Im Gespräch

"Wir schließen eine Lücke im Zahlungsverkehr des Mittelstands" Interview mit Robert Krakau

Seit rund einem Jahr ist Western Union Business Solutions in Deutschland am Markt. Für das Unternehmen ist der Geschäftsbereich aber nicht ganz neu ...

Das ist richtig. Western Union Business Solutions setzt sich zusammen aus verschiedenen Unternehmen, die in den letzten Jahren akquiriert wurden: Custom House und Ruesch International. Das Geschäft als solches existiert somit bereits seit über 30 Jahren, und gerade in den angelsächsischen Märkten gibt es Kunden, die schon lange Partner sind. "Western Union Business Solutions" existiert in dieser Form seit 2011, aktuell sind wir in 32 Ländern vertreten. In Deutschland sind wir seit Ende 2012 aktiv.

Auf welches Segment konzentrieren Sie sich hier?

Im klassischen Sinn ist Western Union ein Dienstleister für Privatkunden. Hier ist das Unternehmen seit mehr als 100 Jahren tätig. Erst in den letzten Jahren gab es durch die Akquise von Ruesch International und Custom House die Erkenntnis, dass es auch im Bereich der Geschäftskunden einen großen Bedarf gibt, mit dem sich das Angebot komplettieren lässt. Das liegt daran, dass Banken gerade seit der Finanzkrise den Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen im Bereich des Zahlungsverkehrs etwas vernachlässigt haben. Hier gibt es eine gewisse - zumindest gefühlte - Beschränkung, was die Dienstleistungen betrifft. Diese Lücke hat Western Union erkannt und die Chance ergriffen, hier tätig zu werden. Mittlerweile haben wir weltweit im Bereich der Zahlungen von kleinen und mittelständischen Unternehmen einen Marktanteil von zwei Prozent.

Wie definieren Sie Mittelstand?

Wir verstehen unter einem Mittelständler alle Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 100 Millionen Euro. Unser Kundensegment ist zwischen einem Euro-Fremdwährungsgegenwert zwischen etwa 100 000 bis 20 oder 30 Millionen Euro angesiedelt. In diesem Bereich finden wir unsere Nische. Bei größeren Volumina wird das Geschäft für Banken wieder attraktiver.

Welche Dienstleistungen genau fehlen den Unternehmen in der Angebotspalette der Kreditinstitute?

Das beginnt mit der Frage, welche Währung man wohin schicken kann. Beispiel China. Viele Unternehmen schicken nach wie vor Euro nach China. Hier haben insbesondere Mittelständler eine viel größere Verhandlungsgrundlage, wenn sie Zahlungen direkt in chinesischen Renminbi leisten können. Gerade Zahlungen in Chinas Landeswährung sind ein ganz stark wachsender Bereich. In den USA etwa werden bereits zwölf Prozent aller Transaktionen in Renminbi getätigt, 2012 waren es noch 8,5 Prozent.

Der nächste Schritt ist die Transparenz: Wir bieten Echtzeitkurse, sodass der Kunde in dem Moment, in dem er eine Zahlung in Auftrag gibt, auf den Cent genau weiß, wie viel er in Euro zahlen muss. Das klingt ziemlich simpel, ist aber für die meisten unserer Kunden der wichtigste Aspekt. Das gleiche gilt für die Kostentransparenz.

Ins Spiel kommen wir auch beim Risikomanagement. Denn die klassische Wechselkursabsicherung ist für viele Kreditinstitute bei relativ kleinen Volumina eher unattraktiv oder für die Unternehmen einfach zu teuer. Bei teilweise weit in der Zukunft liegenden Zahlungszielen ist die Planbarkeit für die Unternehmen aber wichtig, gerade in Bereichen, in denen die Margen abschmelzen. Hier bieten wir Strategien für die Risikoabsicherung schon ab kleineren Beträgen.

In den letzten Monaten in den Markt gebracht haben wir mit Global Pay eine Art Cash-Management-Lösung, mit der Unternehmen ihre Verbindlichkeiten, die in den nächsten Monaten entstehen, erfassen und in Echtzeitkursen den Gegenwert in Euro einsehen können. Das war für den Mittelstand bisher ein unbekanntes Thema. Hier erfahren wir enorme Resonanz.

Mit welchen Sicherheitsverfahren arbeiten Sie?

Momentan arbeiten wir mit digitalen Zertifikaten, Benutzername, Passwort und Unternehmens-ID. Diese Verfahren werden regelmäßig überprüft, um sie auf die aktuellen Anforderungen anzupassen. Zudem sind alle Daten und Prozesse nach Bankenstandard gesichert.

Wie groß ist diese Nische, auf die Sie sich fokussieren?

Das ist eine schwierige Frage. Denn das weltweite Volumen an Devisentransaktionen ist nur schwer nachvollziehbar. Es ist aber in jedem Fall ein großer Markt. Wenn man sich anschaut, wie stark der Außenwirtschaftsverkehr in Deutschland ist, dann kann man sich ausrechnen, dass wir von großen Volumina sprechen. Denn es ist eben immer noch nicht so, dass es weltweit nur eine Handvoll Währungen gibt, in denen gehandelt wird. Wir bieten weltweit 135 Währungen an.

Sie bieten ja einige spezielle Branchenlösungen an, für Anwaltskanzleien, Bildungseinrichtungen oder gemeinnützige Organisationen. Was sind hier die speziellen Anforderungen?

Unser Geschäftsmodell als Nischenanbieter ohne feste Geschäftsverbindung zwingt uns dazu, besonders sorgfältig auf die Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen.

Denn der Kunde entscheidet von Fall zu Fall, ob er eine Zahlung über uns abwickelt oder nicht. So haben wir branchenspezifische Eigenarten ausgemacht, die wir unter stützen. Eine Hilfsorganisation beispielsweise hat ein Interesse daran, möglichst schnell Geld vor Ort zu haben. Das gilt vor allem, aber nicht nur für die Katastrophenhilfe.

Hier versorgen wir mit unserem Netz über 200 Länder und Territorien weltweit und können Gelder schnell, ohne Zwischenschaltung einer Reihe von Intermediärbanken, verschicken. Dazu kommt das Wissen um spezielle lokale Anforderungen. Damit können wir für gemeinnützige Organisationen ein sehr interessanter Partner sein. Es gibt hier einige weltweite Partnerschaften, zum Beispiel mit Oxfam. Außerdem mit Finanzinstituten, wie die Rakuten Bank in Japan.

Eine Anwaltskanzlei hat ganz andere Bedürfnisse. So muss beispielsweise ein Patentanwalt bei der Anmeldung oder Patentpflege für seine Klienten Gebühren entrichten, bei denen sich die Frage stellt, wer das Währungsrisiko trägt. Hier bieten wir zum Beispiel sogenannte Future Payments, bei denen man Kleinstbeträge terminieren kann, ohne dabei von Kursschwankungen überrascht zu werden.

Einen besonders großen Zuspruch erfährt der Universitätsbereich. In vielen Märkten verlangen Universitäten oder private Schulen hohe Studiengebühren. Hier bieten wir spezielle Möglichkeiten an, wie Studenten im Inund Ausland ihre Zahlungen leisten können und die Universität genau den Betrag, den sie in Rechnung gestellt hat, ohne Abzüge von Bankgebühren tatsächlich erhält. Damit sparen die Einrichtungen viel Zeit und Aufwand. International ist das ein sehr dynamischer Geschäfts bereich.

Welcher Bereich wächst denn in Deutschland besonders stark?

In Deutschland ist der Universitätsbereich sicher nicht das Top-Thema, weil hier nur wenige private Schulen und Hochschulen Gebühren verlangen.

Hierzulande stehen die klassischen kleinen und mittelständischen Unternehmen im Vordergrund. In diesem Bereich sehen wir unsere Kernkompetenz und großes Potenzial. Denn Deutschland ist ja bekanntlich das Land des Mittelstands. Insofern ist der deutsche Markt für uns sehr interessant.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Banken? Sehen Sie sich eher als Wettbewerber oder als komplementärer Anbieter?

Wir verstehen uns nicht als direkte Konkurrenz zu den Banken, sondern als komplementär. Natürlich engagieren wir uns in einem Metier, das die Banken über Jahre besetzt haben. Allerdings hat sich hier in den letzten Jahren eine Lücke aufgetan, und diese Lücke wollen wir jetzt schließen.

Darüber hinaus bieten wir unsere Lösungen auch für Finanzinstitute an, das hat sich in zahlreichen Märkten wie den USA und Kanada sehr gut bewährt. Auch im deutschen Markt sehen wir hier ein starkes Potenzial. Neben der Option, unsere Plattform Global Pay als "White Label" zu nutzen, können wir auch über API-Schnittstellen die Backoffice-Funktionen anbieten.

Im Privatkundengeschäft unterhält Western Union eine Kooperation mit der Postbank. Gibt es Ähnliches auch bei Western Union Business Solutions?

In Deutschland ist Western Union Business Solutions dazu noch zu frisch am Markt. Wir werden sehen müssen, ob es dafür einen Bedarf gibt.

Generell gibt es jedoch verschiedenste Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Finanzinstituten, beispielsweise indem wir eine Plattform zur Verfügung stellen, über die Zahlungen und Währungen gehandelt werden können, und die die Kreditinstitute direkt in ihre Systeme einbinden können.

Weltweit zählen wir bereits mehr als 400 Banken zu unseren Kunden, denen zum Beispiel die Anbindung an das Swift-Netzwerk fehlt und die deshalb einen Partner brauchen, um ihren Kunden viele Währungen anbieten zu können.

Wie sieht es in Ihrer Nische mit dem Wettbewerb aus?

Im deutschen Markt sehen wir bisher keine Wettbewerber. Hier führen wir im Bereich des Zahlungsverkehrs für Geschäftskunden im Nichtbanken-Sektor noch eine Art Inseldasein. In anderen Ländern gibt es regionale Anbieter.

Wo stehen Sie in Deutschland heute? Und Wo wollen Sie in fünf Jahren stehen?

Wir wollen uns als fester Partner des Mittelstands etablieren, wie es in anderen Märkten bereits erreicht wurde. In fünf Jahren wollen wir von Unternehmen als Alternative zu Banken und verlässlicher Partner wahrgenommen werden. Weltweit profitieren Kunden von unserem globalen Clearing-Netzwerk, das in über 70 Ländern eine schnelle und transparente Lösung bietet. Das ist ein weiterer wichtiger Punkt, der uns als Partner ausmacht: auch und ganz besonders an einem international vernetzen Standort wie Deutschland.

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