Gespräch des Tages

Spanien - Zusatzabgabe für hochverzinsliche Einlagen

Die spanische Regierung steht aufgrund des Finanzhaushaltes unter erhöhter Beobachtung durch internationale Ratingagenturen. Das gleiche Augenmerk wird dem Finanzsektor zuteil, für welchen am 3. Juni 2011 wichtige Regulierungsvorhaben eingeleitet wurden. Der Ministerrat hat der spanischen Nationalbank den Auftrag erteilt, die zweite und dritte Änderung der Kapitaladäquanzrichtlinie bis Ende Juni per Rundschreiben umzusetzen (Verabschiedung des Real Decreto durch den Ministerrat, 3. Juni 2011). Die zweite Änderung adressiert die Anerkennung hybrider Kapitalinstrumente als Kernkapital, den obligatorischen Selbstbehalt bei Kreditverbriefungen, die Berücksichtigung von Konzentrationsrisiken, ausreichende Liquiditätsreserven und die Kooperation von EU-Aufsehern (supervisory colleges). Die dritte Änderung bezieht sich vor allem auf die regulatorische Risikomessung im Handelsbuch und die Regulierung von Vergütungen.

Die zweite Änderung der Kapitaladäquanzrichtlinie wurde in Deutschland bereits im November letzten Jahres durch die Gesetze zur Umsetzung der geänderten Banken- beziehungsweise Kapitaladäquanzrichtlinie auf den Weg gebracht. Die dritte Änderung ist zwar auf EU-Ebene verabschiedet, aber noch nicht in deutsches Recht umgesetzt. Weder bezüglich des Zeitplans noch der Inhalte ist die spanische Vorgehensweise besonders interessant. Zusammen mit den EU-Vorgaben wurde aber noch eine Zusatzabgabe für hochverzinsliche Einlagen verabschiedet. Diese spanische Abgabe wird hier kurz vorgestellt.

Spar- und Sichteinlagen mit marktunüblicher (hoher) Verzinsung werden zukünftig mit einer Extraabgabe an den Einlagensicherungsfonds belastet. Es wurde vereinbart, dass die Versicherungsprämie für diese Hochzinseinlagen fünfmal höher ist als für marktüblich verzinste Einlagen. Es handelt sich also nicht um eine Steuer, sondern um eine Prämie, die im Finanzsektor verbleibt. Die Zinsgrenzen sind an den entsprechenden Euribor-Satz gebunden: Für Einlagen mit einer Laufzeit von bis zu drei Monaten liegt die Zinsgrenze bei 1,50 Prozent über dem 3-M-Euribor (aktuell: 2,934 Prozent), bei Einlagen von mehr als drei Monaten und weniger als einem Jahr liegt die Grenze bei 1,50 Prozent über dem durchschnittlichen 6-M-Euribor (aktuell: 3,214 Prozent). Bei Einlagen mit Laufzeiten von einem Jahr und länger liegt die Grenze bei 1,00 Prozent über dem durchschnittlichen 12-M-Euribor (aktuell: 3,137 Prozent). Für Sichteinlagen liegt die Grenze bei 1,00 Prozent über dem durchschnittlichen 1-M-Euribor (aktuell: 2,223 Prozent). Die Institute müssen alle vier Monate ihre Bestände an marktunüblich verzinsten Einlagen melden und die Zusatzprämie einzahlen. Das Wirtschaftsministerium behält sich außerdem das Recht vor, die tolerierten Grenzen von 1,00 Prozent beziehungsweise 1,50 Prozent über Euribor in Abhängigkeit der Entwicklung des Euribors beziehungsweise der Refinanzierungskosten der Banken zu variieren.

Der von der spanischen Aufsicht, der Nationalbank, titulierte "Kampf um Einlagen" soll regulatorisch eingedämmt werden, weil er die Bankengewinne schrumpfen lässt und zum Teil die Kreditvergabe verteuert. Im ersten Quartal 2011 sind die Kreditzinsen um durchschnittlich 0,30 Prozent, die Einlagenzinsen dagegen um 0,60 Prozent gestiegen. Weder die Kreditverteuerung, noch die weitere Schwächung der Bankbilanzen ist volkswirtschaftlich wünschenswert. Einlagen als Refinanzierungsquelle wurden wichtiger, weil das volkswirtschaftliche Sparvermögen der spanischen Haushalte aufgrund der Rezession geschrumpft ist, weil sich viele Institute nur noch eingeschränkt über institutionelle Investoren refinanzieren können und weil die Basel-III-Liquiditätskennzahlen (LCR, NSFR) Spareinlagen von Privat- und mittelständischen Kunden sehr positiv bewerten.

Ist die Abgabe in Form einer Extraprämie für den Einlagensicherungsfonds verursachungsgerecht? Hochzinseinlagen sind volatiler, weil sie zinssensitive(re) (Einprodukt-)Kunden ansprechen (Zinsjäger). Diese ziehen bei einem höheren Konkurrenzzinssatz ihre Einagen auch schnell wieder ab. Volatilere Einlagen müssen in den neuen Liquiditätskennzahlen mit einer höheren Liquiditätsreserve unterlegt werden. Das Abzugsrisiko ist also bereits durch die regulatorischen Kennzahlen adressiert. Der Einlagensicherungsfonds wird im Insolvenzfall tätig. Mit der Argumentation, dass der "Einlagenkampf" zu einer signifikanten Margen- und Ergebniserosion der Banken führt und damit die Ausfallwahrscheinlichkeit steigt, ist es ursachengerecht, diesem durch höhere Prämien für den Sicherungsfonds entgegenzuwirken. Diese Extraprämie muss aber im politischen Gesamtbild gesehen werden: Die spanische Regierung muss den Strom negativer Nachrichten über ihren Bankensektor stoppen. Das pro-aktive Verhindern der Margenerosion über Hochzinseinlagen ist deshalb eine koherente Entscheidung.

Dr. Christian Schmaltz, Madrid

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