Aufsätze

Alternative Investments - Bedeutung und Rahmenbedingungen in einem geänderten Marktumfeld

In kaum einem Land wird die Debatte über Rolle und Bedeutung von Alternative Investments (AI) - insbesondere Hedgefonds und Private Equity - so kontrovers geführt wie in Deutschland. Maßgeblich beigetragen zu dieser Polarisierung hat die Heu-schreckenschwarm-Methaper von Franz Müntefering. Auch in der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise wird versucht, Hedgefonds zum Symbol der unregulierten Finanzmarktakteure zu stilisieren, um den Regulierungsdruck auf diese zu erhöhen, obwohl sie zum einen nicht Verursacher der Krise und zum anderen bereits in vielen Ländern reguliert sind. Viel wichtiger als Polemisierung ist jedoch die sachliche Befassung mit Hedgefonds und sonstigen alternativen Anlagestrategien, die auf den internationalen Finanz- und Kapitalmärkten eine wichtige Rolle übernehmen.

Außerhalb der traditionellen Anlageformen

Unter Alternativen Investments versteht man im Grundsatz Anlagen außerhalb der traditionellen Anlageformen, zu denen in erster Linie Aktien und festverzinsliche Wertpapiere gehören. Häufig, aber nicht zwingend, spiegelt sich diese Differenzierung auch in den Chancen und Risiken der jeweiligen Anlageformen wider. Typische Merkmale von alternativen Anlagen sind zum Beispiel niedrigere Liquidität gegenüber traditionellen Anlagen, überdurchschnittliches Renditepotenzial, reduzierte Relevanz von traditionellen Performance- und Risikomessungssystemen, Einsatz von unterschiedlichen (oft auch komplexen) Handelsinstrumenten, Konzentration auf spezifische Marktsegmente, Vorliegen von Informationsasymmetrien und zum Teil eingeschränkte Datenverfügbarkeit beziehungsweise Transparenz, geringere/zum Teil keine Regulierung durch Aufsichtsbehörden.

Vor diesem Hintergrund werden im Allgemeinen Hedgefonds, Private Equity, Edelmetalle, Rohstoffe (beziehungsweise Anlagen mit Bezug auf Rohstoffmärkte), Real Estate und Infrastruktur, Kunstgegenstände, aber auch Mikrofinanz den "Alternative Investments" zugeordnet, wobei die Kategorisierung als dynamischer Prozess zu verstehen ist. Im Rahmen dieser Abgrenzung lässt sich wiederum zwischen traditionellen und modernen Alternative Investments unterscheiden.

Zu den Erstgenannten gehören zum Beispiel Immobilien, physische Rohstoffe (Commodities), Kunstgegenstände. Hedgefonds und Private Equity, die in diesem Beitrag im Vordergrund stehen, gehören zu den sogenannten modernen Alternative Investments, die darüber hinaus auch Managed Futures, Kreditderivate, Asset Backed Securities (ABS, MBS, CDO) umfassen und die gegenwärtig ebenfalls Gegenstand der Regulierungsdebatte sind.

Definition und Anlagestrategien von Hedgefonds

Der Begriff "Hedgefonds" beschreibt Investitionsanlagen mit einer Vielzahl verschiedener Investitionsziele, -strategien und -techniken, die ein weites Spektrum von Risiko-Return-Profilen umfassen. Das Hauptcharakteristikum von Hedgefonds ist die erhöhte Flexibilität gegenüber traditionellen Investmentfonds im Hinblick auf Anlageobjekte und -strategien. Bislang existiert keine umfassende und allgemein anerkannte Definition des Begriffs Hedgefonds beziehungsweise Hedgefonds-Manager. Die Organisation der internationalen Wertpapieraufsichtsbehörden IOSCO hat bereits im Jahre 2003 festgestellt, dass eine solche Definition "likely next to impossible" ist. Gerade aus der Tatsache der fehlenden allgemeingültigen Definition resultierten in der Vergangenheit verschiedene Missverständnisse. Eine zukünftige Regulierung von Hedgefonds beziehungsweise deren Managern sollte daher auch nicht auf diesen Begriff rekurrieren.

Die Besonderheit der Hedgefonds liegt in deren Anlagetechnik. Bei herkömmlichen Aktien-, Renten- oder gemischten Fonds investiert der Fondsmanager das Fondskapital schwerpunktmäßig in Aktien beziehungsweise Renten und schichtet es je nach Markteinschätzung um. Die Entwicklung des Fondswertes hängt daher im Prinzip von der Entwicklung des Basismarktes (Aktien- und/oder Rentenmarkt) insgesamt oder des Segmentes ab (zum Beispiel einer bestimmten Branche), in dem das Fondsvermögen entsprechend den Anlagebedingungen investiert wird.

Komplexere Geschäftstechniken

Der Manager eines Hedgefonds dagegen kann komplexere Geschäftstechniken anwenden (zum Beispiel Leerverkäufe, also der Verkauf von Vermögensgegenständen, die im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nicht zum Vermögen gehören, und/oder Leverage, also die Erzielung einer Hebelwirkung durch Kreditaufnahme oder Derivate).

Die Verwendung dieser Anlagetechniken dient vor allem der Verringerung von Risiko und Volatilität des Gesamtportfolios und soll Hedgefonds die stetige Erzielung einer positiven Rendite, und zwar unabhängig von der allgemeinen Marktentwicklung - also auch in fallenden Märkten - ermöglichen (sogenannter Absolute-Re-turn-Ansatz). Bei Hedgefonds findet man zudem - mehr oder weniger ausgeprägt performanceabhängige Gebühren- und Provisionsmodelle, einen aktivistischen Anlageansatz, einen in der Regel eingeschränkten Investorenkreis (institutionelle Anlager) und eine Domizilierung in sogenannten "Offshore-Domizilen". Hedgefonds sind eine sehr heterogene Anlageklasse. Deshalb hat sich neben der Definition bis heute keine einheitliche Klassifizierung in Kategorien und Stilrichtungen durchgesetzt. Eine der gängigeren Aufteilungen geht von fünf Hauptstilrichtungen aus: Global-Macro, Long-Short, Market-Neutral, Event-Driven und Multi-Strategien. Daneben existiert ein Anlagemodell, das häufig im Zusammenhang mit Hedgefonds erwähnt wird, obwohl es streng genommen ein eigenes spezialisiertes Produktfeld darstellt: Managed Futures.

Fünf Hauptstilrichtungen

Typische Global-Macro-Strategien versuchen wirtschaftlich, politisch oder gesellschaftlich bedingte Veränderungen von Kursen vorherzusagen und gewinnbringend zu nutzen. Long-Short-Strategien tätigen sowohl klassische Anlagegeschäfte (Kauf von Finanzinstrumenten = Long-Position) als auch Leerverkäufe (Short-Position). Market-Neutral-Strategien verfolgen den gleichzeitigen Kauf und Verkauf von ähnlichen Finanzinstrumenten, die ungewöhnliche Preisdifferenzen zueinander aufweisen. Event-Driven-Strategien zielen darauf ab, bestimmte Markt- oder Unternehmensereignisse auszunutzen. Multi-Strategien sind eine Kombination verschiedener Stilrichtungen. Hier praktiziert ein Manager entweder mehrere Handelsstile auf einmal, oder das Kapital wird in die Hände verschiedener interner oder externer Markt- und Strategie-Experten gelegt, die einzelne Teile des Fondsvermögens betreuen und zum Beispiel mit eigenen Unterkonten und -depots des Fonds (sogenannten Managed Accounts) arbeiten.

Managed Futures bezeichnet schließlich die Stilrichtung von Vermögensverwaltern, die auf Basis von systematisch quantitativen Handelsansätzen ausschließlich in Terminmarktprodukte (Derivate) investieren. Verwaltet werden diese von sogenannten Commodity Trading Advisors (CTAs), weshalb dieser Begriff zum Teil synonym für dieses Anlagemodell verwendet wird.

Definition und Formen von Private Equity

Private Equity (PE) als eigene Anlageklasse des Kapitalmarktes bedeutet Eigen-kapital-Investitionen in die Finanzierung nicht börsennotierter Unternehmen. Aus diversen Gründen, wie zum Beispiel den geänderten Anforderungen durch Basel II, der Globalisierung und insbesondere aus Unternehmensnachfolgegründen wird diese Form der Finanzierung zukünftig eine zunehmende Bedeutung für Unternehmen und Unternehmer haben. "Private" steht dabei für den nicht öffentlichen Charakter der Anlageklasse Private Equity. Das Gegenstück bildet das Public Equity, also die Finanzierung über Eigenkapital, das an öffentlichen Börsen, zum Beispiel in Form von Aktienkapital aufgenommen wird.

"Equity" unterstreicht den Eigenkapitalcharakter von Private Equity. Während Fremdkapital, welches Unternehmen von Banken und Versicherungen als Darlehen zur Verfügung gestellt wird, mit einer vorrangigen, festen Verzinsung abgegolten wird, nimmt Eigenkapital uneingeschränkt am Gewinn oder Verlust eines Unternehmens teil. Der Eigenkapitalinvestor unterliegt damit einem höheren Risiko, da unternehmerische Verluste zunächst mit dem Eigenkapital verrechnet werden. Dementsprechend profitiert er bei positiver Unternehmensentwicklung oft weit über der dem Fremdkapitalgeber gewährten Verzinsung. Ein Private-Equity-Investor leistet neben der reinen Finanzinvestition oftmals auch eine Managementunterstützung und hilft so, das Unternehmen in seiner Organisation und Struktur zu optimieren.

Bei Investitionen in junge Wachstumsunternehmen spricht man vom sogenannten Venture Capital (VC). Die Kapitalunterstützung wird meist benötigt, um Produkte zur Marktreife zu entwickeln oder erstes Umsatzwachstum zu finanzieren. Im Gegensatz dazu investieren Private-Equity-Gesellschaften in reife Unternehmen, welche mit ihren Produkten oder Dienstleistungen bereits länger am Markt etabliert sind. Nicht die Höhe der Investition ist somit für die Unterscheidung zwischen VC und PE entscheidend, sondern der Reifegrad des Unternehmens. Man unterscheidet dementsprechend auch zwischen Seed-, Start-Up-, Early- und Later-Stage- und schließlich Bridge- oder Buyout- und sogenannter Mezzanine-Finanzierung. Im Ergebnis können PE-Investitionen also grundsätzlich alle Finanzierungssituationen und -anlässe eines Unternehmens unterstützen.

Die Rolle von Hedgefonds und Private Equity in der Krise

Hedgefonds übernehmen eine wichtige Rolle auf den internationalen Finanz- und Kapitalmärkten, für die das Spekulations- und Arbitragegeschäft notwendiger Bestandteil ist. Nur wenn Marktteilnehmer wie zum Beispiel Hedgefonds bereit sind, potenzielle Risiken anderer Marktteilnehmer zu übernehmen, funktioniert das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Nur durch die gezielte Ausnutzung von Marktineffizienzen werden Märkte effizienter. Und schließlich müssen diese Märkte auch mit Liquidität versorgt werden. Diese Regeln gelten schon seit Jahrhunderten, und nicht erst seit es Hedgefonds gibt. Die Bedeutung von Private Equity ist im Hinblick auf das im Vergleich mit Hedgefonds grundsätzlich andere Geschäftsmodell nicht in erster Linie im Kontext der Finanz- und Kapitalmärkte zu sehen, sondern im Kontext der Portfoliounternehmen, denen Kapital zur Verfügung gestellt wird. Als Möglichkeit zur Stärkung der Finanzkraft und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen ist Private Equity schließlich aber auch unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten von Bedeutung.

Hedgefonds und Private Equity gemeinsam ist deren Bedeutung in der Asset-Allokation ihrer Investoren, insbesondere bei Versicherungen und Pensionskassen. Auch Wertpapierportfolios deutscher Investoren müssen zukünftig breiter diversifiziert sein als bisher und neben Aktien und Renten auch alternative Anlageformen wie Hedgefonds oder Private Equity enthalten. Mit dem traditionellen, wenig komplexen Asset Management lassen sich gute Renditen überwiegend nur in steigenden Märkten erzielen. In der Zukunft wird aber ein aktiveres und effektiveres Anlage-Management institutioneller Investoren gefordert sein, insbesondere von Versicherungen und Pensionsfonds, denen Millionen von Bürgern ihr Erspartes im Vertrauen auf gute Renditen zur (privaten) Altersvorsorge anvertraut haben.

Eine Debatte politischer Natur

Im Hinblick auf mögliche Risiken für die Finanzmärkte hat im Rahmen dieser Betrachtung lediglich das "Anlagemodell Hedgefonds" potenzielle Relevanz. Aber selbst diesbezüglich ist hervorzuheben, dass die gegenwärtige Krise weder eine "Hedgefonds-Krise" ist, noch dass es systemische Ereignisse in Bezug auf Hedgefonds gab. Diese Feststellungen stammen von der IOSCO beziehungsweise der Europäischen Zentralbank. Sie zeigen, dass ein wesentlicher Teil der gegenwärtigen Regulierungsdebatte eher politischer Natur ist. Weiter ist klarzustellen, dass potenzielle Gefahren in der Mehrzahl der Fälle nicht spezifisch für Hedgefonds sind, sondern auch auf andere Anlageformen oder Marktteilnehmer zutreffen, wie zum Beispiel das allgemeine Marktrisiko durch eine falsche Markteinschätzung, das Verlustrisiko durch den Einsatz von Leverage, Herdenverhalten, operationelle Risiken oder Destabilisierungseffekte in fallenden Märkten.

Leerverkäufe, die beispielsweise auch im Rahmen einiger Hedgefonds-Strategien getätigt werden, sind im Übrigen grundsätzlich nicht negativ zu bewerten. Abgesehen von marktmissbräuchlichem Verhalten wie "short and distort" sind Leerverkäufe ein wichtiges Absicherungs- und Liquiditätsinstrument für Teilnehmer auf den Finanz- und Kapitalmärkten.

Regulierungsansätze

Hedgefonds beziehungsweise deren Manager werden bereits in vielen Ländern - insbesondere in Europa - reguliert. Dies gilt auch für die USA, wo ein Teil der Manager aber von Ausnahmeregelungen profitiert. Deutschland hat im Jahr 2004 im Investmentgesetz (InvG) Regelungen zu Hedgefonds - auch Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken genannt - implementiert, die sich im Grundsatz an den Bestimmungen für herkömmliche Publikumsfonds nach dem Investmentgesetz orientieren; angefangen von der Organisationsform und dem Erlaubnis- beziehungsweise Genehmigungsverfahren, über Prospekterfordernisse und Berichtspflichten bis hin zu Anlagerestriktionen, auch wenn Letztere relativ liberal sind, zum Beispiel im Hinblick auf die Anlagegrenzen und den Einsatz von Leverage und Leerverkäufen. Dieser Ansatz unterscheidet sich deutlich von anderen Jurisdiktionen, die für alternative Anlagevehikel ein eigenständiges von traditionellen Investmentfonds unabhängiges - Regulierungskonzept vorsehen.

Während in Deutschland sowohl der Hedgefonds als auch dessen Verwalter (Manager) reguliert sind, ist gerade im anglo-amerikanischen Bereich häufig nur der Manager reguliert und beaufsichtigt. Neben der gesetzlichen Regulierung gibt es mittlerweile umfassende freiwillige Branchenstandards, die national und international als wichtiger komplementärer regulatorischer Beitrag anerkannt werden. Beispielhaft seien hier die Standards der UK Hedge Fund Working Group und der US President's Working Group genannt, die Vorgaben zu elementaren Bereichen wie Governance, Organisation, Risikomanagement, Transparenz, Bewertung, Anlageverhalten enthalten.

Für Private Equity gibt es in Deutschland keinen einheitlichen regulatorischen Rahmen, obwohl dieser selbst von der Branche schon seit Jahren gefordert wird. In erster Linie für die steuerliche Behandlung gibt es mit dem Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBGG) und dem Wagniskapitalbeteiligungsgesetz (WKBG) zwei Gesetze, die aber nur einen sehr kleinen Teil der Branche betreffen.

"Diese Krise ist keine Hedgefonds-Krise" hat nunmehr auch IOSCO festgestellt. Dennoch wird die Hedgefonds-Branche - wie die gesamte AI-Branche - vor ihre bisher größte Herausforderung gestellt. In einem Marktumfeld, in dem zum Beispiel auch das Absolute-Return-Konzept seine Grenzen erfährt und Investoren Liquidität zum Teil um jeden Preis suchen, hat sich das verwaltete Anlagevermögen von Hedgefonds und Private Equity deutlich verringert und der Branche wird eine dramatische Marktbereinigung vorausgesagt.

Die EU-Kommission und IOSCO arbeiten bereits an Vorschlägen für deren internationale Regulierung, und es ist abzusehen, dass in Zukunft zumindest Verwalter von "Alternative Funds", egal ob Hedgefonds oder Private Equity, aufsichtlich erfasst und reguliert werden. Ob gerade hier der Schlüssel für den Ausweg aus der Krise liegt, darf bezweifelt werden.

Bessere Aufsicht erwünscht

Es geht nämlich nicht um mehr Aufsicht, sondern um bessere Aufsicht, vor allem um die internationale Konvergenz der Regulierung und Beaufsichtigung. Dieser Ansatz dürfte Alternative Investments zu einer verbesserten Akzeptanz verhelfen und wird daher von der Branche im Grundsatz auch begrüßt. Die Anlagefreiheiten und Innovationsmöglichkeiten der AI-Branche dürfen in diesem Zusammenhang jedoch nicht grundlos durch unausgewogene Regulierung beschnitten werden. Hedegefonds oder andere alternative Anlagestrategien werden auch in der Zukunft ihr Potenzial und ihre Berechtigung unter Beweis stellen. Daran ändert auch die gegenwärtige Krise nichts.

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