Gespräch des Tages

Commerzbank - Good News

Gute Nachrichten aus der Kredit- und Finanzwirtschaft sind selten geworden. Auch wenn die vorgelegten Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr fast überall gut bis sehr gut aussehen, herrscht immer noch eine gewisse Skepsis ob der Nachhaltigkeit der Erholung. Zum Jubeln besteht kein Grund. Anders bei der Commerzbank: Diese entledigt sich mit einem echten Paukenschlag bis Juni dieses Jahres von 90 Prozent der Soffin-Einlage und verlässt damit früher als angekündigt die schützenden Flügel des Staates. Mit einer ausgesprochen smarten Kapitalmarkttransaktion überraschte die Frankfurter Großbank alle. Zunächst wird eine Art Pflichtwandelanleihe begeben, eine sogenannte Conditional Mandatory Exchangeable Note (CoMEN), die nach Zustimmung der extra dafür vorverlegten Hauptversammlung eins zu eins in Aktien getauscht wird. Das hat im Vergleich zu einer Kapitalerhöhung den Vorteil, dass hier auch neue Interessenten an einem Commerzbank- Investment sehr viel besser zum Zuge kommen, da die Altaktionäre den Einstieg nicht wie bei der Ausgabe von Bezugsrechten blockieren können.

Im Anschluss folgt eine echte Kapitalerhöhung, an der alle Aktionäre, auch die ehemaligen CoMEN-Käufer, beteiligt sind. So wollen die Verantwortlichen rund acht Milliarden Euro an frischem Kapital einsammeln. Um weiter mit 25 Prozent plus einer Aktie maßgeblichen Einfluss auf die Commerzbanker ausüben zu können, wandelt der Soffin im Gegenzug knapp drei Milliarden Euro seiner stillen Einlage in harte Aktien um. Zusätzlich werden aus freien regulatorischen Mitteln weitere 3,3 Milliarden Euro an den Soffin zur Tilgung der stillen Einlage genutzt, sodass sich das Gesamtvolumen der Transaktion auf 14,3 Milliarden Euro beläuft. Die restlichen 1,9 Milliarden Euro sollen, so Commerz-bank-Chef Martin Blessing, möglichst bald zurückgezahlt werden. So weit die guten Nachrichten.

Doch wirft auch dieser für die Commerzbank so erfreuliche Schritt Fragen auf. Was ist mit dem von Martin Blessing so überzeugend angekündigtem Rückzug des Staates "ohne Verlust"? Sicherlich: Die Einmalzahlung in Höhe von gut einer Milliarde Euro, die zusätzlich erfolgt, ist ein sehr anständiger Ausgleich für die entstandenen Refinanzierungskosten des Bundes. Doch entfällt durch die Rückzahlung natürlich die in diesem Jahr anzusetzende Verzinsung von rund 1,3 Milliarden Euro für den zurückgezahlten Anteil der Einlage - von den entgangenen rund drei Milliarden Euro für die Jahre 2009 und 2010 ganz zu schweigen. Dann der Soffin: Dieser tauscht eine mit neun Prozent sehr üppig und noch dazu sehr sichere Anlage zu knapp drei Milliarden Euro in Commerzbank-Aktien - mit allen Kurspotenzialen, aber auch Kursrisiken. Damit da eine vergleichsweise gute Rendite herausspringt, müsste die Commerzbank ein gutes Stück zulegen - zehn Prozent mindestens. Anfechtbar aus juristischer Sicht im Sinne von der Verschleuderung von Steuergeldern ist dies wohl nicht, da das Geschäft von Anfang an als reine Stützungsmaßnahme ohne den Anspruch der Profit-Maximierung deklariert wurde. Mit den Brüsseler Wettbewerbshütern wurde wohl auch gesprochen, die keine Gefahr einer Beihilfe sehen. Bleibt zu fragen, wie der Staat seinen 25,1-Prozent-Anteil möglichst schonend unter das Volk bringen will, um die eventuellen Kursgewinne auch zu realisieren? Wie volatil die Märkte auf alle News rund um die Commerzbank reagieren, zeigen allein die Kurssprünge rund um die Verkündung des Ausstiegsszenarios. Einem Kursplus von rund vier Prozent folgte am darauffolgenden Tag der Absturz um etwa den gleichen Wert. Wie da möglichst marktschonend 25,1 Prozent platziert werden können? Es erfordert genauso viel Kreativität wie die jetzige Transaktion. Und schließlich: Ist es nicht ein Risiko, in Zeiten, in denen jeder andere möglichst viel Eigenkapital hamstert, über drei Milliarden Euro regulatorisches Kapital zu verwenden, um sich von einer stillen Einlage zu befreien? Was, wenn in näherer Zukunft doch wieder Kapital vonnöten sein sollte?

So sehr man den Verantwortlichen diesen Schritt und die damit wiedergewonnene Freiheit auch gönnen mag, aus Sicht mancher Wettbewerber, denen ähnliche Möglichkeiten durch Vorgaben der Aufsicht verwehrt bleiben und bei denen der politische Geduldsfaden keineswegs so lang ist, sind das bestimmt keine Good News.

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