Börsen

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Abschied vom Parkett: Eine Frage der Zeit

Dass sich die Deutsche Börse am Frankfurter Parkett vom Skontroführerhandel verabschieden würde, war längst nur eine Frage der Zeit. Diese ist jetzt geklärt: spätestens am 28. März 2012 wird es soweit sein. Sowohl hinsichtlich der öffentlichrechtlichen Börsenfunktion selbst wie auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht für den Handelsplatzbetreiber ist dieser Schritt dringend notwendig. So hat die Börse auf dem Frankfurter Parkett im vergangenen Jahr nämlich gerade einmal sechs Prozent des gesamten deutschen Wertpapierhandels auf sich gezogen, Tendenz - wie schon in den Vorjahren - fallend.

Zum Vergleich: Der Anteil von Xetra lag bei 83 Prozent (siehe auch nebenstehende Meldung). Gelingt es mit dem Umstieg auf die vollelektronische Plattform die Qualität zu steigern und so Marktanteile zurückzugewinnen, stärkt das Frankfurt als Finanzplatz und kommt allen Marktteilnehmern zugute. Insbesondere durch den künftig möglichen Zugang aller (Retail-orientierten) Xetra-Nutzer auf den Handel an der FWB könnte der bislang immer unbedeutender werdende Handelsplatz wieder an Rang gewinnen.

Direkter lassen sich die Vorteile für die Deutsche Börse als Betreiberin des Frankfurter Parketts beschreiben: Hier muss man sich fortan nicht mehr mit der Weiterentwicklung zweier unterschiedlicher Plattformen auseinandersetzen und kann das Angebot über Xetra deutlich einfacher und effizienter ausbauen.

Was aber bedeutet das Ende des Frankfurter Skontroführerhandels für die verbleibende Börsen-(Dienstleistungs-)Landschaft? Da wären zum einen die Makler, die bisher die Rolle der Skontroführer inne hatten. Hier wird die Umstellung auf die Funktion des Xetra-Spezialisten sicherlich allein aufgrund der involvierten IT- und Personalkosten für eine erkennbare Verdichtung in der Branche sorgen. Demgegenüber wittert man aber auch neue Chancen, insbesondere hinsichtlich neuer Teilnehmer aus dem europäischen Ausland. Vielleicht noch stärker betroffen als die Maklerorganisationen sind derweil die ehemaligen Regionalbörsen. Denn die Weiterentwicklung des Xontro-Systems durch die Frankfurter Braintrade GmbH wurde bislang von den Börsen Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, München, Stuttgart und der FWB gemeinsam getragen, aufgeschlüsselt nach Xontro-Ordern und (technischen) Transaktionen. Mit der Xetra-Umstellung fällt damit der gewichtigste Geldgeber weg. Das drückt auf die ohnehin engen Margen, die vom Wettbewerb mit neuen, effizienten Marktakteuren wie der Berliner Tradegate Exchange schon geschmälert werden. Auch wenn die Xontro-Handelsplätze an ihrem System festhalten wollen, wird künftig umso mehr die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der Plattform gestellt werden. Aus Sicht der sechs Börsen wird sie kurz- und mittelfristig freilich am Leben gehalten werden müssen: Kostengünstige Alternativen sind nicht verfügbar, und das Berliner Beispiel Equiduct hat deutlich gezeigt, wie verzwickt ambitionierte Expansionsvorhaben werden können. ho

Ausbau des Xetra International Market

Die Deutsche Börse will den Umfang handelbarer Wertpapiere auf der paneuropäischen Plattform Xetra International Market (XIM) noch 2010 von derzeit 86 auf künftig rund 1 000 Aktien erweitern. Bis zum Sommer dieses Jahres sollen in einem ersten Ausbauschritt das derzeitige Angebot für Frankreich, die Niederlande, Belgien, Finnland, Spanien und Italien um mehr als 700 Aktien erweitert werden. Dadurch wären alle Werte des Euro Stoxx und weitere hochliquide Wertpapiere, die in diesen Ländern abgewickelt werden, auf XIM handelbar.

In der zweiten Jahreshälfte ist geplant, erste Werte des Stoxx Europe 600 aus der Schweiz und Großbritannien (in ihrer jeweiligen Landeswährung) sowie aus Irland in den Handel einzubeziehen. Zum Ende des Jahres sollen Werte aus Österreich, Dänemark, Griechenland, Norwegen, Portugal und Schweden sowie polnische Werte des Stoxx Eastern Europe 300 und weitere liquide Aktien der genannten Länder folgen. Die Erweiterung steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden. Die auf Xetra International Market abgeschlossenen Geschäfte werden über Eurex Clearing verrechnet und im jeweiligen Heimatmarkt abgewickelt. Clearstream Banking bildet für Eurex Clearing die Schnittstelle zu den Heimatmärkten, um die dortige Abwicklungsliquidität zu nutzen.

Risikomanagement in Echtzeit

Mitte März 2010 hat Eurex Clearing seine neue "Enhanced Risk Solution" gestartet, über die Risikodaten in Echtzeit verteilt werden. Die Lösung ergänzt das existierende Angebot des Abwicklers an Risikoma-nagement-Tools. Sie ist kostenfrei für alle Anlageklassen und Produkte sämtlicher angebundener Börsen und Handelsplattformen verfügbar, für die Eurex Clearing Verrechnungs- und Abwicklungsdienste erbringt, also Derivate-, Aktien-, Anleihen- und Repogeschäfte.

Im Juni 2009 hatte Eurex Clearing sein internes Risikomanagement umgestellt; seither werden risikorelevante Daten, die durch Preisveränderungen und aktuelle Positionen entstehen, in Echtzeit ermittelt. Das neue Angebot besteht zudem aus umfassenden Risikokontrollmechanismen für den Vor- und Nachhandelsbereich, einschließlich eines Stop Buttons. Mit dieser Funktion können Clearing- und Non-Clea-ring-Teilnehmer von Eurex Clearing in Notfällen ihre jeweiligen Orders und Quotes löschen und die Eingabe weiterer Orders und Quotes verhindern.

Die Enhanced Risk Solution liefert Informationen über risikorelevante Margin-Parameter, Positionsinformationen, Margin-Anforderungen, detaillierte Angaben zur Margin-Zusammensetzung, Cash-Flow-Daten und Angaben zum Wert der hinterlegten Sicherheiten sowie zur entsprechenden Unterdeckung beziehungsweise Überdeckung. Der Service basiert auf offenen Software-Standards, wie der Anbieter hervorhebt, etwa dem Advanced Message Queuing Protocol (AMQP) oder dem FIXML-Format.

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