Im Gespräch

"Deutschland ist für Auslandsbanken nach wie vor attraktiv"

In den letzten Jahren hat die Anzahl der Mitglieder des Verbands der Auslandsbanken deutlich zugenommen. Wie ist die Entwicklung derzeit?

Seit 2000 hat sich unsere Mitgliederzahl mehr als verdoppelt. Im Verband sind rund 35 Nationen vertreten, hauptsächlich aus Europa, Nordamerika und Asien. Derzeit haben wir über 200 Mitglieder. Hierbei handelt es sich aber nicht nur um Banken, sondern auch um Kapitalanlagegesellschaften, Asset-Management-Gesellschaften, Leasing- und Factoringunternehmen, die oftmals Zweitmitglieder sind. Die meisten Auslandsbanken sind in Frankfurt am Main angesiedelt. In München findet man hauptsächlich Auslandsbanken aus dem italienischen, österreichischen und Schweizer Raum, in Düsseldorf klassischerweise die japanischen Banken und in Hamburg die skandinavischen Häuser und - historisch bedingt - die iranischen Banken.

Derzeit siedeln sich nicht mehr so viele neue Auslandsbanken an, weil die Finanzkrise dazu führt, dass grenzüberschreitende Tätigkeiten wohl überlegt werden. Dies betrifft aber nicht nur Deutschland, sondern jeden Finanzplatz. Es haben aber auch nicht viele Auslandsbanken den deutschen Markt verlassen, weil sie ihn nach wie vor als den Kernmarkt Europas mit starker Exportorientierung betrachten und die zergliederte Bankenlandschaft es Auslandsbanken immer wieder ermöglicht, eine Nische zu finden.

Das klassische Geschäft der Auslandsbanken ist das Firmenkundengeschäft?

Ja. Auslandsbanken begleiten klassischerweise Unternehmen aus dem Heimatland in das jeweilige Gastland. Deshalb richtet sich der Sitz der Banken oft nach den jeweiligen Handelsbeziehungen.

Wie sind die Auslandsbanken im Gegenzug im hiesigen Mittelstandsgeschäft vertreten?

Der deutsche Mittelstand ist sehr dezentral. Und da die Auslandsbanken nicht so sehr in der Fläche vertreten sind, sind sie bei den kleineren und mittelständischen Unternehmen weniger präsent. Denn der Mittelständler verlangt ja mehr als nur das Kreditgeschäft. Und eine Hausbankbeziehung lässt sich schwer ohne Filiale vor Ort gestalten.

Durchaus tätig sind die Auslandsbanken im Bereich der großen Mittelständler, vor allem im Bereich Unternehmensfinanzierung und immer dann, wenn es um Exporte ins jeweilige Heimatland geht, also bei Akkreditiven, Avalen, Forfaitierung und Ähnlichem. Das Gesamtpaket einer Hausbank, das ein Mittelständler benötigt, wird jedoch relativ selten angeboten, wobei es erfolgreiche Ausnahmen gibt.

Was den Marktanteil der Auslandsbanken bei Krediten angeht, gehen wir von etwa zehn bis zwölf Prozent aus. Innerhalb der Gruppe der Auslandsbanken gibt es immer wieder Verschiebungen. Insgesamt aber ist der Marktanteil über die letzten Jahre hinweg stabil.

Wie attraktiv ist der deutsche Retailbankingmarkt für ausländische Anbieter?

Insbesondere Tagesgeldkonten sind für ausländische Banken sehr interessant, auch bei Kreditkarten wird häufig eine Marktlücke gesehen - auch wenn es da immer wieder Verschiebungen gibt. Solche Entscheidungen haben nicht immer damit zu tun, dass der Bereich in Deutschland gut oder schlecht läuft, sondern das sind meist zentral getroffene Entscheidungen, die hier vor Ort nur zum Teil beeinflusst werden können.

Wie sind die Auslandsbanken im deutschen Privatkundengeschäft positioniert?

Die klassischen Auslandsbanken sind relativ wenig im Privatkundengeschäft aufgestellt. Beim Private Wealth Management, das mit einigen wenigen Büros in großen Städten auskommt, sieht das wieder etwas anders aus.

Das breite Privatkundengeschäft dagegen betreiben nur wenige Auslandsbanken. Viele bieten das klassische Privatkunden-Filialgeschäft in der Fläche deshalb nicht an, weil der Markt so wettbewerbsintensiv ist. Es gibt natürlich auch Ausnahmen wie beispielsweise Banken aus dem französischen, spanischen oder niederländischen Raum.

Traditionell stark sind die Auslandsbanken in Deutschland im Konsumentenkreditgeschäft. Woran liegt das?

Es ist ein sehr standardisiertes, wenig risikoreiches Geschäft, das sich von einem Standort aus deutschlandweit anbieten lässt. Zudem waren wir in der Vergangenheit in Deutschland längst nicht so kreditaffin wie viele andere Märkte.

Deshalb haben sich Auslandsbanken mit ihren Erfahrungen in ihrem jeweiligen Heimatmarkt in diesem Geschäftsfeld viel eher etabliert. Dank dieser Erfahrung, wie man das Produkt sehr effizient anbieten kann, konnten sie sich auch in Deutschland frühzeitig entsprechend positionieren.

Einige Auslandsbanken aus dem EU-Ausland sind aber auch im Filialgeschäft hierzulande kräftig auf Einkaufstour gegangen ...

Zweifellos! Das sind gute Beispiele dafür, wie es funktionieren kann, als Auslandsbank über bestehende Filialnetze in einen etablierten Markt zu kommen.

Was macht den deutschen Privatkundenmarkt für die Auslandsbanken so attraktiv?

Das Einlagengeschäft wird im Zuge von Basel III eine zunehmend wichtigere Rolle spielen. Hier wird der Wettbewerb in den nächsten Jahren noch einmal deutlich zunehmen.

In Deutschland ist die Sparquote im Vergleich zu anderen Ländern sehr hoch. Das und die Einkommensstrukturen machen es für Auslandsbanken interessant, hier Einlagen zu generieren und so unter anderem die Anforderungen nach Basel III zu erfüllen.

Haben die Auslandsbanken früher als mancher deutsche Anbieter erkannt, dass die Einlagen immer wichtiger werden und man sich hier frühzeitig Marktanteile sichern muss?

Die Auslandsbanken haben sicher etwas früher erkannt, dass man in das Einlagengeschäft mehr investieren muss. Es gibt aber auch Institute, die sich um die Einlagen nicht so viele Gedanken machen müssen. Das zeigte sich gerade in der Krise, als den Volksbanken und Sparkassen die Einlagen nur so zuströmten.

Im Wettbewerb um die Bankeinlagen führen meist Auslandsbanken den Konditionenwettbewerb an. Woran liegt das?

Der Konditionenvorsprung erklärt sich in erster Linie dadurch, dass das Geschäft mit einer schlankeren Struktur angeboten werden kann, wenn man sich nur auf den einen Bereich konzentriert, als wenn man das Gesamtpaket an Produkten anbietet.

Zum anderen ist der Marktzugang eben oft nur über die Konditionen zu schaffen. Und weil der Retailbankingbereich in vielen europäischen Staaten deutlich rentabler ist als in Deutschland, können es sich Auslandsbanken mitunter erlauben, den einen oder anderen Basispunkt mehr zu zahlen als heimische Anbieter, denen es hier schwerer fällt, die Zinsen auch zu verdienen, die sie zahlen.

Welche Aspekte sind neben den Konditionen noch wichtig, um als ausländischer Anbieter Marktanteile zu gewinnen?

Neben den Konditionen ist die Frage der Einlagensicherung mindestens Priorität zwei. Hier hat die Sensibilität nach den Erfahrungen der letzten Jahre spürbar zugenommen. Fast alle Auslandsbanken sind deshalb auch Mitglied im Einlagensicherungsfonds des privaten Bankgewerbes, weil das von den Kunden weiterhin als Gütezeichen wahrgenommen wird.

Woran machen Kunden die Vertrauenswürdigkeit eines Anbieters sonst noch fest?

Die Einlagensicherung ist sicher ein wichtiges Kriterium. Ein anderes sind Name und Ruf der Bank. Hier ist die Zugehörigkeit zu einem großen Konzern sicher hilfreich.

Werden Auslandsbanken (heute) kritischer beobachtet als einheimische Anbieter?

Von der Aufsicht her gibt es keine Ungleichbehandlung. Insgesamt wird aufgund der Erfahrungen der Vergangenheit bei allen genauer hingeschaut. Das kann man der Aufsicht nicht verdenken, auch wenn man nicht immer am Extrembeispiel gemessen werden möchte.

In der öffentlichen Wahrnehmung gerieten die Auslandsbanken nach den Insolvenzen von Lehman und Kaupthing natürlich mehr in den Fokus. Generell hat die europäische Harmonisierung aber sicher dazu beigetragen, dass man nicht mehr so sehr in den herkömmlichen Kategorien denkt. Denn auch die heimischen Banken sind teilweise international aufgestellt: Eine Deutsche Bank ist zu mehr als 50 Prozent im ausländischen Aktienbesitz, die Hypovereinsbank gehört zur Unicredit Group, Trinkaus zu HSBC ... Das heißt: Die Grenzen zwischen Auslands- und Inlandsbank sind inzwischen fließend. Man kann sagen, es gibt inzwischen ein level playing field.

Werden Auslandsbanken überhaupt immer als ausländische Anbieter wahrgenommen?

Viele Auslandsbanken haben die gleiche Rechtsform wie deutsche Banken und werden von Bundesbank und BaFin beaufsichtigt. Dann fallen die ausländischen Wurzeln kaum auf. Daneben gibt es die europäischen Zweigniederlassungen, die grenzüberschreitend mit einem europäischen Pass tätig sind. Dann ist die jeweilige Aufsicht des Heimatlandes zuständig. Aber die

Regelwerke sind nahezu gleich. Insofern ergibt sich für den Kunden kein Unterschied. Die Mehrheit der Kunden dürfte aber darüber Bescheid wissen, wer hinter ihrer Bank steht. Und wenn es um die Reputation geht, wird die jeweilige Herkunft auch immer mitklingen.

Bei MiFID II befürchten Sie trotz der erreichten Harmonisierung Hindernisse für den Marktzugang?

Zunächst einmal ist dies ein europäisches Thema. In Deutschland haben wir bereits eine vorbildliche Regelung. Der Verband ist immer bestrebt, dass aus dem Ausland kommende Institute mit den gleichen Regeln konfrontiert werden wie die nationalen Anbieter. Denn das ist ein erster Schritt zu einem erleichterten Marktzugang und einer späteren Ansiedlung. Die Hür den, die nun mit dem Entwurf von MiFID II eingezogen werden sollen, erachten wir als zu hoch. Auch ohne eine physische Zweigniederlassung oder ein umfassendes Steuerabkommen zwischen Aufnahme- und Herkunftsstaat kann ein Institut aus einem Nicht-EU-Land Dienstleistungen erbringen, wenn dies nach vergleichbaren Aufsichtsstandards geschieht. Die BaFin praktiziert seit Jahren ein Anerkennungsverfahren, das sehr gut funktioniert hat.

Insgesamt sind wir in vielen Bereichen recht zufrieden. Früher gab es relativ viele diskriminierende Regelungen. Aber die europäische Harmonisierung hat dazu geführt, dass an vielen Stellen eine Gleichbehandlung stattfindet. Auch im Steuer recht, das nach wie vor recht national ist, ist immer wieder der Wille des Gesetzgebers erkennbar, Ungleichbehandlungen zu beseitigen.

Wunschlos glücklich sind sie aber doch sicher nicht?

Nein. In der aktuellen Diskussion ist es uns sehr wichtig, Europa und den Euro hochzuhalten. Ein Zurückfallen in einzelne Nationalstaaten wäre gerade für unsere Mitglieder sehr hinderlich. Deshalb setzen wir uns dafür ein, Insellösungen zu vermeiden und das regulatorische Pendel nicht zu sehr wieder nach der anderen Seite ausschwingen zu lassen.

Eines unserer Hauptthemen ist aktuell die Finanztransaktionssteuer, wo wir eben das befürchten. Wenn sie nur national oder auf einige Mitgliedsstaaten beschränkt eingeführt würde, käme es wieder zu einer Ungleichbehandlung. Zumindest in der EU sollte es eine einheitliche Ausgestaltung geben.

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