Gespräch des Tages

Standortpolitik - Frankfurter Alleingang?

Es spricht für die Reflektionsfähigkeit der Frankfurter Oberbürgermeisterin, wenn sie bei der Vorstellung der neuen Standortinitiative ihrer Stadt den eigenen Auftritt offensichtlich insofern als ein wenig unglücklich empfunden hat, als ihr in freier Rede gleich zu Beginn des Eingangsstatements der neue Name Frankfurt Main Finance erst nach sichtbar suchendem Blick auf die Präsentationsmaterialien über die Lippen kam. Dem weiteren Ablauf der Veranstaltung bescherte dieser etwas holprige Start freilich eine erhebliche Verdeutlichung der Interessenlagen. Denn Petra Roth erläuterte später mit klaren Worten, weshalb aus Sicht der Initiatoren ein weiterer Anlauf zur Verbesserung des Standortmarketings der Main-Metropole so dringlich geboten ist. Ohne die Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD) explizit zu nennen, verdeutlichte sie das grundlegende Dilemma der Standortförderung in einem föderalen Staatswesen. Die Bundesregierung, so ließ sie mit gewissem Grundverständnis durchblicken, kann wegen ihrer Gesamtverantwortung für die Regionen nicht so offensiv und schon gar nicht ausschließlich werben, sondern muss im Zweifel ihre Neutralität wahren. Ähnlich verhält es sich mit der Deutschen Bundesbank und der EZB, die trotz ihrer Zentralen in Frankfurt nie zu offensichtlich Partei für die Stadt nehmen dürfen.

Folglich blieb es den direkt in der Bankenmetropole ansässigen Kreditinstituten, zahlreichen wissenschaftlichen Einrichtungen sowie der Stadt und dem Land Hessen vorbehalten, ein "neues Markenzeichen für die integrierte Vermarktung des Finanzplatzes Frankfurt" zu kreieren. Unter Mitwirkung von zunächst zwölf Mitgliedern der Frankfurter Finanzszene (Bankhaus Metzler, Commerzbank, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Dresdner Bank, DZ Bank, Frankfurter Sparkasse, Frankfurter Volksbank, Helaba, Morgan Stanley sowie gleichberechtigt Stadt Frankfurt und Land Hessen) sollen die Kräfte mit bereits laufenden Aktivitäten im Finanzplatz Marketing gebündelt werden, etwa der Wirtschaftsförderung Frankfurt und der IHK. Im Fokus hat man dabei nicht zuletzt die Wachstumsmärkte Osteuropas, mit denen man über einen vielfältigen Austausch der Akteure besser ins Geschäft kommen will. Noch in diesem Herbst will man für Leistungen aus Wissenschaft, Journalismus und Praxis, die speziell den Finanzplatz Frankfurt fördern, Preise ausschreiben. Ferner soll der bereits bestehende und von der Helaba organisatorisch unterstützte Finanzplatzindex des Center for Financial Studies in seiner Öffentlichkeitswirkung verstärkt und im Rahmen eines umfassenderen Finanzplatz-Monitoring um den sogenannten Frankfurt Strength Index ergänzt werden, der noch in diesem Jahr entwickelt werden soll. Überhaupt wird die Verzahnung mit der ortsansässigen Forschung als wichtiges Element der künftigen Arbeit gesehen.

Dass der Start des Frankfurter Projektes in den Medien von einer guten Portion Skepsis begleitet sein könnte, haben die Ini tiatoren offenbar einkalkuliert. Zu oft hat in den vergangenen Jahren die Vielfalt der Einzelprojekte von regionalen Finanzplätzen - seien es die Ambitionen in München, Stuttgart, Hamburg oder NRW - die Effizienz der Gesamtwahrnehmung im Ausland verwässert. In der Main-Metropole will man sich deshalb ausdrücklich nicht als Interessenvertretung zur Beeinflussung der politischen Rahmenbedingungen, sondern lediglich als Instanz zur Bündelung der Kräfte im Standortmarketing verstanden wissen - getragen von der Wortmarke "Frankfurt Main Finance" und der Bildmarke als Symbol der Weltkugel, des Euro sowie "F" für Frankfurt und Finance. Diesem Selbstverständnis nach darf man der engen personellen Verknüpfung mit der IFD dann sogar etwas Positives abge winnen, auch wenn es wesentlich überzeugender gewesen wäre, die Arbeitsteilung und insbesondere die künftige Verwendung der beiden Logos im Vorfeld zu klären. Wie intensiv und nachhaltig sich Global Player wie Morgan Stanley, die Deutsche Bank oder die noch nach München gehörende Dresdner Bank engagieren werden, bleibt ebenfalls spannend.

Es müssen viele clevere Verhaltensweisen und noch mehr intelligente Marketingideen zusammenkommen, um in dem erst einmal auf drei Jahre durchfinanzierten Projekt von Mitgliederbeiträgen von 75 000 Euro und einem kaum kalkulierbaren Sponsoringetat den zentralisierten Metropolen Paris und London Paroli bieten zu können. In diesem Sinne zeugt es von professioneller Routine, wenn der hessische Ministerpräsident das obligatorische Fernsehinterview zum Start der Kampagne dezent aber bestimmt von der trostlosen Fensterfront des Veranstaltungsraums vor den Aufsteller mit dem in frischem grün leuchtenden Logo verlegt.

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