Gespräch des Tages

Auslandsbanken - Dominanz im hiesigen Kapitalmarktgeschäft

Viele der hiesigen Privatbanken durften schon in den vergangenen Monaten von einem guten Bankenjahr berichten, und jetzt belegen nach und nach die Abschlüsse aus dem Lager der Sparkassen und Genossenschaftsbanken die positive Berichterstattung ihrer Dachverbände mit Einzelergebnissen. Die Auslandsbanken in Deutschland müssen sich hingegen naturgemäß mit Trendaussagen begnügen. Denn bilanziert wird der Geschäftsverlauf der mittlerweile 158 Mitgliedsbanken des hiesigen Verbandes der Auslandsbanken überwiegend bei den Muttergesellschaften im Ausland. Basis für eine verbesserte Markteinschätzung des Geschäftsverlaufs dieser heterogenen Gruppe in Deutschland ist eine erstmals im vergangenen Jahr initiierte Umfrage zur Geschäftsentwicklung. Auch wenn die Teilnahme freiwillig ist, sieht sich der Verband mit dieser Erhebung in die Lage versetzt, "recht eindeutige" Ergebnisse zu verkünden.

Demnach hat die Mitarbeiterzahl der befragten Mitglieder im Berichtsjahr 2006 um rund drei Prozent zugelegt. Das in Deutschland verantwortete Geschäftsvolumen ist durchschnittlich um elf Prozent gestiegen. Rund 47 (nach 39) Prozent der Befragten haben ihre Jahreserträge um mehr als 20 Prozent gesteigert, und um mehr als zehn Prozent sind sie bei über 60 Prozent der Mitglieder gestiegen. Insbesondere im Firmenkundengeschäft, in der Akquisitionsfinanzierung sowie im Immobilien- und Privatkundengeschäft wurden bestehende Aktivitäten aus- und neue aufgebaut. Und insgesamt ist aus Sicht des Verbandes per saldo geschäftsrelevantes Know-how verstärkt nach Deutschland hereingeholt worden, während Back-Office-Aktivitäten teilweise ins Ausland verlagert wurden. Inwieweit diese Anziehungskraft Deutschlands beziehungsweise insbesondere Frankfurts auch in wirtschaftlich weniger guten Zeiten nachhaltig gewährleistet bleibt, wird man erst nach Betrachtung eines vollen Konjunkturzyklus bewerten dürfen.

Besonders stolz ist der Verband der Auslandsbanken auf das Gewicht seiner Mitgliedsinstitute im hiesigen Kapitalmarkt- und Börsengeschäft. In diesem Bereich fällt es in der Tat auf, dass es außer der meist auf der Spitzenposition vertretenen Deutschen Bank praktisch keine andere einheimische Adresse mehr auf einen vorderen Rang schafft. Eine Ausnahme bilden lediglich derivative Wertpapiere und die Emission von Optionsscheinen. Hier haben neben der Deutschen Bank mit der Commerzbank, der Dresdner Bank und Sal. Oppenheim immerhin jeweils drei weitere deutsche Institute den Eingang in die Top Ten geschafft. Auf vielen anderen Teilmärkten werden nach den vom Verband vorgelegten Statistiken die Plätze hinter der Deutschen Bank durchweg von den Auslandsbanken belegt. So sind in der Bietergruppe für Emissionen des Bundes von den 15 bedeutendsten Kreditinstituten gleich 14 in ausländischem Besitz. Bei der Arrangierung von Euro-Anleihen schaffen es ebenso wie im M&A-Geschäft lediglich zwei in die einschlägige Rennliste der zehn erfolgreichen Bookrunner, bei der Syndizierung von Krediten nur drei. Ihren Anteil am Umsatzvolumen der Derivatebörse Eurex veranschlagen die ausländischen Kreditinstitute auf 85 Prozent. Und selbst am Kassamarkt der Frankfurter Wertpapierbörse erreichen sie mit 58 Prozent des Umsatzvolumens erstmals das größte Gewicht.

Dass ausländische Kreditinstitute den deutschen Markt schätzen und die Mitglieder des Verbandes der Auslandsbanken zum 25-jährigen Jubiläum seiner Gründung ein so großes Gewicht reklamieren können, mag man aus deutscher Sicht bei lockerer Betrachtung als Beleg für die Offenheit der hiesigen Kapitalmarktusancen werten. Wenn die einheimische Kreditwirtschaft bei den wirklich großen Transaktionen zur globalen Neuordnung der Wirtschaftsstrukturen freilich nicht mehr in der Lage ist, die erforderlichen Größenordnungen an syndizierten Krediten zu stemmen - sei es mangels Masse, Know-how oder Risikotragfähigkeit - so darf das zu grundsätzlichem Nachdenken anregen. Bei großen Transaktionen vom Kaliber Bayer-Schering, Linde-BOC und MAN-Scania, so hat der Vorstand des Verbandes der Auslandsbanken sanft angemerkt, war keine deutsche Adresse an führender Stelle dabei.

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