren und dass diese auch bereits von vielen Unternehmen genutzt werden. Unser Ansatz war, die Nutzungsmöglichkeiten dieser öffentlich zugänglichen Daten von einem unabhängigen wissenschaftlichen Institut untersuchen zu lassen und die Ergebnisse zu veröffentlichen. Wir wollten zeigen, dass dieses Thema eine hohe gesellschaftspolitische Relevanz hat. Dem Verbraucher ist oft gar nicht bewusst, wie viele Informationen über ihn im Netz kreisen.

Wir brauchen diese Daten nicht, denn wir haben über unsere Vertragspartner bereits die besten Originalquellen. Leider werden mit dem Namen Schufa unberechtigterweise immer noch Ängste geschürt. Deswegen ist die Transparenz unserer Arbeit und unserer Produkte so immens wichtig. Es ist bedauerlich, dass ein sinnvolles Forschungsprojekt mit hohem Informationsgehalt abgeblockt wurde.

Aber warum versteht gerade die Politik Ihren Ansatz nicht beziehungsweise verkehrt ihn ins Gegenteil -denn die müssten doch um die Brisanz dieser Fragestellung wissen?

Der auf Missverständnissen aufgebaute mediale Hype dauerte nur kurz, inzwischen ist die Erörterung der Thematik sehr viel sachlicher geworden. Insbesondere wird erkannt, dass nicht eine deutsche Auskunftei fokussiert werden sollte, sondern die internationalen Datengiganten und der oft allzu sorglose Umgang vieler Menschen bei der Eingabe ihrer Daten in das Netz.

Das heißt aber auch, Sie bleiben an diesem Thema dran?

Zum einen hat die Thematik sehr hohe gesellschaftspolitische Relevanz. Für die Schufa ist es aber auch unter Wettbewerbsgesichtspunkten sehr wichtig zu wissen, welche Daten aus diesen Netzwerken von anderen Unternehmen wie genutzt werden können. Sind die vorhandenen Daten so bündelbar, dass daraus eine Konkurrenz zu uns entsteht? Nicht umsonst hat der Bundesdatenschutzbeauftragte in der Presse explizit darauf hingewiesen, dass Google der Schufa Konkurrenz machen könnte. Die Schufa ist ein Wirtschaftsunternehmen, und allein schon deswegen müssen wir uns mit diesen Fragestellungen beschäftigen.

Noch einmal zurück zu Ihnen: Promovierter Jurist, Erfahrungen in der Politik, Erfahrungen in der Bank -sind das Bausteine, die ein Schufa-Chef aufgrund der Anforderungen heute mitbringen muss?

Ich fühle mich hier ausgesprochen wohl, es ist die beste berufliche Position, die ich bislang hatte. Die Summe meiner Lebenserfahrungen kann ich an dieser Stelle sehr gut einbringen. Der Wechsel von der Wirtschaft in ein Regierungsamt und wieder zurück von der Politik in die Wirtschaft ist in Deutschland leider nicht die Regel. Ein solcher Austausch sollte viel öfter praktiziert werden, denn er hilft dem Verständnis auf beiden Seiten und befördert lösungsorientierte Ergebnisse.

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