Währungen

Der Renminbi Yuan - und er bewegt sich doch!

Dietmar K.R.Klein, Bundesbankdirektor a.D., Frankfurt am Main,
schreibt der Redaktion: "An den Devisenmärkten der Welt wird
vielerorts weiterhin interveniert. Die Folge sind wachsende globale
Ungleichgewichte und ein stürmisches Wachstum der internationalen
Währungsreserven.
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Einige offizielle Vertreter der USA, eines Landes mit einem jährlichen
Leistungsbilanzdefizit von etwa 810 Milliarden US-Dollar oder 6,5
Prozent des BIP (2005), tun es verbal in der Hoffnung, dass die
Gläubigerländer - allen voran die Volksrepublik China - zwar weiterhin
überschüssige Dollarbeträge aufkaufen, jedoch gleichzeitig ihre
Währungen gegenüber der Weltreservewährung kräftig aufwerten.
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Andere Kreise in den USA, vor allem mehr protektionistisch
eingestimmte im US-Kongress, sind darüber hinaus fleißig dabei, den
Gläubigerländern zur Unterstützung ihrer Argumente diverse
Marterinstrumente vorzuführen: wie etwa die angestrebte Erhebung eines
27,5-prozentigen Einfuhrzolls auf alle chinesischen Waren, eine
schärfere Überwachung der geltenden WTO-Regelungen, die mögliche
Einstufung Chinas als Wechselkursmanipulator durch die US-Treasury
oder der Entzug verschiedener Privilegien bei Ländern mit fundamental
fehlbewerteten Währungen. Allerdings haben der US-Finanzminister und
der US-Notenbankgouverneur das jüngste Statement der G7 in Washington
mitunterschrieben, worin den USA nahe gelegt wird, im Zuge einer
globalen Anpassung als eine "shared responsibility" die nationale
Sparquote durch eine fortgesetzte fiskalische Konsolidierung und eine
höhere private Sparquote anzuheben.
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In dem Statement vom 21. April werden bei der Verteilung der
Hausaufgaben durchaus alle global wichtigen Ländergruppen
angesprochen. Als kritisch für den Erfolg des multilateralen
Anpassungsprozesses werden jedoch Maßnahmen in den asiatischen
Überschussländern mit Schwerpunkt China bezeichnet. An erster Stelle
des Forderungskatalogs steht dabei eine höhere Flexibilität der
Wechselkurse - natürlich in Richtung Aufwertung -, gefolgt von der
Stärkung der inländischen (Konsum-)Nachfrage, eine geringere
Abhängigkeit von exportorientierten Wachstumsstrategien und eine
Stärkung der Finanzsektoren.
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Die Vertreter des Reiches der Mitte verweisen darauf, dass ihr
direkter Anteil am US-Handels- und Leistungsbilanzdefizit kaum höher
als ein Zehntel ist. Die Amerikaner können jedoch kontern, dass unter
Einbeziehung des rasch wachsenden innerasiatischen Veredelungshandels
mit Festland-China, das heißt der Herausbildung einer innerasiatischen
Produktions- und Versorgungskette unter führender Beteiligung
nicht-festlandchinesischer Firmen (asiatischer wie westlicher), das
bilaterale US-Handelsbilanzdefizit mit Fest-land-China im Jahr 2005
immerhin auf 200 Milliarden US-Dollar oder rund ein Viertel des
gesamten Handelsbilanzdefizits von 800 Milliarden US-Dollar
angestiegen ist. Auch die BIZ berücksichtigt neuerdings bei der
Gewichtung der Handelsanteile für die Berechnung effektiver
Wechselkurse den indirekten Handel, den Fest-land-China über die SVR
Hongkong mit der übrigen Welt treibt. Wie dem auch sei, unabhängig von
dem kaum lösbaren Problem einer sinnvollen bilateralen Zuordnung
chinesischer Überschüsse zu einzelnen Defizitländern, muss sich
Festland-China selber mit dem Problem seines schnell wachsenden
Leistungsbilanzüberschusses auseinander setzen (in 2004 rund 70
Milliarden US-Dollar oder 4 Prozent des BIP). Hinzu kommt, dass
Festland-China seit Jahr und Tag ein führender Empfänger ausländischer
Direkt- und Portfolioinvestitionen ist (in 2004 netto 111 Milliarden
US-Dollar, darunter 55 Millarden US-Dollar Direktinvestitionen). Ende
2005 erreichten jedenfalls die chinesischen Währungsreserven bereits
die Höhe von 945 Milliarden US-Dollar (ohne SVR Hongkong: 821
Millarden US-Dollar). Im laufenden Jahr dürfte die Marke von 1 000
Milliarden US-Dollar nachhaltig überschritten werden. Sie wären damit
dreimal höher als die der Eurozone.
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Der politische Druck von außen, die erneut einsetzende Schwächetendenz
des US-Dollar gegenüber Euro und Yen seit Beginn des Jahres, zunehmend
aber auch binnenpolitisch motivierte Kosten-Nut-zen-Erwägungen haben
in den letzten Monaten die Aufwertung des Renminbi Yuan gegenüber dem
US-Dollar beschleunigt. Nach dem Einmalschritt am 21. Juli 2005 um 2,1
Prozent hatte die chinesische Währung im zweiten Halbjahr 2005 in
einem kontrollierten Floating mit unverbindlicher Referenz zu einem
nicht näher bekannten Währungskorb zunächst nur eine
Aufwertungsgeschwindigkeit von etwa 1 Prozent p.a.gegenüber dem
US-Dollar zugelassen. Nach IWF-Berechnungen erhöhte sich dagegen der
nominale effektive Wechselkurs vom zweiten Quartal bis zum November
2005 sogar um etwa 7 Prozent, da die Nichtdollarwährungen eine
Schwächephase durchliefen. Von Januar bis Mai 2006 erhöhte sich die
Geschwindigkeit der Aufwertung gegenüber dem US-Dollar auf etwa 3
Prozent p.a.in Reaktion auf die erneute Stärke der
Nichtdollar-Währungen.
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Kurzfristige Dollarneuanlagen erbringen seit kurzem zwar eine Rendite
von gut 5 Prozent p.a.. Bei Dollaraltanlagen dürften jedoch die Kurs-
und Währungsverluste die Zinseinnahmen aus den Dollaranlagen erheblich
übersteigen.
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Binnenpolitisch erhöht sich der Anpassungsdruck in der Wirtschaft
durch den graduellen Wegfall künstlicher Schutzräume und einen
erhöhten Wettbewerb. Gleichwohl hält sich der erweiterte Spielraum für
eine mehr marktwirtschaftlich orientierte Zinspolitik in engen
Grenzen, da der gradualistische Ansatz der Wechselkurspolitik, das
immer noch beträchtliche Volumen fauler Kredite staatlicher
Finanzinstitute als auch die strukturell hohe Arbeitslosenquote im
Agrarsektor dagegen sprechen.
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Zurzeit sorgt ein inflatorischer Investitionsboom dafür, dass die
volkswirtschaftliche Wachstumsrate mit 10 Prozent p.a.weiterhin über
den indikativen Plandaten liegt. In den führenden Industriezentren in
den östlichen und südlichen Küstenzonen bewegen sich die jährlichen
Wachstumsraten sogar um 20 bis 25 Prozent, während die sozial
motivierten Ausgleichsmaßnahmen der Zentralregierung in den
zurückgebliebenen ländlichen Gebieten im Innern des Landes nur langsam
greifen."

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