Rechenschaftsberichte

Union Investment im Berichtsjahr 2011

Während bei der Bilanzberichterstattung der Banken im Frühjahr jeden Jahres traditionell die Ergebnisentwicklung sowie eventuelle Verschiebungen der Bilanzstrukturen im Blickpunkt stehen, spielen just diese Dinge bei der Rechenschaftslegung der Fondsbranche nur eine beiläufige Rolle. Dort gilt das Hauptaugenmerk vielmehr seit jeher dem Mittelaufkommen, den Bestandsgrößen sowie der strategischen Ausrichtung einschließlich der Produktpolitik im Fondsgeschäft. Obwohl das Neugeschäft der deutschen Fondsbranche allgemein und auch der Union Investment schon bessere Jahre erlebt hat als 2011, konnte die genossenschaftliche Fondsgesellschaft mit 266 Mill. Euro ein Ergebnis vor Steuern erzielen, das es im Vergleich der vergangenen zwölf Jahre in das erste Drittel schafft (vergleiche Abbildung 1). Allein die Jahre 2007 mit 345 Mill. Euro und 2010 mit 372 Mill. Euro fielen deutlich besser aus. Zurückgeführt wird das Ergebnis in erster Linie auf eine solide betriebswirtschaftliche Entwicklung und die gelebte Partnerschaft in der genossenschaftlichen Gruppe, die ganz auf den Vertriebskanal der Ortsbanken setzt.

Das verwaltete Vermögen (Assets under Management) des genossenschaftlichen Fondsanbieters belief sich zum 31. Dezember 2011 auf 170,3 Mrd. Euro. Gegenüber dem Höchststand des Vorjahrs von 177,4 Mrd. Euro bedeutet das einen Rückgang um 4% und im Verlauf der vergangenen fünf Jahre eine Stagnation (Abbildung 2). Ein wesentlicher Grund für die Bestandsentwicklung im Berichtsjahr waren die enormen Schwankungen an den Aktienmärkten. Hatte sich nach dem Kurseinbruch im Zuge des Reaktorunfalls im japanischen Fukushima im März vergangenen Jahres bis Jahresmitte eine gewisse Beruhigung eingestellt, so führte die Verschärfung der Staatsschuldenkrise in den Sommermonaten zu einem deutlichen Einbruch der Kurse, die sich zum Stichtag 31. Dezember 2011 noch negativ auf die Bestandsgrößen der Fondsbranche auswirkte.

Nach einem guten ersten Halbjahr, so kommentiert die Gesellschaft das Neugeschäft 2011, führten die Verschuldungskrise der Eurostaaten und die Verwerfungen an den Märkten in der zweiten Jahreshälfte zu einem deutlichen Rückgang. Insgesamt kam es im Berichtsjahr zu Nettomittelabflüssen von 1,5 Mrd. Euro (nach plus 8,7 Mrd. Euro im Vorjahr). Während das Vermögen in Spezialfonds und in sonstigen Formaten um jeweils 0,3 Mrd. Euro zulegte, flossen aus Publikumsfonds 2,1 Mrd. Euro ab (Abbildung 3).

Betrachtet man die Absatzzahlen der Publikumsfonds im Detail (Abbildung 4), so mussten Rentenfonds Abflüsse von 2,801 Mrd. Euro kompensieren. Allerdings sind davon 2,224 Mrd. Euro (Vorjahr minus 5,8 Mrd. Euro) allein aus dem Uni-Opti-4 abgeflossen, der aufgrund des auslaufenden Steuervorteils für die Anleger weniger attraktiv geworden ist. Der Rückgang bei den Publikumsfonds insgesamt in Höhe von 2,089 Mrd. Euro (Vorjahr minus 0,25 Mrd. Euro) erklärt sich ebenfalls allein durch die Abflüsse des Uni-Opti-4, der per Ende März 2012 noch ein Fondsvolumen von 4,351 Mrd. Euro aufwies.

Als erfreulich wertet die Fondsgesellschaft beim Blick auf die Mittelzuflüsse bei den Publikumsfonds den Absatz bei Mischfonds von 1,214 Mrd. Euro. Auch Offene Immobilienfonds mit Nettomittelzuflüssen von 537 Mill. Euro und Geldmarktfonds mit 414 Mill. Euro schlugen positiv zu Buche. Hingegen zogen Kunden 797 Mill. Euro aus Aktienfonds ab. Dabei konzentrierten sich die Abflüsse auf vier Monate, nämlich März, August, September und Oktober, also just die schon angesprochenen Phasen nach der Reaktorkatastrophe in Japan im Frühjahr und den starken Kursrückgängen im Zuge der Staatsschuldenkrise.

Dass es bei Wertgesicherten Fonds per saldo zu Rückgaben von 442 Mill. Euro kam, erklärt die Gesellschaft mit Erfolgen der Vergangenheit. Zwar wurden die neuen Garantiefondstranchen mit Zuflüssen von 1,7 Mrd. Euro angenommen. Dem standen jedoch Rückflüsse aus fälligen Garantiefonds und Gewinnmitnahmen gegenüber.

Im Privatkundengeschäft sieht sich die Union Investment als Marktführer bei fondsbasierten Riester-Lösungen und wertgesicherten Anlagen. In der Uni-ProfiRente konnten im Berichtsjahr 95000 neue Verträge abgeschlossen werden. Der Bestand im Riester-Geschäft beläuft sich auf 1,9Millionen Kunden. Als erfreulich wird sich wiederum das Geschäft mit klassischen Fondssparplänen gewertet. Hier wurden über 160000 neue Verträge abgeschlossen. Der Nettoabsatz in diesem Bereich betrug 561 Mill. Euro. Die im Jahr 2010 neu aufgelegten Vermögensmanagementkonzepte trugen 982 Mill. Euro zum Gesamtabsatz bei. Damit fühlt sich der genossenschaftliche Asset Manager in seiner Grundausrichtung bestätigt, klassische Fonds zunehmend durch langfristige Anlagelösungen zu ersetzen.

Als "tragende Säule im Neugeschäft" wird mit einem Nettoabsatz von 2,1 (11,3) Mrd. Euro weiterhin der institutionelle Bereich bezeichnet. Das gegenüber dem Vorjahr deutlich schwächere Nettomittelaufkommen wird dabei vor allem auf die verschärften regulatorischen Anforderungen an institutionelle Investoren und deren niedrigere Risikobudgets zurückführt. Rund ein Drittel der Mittel kam von den 23 (48) im Jahr 2011 neu gewonnenen Kunden, von denen 21 (39) außerhalb des genossenschaftlichen Sektors angesiedelt sind. Besondere Nachfrage registrierte die Union im Berichtsjahr 2011 bei ihren institutionellen Investoren mit ihren Angeboten an Unternehmensanleihen, geldmarktnahen Fonds und Dividendenstrategien mit geringer Volatilität.

Eine zunehmende Bedeutung wird der Nachhaltigkeit bescheinigt. 60 Prozent der institutionellen Investoren in Deutschland, so ein Ergebnis einer hauseigenen Studie, bezieht das Thema in ihre Anlageentscheidungen mit ein. Der genossenschaftliche Asset Manager verwaltete zum Jahresende 2011 einen Bestand von 4,5 Mrd. Euro in nachhaltigen Anlagen. Die Unterzeichnung der UN Principles for Responsible Investment will die Gesellschaft in diesem Zusammenhang als klares Bekenntnis zu verantwortungsvollem Investieren verstanden wissen. Darüber hinaus sieht sie sich weiterhin in der Rolle als Treuhänder der anvertrauten Mittel und im Interesse der Anleger und war 2011 nach diesem Selbstverständnis "als aktiver Aktionär" in über 4000 Gesprächen mit Unternehmensvertretern, durch Auftritte und Redebeiträge sowie der Abstimmungsverhalten auf über 350 Hauptversammlungen unterwegs.

Mit Blick auf die Herausforderungen der Zukunft für die Fondsbranche und das eigene Unternehmen nennt die Union drei entscheidende Trends, auf die reagiert werden müsse. Erstens wird auf die Veränderung der Kapitalmärkte verwiesen, die aus Sicht des genossenschaftlichen Asset Managers auf absehbare Zeit nicht zu alten Strukturen zurückfinden werden: Das heißt konkret, die Zyklen werden kürzer, die Volatilität steigt und die Anlagefavoriten wechseln schneller, allesamt Entwicklungen, auf die sich die Union als aktiver Asset Manager gut vorbereitet sieht.

Zweitens wird die Regulierung mehr und mehr als feste Größe im Fondsgeschäft eingestuft. In ihrer Verantwortung als Treuhänder will sich die Fondsgesellschaft in laufenden Regulierungsvorhaben aktiv für die Interessen der Anleger einsetzen. Als aktuelles Beispiel wird an dieser Stelle die Finanztransaktionssteuer genannt, die den aktuellen (politischen) Bestrebungen nach auch auf Investmentfonds angewandt werden soll. Ihr Ziel als Lenkungssteuer, so die Argumentation der Union, würde völlig verfehlt. Denn sie träfe nicht, wie beabsichtigt, die Finanzmarktakteure, die in den Augen der Politik als Verursacher der Krise gelten, sondern die Privatanleger, die für ihre Zukunft vorsorgen. Außerdem stünde sie im Widerspruch zur Entscheidung des Gesetzgebers bei der Einführung der Riester-Rente, bei Anbietern von Altersvorsorgeverträgen wettbewerbsneutral zu agieren. Denn Versicherungen und Banksparpläne sollen von der Steuer ausgenommen werden. Letztlich werden die derzeitigen Pläne der EU-Kommission nur als eine verkappte Steuererhöhung für die Bürger eingestuft.

Drittens wird auf grundlegende und dauerhafte Veränderung der Erwartungen, Ziele und Bedürfnisse privater und institutioneller Anleger hingewiesen. Als größte Herausforderung im Privatkundengeschäft wird an dieser Stelle das rückläufige Neugeschäft in klassischen Fondsprodukten gesehen. Diese Entwicklung wird zwar nicht neu eingestuft, freilich nehme sie durch die steigende Verunsicherung der Anleger seit Beginn der Krise zu.

Als Antwort auf diesen Wandel im Anlageverhalten sieht die Gesellschaft eine stärkere Aufstellung als Lösungsanbieter sowie als Dienstleister für Vermögensaufbau und Vermögensmanagement. Sie gibt sich dabei mehr denn je von der Renaissance des klassischen Fondssparplans überzeugt und hält in einem Umfeld niedriger Renditen den Fondssparplan mit Aktien als eine attraktive Ergänzung. In der eigenen Gruppe registriert sie dabei noch immer enorme Potenziale. 96 Prozent der Genossenschaftskunden und 84 Prozent der eigenen Kunden, so die Einschätzung, haben bislang noch keinen Fondssparplan abgeschlossen.

Mit Blick auf die Riester-Rente wird darauf verwiesen, dass das Vorsorgesparen zehn Jahre nach dem Start - jetzt in die zweite Phase seiner Entwicklung geht. In Zukunft werde die Auszahlphase verstärkt in den Fokus rücken und neue Wachstumsperspektiven eröffnen. Den Berechnungen zufolge wird in den nächsten 25 Jahren allein aus Riester-Verträgen in Deutschland ein Volumen von 120 Mrd. Euro zur Auszahlung fällig.

Zu Beginn des laufenden Jahres [2012]hat sich bei den Publikumsfonds der Trend zu Mischfonds und Offenen Immobilienfonds weiter fortgesetzt. Im Spezialfondsgeschäft baut die Union unter anderem auf drei neue Immobilien-Spezialfonds mit einem geplanten Anlagevolumen von über 700 Mill. Euro. Zukünftig will sich die Gesellschaft im Privatkundengeschäft noch stärker an den Bedürfnissen der Anleger orientieren und sich daher auf die Themen Altersvorsorge, Vermögensaufbau, Vermögensmanagement und Sicherheit konzentrieren. Im institutionellen Geschäft habe man sein Angebot bereits vor Jahren auf die Anforderungen an ein professionelles Risikomanagement ausgerichtet und die individuelle Kundenbetreuung intensiviert.

Personalien: Aufsichtsrat: Wolfgang Kirsch (Vorsitzender), Karl-Heinz Moll (stellvertretender Vorsitzender); Vorstand: Hans Joachim Reinke (Vorstandsvorsitzender), Ulrich Köhne, Dr. Wolfgang Mansfeld (bis 30. Juni 2011), Alexander Schindler, Jens Wilhelm

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