Gespräch des Tages

Wettbewerb - Banken und Versicherer: zwischen Nähe und Distanz

Sind Banken und Versicherungen harte Wettbewerber, natürliche Kooperationspartner oder gehören beide gar unter ein Dach? Ganz klar konnte man diese Trennung in den vergangenen Jahrzehnten nie vollziehen. Es gab und gibt am Markt mehr oder weniger ausgeprägt all diese Spielarten mit fließenden Grenzen und Verschiebungen der strategischen Akzente. Doch die Berührungspunkte verlagern sich nicht zuletzt durch die regulatorischen Maßnahmen im Zuge der Finanzkrise vom Vertrieb auf die Produktpolitik und die strategische Ausrichtung.

Im historischen Rückblick lag es sicher auch an den gewachsenen Verbindungen und gegenseitigen Kapitalbeteiligungen der beiden Branchen untereinander und mit der Industrie, dass im Rahmen der sogenannten Deutschland AG die massive Kritik an der Macht der Banken hierzulande in den achtziger Jahren in einer Diskussion um Allfinanzkonzepte mündete. Eine stichhaltige Begründung für einen hohen Zusammengehörigkeitsgrad hätte die starken gegenseitigen Verflechtungen quasi nachträglich gerechtfertigt. Auf eine nachhaltige Erfolgsgeschichte mit Allfinanz beziehungsweise der Bankassurance können allerdings weder die beiden großen Verbünde noch die Finanzkonzerne verweisen.

Zumindest auf Konzernebene ist seit Beginn der Finanzkrise der Tendenz nach eindeutig eine Trennung der Bank- und Versicherungsaktivitäten zu spüren. So wurde die Dresdner Bank wieder aus dem Allianz-Konzern herausgelöst, die Deutsche Bank hat ihre Versicherungsaktivitäten längst aufgegeben, und selbst die ING als klassisches Beispiel aus dem Ausland hat bei der notwendigen Konzentration auf Kernkompetenzen just an dieser Stelle angesetzt und sich von vielen Unternehmensteilen getrennt. Die Konzerne setzen mit der Beschränkung auf die Kernkompetenz Bankgeschäft Eigenkapital frei, um die Anforderungen der Aufsicht erfüllen zu können. Umgekehrt wird es für Versicherer angesichts der regulatorischen Auswirkungen von Basel III und Solvency II immer weniger attraktiv, direkte Beteiligungen an Kreditinstituten zu halten. Und auch im Anlagemix der Kapitalanlagen der Versicherer werden Bankaktien uninteressanter, weil die regulatorischen Anforderungen der Tendenz nach deren Ertragslage belasten.

Auf der Produkt- und Dienstleistungsseite hingegen entstehen neue Wettbewerbsverhältnisse, weil die Versicherer nach rentierlicheren Anlagemöglichkeiten suchen, um ihre Renditeversprechen halten zu können. So gehören Projekt- und Immobilienfinanzierungen für langfristige Infrastrukturinvestitionen längst verstärkt zum Instrumentarium der Versicherer. Im Baufinanzierungsgeschäft hat die Branche seit Frühjahr die Möglichkeit der direkten Durchleitung der Förderkredite zur KfW ohne Einschaltung einer Hausbank (siehe bank und markt 6-2012). Und daneben loten viele Versicherer aus, welche Möglichkeiten die gültigen Rahmenbedingungen für die langfristige Kreditvergabe an Unternehmen sowie Investments in Schuldverschreibungen bieten. Das alles klingt sehr nach härterem Wettbewerb mit den Banken. Aber auch in diesen Spielarten der Unternehmensfinanzierung sind die Vertriebsstrukturen entscheidend. Je kleinteiliger dieses langfristige Geschäft der Versicherer ausgelegt ist, umso besser sind auch wieder die Kooperationsmöglichkeiten beider Branchen.

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