Aufsätze

"Banken haben eine dienende Funktion. Sie können die Realwirtschaft nicht ersetzen"

Die 56. Kreditpolitische Tagung der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen findet in einer Zeit des Aufbruchs und des Umbruchs statt. Deutschland ist im Aufbruch nach der Krise. Wir spüren einen starken Aufschwung. Das Kreditwesen ist im Umbruch: Weltweite Regulierung und ein tiefer Strukturwandel bestimmen das Bild, alte Geschäftsmodelle stehen auf dem Prüfstand.

Gleich aus mehreren Gründen habe ich den Termin hier in Frankfurt gerne übernommen. Erstens: Das Thema "Der Staat und die Banken" ist gerade jetzt unheimlich spannend. Und möglicherweise auch ein wenig spannungsgeladen. Dazu gehören natürlich auch die Fragen: Was ist Aufgabe des Staates? Was ist Aufgabe der Banken? Brauchen wir so viele Banken? Brauchen wir Landesbanken? Zweitens: Die größte Krise seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland hat die Diskussion um Banken neu befeuert und viele wichtige Erkenntnisse geliefert. Drittens: Wo lässt sich das Thema Staat und Banken besser diskutieren als in Frankfurt? In Frankfurt ist zumindest das Stadtbild die Skyline - noch immer von Hochhäusern der Banken geprägt.

Ein Licht am Ende des Tunnels?

Besonders reizvoll ist es, das Thema Staat und Banken gleich mit den Präsidenten aller drei Säulen diskutieren zu können. Janusköpfig fällt mir dabei wohl die Pflicht zu, Politik und öffentlich-rechtliche Banken zu vertreten. Dabei bin ich auch mit guter Stimmung nach Frankfurt gekommen. Der unerwartet heftige Aufschwung ist nicht nur bei Unternehmen und Banken angekommen. Und es gibt auch ein Licht am Ende des Tunnels für die Finanzminister. Der Arbeitskreis Steuerschätzung erwartet nicht völlig unerwartet höhere Steuereinnahmen. Das Tal der Tränen ist für die Finanzminister damit aber noch nicht durchschritten. Zu groß ist die Schuldenlast - nicht nur durch die Krise.

Bei der Konsolidierung darf es keine Abstriche geben. In der Krise ist viel Vertrauen verloren gegangen. Und Vertrauen lässt sich nur durch solide Finanzen wiedergewinnen. Ich will eine nachhaltige und generationengerechte Finanzpolitik. Deshalb hält Bayern am ausgeglichenen Haushalt fest. Kürzlich lud die FAZ zu einem Symposion nach Dresden unter der Überschrift "Wir sparen uns das Defizit". Bayern, so konnte ich berichten, hat sich auch in der Krise neue Schulden gespart. Weil wir in guten Jahren vorgesorgt haben. Wir brauchen beides: Konsolidieren und Wachstum. Die Kunst besteht darin, wachstumsgerecht zu konsolidieren. Ich möchte in unserer Gesellschaft allen den Rücken stärken, die anpacken und etwas leisten.

Wenn für eine große Steuerreform jetzt das Geld fehlt, müssen wir zumindest die Steuern vereinfachen und die kalte Progression bekämpfen. Weg mit den Blockaden! Ich bin entschiedener Gegner von Stillstand und Selbstfesselung beim Thema Steuern.

Historisches zu Staat und Banken

Das Verhältnis zwischen Staat und Banken war schon in der Geschichte immer ein besonderes - eigentlich seit es Geld gibt, seit Münzen geprägt wurden. Die Politik, sprich die Obrigkeit brauchte immer Gold und Geld. Das war schon im alten Ägypten so, sei es für Eroberungen und Kriege, sei es für glanzvolle Bauten und den Hofstaat oder nur für schöne Leidenschaften. So sehr sich Steuereintreiber auch abmühten, es blieben meist Löcher in der Kasse. Durch Handel wohlhabend gewordene Kaufleute sprangen dann gerne ein - auch um sich Einfluss zu sichern. Daraus wurde oft Abhängigkeit.

Wir alle haben das Gefühl, in den letzten 24 Monaten eine einmalige Finanzmarktkrise und in ihrer Folge Wirtschaftskrise erlebt zu haben. Historiker wie der renommierte bayerische Geschichtsprofessor Heydenreuther winken da nur müde lächelnd ab: alles sei in der Geschichte schon da gewesen - selbst die Euro-Krise. Wie das? Bis zu Beginn des 14. Jahrhunderts war der Gulden einheitlich anerkanntes europäisches Zahlungsmittel gewesen. Dann haben die Genuesen und Venezianer England viel Geld geliehen. England hatte sich übernommen, konnte nicht zurückzahlen. Genua und Venedig mussten den Gulden aufgeben und verloren in Folge ihren Einfluss.

Auch in den letzten Jahrzehnten waren Banken immer wieder Gegenstand politischer Diskussion. Die Verstaatlichung von Banken war lange Zeit höchstes Ziel bestimmter Kräfte in Deutschland. Ironie der Geschichte: Die gleichen Kräfte kämpfen heute für das Gegenteil mit dem Argument, Vergesellschaftung von Verlusten sei die größte Gemeinheit am Volk.

Mit dem Zusammenbruch der Investment Bank Lehman Brothers sahen sich Politik und Staaten urplötzlich vor der Aufgabe, Banken zu retten und sich an Banken zu beteiligen. Wir in Deutschland mussten binnen vier Tagen den SoFFin mit fast 200 Milliarden Euro Rettungsvolumen aus dem Boden stampfen. Und das im grundgesetzlich vorgegebenen Verfahren im Bundestag und Bundesrat. Wir haben es geschafft. Die Lateiner sagen: Tempora mutantur - die Zeiten ändern sich. Et nos in illis - und wir ändern uns mit ihnen.

Stimmt das? Ändern wir uns? Wenn ich heute nach Manhattan und zur City of London schaue, habe ich das Gefühl: Viel verändert hat sich nicht. Im Gegenteil: Die Boni sind zum Beispiel in New York mit sage und schreibe 144 Milliarden Dollar (Wall Street Journal) heute um vier Prozent höher als vor der Krise. Die Bürger fragen da schon besorgt: Wer zahlt die Zeche? Den Banken geht es wieder gut. Und die Staaten sitzen auf riesigen Schuldenbergen aus der Krisenbewältigung. Gewiss: Einige Schuldengebirge waren schon vorher da. Die Krise hat nur Furcht einflößende Gipfel entstehen lassen.

Sechs Erkenntnisse aus der Krise

Ich will mich vier Fragen zuwenden: Welche Erkenntnisse hat uns die Krise gebracht? Welche Lehren müssen wir ziehen? Was bedeutet das für die Banken in Deutschland? Was bedeutet es für die Politik? Dazu gehört auch die Frage nach der Zukunft von Landesbanken. Ich sehe sechs wichtige Erkenntnisse aus der Krise.

Erste Erkenntnis: Die Eine-Welt-Theorie kirchlicher Kreise hat eine unerwartete Bestätigung erfahren. Wir haben nicht verschiedene Finanzmärkte auf der Welt. Es gibt im Grunde nur einen globalen Finanzmarkt. Unterschiede werden nicht mehr regional ausgeglichen, sondern global verstärkt. Das war der Fehler der Fachleute bei der Bewertung von Basel II und des Fair- Value-Prinzips.

Zweite Erkenntnis: Die volkswirtschaftliche Theorie der "invisible hand" hat sich als nicht tragfähig herausgestellt: Gib den Märkten höchstmögliche Freiheit, dann reguliert sich alles von selbst. Das ist gründlich danebengegangen. Brandbeschleuniger wie Kurzfristdenken, alleinige Ausrichtung am Shareholder Value, rasche und üppige Boni, die tagesaktuelle Bilanzierung haben das System verselbstständigt. Nach dem Sozialismus ist nun auch der Turbokapitalismus, die radikale Marktwirtschaft kläglich gescheitert. Eigentlich ist das freilich keine neue Erkenntnis. Schon Ludwig Erhard sagte, Märkte brauchen klare Spielregeln - er dachte vor allem an fairen Wettbewerb und das Aufbrechen von Kartellen. Märkte brauchen starke Schiedsrichter. Die Welt ist reif für die Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft: der Verknüpfung von höchstmöglicher wirtschaftlicher Freiheit des Einzelnen mit Verantwortung für das Gemeinwohl.

Signifikante Unterschiede in der Rettung von Banken

Dritte Erkenntnis: Finanzdienstleistungen sind etwas Besonderes, aber letztlich doch auch Dienstleistung. Als Selbstzweck werden sie scheitern. Die Bilanz mancher Bank war höher als das Wirtschaftsvolumen in vielen Staaten dieser Welt - eine ungesunde Schieflage. Die Blase ist dann lautstark geplatzt. Banken haben eine dienende Funktion. Sie können die Realwirtschaft auf Dauer nicht ersetzen. Das war der Irrtum der Briten: Sie glaubten Produktion sei vorgestern, das Erfinden gestern, der Finanzwelt gehöre das Heute und die Zukunft. Wir haben es anders gemacht: Auch deshalb haben wir heute einen anderen Aufschwung in Deutschland und Bayern als in Großbritannien.

Vierte Erkenntnis: Es gab und gibt signifikante Unterschiede in der Rettung von Banken. Wir in Deutschland quälten uns, ob der Staat überhaupt Mehrheiten übernehmen darf. In den Urländern des Kapitalismus hatte man da kaum Skrupel. London und Washington haben die Banken zwangskapitalisiert. Zwangsverstaatlicht! Ungeheuerlich? Aber enorm erfolgreich. Die angloamerikanischen Banken legten am Tag danach wieder weltweit los.

Fünfte Erkenntnis: Vertrauen ist wertvoll. Wenn sich Banken untereinander nicht mehr vertrauen, dann stockt der Geldfluss - die Lebensader unserer modernen arbeitsteiligen Welt. Wie das Blut im Körper. Und die Welt braucht mehr denn je Finanzdienstleistung. Nicht nur Kredite für Restrukturierung und Ausrüstung. Großer Bedarf besteht an der Absicherung von Risiken - bei Lieferanten, bei Kunden, bei Währungen, bei dem hedgen von Liquidität. Kurz und gut: Banken erfüllen eine unverzichtbare und zentrale Funktion für die Wirtschaft. Es müssen auch neue Instrumente möglich sein. Auch Verbriefungen haben ihren guten Zweck. Wenn das der Wirtschaft Nutzen bringt und kein Selbstzweck ist.

Sechste Erkenntnis: Regionalität ist ein erfolgreiches Pendant zur Globalisierung. Regionale Kreisläufe mildern Abhängigkeiten. Was für Energiefragen und landwirtschaftliche Produkte schon länger gilt, hat sich in der Krise bewährt: Zum einen der inhabergeführte Mittelstand, der sich als zäher und flexibler erwiesen hat, zum anderen die mittelständische Bankenlandschaft. Der Mix aus Sparkassen, genossenschaftlichen Instituten, kleineren Privatbanken einerseits und großen Instituten anderseits.

Die richtigen Konsequenzen ziehen

Erstens: Je größer die Bedeutung eines Instituts für das System, desto intensiver die Aufsicht. Die kleine Privatbank in Schweinfurt, die Sparkasse in Lüneburg oder die Raiffeisenbank in Schwerin brauchen keine stärkere Aufsicht. Die nationalen Aufsichten hatten nur die einzelnen Banken im Fokus. Nicht aber die Auswirkungen der Geschäfte auf das System. Deshalb ist es richtig, Frühwarneinheiten zu schaffen und die Aufsicht globaler auszurichten und zu verzahnen. Ich plädiere dafür, stärker nach der Systemrelevanz zu differenzieren. Zweitens: Wir müssen den Wettbewerb im Auge behalten. Unser gemeinsames Ziel muss sein, den Finanzplatz Deutschland zu stärken. Nicht ihn zu schwächen. Die Krise ging nicht von Deutschland aus. In bestimmten Fällen mag es notwendig und sinnvoll sein, wenn Deutschland kurzfristig eine Vorreiterrolle übernimmt. Damit etwas vorangeht. Beispiel: Wann sind Leerverkäufe sinnvoll? In der großen Linie müssen wir aber schon auf Ausgewogenheit achten. Basel III muss zeitgleich auch in den USA eingeführt werden, zusammen mit Basel II. Schwierig würde es, wenn die neue Mehrheit der Republikaner dauerhaft blockiert. In den USA wird offen diskutiert, Basel III für kleinere Banken nicht anzuwenden!

Den Bankenstandort Deutschland stärken

Die drei großen Ratingagenturen aus Amerika bestimmen den Weltmarkt: Bundesbankpräsident Weber mahnt hier zu Recht, die Bedeutung des externen Ratings herunterzufahren. Bei der Bilanzierung brauchen wir international gleiche Standards. Aber nicht jede Familie will täglich das eigene Unternehmen an die Börse bringen. Der Fair-Value-Ansatz führt hier in die Irre. Ihn jetzt auch auf KMUs auszudehnen halte ich nicht für sinnvoll. Wir brauchen mehr kontinental-europäische Expertise im IAS-Board.

Drittens: Wir müssen auch bei der Regulierung auf eine vernünftige Gesamtwirkung achten: Bankenabgabe, Basel III, Einlagensicherung, Transaktionssteuer, Finanzaktivitätssteuer. Hierzu ließe sich viel sagen. Ich will nur kurz anmerken: Völlig verzichten können wir auf Vorsorge nicht. Die nächste Blase und damit auch Krise kommt bestimmt. Es müssen nicht gerade bewährte deutsche Systeme sein, die als erstes international geopfert werden. Wir müssen immer auch den Standort Deutschland im Auge behalten. Wenn Geschäfte nur verlagert werden, hat keiner etwas gewonnen.

Viertens: Risiko und Verantwortung sind siamesische Zwillinge, die man nicht trennen darf.

Die vielschichtige Bankenlandschaft in Deutschland bringt Schwierigkeiten in Europa und weltweit. Dort kennt man unsere Besonderheiten nicht und ist irritiert, wenn Deutschland einerseits ein hartes Vorgehen will und dann andererseits viele Ausnahmen und Sonderregelungen fordert. Aber die Krise hat gerade gezeigt: Differenzierte Systeme sind zäher und widerstandsfähiger. Ich sage bewusst: Der Mix aus Kleinen und Großen - aus den verschiedenen Säulen.

Umso wichtiger ist es, dass Deutschland international mit einer Zunge spricht. Wenn wir nicht endlich lernen geschlossener und entschlossener unsere Interessen zu vertreten, ist es wenig glaubwürdig, wenn wir uns über die Dominanz vor allem der angloamerikanischen Welt aufregen. Bei Top-Entscheidern in der Welt werden wir nur geschlossen etwas erreichen.

In Bayern haben wir eine enge Abstimmung der Säulen. Ich halte es auch für sinnvoll, über eine neue Plattform für diese Gemeinsamkeit nachzudenken. Der Zentrale Kreditausschuss ist schon vom Namen her zu sperrig und stark technokratisch. Die Finanzplatz Initiative Deutschland bräuchte einen Vitaminstoß. Es ist auch wichtig, die Politik stärker einzubinden. Mir schwebt ein Pakt Finanzplatz Deutschland vor. Mit einem neuen, starken und sichtbaren Willen zur Gemeinsamkeit - als europäisches und internationales Signal.

Vielfalt als Stärke

Der Finanzplatz Deutschland hat viele Stärken. Eine wichtige Stärke ist gerade die Vielfalt. Und da beziehe ich neben Banken auch Versicherungen, Private Equity und Fonds ein. Wir müssen aber auch die Fragen stellen: Wie sieht der Finanzplatz Deutschland in zehn bis 15 Jahren aus? Können, ja müssen wir uns besser aufstellen um im immer härteren Wettbewerb zu bestehen? Wir brauchen Institute, die unsere deutschen Unternehmen, vor allem den gehobenen Mittelstand, weltweit begleiten.

Beleuchten wir das Thema Staat und Banken, stellt sich die Frage: Darf der Staat auch Banker sein? Zugespitzt: Was ist, wenn der Schiedsrichter mitspielt? Ist der Staat nicht sogar der bessere Banker, weil er dem Allgemeinwohl verpflichtet ist? Wenn die Gewinne allen zugute kommen?

Weitgehend einig sind wir uns sicher bei den Förderbanken: Weil hier letztlich staatliche Förderzwecke umgesetzt werden. Ich halte es dabei für grundlegend, am Hausbankprinzip festzuhalten. Und als Föderalist füge ich an: Auch die KfW hat keine Sonderstellung. Sie ist keine Förderbank de luxe. Mit mehr Rechten als die Förderinstitute der Länder.

Die Sparkassen gehören den Kommunen. Daraus wird verkürzt oft gefolgert, es seien staatliche Banken. Eine solche Sichtweise übersieht die Wurzeln der Kreis- und Stadtsparkassen. Aber in Europa denken manche so. Ob eine Bank private oder öffentliche Eigentümer hat, ist nicht das entscheidende Kriterium. Ich erachte es für wichtiger, wie eine Bank geführt wird, als von wem. Banken, die sich strategisch und operativ alleine an betriebswirtschaftlichen Kriterien orientieren, bieten die beste Gewähr für einen funktionierenden Finanzsektor. Unter betriebswirtschaftlicher Geschäftsführung verstehe ich die Ausrichtung auf die Bedürfnisse des Kunden.

Stichwort Landesbanken

Die Landesbanken stellen aber nach wie vor einen wesentlichen Faktor in der Architektur des deutschen Finanzsystems dar. Zum einen brauchen die Sparkassen eines oder mehrere Zentralinstitute, die insbesondere als Produktzulieferer fungieren. Zum anderen berichten mir Unternehmer immer wieder, wie wichtig die Landesbanken für die Kreditversorgung der örtlichen Wirtschaft sind. Nach dem Zusammengehen von Commerzbank und Dresdner Bank und dem Rückzug vieler ausländischer Institute ist die Auswahl an Bankpartnern ohnehin kleiner geworden.

Ich halte daher die Landesbanken als regional verwurzelte und leistungsfähige Institute weiter für wichtig. Landesbanken mit einem funktionierenden Geschäftsmodell können sich im Markt erfolgreich positionieren. Ich bin der festen Überzeugung, dass im Wettbewerb stehende Geschäftsbanken auf lange Sicht nicht in Staatshand sein sollten. In einer marktwirtschaftlich geprägten Wirtschaftsordnung muss die unternehmerische Betätigung des Staates generell als subsidiär angesehen werden.

Zukunft der Bayern-LB

Was die mittlerweile knapp 95-prozentige Beteiligung des Freistaates an der Bayern-LB betrifft, hat die aktuelle Staatsregierung von Anfang an diesen klaren Kurs gefahren: Das politische Ziel ist der Rückzug des Freistaates aus der Bayern-LB. Dabei ist der Freistaat für alle strategischen Optionen offen. Es steht für mich außer Frage: Die Zeiten, in denen der Bank politische Vorgaben gemacht wurden, sind vorbei, und zwar nicht erst seit heute oder seit gestern! Oberste Prämisse für alle Entscheidungen, die die Bayern-LB betreffen, muss sein, die Bank betriebswirtschaftlich optimal aufzustellen und die Chancen für eine Rückführung des vom Freistaat zugeführten Kapitals zu maximieren.

Wie bekannt, wird die Prüfung einer Fusion von Bayern-LB und WestLB nicht fortgesetzt. Zunächst ist es positiv zu werten, dass die bereits weit fortgeschrittene Restrukturierung der Bank, aber auch bestimmte äußere Rahmenbedingungen, die Bayern-LB in die Lage versetzt hatten, diese konkrete Option prüfen zu können. Bei der Neuordnung des Landesbankensektors ist in den letzten Wochen einiges in Bewegung gekommen. Die Bayern-LB soll hier nicht abseits stehen, sondern sich aktiv in den Prozess einbringen.

Wir hielten die Prüfung eines Zusammengehens von Bayern-LB und WestLB für den richtigen Schritt. Dabei waren wir uns aber auch bewusst, dass die Prüfung einer solchen Fusion alles andere als ein Selbstläufer war. Die Zustimmung zu der Prüfung erfolgte daher nur unter der Voraussetzung, dass sie uneingeschränkt ergebnisoffen und ausschließlich nach betriebswirtschaftlichen Kriterien durchgeführt wurde.

Der Vorstand der Bayern-LB hat nun - nach einer detaillierten Analyse der Machbarkeit - entschieden, die Fusionsprüfung nicht fortzusetzen. Ausschlaggebend hierfür waren alleine bank- und betriebswirtschaftliche Aspekte. Der Vorstand kam zu dem Ergebnis, dass die ökonomischen Vorteile eines möglichen Zusammenschlusses gegenüber der Ertragskraft einer eigenständigen Bayern-LB nicht hinreichend gegeben waren. Ich bin zuversichtlich, dass die Bay-ern-LB auch ohne Durchführung der Fusion für die Zukunft gut positioniert ist. Das angepasste Geschäftsmodell, die starke Kapitalbasis und die personellen Veränderungen in den Gremien sollten hierfür eine gute Voraussetzung sein. Auch die Zahlen im bisherigen Jahresverlauf zeigen, dass die Bank operativ gut unterwegs ist.

Von großer Bedeutung für die Handlungsfähigkeit der Bayern-LB ist schließlich der Abschluss des noch laufenden EU-Beihilfeverfahrens. Bund, Finanzministerium und Bayern-LB stehen bereits seit geraumer Zeit im Rahmen des Beihilfeverfahrens in Kontakt mit der EU-Kommission. Leider gestaltet sich dieser Prozess teilweise mühsam und langwierig. Insgesamt bleibt es aber unser Ziel, dass wir das Verfahren möglichst bald abschließen können. Die Qualität der gefundenen Einigung mit der Kommission ist aus Sicht des Freistaates jedoch wichtiger als der Zeitpunkt der Entscheidung. Da es der Kommission im Kern genau wie uns darum geht, das bestmögliche Geschäftsmodell für die Bank zu finden, bin ich zuversichtlich, dass wir am Ende eine für alle Seiten zufriedenstellende Einigung mit der Kommission hinbekommen.

Grundsatz: Trennung von Staat und Banken

Die Finanzmarktkrise hat viele hergebrachte Grundsätze über Bord geworfen. Wir stehen inmitten eines großen Umbruchs und legen heute die Grundlagen für die Zukunft in den nächsten 15 bis 20 Jahren - auch was den Standort Deutschland betrifft. Ich halte es daher für äußerst wichtig, sich bisweilen der Grundsätze zu vergewissern. Dazu gehört es auch, ein klares Zielbild für das Verhältnis zwischen Staat und Banken zu entwerfen.

Staat und Banken funktionieren dann am besten, wenn sie getrennt agieren und sich auf ihre eigenen Stärken besinnen! Wichtig sind drei Elemente: Bei allen Entscheidungen sollten wir immer klug die Auswirkungen im globalen Wettbewerb im Auge behalten. Wir sollten vorausschauend mit einbeziehen: Was ist heute wichtig für den richtigen Weg in zehn, 20 Jahren? Und wir sollten schließlich nicht ganz auf Mut verzichten: Was wir jetzt auch mit Schmerzen auf den Weg bringen, kann uns morgen ein großer Vorteil sein.

Wie schon Franz Josef Strauß sagte, ist die Zukunft nicht zum Nulltarif zu haben. Kaufleute, Banker und Politiker haben eine Verantwortung und eine Vorbildwirkung. Die notwendige Kraft, den erforderlichen Mut, aber auch die Kreativität möchte ich uns allen wünschen!

Der Beitrag basiert auf einer Rede des Autors bei der 56. Kreditpolitischen Tagung der ZfgK am 5. November 2010. Die Zwischenüberschriften sind von der Redaktion eingefügt.

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