Gespräch des Tages

Deutsche Börse - Gutes Timing

Lange hatte man auf die Reaktion warten müssen: Mit dem jüngst vorgestellten Preismodell für den Xetra International Market (XIM) stellt sich die Deutsche Börse den wachsenden Multilateral Trading Facilities (MTF) endlich in den Weg. Die zuvor gestellte Frage des "make or buy" hatte der Frankfurter Marktbetreiber schon mit der ersten Ankündigung des XIM Mitte April dieses Jahres beantwortet. Wie aggressiv sie nun Chi-X, Bats oder auch Turquoise das Geschäft streitig machen will, wird hingegen erst anhand der im Vergleich niedrigen Preise klar. Dass der Vorstoß erst jetzt und in dieser Stärke kommt, hat dabei - absichtlich oder nicht - sogar Vorteile. Denn in den vergangenen Monaten ist nicht zuletzt als Folge der Finanzkrise und des so zeitweise fast brachliegenden Börsenhandels deutlich geworden, dass das Geschäft der MTF keinesfalls einfach, geschweige denn von vornherein rentabel ist. Allenfalls die Nomura-Tochter Chi-X hat es geschafft, beachtliche Marktanteile zu erobern und sich zugleich der Profitzone zu nähern. Bei Bats sieht es schon schwieriger aus, auch die Ambitionen der etablierten Betreiber können noch nicht auf maßgebliche Erfolge verweisen. Und die in London beheimatete Turquoise soll von den Eigentümern - den großen (Investment-)Banken - dem Vernehmen nach aufgegeben worden sein und zur Veräußerung stehen. Insbesondere ihr könnte das Vorpreschen der Deutschen Börse nun ganz den Garaus machen. Ein Angriff auf einen verwundeten Gegner kostet weniger Kraft.

Nun muss die Deutsche Börse mit ihrer paneuropäischen Plattform gar nicht unbedingt signifikante Marktanteile auf sich ziehen oder gute Gewinne einfahren. Wenn sie es mit XIM schafft, den Wettbewerbern im MTF-Bereich das Wachstum zu erschweren und es ihnen auf diesem Weg im Idealfall unmöglich macht, eine solide Gewinnbasis aufzubauen, dann hat die neue Tochter ihren Zweck schon erfüllt. Chi-X noch das Fürchten zu lehren, dürfte für die Frankfurter schwer werden - mit diesem Wettbewerber wird man sich wohl auf absehbare Zeit abfinden müssen. Allen anderen machen sie mit dem neuen Niedrigpreis-Segment eine deutliche Kampfansage. Ob die hohen Profite des so lange der fehlenden Aktivität gescholtenen Handelsplatzbetreibers genug Puffer geben, im Wettbewerb mit den alternativen Plattformen zu be stehen - und gleichzeitig den etablierten Börsen (und deren eigenen MTF-Bestrebungen) noch den ein oder anderen Marktanteil abzujagen? Bei zuletzt wieder steigenden Börsenumsätzen hätte sie den Zeitpunkt für den Einstieg jedenfalls kaum besser treffen können.

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