Schwerpunkt

Versicherer als Finanzierer der Wirtschaft

Deutsche Versicherer haben rund 1,4 Billionen Euro an den Kapitalmärkten angelegt. Dies spiegelt deutlich ihre Wichtigkeit bei der Finanzierung von Unternehmen, Banken und Staaten wider. Die Finanzkrise, die 2007 startete und bis heute weltweit die Kapitalmärkte in Atem hält und für eine hohe Volatilität sorgt, stellt auch die Vermögensmanager für Versicherungen vor große Herausforderungen. Das Ziel ist, bei überschaubarem Risiko für die Kunden eine akzeptable Rendite zu erzielen.

Fundamentaler Wandel der Kapitalanlage

Die Kapitalanlage der deutschen Versicherer hat sich über die Zeit fundamental gewandelt. Bis vor zehn Jahren waren sie vorwiegend im eigenen Land investiert. Die Portefeuilles waren dominiert von Staatsanleihen, Pfandbriefen und Namensschuldscheinen von Landesbanken. Im Bereich der sogenannten riskanten Anlagen waren deutsche Aktienbestände mit bis zu 20 Prozent gewichtet, gefolgt von wenig diversifizierten und im Inland konzentrierten Immobilieninvestments. Europäische Anleihen, Fremdwährungsanleihen, Unternehmensanleihen und alternative Investments führten ein Schattendasein.

Heute investieren die deutschen Versicherer global. Zwar legen sie sehr viel weniger in Aktien an, dafür mehr in europäischen Unternehmensanleihen, weiterhin in deutschen Pfandbriefen und ihren europäischen Pendants, den Covered Bonds, in Inflation Linked Bonds und selektiv in Bereichen wie Private Equity, Hedgefonds und erneuerbaren Energien. Die Entstehung eigener professioneller Asset Manager in der Versicherungswirtschaft hat zu dieser höheren Diversifikation über Länder, Laufzeiten und Emittenten beigetragen, sodass die deutsche Assekuranz heute in der Kapitalanlage wesentlich breiter investiert ist als noch vor zehn Jahren.

Daraus folgt für die Finanzierungsfunktion der deutschen Versicherungswirtschaft: Die Branche finanziert nicht mehr vor allem die deutsche Wirtschaft, sondern sie investiert so international wie heute auch das Kerngeschäft ist. Für Munich Re mit ihrem stark international ausgerichteten Geschäft bedeutet dies, dass das Portfolio sehr global gestreut ist. Für das noch mit Schwerpunkt Deutschland ausgerichtete Erstversicherungsgeschäft heißt das: Meag ist nach der Einführung des Euro stärker auf Euroland ausgerichtet und nicht mehr so einseitig in Deutschland investiert. Deswegen tritt die Gesellschaft auch so entschieden für den Euro ein, weil mit ihm wesentliche Vorteile in der Diversifikation der Vermögensanlage für Munich Re und Ergo verbunden sind.

Diversifikation als Schlüssel zum Erfolg

Die Mischung und Streuung von Kapitalanlagen gehört zu den bewährten Grundregeln der Kapitalanlage, gerade angesichts tiefgreifender Veränderungen. Dies gilt besonders in Phasen wie der momentanen: Staatsanleihen, die vor nicht zu langer Zeit noch als sicher angesehen wurden, werden plötzlich von den Ratingagenturen herabgestuft und Zahlungsausfälle sind längst nicht mehr undenkbar. Die Aktienmärkte weisen eine überdurchschnittlich hohe Volatilität auf, und plötzliche Anstiege beziehungsweise Einbußen lassen sich häufig nicht mehr anhand der realen Leistungen der Unternehmen nachvollziehen. Eine breite Aufstellung des Portfolios ist daher wichtiger als je zuvor.

Neben der Diversifikation ist auch die Liquidität vor allem vor dem Hintergrund der Finanzkrise und einer möglichen, auch temporären, Austrocknung von Märkten ein entscheidender Faktor geworden. Eine hohe Liquidität ist wichtig, um schnell und flexibel auf Änderungen des Marktumfeldes reagieren zu können. Mit Blick auf die Finanzierungsfunktion bedeutet dies, dass die Mittel nicht mehr so stabil wie das früher der Fall war, in einzelne Verwendungen gelenkt werden, sondern entsprechend des Risikos und anderer Faktoren flexibel disponiert wird. Oder anders gesagt: Wer das Geld der Versicherungen will, der sollte mit ihnen in engem Kontakt stehen, seine Risiken transparent machen und ebenso glaubwürdig und langfristig orientiert sein wie sie es sind. Vertrauen ist stets ein knappes Gut gewesen, in diesen unsicheren Zeiten umso mehr.

Vertrauen und Nachhaltigkeit

Die globale Finanzkrise hat gezeigt, dass Gewinnstreben ohne Nachhaltigkeit leicht ins Verderben führen kann. Ein falsch verstandener Shareholder-Value-Ansatz verleitete Unternehmen dazu, kurzfristig möglichst hohe Renditen anzustreben und dabei ihre Risikopolitik sträflich zu vernachlässigen beziehungsweise ihre Risikotragfähigkeit massiv zu überschätzen. Die Anlagestrategie der Meag beruht auf den Grundsätzen der Nachhaltigkeit. Entsprechender Erfolg wird nur durch nachhaltiges Handeln erreicht. Deshalb dürfen Vermögensmanager für Versicherungen nur solche Risiken eingehen, die sie auch verstehen. Und sie dürfen diese Risiken immer nur so weit eingehen und so lange halten, wie sie sich diese leisten können und die Risiken den zu fordernden Mindestertrag abwerfen.

Ein stringenter Investmentprozess und eine ausgeprägte Kapitalmarkterfahrung zeichnen das auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Portfolio-Management aus: 80 Prozent der Anlagen von Munich Re in Aktien und Anleihen sind nach den Grundsätzen nachhaltigen Investments angelegt. Die konsequent nachhaltige Unternehmensführung wird auch dadurch unterstrichen, dass die Gesellschaft als erstes deutsches Unternehmen die Principles for Responsible Investment (PRI) der Vereinten Nationen unterzeichnet hat und fortan aktiv mitgestaltet.

Geldgeber für Infrastruktur und erneuerbare Energien

Viele Akteure an den Finanzmärkten kennen und verstehen diese Position. Kein Tag vergeht, an dem nicht staatliche Stellen, vertreten durch ihre Schuldenagenturen oder Unternehmen, vertreten durch ihre Finanzvorstände, die Meag besuchen und ihren Finanzierungsbedarf und ihren Finanzkalender über zu begebende Anleiheemissionen erläutern. Es geht dabei darum, Transparenz zu schaffen, Vertrauen herzustellen und zu erhalten und Positionen auszutauschen. Wenn die Meag von dem nachhaltigen Vorgehen der Partner überzeugt ist, dann kann sie ihnen bei hinreichend attraktiver Rendite auch ihr Vermögen anvertrauen.

Nicht nur die schon lang bewährten Assetklassen wie Anleihen und Aktien müssen den Nachhaltigkeitskriterien entsprechen, auch bei der Entscheidung für neue alternative Assets spielt der Nachhaltigkeitsgedanke stets eine wichtige Rolle. Der anhaltende Trend zu erneuerbaren Energien passt sehr gut in das Portfolio von Versicherern. Das Investmentprogramm , ,Renewable Energy and New Technologies'' (Rent) ist für Munich Re auch Teil einer neuen strategischen Ausrichtung, mit der das Anlagespektrum um nachhaltige Investments mit überschaubarem Risiko und attraktiven Renditen erweitert werden soll. Erneuerbare Energien sind die Energiequelle von morgen. Meag investiert für Munich Re unter anderem in Wind- und Solarparks sowie in neue Technologien, etwa um die Leistung von Kraftwerken zu erhöhen.

Investitionen in erneuerbare Energien mit ihrem verlässlich kalkulierbaren Strom an Rückzahlungen entsprechen dem Idealbild der Versicherungsanlage fast vollständig. Sie sind meist langfristig auf zehn bis zwanzig Jahre ausgelegt und versprechen einen regelmäßigen und festen laufenden Ertrag. Zum Jahreswechsel 2010/2011 hat die Meag für Munich Re einen niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag in 40 Windturbinen in elf Windparks im Nordosten Deutschlands investiert, die insgesamt 150 Millionen Kilowattstunden (kWh) im Jahr erzeugen. Die Leistung dieser Windparks entspricht dem Jahresverbrauch von rund 42000 Haushalten. Die Emission von 97000 Tonnen CO[2] wird dank dieser Anlagen im Vergleich zur Stromerzeugung in konventionellen Kraftwerken vermieden. Es folgten weitere Investitionen in Solaranlagen in Italien und Spanien in 2011.

Erst im Juli 2011 hat sich die Meag mit einem niedrigen dreistelligen Millionenbetrag am Höchstspannungsnetzbetreiber Amprion beteiligt. Sie ist überzeugt, dass im Zuge des weiteren Ausbaus der erneuerbaren Energien Stromnetze weiter an Bedeutung und Wert gewinnen werden. Bei den Investitionsentscheidungen setzt sie stets auf langfristig planbare und kalkulierbare Erträge. Diese Investitionen jüngeren Datums machen deutlich, wie wichtig die Finanzierungsfunktion der Versicherungswirtschaft ist. Ob Innovationen, Infrastruktur oder die Neuausrichtung der Energiewirtschaft, ohne private Geldgeber geht es in Zeiten knapper öffentlicher Kassen nicht. Die Versicherungswirtschaft stellt einen der stärksten Geldgeber dar.

Assetklasse Immobilien

Aufgrund zunehmender Unsicherheit und der vielfältigen Unwägbarkeiten auf den Kapitalmärkten sucht die Assekuranz mehr denn je Ergänzungen und Alternativen zu den klassischen Anlagevehikeln. Eine weitere Alternative, um den auf Versicherern lastenden Mindestverzinsungsansprüchen gerecht zu werden, stellen Sachwerte wie zum Beispiel Immobilien dar. Die Mehrheit der Versicherer verfolgt schon seit einiger Zeit das Ziel, ihre Immobilienquote zu erhöhen. Erfolgreich umgesetzt haben es aber nur wenige. Das Problem dabei: Ein langfristiger und sicherheitsorientierter Bestandshalter, der in qualitativ hochwertige Grundstücke mit langfristiger Wert- und Cash-Flow-Stabilität sowie einer akzeptablen laufenden Rendite investieren will, findet derzeit nur ein sehr limitiertes Angebot vor. Die beliebten Core-Lagen im Zentrum der Großstädte sind gefragter denn je.

Der Nachfrage-Überhang im Markt spiegelt sich direkt im Preis und einer häufig nur noch knappen bis unzureichenden Rendite wider. Ist man als Anleger nicht nur auf das statische Produkt "Immobilie" festgelegt, glaubt aber dennoch an die Erreichung adäquater Rendite-Risiko-Profile auf Basis von Immobilien als Underlying, stellen Immobilienaktien und Reits eine attraktive Alternative dar. Die deutsche Reit-Gesetzgebung ist leider noch immer von deutlichen Defiziten gekennzeichnet, beispielsweise dem restriktiven Umgang mit dem Thema Wohnnutzung. Mit Blick auf die Förderung und Erweiterung des Wohnungsbaus in den großen Ballungsgebieten und den zentralen Metropolen Deutschlands wird somit die Chance leichtfertig verspielt, finanzstarke und gleichzeitig nachhaltige Investoren aus dem In- und Ausland, auch aus der Versicherungswirtschaft, zu gewinnen.

Engagement bei Banken

Trotz des erweiterten Anlagespektrums machen die "neuen" Assetklassen erneuerbare Energien oder Infrastrukturinvestitionen nur einen relativ geringen Teil des gesamten verwalteten Vermögens der Versicherer aus. Geschäftsbedingt liegt das Schwergewicht nach wie vor auf festverzinslichen Wertpapieren. Versicherungen als langfristige und stabile Investoren sind wichtige Kapitalgeber für die gesamte Wirtschaft. Besonders für die Banken sind Versicherer die wichtigsten Geldgeber und spielen bei deren Refinanzierung eine wichtige Rolle.

Laut einer BaFin-Umfrage vom Frühjahr haben die zehn größten Versicherer bis zu 55 Prozent ihres Kapitals in Banken investiert. Auch wenn einige, aufgrund der wiedergekehrten Bankenkrise, die Exposures verringert haben, ist die Verflechtung von Banken und Versicherungen recht stark und das Risiko, dass angeschlagene Banken auch Versicherungen in Schwierigkeiten bringen könnten, sollte im Auge behalten werden. Umgekehrt sind aber die Banken von verschärften Eigenkapitalvorschriften viel stärker betroffen als die Versicherungen, auch weil Letztere gut durch die Finanzkrise gekommen sind und über ausreichende Kapitalpuffer verfügen.

Für Versicherungen ergeben sich aus einem De-Risking und De-Leveraging der Banken sogar Chancen. Banken werden aus Gründen der Risikotragfähigkeit risikobehaftete Vermögensgegenstände an den Markt geben. Daraus könnten sich Gelegenheiten ergeben, die Versicherungen genau beobachten werden und bereit sind, opportunistisch zu nutzen. Es wäre zu weit gegriffen, Versicherungen könnten am Ende die Retter der Banken sein, aber mit ihrer komfortablen Kapitalsituation sind sie durchaus in der Lage, auch größere gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Risiken zu schultern.

Solvency II

Um ein Wiederholen beziehungsweise Übergriff der Bankenkrise im Versicherungswesen zu vermeiden, bringt Solvency II, analog zu der Bankenregulierung Basel II beziehungsweise III, eine Reform des Versicherungsaufsichtsrechts in Europa. Ziel ist es, die heutigen Solvabilitätsvorschriften für Versicherungsunternehmen zu einem konsequent risikoorientierten System der Finanzaufsicht weiterzuentwickeln.

Solvency II betrifft nicht nur die Versicherungen selbst, sondern auch ihre Asset Manager. Mit der Kapitalanlage sind erhebliche Risiken verbunden. Diese zu kennen und zu steuern ist eine eminent wichtige Aufgabe. Als Vermögensverwalter von Munich Re und Ergo verfolgt die Meag einen risikokontrollierten Investmentansatz. Innerhalb dessen betreibt sie schon seit einiger Zeit das interne Markt- und das interne Kreditrisikomodell von Munich Re inklusive der Darstellung der Zahlungsverbindlichkeiten als Replikationsportfolio.

Auf dieser Basis wurde das operative Risikomanagementsystem (wie zum Beispiel ein zeitkontinuierliches Frühwarnsystem) aufgebaut, und im Portfoliomanagement wird der Asset-Liability Mismatch damit ausgesteuert. Der Anpassungsbedarf bezüglich Solvency II war daher überschaubar und die Einführung von Solvency II im Jahre 2013 wird weder die Anlageentscheidungen wesentlich beeinflussen (weil schon heute entsprechend gehandelt wird) noch die Kapitalsituation oder die Finanzkraft beeinträchtigen. Solvency II unterstreicht die Position von Munich Re und Ergo als starker Kapitalgeber und wichtiger Finanzierer.

Risiko als Determinante für Anlageentscheidungen

Auch wenn die Versicherer in der Regel stabiler finanziert sind als Banken, haben die Entwicklungen der letzten Jahre deutlich gemacht, dass auch im Versicherungsgeschäft das eingegangene Risiko stets transparent und beherrschbar sein muss. Bei Betrachtung von Versicherern als Finanzierer der Wirtschaft ist vor allem die erste Solvency-II-Säule von Bedeutung. Hier geht es um die Mindestanforderungen an die Kapitalausstattung, für Versicherer also die Frage, wie viel Eigenkapital für die Kapitalanlagen hinterlegt werden muss.

Unternehmensanleihen werden in Abhängigkeit von Rating und Duration mit Kapital unterlegt werden müssen. Darüber hinaus sollen langfristige Kapitalanlagen gegenüber kurzfristigen benachteiligt werden. Beide Pläne sind für Versicherungen, die hauptsächlich in Anleihen investieren und, vor allem in der Lebensversicherung, langfristige Laufzeiten zu replizieren haben, keine leichte Aufgabe. Bleibt man beim Fall der Finanzierung der Banken, deren Schuldtitel hauptsächlich von Versicherern gehalten werden, kann dies dazu führen, dass die Versicherer dem steigenden langfristigen Kapitalbedarf der Banken nicht mehr nachkommen, sondern aus Renditegesichtspunkten ihr Engagement noch eher verringern.

Auch wenn sowohl Basel II/III als auch Solvency II zweifelsohne für ein stabiles Finanzsystem notwendig sind, wird die Forderung nach mehr langfristigem Kapital für die Banken und die gleichzeitige Einschränkung des Handlungsspielraums der Versicherer als Langinvestoren eine Herausforderung für beide Seiten.

Pfandbriefe und Covered Bonds

Ein weiterer wichtiger Bestandteil im Portfolio der Versicherer sind Pfandbriefe. Ende 2010 haben sie rund 24 Prozent der gesamten Kapitalanlagen in diese Assetklasse investiert. Nach Solvency II sollen Pfandbriefe mit einem Rating schlechter als AAA

wie andere Schuldtitel behandelt werden. Aufgrund ihrer rechtlichen Ausgestaltung ist ihr Sicherheitsniveau aber deutlich höher einzustufen. Je nachdem, wie die letztendliche Ausgestaltung einer Besserstellung des Pfandbriefs gegenüber ungedeckten Unternehmensanleihen und anderen Schuldtiteln sein wird, so wird sich dies auch auf die Fähigkeit und Bereitschaft der Versicherer, weiterhin als wichtige Pfandbriefinvestoren auftreten zu können, auswirken.

Aus dem Blickwinkel der Versicherung haben Pfandbriefe und ihre Pendants, die Covered Bonds, einen großen Vorteil: sie sind mit Sachwerten besichert, die bei einem möglichen Ausfall eine eigenständige und unabhängige Sicherheit für den Anleger darstellen. Gerade der deutsche Pfandbrief mit einem soliden und stabilen Immobilienmarkt im Rücken kann als vergleichsweise sehr sicher betrachtet werden.

Sicherheit mit Staatsanleihen?

Besonders seit Anfang der Liquiditätsprobleme in der Euro-Peripherie hat sich auch die Sichtweise auf Staatsanleihen bedeutend verändert. Sie galten bis vor nicht zu langer Zeit noch als die sicherste Anlageform. Mittlerweile hat sich gezeigt, dass ein Ausfall eines Landes als Schuldner durchaus möglich ist, und Meag rechnet in verschiedenen Szenarien, um für den Ernstfall gewappnet zu sein. Nach der bisherigen Version von Solvency II müssen Versicherer im Standardmodell kein zusätzliches Eigenkapital für Staatsanleihen vorhalten, hier wird jedoch ebenfalls noch an einer detaillierten Ausgestaltung gefeilt und diskutiert.

Auch wenn die Bedeutung von Staatsanleihen für Versicherer in den vergangenen Jahren stetig abgenommen hat, sind die bestehenden Gewichtungen in der Kapitalanlage recht hoch. Der tendenzielle Abbau von Staatsanleihen ist zwar aufgrund der aktuellen Entwicklungen nachvollziehbar, jedoch werden viele Versicherer bei einer Umschichtung in andere Assetklassen mehr Eigenkapital unterlegen müssen, was ihre Handlungsoptionen wiederum beeinflusst. Munich Re arbeitet nicht mit dem Standardmodell und unterlegt in ihrem eigenen Modell schon heute Staatsanleihen aus der Euro-Peripherie mit Kapital. Die Gesellschaft ist seit Längerem der Ansicht, dass Staatsanleihen keine absolute Sicherheit bieten, was aber andererseits nicht bedeutet, dass sie diese für akut ausfallgefährdet hält. Versicherer sind und bleiben wichtige Finanzierer von Staaten, zumal dann, wenn sie in diesen ihr Kerngeschäft betreiben.

Auch künftig ein wichtiger Finanzierer

Versicherer gehören zu den größten Kapitalgebern der Wirtschaft und werden es auch weiterhin bleiben. Sie investieren in die verschiedensten Assetklassen, bei denen ein akzeptables Ertrag-/Risiko-Verhältnis zu erwarten ist. Für globale Konzerne, Banken und Staaten, aber auch für kleinere Unternehmen sind sie als langfristig orientierte Investoren essenziell, um stets eine ausreichende Finanzierung sicherzustellen. Durch die Finanzkrise mit höchst volatilen Märkten und kaum erkennbaren Trends wurde verstärkt auf ein breit diversifiziertes Portfolio gesetzt, in das auch neue Assetklassen wie Wind, Solar und Infrastruktur integriert wurden. So können Schwankungen in einem Bereich mit Gegenbewegungen in anderen aufgefangen werden. Die Bedeutung von Transparenz, Liquidität und Vertrauen hat deutlich zugenommen. Unsere Partner in der Kapitalanlage haben sich darauf eingestellt.

Mit der Finanzkrise wurde auch der Bedarf an Regulierung offensichtlich. Die Grundidee von Solvency II besteht darin, dass Versicherungen eingegangene Risiken mit ihrer jeweiligen Risikotragfähigkeit zukünftig besser in Einklang bringen. Strikte Vorgaben zur Eigenkapitalunterlegung werden in die Allokationsentscheidungen der Versicherer und deren Asset Manager mit einfließen. Auch wenn die meisten Versicherer schon heute ihre Kapitalanlagen streng risikoorientiert ausgerichtet haben, wird diese Strategie durch Solvency II zu Recht weiter verstärkt und zum branchenweiten Standard.

Die Herausforderung besteht jedoch darin, trotz dann verbindlicher Vorgaben die notwendige Diversifikation aufrechtzuerhalten, und nicht auf ein, auf minimale Eigenkapitalunterlegung optimiertes, einseitigeres Portfolio umzusatteln. Dadurch werden Versicherer gestärkt durch turbulente Zeiten kommen, gleichzeitig einer konstanten Renditeerwartung gerecht werden und als wichtiger Finanzierer der Wirtschaft bestehen bleiben.

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