Autobanken

Der Gebrauchtwagenmarkt ist erobert

Quelle: pixabay

Wenn die herstellergebundenen Finanzierungsinstitute in Deutschland über ihre Ergebnisse insgesamt berichten, dann war über lange Jahre die ständig steigende Penetrationsrate einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Diese Zeiten scheinen nun vorbei zu sein. Wenn jedes zweite finanzierte Fahrzeug in Deutschland über eine Captive finanziert wird, dann ist die Sättigungsgrenze erreicht oder zumindest nahe. Ihren Erfolg machen die "Banken der Automobilwirtschaft" (BDA), der Zusammenschluss der zwölf herstellerverbundenen Banken und Leasinggesellschaften (Vormals Verband der Autobanken), längst an anderen Dingen fest.

Wichtig, gerade mit Blick auf die Funktion der Captives für die Absatzförderung der jeweiligen Konzernmarken, ist zum Beispiel die Tatsache, dass das Vertragsvolumen stärker steigt als die Anzahl der Neuverträge. 2017 stand einer Zunahme der Verträge aller Mitgliedsunternehmen um sechs Prozent auf 6,5 Millionen Verträge ein Anstieg des Vertragsvolumens um zehn Prozent auf 124,9 Milliarden Euro gegenüber. Diese, bereits seit mehreren Jahren zu beobachtende Entwicklung erklärt der BDA damit, dass Kunden der Mitgliedshäuser ihre Finanzierung nutzen, um höherwertige, besser ausgestattete Fahrzeuge zu erwerben.

Erfolgsautor Nummer zwei ist die Eroberung des Gebrauchtwagenmarktes, die die Captives inzwischen als gelungen betrachten können. Erstmals wurden im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte aller Besitzumschreibungen über den Markenhandel zugelassen. Der Ansatz der Autobanken, sich in Sachen Gebrauchtwagen auf die über den Markenhandel vertriebenen "jungen Gebrauchten" zu konzentrieren und für dieses Segment nicht nur Finanzierungen, sondern auch das gleiche Portfolio an Dienstleistungsverträgen anzubieten wie bei der Neuwagenfinanzierung, scheint also der richtige Weg zu sein.

Auf diese Weise ist der Gebrauchtwagenmarkt nicht nur zu einem "wesentlichen Wachstumsfeld" der Branche geworden, sondern hat mittlerweile auch einen nennenswerten Anteil am Geschäft. 44,56 Milliarden an Neugeschäft in der Neuwagenfinanzierung standen 2017 bereits 11,6 Milliarden Euro im Gebrauchtwagensegment gegenüber. Damit hat die Gebrauchtwagenfinanzierung, mit der sich die Captives in der Vergangenheit lange schwer getan haben, mittlerweile einen Neugeschäftsanteil von etwa 20 Prozent. Insgesamt 680 000 Fahrzeuge haben die BDA-Mitglieder 2017 in diesem Segment finanziert. Weitere Wachstumspotenziale seien vorhanden, so BDA-Sprecher Christian Ruben, CEO der Toyota Kreditbank.

Unverändert wichtig blieben zudem die Dienstleistungsverträge, die neben Versicherungen auch sonstige Mobilitätsdienstleistungen wie etwa "Flatrates" für Werkstattservices beinhalten und dem Kunden nicht nur die Mobilität aus einer Hand, sondern auch die Zusammenfassung der Mobilitätskosten in einer überschaubaren und planbaren Monatsrate bieten. In diesem Bereich wird das Portfolio immer weiter ausgebaut, entsprechend stark ist das Wachstum. So stieg die Anzahl der neu abgeschlossenen Dienstleistungsverträge der BDA-Mitgliedsinstitute 2017 um 15 Prozent auf 2,99 Millionen Verträge. Auch dieses Geschäftsfeld soll im laufenden Jahr weiter ausgebaut werden.

Was die Captives am stärksten umtreibt, ist derzeit die Digitalisierung, in der die Branche einen zentralen Erfolgsfaktor für Erhalt und Ausbau der Marktposition sieht. Hier geht es zum einen darum, digitale Kundenerlebnisse zu schaffen und das digitale Angebot (immer in Kooperation mit dem Handel) auszubauen, zum anderen um die Digitalisierung interner Prozesse. Zunehmend würden sich die Autobanken mit der Digitalisierung zu Datenbanken wandeln, die dem Handel wichtige Kundendaten zur Verfügung stellen können, um daraus neue Geschäftspotenziale zu generieren. Alle Mitgliedsinstitute, so der BDA, haben 2017 in Sachen Digitalisierung entscheidende Schritte unternommen.

Im Bereich Digitalisierung schlummert indessen auch ein Ärgernis. Auch die Captives hadern nämlich mit den Geschäftsmodellen von Portalen. Nicht immer sei der Zugang frei und fair, so Ruben. Und mitunter lassen sich die Eingangsbedingungen nicht mit den aufsichtsrechtlichen Vorgaben für Banken vereinbaren. Das gilt zum Beispiel dann, wenn bestimmte Kreditablehnungsquoten vertragsgemäß nicht überschritten werden dürfen. Denn dann sind die Kreditgeber in ihrem Risikomanagement eingeschränkt. Auf diese Problematik habe man die BaFin auch bereits hingewiesen.

Von geringerer Bedeutung ist für die Branche hingegen die Nutzung der Widerrufsbelehrung als "Widerrufsjoker" nach dem Vorbild der Immobilienfinanzierung, mit dem sich Kunden angesichts sinkender Restwerte und möglicherweise drohender Fahrverbote von Dieselfahrzeugen trennen könnten. Insgesamt sind dem BDA rund 200 bis 300 anhängige Fälle bekannt, wobei diese Zahl laufende und abgeschlossene Verfahren ebenso umfasst wie solche Fälle, in denen lediglich ein Anschreiben einer Anwaltskanzlei vorliegt. Von einer echten "Welle" könne insofern nicht gesprochen werden. BDA-Geschäftsführer Dr. Peter Renkell spricht sogar von einem "im Moment untergeordneten Thema".

Von den 46 Landgerichtsurteilen, die dem BDA bekannt sind, wurden 42 positiv, das heißt im Sinne des Anbieters, entschieden, vier zugunsten des Kunden. Doch auch in diesen Fällen wurde dem jeweiligen Finanzierungsinstitut die Zahlung einer Nutzungsentschädigung und von Zinsen zugesprochen. Die Darstellung mancher Kanzleien, mit dem Widerruf des Finanzierungsvertrags und der Rückgabe des Fahrzeugs, könne der Kunde gewisser maßen kostenlos fahren, scheint somit nicht zu stimmen. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X