Schwerpunkt

Check global - pick local: Globaler Fokus auf Infrastrukturinvestitionen

Weltweit besteht laut OECD im Bereich Infrastruktur bis 2030 ein Finanzierungsbedarf von 40 Billionen US-Dollar. Länder und Kommunen stehen vor einer großen Herausforderung, da sich Banken verstärkt aus der Finanzierung zurückziehen und angespannte Staatshaushalte wenig Spielraum für Investitionen zulassen. Vor diesem Hintergrund sind sowohl Industrienationen als auch aufstrebende Schwellenländer dringend auf Finanzierung von privaten Investoren angewiesen. Infrastrukturinvestments generieren üblicherweise gut vorhersagbare, stabile Cash-Flows, stellen reale Werte dar und können somit langfristige renditestarke Anlagen sein. Insbesondere im Bereich der Kerninfrastrukturinvestitionen finden sich die von vielen Anlegern gewünschten Eigenschaften wie zum Beispiel geringere Konjunktursensitivität, stabile Cash-Flows sowie weitgehend inflationsgeschützte Erträge.

Vier Kategorien an Kerninfrastruktur

Kerninfrastruktur lässt sich in vier Kategorien unterteilen: Transport (zum Beispiel Mautstraßen, Flughäfen, Seehäfen), Versorgungsanlagen (etwa Stromnetze, Öl- und Gas-Pipelines, Wassernetzwerke), Kommunikation (zum Beispiel Sendemasten, Kabelnetzwerke, Satellitensysteme) sowie öffentliche Einrichtungen (etwa Schulen und Regierungsgebäude). Diesen Kategorien ist gemeinsam, dass die jeweiligen Infrastrukturbetreiber typischerweise in einem monopolistischen Umfeld agieren, dadurch einer geringen Nachfrageelastizität unterliegen und auf Basis von langfristigen, häufig inflationsgekoppelten Verträgen oder infolge von Regulierung eine hohe Visibilität zukünftiger Erträge aufweisen.

Im Gegensatz zu Kerninfrastruktur befinden sich Infrastruktur verwandte Unternehmen wie zum Beispiel Fluggesellschaften, Bauunternehmen oder Energieerzeuger in einem starken Wettbewerb und verfügen somit häufig nicht über die Eigenschaften, die üblicherweise mit einem Infrastrukturinvestment verbunden werden. Im Folgenden wird ein möglicher Investitionsansatz beschrieben, der unter Berücksichtigung von Analyse- und Risikomanagement-Gesichtspunkten aufzeigt, wie man ein renditestarkes Infrastrukturportfolio zusammenzustellt und risikoorientiert managt.

Institutionelle Investoren stehen vor großen Herausforderungen bezüglich ihrer Asset-Allokation und der angestrebten nachhaltigen Performance. Durch die in den letzten Wochen gestiegene Volatilität an den Aktienmärkten und die seit Jahren anhaltende Niedrigzinsphase müssen sie verstärkt Anlageformen identifizieren, welche das Anlageportfolio sinnvoll diversifizieren. Gerade Infrastruktur bietet institutionellen Investoren die Möglichkeit, ihre meist langfristigen Verbindlichkeiten (Asset Liability Matching) zu decken, da sie langfristige und stabile Renditen erzielen können. Neben Investitionen in illiquide Infrastrukturanlagen steigt auch das Interesse an täglich liquiden Infrastrukturinvestitionen, um von den besonderen Kerninfrastruktureigenschaften zu profitieren, aber gleichzeitig eine flexible Komponente im Portfolio zu erhalten.

In der Regel geringere Volatilität

Liquide Kerninfrastrukturinvestitionen weisen in der Regel eine geringere Volatilität als der breite Aktienmarkt auf, sind aber üblicherweise volatiler als Anlagen in festverzinsliche Instrumente. Die tägliche Handelbarkeit resultiert in einer Abhängigkeit von der allgemeinen Börsenentwicklung. Dadurch können kurzfristig, unabhängig von der fundamentalen, stabilen Entwicklung des einzelnen Kerninfrastrukturtitels, negative Auswirkungen entstehen. Langfristig haben Kerninfrastrukturtitel gezeigt, dass sie normalerweise aufgrund der fundamentalen Stabilität zeitweilige Kursrückschläge überwinden und langfristig einen stabilen Portfoliobeitrag leisten können.

Insgesamt umfasst der Kerninfrastruktursektor rund 300 an der Börse gelistete Unternehmen. Dabei sind weltweit Anlagen in den verschiedenen Sektoren möglich. Die Gewinnentwicklung (EBITDA) börsennotierter Infrastrukturunternehmen wies im Zeitraum von 2001 bis 2012 in der Regel deutliche, meist positive Abweichungen zu den übrigen weltweit gelisteten Aktien in Indizes wie zum Beispiel dem S& P 500 Index auf. Zur Entwicklung eines optimalen Rendite-Risiko-Profils streben institutionelle Investoren daher den Aufbau eines global orientierten und diversifizierten Portfolios an, das die vier Kerninfrastruktursektoren, deren geografische Verteilung als auch allgemeine strategische Überlegungen wie das unterschiedliche Marktpotenzial der einzelnen Sektoren, ausgewogen abdeckt.

Weiterhin ist sowohl eine globale als auch lokale Betrachtungsweise erforderlich, um Märkte, Trends aber auch nationale Besonderheiten zu analysieren und auf dieser Basis ein renditestarkes Portfolio zusammenzustellen.

Renditeerwartungen, Inflationsschutz und Risikomanagement

Markt- und damit performancebestimmende Faktoren von Infrastrukturinvestments sind die Einstiegsbewertungen sowie der Ausblick bezüglich makroökonomischer, regulatorischer und unternehmensspezifischer Entwicklung. Die Konzentration auf börsennotierte Unternehmen im Bereich Kerninfrastruktur, die in einem monopolartigen Umfeld agieren ist vorteilhaft, da diese keinem erhöhten Wettbewerbsdruck, sondern lediglich der Volatilität ihres Aktienkurses unterliegen.

Hinzu kommt der potenzielle Inflationsschutz durch regulierte Tarife, vertragliche Vereinbarungen und die entsprechende Verhandlungsmacht (Pricing Power). Durch den Aufbau eines über alle Regionen, Sektoren und Geschäftsmodelle breit diversifizierten Portfolios entsteht ein risikominimiertes Investment, das Klumpenrisiken reduziert, langfristig planbar bleibt und sich auch kurzfristigen Marktänderungen anpassen kann.

Der idealtypische Portfolioaufbauprozess basiert auf einer ausgewogenen Kombination von Top-Down- und Bottom-Up-Analysen, welche sich insbesondere auf die folgenden Parameter fokussieren: Geografie, Sektor-Regulierung, Fundamentalanalyse der Anlage sowie deren jeweiliger Gebührenmechanismus.

Breite geografische Diversifikation: Angesichts des stark regulierten Geschäfts vieler Infrastrukturbetreiber spielt die Beurteilung von Länderrisiken und das entsprechende regulatorische Risiko eine entscheidende Rolle bei Investitionen in Infrastruktur. Dies ist im Augenblick besonders aktuell, da sich die Fähigkeit, In frastrukturprojekte zu finanzieren, in vielen Ländern, vor allem in Europa, verschlechtert hat. Da Regierungen gelegentlich im Infrastrukturbereich intervenieren, kann eine breite Länder-Diversifikation dazu beitragen, dieses Risiko zu verringern und das Risiko-Rendite-Profil des Portfolios zu optimieren. Der Diversifikationseffekt funktioniert hier sehr gut, da regulatorische Entscheidungen in unterschiedlichen Ländern weltweit typischerweise nicht korreliert sind.

Weiterhin sind langjährige Erfahrungen und vertiefte Kenntnisse des privaten als auch der öffentlichen Märkte erforderlich, um diese Risiken richtig einzuschätzen und gegebenenfalls rechtzeitig darauf reagieren zu können. Die Begleitung von Investitionen vor Ort und die entsprechenden lokalen Kenntnisse sind dabei von unschätzbarem Wert.

Sektoraufteilung: Obwohl viele Infrastruktursektoren weniger global integriert und dadurch mehr durch länderspezifische Faktoren wie die regulatorischen Rahmenbedingungen getrieben sind, spielt die Sektoraufteilung eine wichtige Rolle bei der Festlegung eines ausgewogenen Portfolios. Zum Beispiel können unterschiedliche Nachfragesensitivitäten erheblichen Einfluss auf die relative Attraktivität eines Sektors haben. Zum Beispiel weisen Anlagen im Transportbereich wie Häfen, Flughäfen und Mautstraßen eine relativ hohe Konjunktursensitivität auf, während regulierte Versorgungsunternehmen und der Bereich der sozialen Infrastruktur eine eher geringe Sensitivität aufweisen. In unterschiedlichen Marktzyklen und in Anbetracht der jeweiligen makroökonomischen Situationen können solche sektorspezifischen Unterschiede aktiv für das Portfolio genutzt werden (Abbildung).

Ein wichtiger Aspekt von Infrastrukturinvestitionen für Investoren sind deren Inflationsschutzeigenschaften. Es ist sehr wichtig, den Einfluss von Inflation auf die Renditen der verschiedenen Infrastrukturassets zu erfassen, um ein Verständnis darüber zu erlangen, über welchen Zeitraum und in welchem Umfang ein Infrastrukturportfolio die gewünschte Verknüpfung mit der Inflation liefern kann.

Vertraglicher Inflationsschutz

Unter Inflationsschutz im Kontext von Infrastrukturanlagen versteht man, dass die nominale Rendite einer Infrastrukturinvestition eine positive Korrelation mit einer Änderung der Inflationsrate aufweist. Die meisten Investitionen in Infrastruktur bieten eine positive Inflationsverlinkung ihrer Renditen über die Zeit an, aber im engen Sinne sind sie nicht direkt inflationsgeschützt. Jedoch sind häufig die Umsätze oder Gewinne direkt oder indirekt inflationsgebunden. Daher sind vor allem Umsatz, Betriebs- und Wiederbeschaffungskosten beim Inflationsbezug zu berücksichtigen:

Umsatz/Gewinn: Die Einnahmen von vielen Infrastrukturanlagen werden vertraglich mit bestimmten Inflationswerten verbunden. Zum Beispiel haben regulierte Monopole wie Netzwerke (mit erlaubten realen Eigenkapitalrenditen), Mautstraßen (mit inflationsgekoppelter Maut) explizite Inflationsverknüpfungen in ihren Vergütungsmodellen integriert. Dies bietet die direkte und unmittelbare Verknüpfung von Inflation mit Preisen, da die Einnahmen automatisch mit der spezifischen Indexierungsformel steigen. Auf der anderen Seite gibt es Infrastrukturanlagen, die auf einer nominellen Renditebasis geregelt sind. Weiterhin gibt es auch Anlagen, die feste Tarife abrechnen oder Verträge mit einem definierten Preis und/oder einer Einnahmensteigerung haben, die sie einem Anstieg der Inflation aussetzt.

Erhebliche Preismacht

Für weniger regulierte Infrastrukturassets erfordert die Analyse der Auswirkungen von Inflation auf ihre Einnahmen eine grundlegende Beurteilung ihrer Fähigkeit, Preiserhöhungen an ihre Kunden weitergeben zu können. Angesichts der hohen Eintrittsbarrieren und der geringen Nachfragelastizität, die in der Regel mit Infrastrukturanlagen verbunden sind, haben viele tatsächlich eine erhebliche Preismacht und damit die Möglichkeit, ihre Renditen in Zeiten steigender Inflation zu schützen. Dies erfordert jedoch eine grundlegende Analyse und Bewertung der einzelnen Infrastrukturunternehmen.

Betriebskosten: Infrastrukturunternehmen neigen dazu, hohe operative Margen zu haben. Dies reduziert den Effekt der steigenden Kosten auf die Cash-Flows, die das Unternehmen generiert. Darüber hinaus erlauben Verträge und die Regulierung oft die Weitergabe steigender Betriebs kosten an die Abnehmer, ein deutlicher Schutz vor unvorhergesehenen Kosten durch Inflation.

Wiederbeschaffungskosten: Infrastrukturunternehmen sind in der Regel Unternehmen mit hohem Anlagevermögen. Diese Vermögenswerte wie Gasleitungen, Stromverteilnetze, Flughafen- oder Hafenanlagen bedienen elementare Grundbedürfnisse, haben eine lange wirtschaftliche Nutzungsdauer mit einem geringen Risiko technischer Überalterung. In einem Zeitraum von unerwarteter Inflation sollte die damit verbundene Zunahme der Wiederbeschaffungskosten somit den Wert der bestehenden Anlagen erhöhen und Anleger vor den Inflationsauswirkungen schützen. Während dies mittel- bis langfristig gilt, können die Werte deutlich von Wiederbeschaffungskosten für längerfristige Phasen abweichen, wenn es Überkapazitäten und/oder eine mangelnde Preismacht gibt (zum Beispiel langfristige Verträge, die vor dem Anstieg der Inflation abgeschlossen wurden).

Es ist daher wichtig, die verschiedenen Möglichkeiten der Inflationsverlinkung und ihren Einfluss auf die Erträge der Infrastrukturinvestitionen einzubeziehen:

Vertragliche Inflationsverlinkung: Einnahmen können vertraglich direkt an die Inflation gebunden werden, das heißt regelmäßige Inflationsanpassungen sind garantiert und vertraglich festgeschrieben.

Korrelierte Inflationsverlinkung: Mit der Inflation korrelierte Investitionen bieten eine starke, aber nicht direkte Verknüpfung ihrer Einnahmen zu Änderungen der Inflationsrate.

Nominale Inflationsverlinkung: Schließlich gibt es auch attraktive Investitionsmöglichkeiten in Vermögenswerte mit festen Zahlungen, die bei der Portfoliozusammenstellung berücksichtigt werden sollten.

Bei der Zusammenstellung eines renditeorientierten Kerninfrastrukturportfolios ist sektorspezifisches Know-how im Bereich privater und börsennotierter Infrastruktur erforderlich. Dazu zählen eine Expertise über Regulierungen und Konzessionen in den Märkten sowie Analyseerfahrung in der Bewertung von Infrastrukturanlagen. Die Kombination von Investitionserfahrung sowohl im privaten als auch im öffentlichen Markt kann ein entscheidender Vorteil bei der Zusammenstellung eines Portfolios sein. Nach der Identifikation strategischer und langfristiger Werttreiber erfolgt die Analyse des politischen und regulatorischen Umfelds, regionaler Trends sowie des makroökonomischen Ausblicks. Auf dieser Grundlage wird ein geografisch und sektoriell ausgewogenes Portfolio mit der gewünschten konjunkturellen und politischen Stressresistenz zusammengestellt.

Das zukünftige Wachstumspotenzial der An lageklasse basiert im Wesentlichen auf folgenden Entwicklungen: Das Wirtschaftswachstum, die zunehmende Urbanisierung und die wachsende Mittelschicht in Schwellenländern führt zu einem starken Bedarf nach neuen Infrastruktureinrichtungen. In der "entwickelten" Welt hingegen - vor allem in den USA und in Europa - trifft man auf eine veraltete Infrastruktur, verschuldete Staaten und einen Wandel in der Energie- und Versorgungspolitik, die auf erneuerbare Energie und Privatisierung setzt. Unabhängig von der Region verbleiben jedoch in der Regel die besprochenen für Kerninfrastruktur spezifischen Eigenschaften.

Markus Pimpl , Managing Director, Distribution Partners and Liquid Private Markets, Partners Group Holding AG, Zug
Noch keine Bewertungen vorhanden


X