Blickpunkte

Social Media - Böse Schufa?

Eigentlich hatte die Schufa mit dem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH der Universität Potsdam langfristig die Qualitätsführerschaft unter den Auskunfteien in Deutschland sichern wollen. Gemeinsam wollte man Daten aus dem Web analysieren und erforschen.

Dabei sollte es zum einen um Technologien zur Gewinnung von Daten gehen, zum anderen aber auch um die Validierung dieser Informationen. So hätten Mythen und Vermutungen rund um die Informationsquelle Internet auf den wissenschaftlichen Prüfstand gestellt werden können. Um den "großen Lauschangriff", den Politiker und Massenmedien unter stellten, ging es gar nicht.

Doch die Zusammenarbeit hatte nicht lange Bestand. Am 4. Juni bekannt gegeben, wurde sie am 8. Juni bereits wieder gekündigt - von beiden Seiten begründet mit den Missverständnissen in der Öffentlichkeit und den darauf aufbauenden Reaktionen, aufgrund derer das wissenschaftliche Projekt nicht unbelastet und mit der nötigen Ruhe durchgeführt werden könne.

Mit einer öffentlichen Debatte um die Verwendung von Daten, die Verbraucher massenweise freiwillig ins Netz stellen, hatte man durchaus gerechnet, ließ die Schufa wissen - allerdings erst nach Vorliegen der Forschungsergebnisse.

Dass die Öffentlichkeit und nicht zuletzt die Politik sich so früh ereiferte und damit das Projekt zum Scheitern brachte, zeigt, dass die langjährigen Bemühungen der Schufa um eine Verbesserung ihres Images wohl doch nicht ganz so erfolgreich waren, wie man gerne glauben möchte.

Nach wie vor wird der "Kreditermöglicher", als der sich das Unternehmen gern positionieren möchte, von weiten Teilen der Gesellschaft immer noch als "Schnüffler" oder "Datenkrake" wahrgenommen, der Verbraucher wenig transparent mit Etiketten als mehr oder weniger bonitätsstark oder vertrauenswürdig auszeichnet und damit Geschäftsentscheidungen von Unternehmen im Umgang mit diesen Kunden beeinflusst. Die Einlassungen von Politikern aller Couleur zu dem Vorhaben sind in diesem Sinne vermutlich nicht zuletzt einer guten Portion Populismus geschuldet.

Dass das auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt nun also gestoppt wurde, noch ehe es richtig begann, ist gleichwohl zu bedauern. Denn eines ist gewiss: Die Daten, die Millionen von Menschen in sozialen Netzwerken preisgeben, liegen im Internet vor. Und es wäre naiv anzunehmen, dass Unternehmen nicht versuchen würden, diese Informationen in der einen oder anderen Weise (missbräuchlich) zu nutzen. Entsprechende Technologien sind bereits verfügbar.

Der Debatte zu den Chancen und Risiken des Umgangs mit öffentlichen Daten wird sich die Gesellschaft stellen müssen, wie der Schufa-Vorstandsvorsitzende Michael Freytag zu Recht konstatiert. Die Schufa und eine wissenschaftliche Einrichtung wie das Hasso-Plattner-Institut wären sicher vertrauenswürdige Partner gewesen, sich diesem Thema behutsam zu nähern - zunächst einmal ergebnisoffen, was die tatsächliche Verwendung solcher Informationen angeht. Andere Akteure werden hier vielleicht weniger sorgfältig handeln. Auch aus anderen Gebieten der Forschung ist schließlich bekannt, dass es weniger seriöse Player sind, die sich Schwerpunkten zuwenden, die man den seriösen versagt.

Dass die Schufa sich nicht sang - und klanglos zurückzieht, sondern die Debatte auch weiterhin konstruktiv begleiten will und den Aufbau einer Dialogplattform mit Politikern, Verbraucher- und Datenschützern sowie Vertretern von Wissenschaft und Wirtschaft anregt, spricht sicher für die Seriosität des Unternehmens.

Vielleicht wäre es geschickter gewesen, das Projekt von vornherein entsprechend breit anzulegen, statt dem rein wissenschaftlichen Ansatz den Vorzug zu geben und erst die Ergebnisse zur Diskussion stellen zu wollen. Die öffentliche Aufregung um die Ankündigung des Projekts nicht vorausgesehen zu haben, ist aber wohl das einzige, was man der Schufa in dieser Angelegenheit vorwerfen kann. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X