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Social Media - spannend, aber schwierig bank und technik

Ähnlich wie das Internet werden auch soziale Netzwerke inzwischen wie selbstverständlich von Vielen privat wie auch geschäftlich genutzt. In Deutschland gibt es rund 53 Millionen Internetuser, das entspricht etwa 76 Prozent der über 14-Jährigen. Und knapp die Hälfte davon, etwa 24 Millionen Menschen, ist auch in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Xing aktiv. Dieses enorme Wertschöpfungspotenzial wird von Unternehmen allerdings längst noch nicht ausgeschöpft.

Zu viel Marketing, zu wenig offener Dialog

Zwar ist die allgemeine Akzeptanz der sozialen Medien dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. zufolge gestiegen: Rund 85 Prozent der deutschen Unternehmen beschäftigen sich mit diesem Thema, 15 Prozent mehr als im Vorjahr, und 32 Prozent betreiben sogar eine eigene Seite auf Facebook. Allerdings beschränkt sich der Einsatz größtenteils auf die Felder der externen Kommunikation, also PR und Marketing. Mit dem entscheidenden nächsten Schritt, der Implementierung im Kundenservice, in der Produktentwicklung oder in der internen Kommunikation tun sich die Häuser allerdings noch schwer.

Düster sieht es gerade bei den Finanzdienstleistern aus: Nur 16 Prozent der europäischen Banken begreifen Social-Media-Informationen als einen wichtigen Treiber für ihr Geschäft. Das ist das Ergebnis der Studie "Why and how should you stop being an organization that manages data and become a data management organization?" des Beratungsunternehmens Capco. Und nur 41 Prozent der befragten Häuser nutzen soziale Netzwerke zur Analyse ihrer Kunden. 43 Prozent geben zwar an, grundsätzlich Daten erheben zu können, wissen aber gleichzeitig nicht über eine nutzbringende Verwendung der gewonnen Informationen Bescheid.

Die bisherigen Aktivitäten der Banken in sozialen Medien beschränken sich vor allem auf die Selbstdarstellung und vernachlässigen den offenen Dialog mit den Kunden, ebenso wie die systematische Einbindung der gewonnenen Informationen in die Kundenbeziehungsmanagementprozesse (CRM-Prozesse) oder die Produktentwicklung.

Das ist insofern überraschend, da die von Capco befragten IT-Entscheider in Banken den Hauptvorteil von Social-Media-Daten in der Minimierung von Risiken und in möglichen Innovationsimpulsen sehen. Dies nennen jeweils rund 28 Prozent, noch vor der Steigerung des operativen Gewinns mit 24 Prozent sowie der Senkung der Kosten mit 23 Prozent.

Risikominimierung und Innovationen

Beispielsweise könnten versteckte Kosten in Form ineffizienter Kampagnen vermieden oder die Kosten bei der Produktentwicklung reduziert werden. Chancen eröffneten sich darüber hinaus in der Produktgestaltung, da Kunden mittels sozialer Netzwerke direkt in die Produktentwicklung einbezogen werden könnten.

Auch die Studie "Impact of Social Media on the Financial Services Sector", welche vom internationalen IT Anbieter GFT in Zusammenarbeit mit Experten der IESE Business School in Barcelona erstellt wurde, fordert ein Umdenken der Bankenbranche in Bezug auf Social Media. Der gezielte Einsatz von "Social Marketing" könne das Kaufverhalten beeinflussen, die Ansprache von Kunden erleichtern, deren Produktkauf längere Zeit zurückliegt sowie die Chancen zur Neukundengewinnung erhöhen.

Mit Social Media das Kaufverhalten beeinflussen

Der Aufbau eines "Social Customer Relationship Management", also die Einbindung der sozialen Netzwerke in bestehende Unternehmensprozesse, erhöht der Studie zufolge die Kundenbindung, indem ein kontinuierlicher Kontakt stattfindet und durch die intelligente Erfassung und Auswertung der Kundendaten (Big Data) gezielt Produkte und Services konzipiert werden können.

Wie ist die Zurückhaltung der Finanzbranche zu begründen? Zum einen natürlich mit den aktuell noch mageren Ertragspers pektiven, denn tatsächlicher Verkauf findet über soziale Netzwerke noch nicht statt, und der Erfolg von Facebook-Kampagnen für den Vertrieb ist schwer zu messen.

Datenschutzfrage nach wie vor ungeklärt

Zweitens spielt der Datenschutz eine wichtige Rolle. Noch ist unsicher, wie die Auswertung von öffentlich zugänglichen und freiwillig veröffentlichten Daten der Konsumenten datenschutzrechtlich zu behandeln ist. Und der allzu heftige Aufschrei von Daten- und Verbraucherschützern ebenso wie von Politikern aller Coleur auf das Vorhaben der Schufa, gemeinsam mit dem Hasso-Plattner-Institut wissenschaftlich zu untersuchen, inwieweit sich aus den Informationen auf Facebook Rückschlüsse für Unternehmen hinsichtlich der Kreditwürdigkeit des Kunden ableiten lassen, ist sicher kein ermutigendes Beispiel für die Banken.

Einbindung des Kundenberaters ist entscheidend für den Erfolg

Und drittens scheitern die Institute oft schon mit der Einbindung der Social-Media-Kanäle in ihre Aufbauorganisation und die Kommunikationsstrategie. Nur selten ist laut den Experten der LMU München geklärt, wer auf Anfragen über soziale Netzwerke reagieren darf. Natürlich sollte dies der zuständige Kundenberater sein, doch fehlt häufig die Anbindung des Mitarbeiters an die sozialen Netzwerke beziehungsweise an die daraus gewonnenen Informationen. Klare Social Media Guidelines können Unsicherheit mindern und Missverständnissen vorbeugen.

Letztendlich gibt es für die Banken noch kein vorgefertigtes Patentrezept, wie sie mit Social Media umgehen sollen. Vor allem aufgrund der Veränderungen im Kundenverhalten und des immer stärkeren Wettbewerbs sind die Institute gefordert, sich schnell mit den Potenzialen von Social Media auseinanderzusetzen und eigene Strategien zu entwickeln. Business Intelligence durch Social Media kann nicht nur ein Lernen von den Kunden, sondern auch von Wettbewerbern bedeuten. Red.

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