Aufsätze

Die Digitalisierung des Fördergeschäfts

Die Rahmenbedingungen für das Bankgeschäft insgesamt, aber auch das Fördergeschäft der KfW im Speziellen, haben sich durch zunehmenden Effizienzdruck und innovative Informationstechnologien verändert. Kunden haben, nicht zuletzt aufgrund einer wachsenden Online-Affinität, gestiegene Erwartungen an eine Förderbank, während Banken verstärkt auf effiziente und automatisierte Prozesse und digitale Schnittstellen setzen. Insofern kommen Förderbanken von zwei Seiten unter Druck, ihre Vertriebwege zu modernisieren.

Trend zur Industrialisierung

Der Trend hin zur Digitalisierung und Industrialisierung des Bankgeschäfts erfordert für eine Förderbank wie die KfW, die vielfältige Aufgaben für den Bund und die Länder durchführt, neue Lösungen, Prozesse und Strukturen. Für die Bank ist dies eine durchaus anspruchsvolle Herausforderung. Schließlich bedient sie eine Vielzahl von Themenfeldern: Energiewende und Klimawandel, die Sicherung der Zukunftsfähigkeit des deutschen Mittelstandes vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung sowie der verantwortungsvolle Umgang mit dem demografischen Wandel - dies alles sind gesellschaftlich besonders relevante Herausforderungen, die langfristiger Lösungen bedürfen.

Die gestiegene Vielfalt der Themen schlägt sich in der KfW auch in einigen Zahlen nieder: Seit dem Jahr 2000 hat sich das Fördervolumen mehr als verdoppelt, die Anzahl der Förderzusagen sogar vervierfacht. In manchen Kernbereichen wie der inländischen Umwelt- und Klimaschutzförderung stieg das Fördervolumen gar um das Sechsfache. Dementsprechend ist hier auch die Zahl der Förderzusagen massiv gewachsen. Zuletzt sagte die Bank rund eine halbe Million Förderkredite und Zuschüsse pro Jahr zu, viele davon mit sehr geringen Durchschnittsbeträgen und entsprechend kleinteiligem Geschäft.

Kein direkter Endkundenkontakt

Die Besonderheit des Geschäftsmodells der KfW - und entsprechend auch der Umgang mit den genannten Herausforderungen - liegt nun darin, dass die Förderbank mit wenigen Ausnahmen in keinem direkten Endkundenkontakt steht und keine Businessto-Customer (B2C) Beziehung pflegt. Vielmehr steht die KfW "hinter" ihren Vertriebspartnern, was als Businessto-Businessto-Customer (B2B2C) bezeichnet werden könnte. Diese Vertriebskette zwischen KfW, Vertriebspartner und Kunde - Durchleitungsgeschäft genannt - erklärt die Abhängigkeit des Instituts von seinen durchleitenden Partnern. 90 Prozent der Förderprodukte gibt die KfW über private Banken, Sparkassen, Genossenschaftsbanken und zum Teil auch über andere Partner wie Versicherungen und Bausparkassen an den Kunden weiter. Die weit über 200 bei der Förderbank akkreditierten Vertriebspartner wiederum stehen unter hohem Effizienzdruck, dem über standardisierte und automatisierte Prozesse begegnet wird.

Volkswirtschaftlich nutzlose Doppelstrukturen vermeiden

Für die Bank heißt das, Vertriebswege eng mit ihren Partnern abzustimmen und gut zu verzahnen. Ziel ist es, das seit Jahrzehnten bewährte Durchleitungsprinzip zukunftsfest zu machen. Die Vorteile dieses Prinzips liegen auf der Hand: Die KfW muss kein eigenes kostenaufwendiges Filialnetz betreiben, vielmehr kann sie das der Finanzierungspartner, deren Kundenbeziehungen sowie deren Knowhow im Hinblick auf die Risikoeinschätzung der zu finanzierenden Projekte nutzen. So werden volkswirtschaftlich nutzlose Doppelstrukturen vermieden und die gesetzlich vorgeschriebene Wettbewerbsneutralität der Förderbank sichergestellt.

An diesem Prinzip wird die Bank auch zukünftig festhalten und treibt auch deshalb die notwendigen Modernisierungs- und Anpassungsprozesse voran. Dazu gehört, dass sie sich den Bedürfnissen ihrer Partner anpasst und den Vertrieb für die Durchleitungsbanken attraktiv gestaltet. Am Ende muss es darum gehen - ähnlich wie bei anderen Banken im Retailgeschäft - ein Straight Through Processing zu ermöglichen, Produkte stärker zu standardisieren und der gestiegenen Digitalisierung Rechnung zu tragen. Dies erfordert Ideen und den Mut zu Neuem, ebenso wie die Investition in Technologien, die die Kommunikation auf eine neue Basis stellen.

Verändertes Kundenverhalten nicht ignorieren

Zusätzlich zu den gestiegenen Effizienzanforderungen bei gleichzeitig wachsenden Aufgaben sieht sich die KfW auch einem veränderten Kundenverhalten gegenüber. 70 Prozent der Bankkunden informieren sich heute schon im Internet über Produkte, die sie gerne haben wollen. Fast jeder Zweite nutzt Online-Banking-Funktionen, und die meisten Banken und Sparkassen haben ihre Vertriebsstrukturen darauf eingestellt. Sie bieten Informationen zu ihren Produkten im Internet und ermöglichen ihren Kunden, Bankgeschäfte "per Knopfdruck" online abzuschließen.

Das digitale Angebot der Förderbank beschränkte sich dagegen bislang im Wesentlichen auf die Bereitstellung von Informationen im Internet, was in der Vergangenheit nur von zehn Prozent der Kunden genutzt wurde. Ein weiteres "Handicap" der KfW bestand darin, dass ihre sogenannte spontane Bekanntheit bislang nur schwach ausgeprägt war. Während beispielsweise 70 Prozent der Bankkunden Sparkassen und 50 Prozent Geschäftsbanken kennen, gaben bislang nur 20 Prozent in Umfragen an, die KfW zu kennen.

Pilotprojekt Online-Förderplattform

Neben einer guten Informationsbereitstellung erwarten Kunden von einer Förderbank vor allem einen schnellen und unkomplizierten Zugang zu günstigen Förderkrediten. Empfunden wurde der Weg zum Förderkredit bislang jedoch als relativ langwierig und kompliziert: Zwar wurden Kreditanträge elektronisch übermittelt, doch die ebenfalls notwendigen Anlagen folgten postalisch und verzögerten die Zusage um Tage. Es gab somit hinreichend Anlässe, die Kunden besser auf die Angebote der Förderbank aufmerksam zu machen und einen kundenfreundlicheren Zugang zu den Förderprodukten zu ermöglichen.

In den letzten Jahren hat die Bank einen grundlegenden Modernisierungsprozess eingeleitet, in dessen Rahmen im vergangenen Jahr zunächst das Internet umfassend erneuert wurde. Auf der neu gestalteten Internetseite www.kfw.de können sich Kunden nun individuell und gezielt mit interaktiven Beratungstools wie dem "Produktfinder" oder dem "Fördercheck" für Gründer und Unternehmen informieren und Kreditanträge vorbereiten.

Genauso zentral wie die Modernisierung des Internets ist ein zweites Projekt, bei dem die KfW ihren Vertriebs- und Kreditprozess auf eine weitestgehend medienbruchfreie, webbasierte Basis stellt. Im Rahmen dieses Vorhabens hat sie im vergangenen Jahr gemeinsam mit Spitzeninstituten der Sparkassen-Finanzgruppe, den genossenschaftlichen Zentralbanken DZ Bank und WGZ Bank sowie der Deutschen Bank und der Postbank ein Pilotprojekt auf den Weg gebracht, um eine Online-Förderplattform zu entwickeln - Bankdurchleitung Online 2.0, oder kurz BDO 2.0 genannt. Hier wird mit der Ablösung des gegenwärtigen DFÜ ein neuer digitaler Standard geschaffen.

Im September 2013 wurde mit der Online-Beratungsanfrage ein erster Schritt im Rahmen des Pilotprojektes umgesetzt. Seitdem können Kunden von der Internetseite der KfW direkt eine Beratungsanfrage zu fast allen bankdurchgeleiteten Produkten bei einem Finanzierungspartner ihrer Wahl stellen, um Detailfragen zu klären oder einen Förderantrag zu stellen. Innerhalb kürzester Zeit nimmt der regionale Finanzierungspartner Kontakt mit dem Kunden auf, um einen Beratungstermin zu vereinbaren - und hat zu diesem Zeitpunkt bereits die Eckdaten zum Investitionsvorhaben vorliegen. So gewinnen Kunde und Berater während des Beratungsgesprächs Zeit, um auf die individuellen Fragen einzugehen.

3 000 Anfragen seit September 2013

Noch ist die Online-Beratungsanfrage nur bei den teilnehmenden Pilotpartnern möglich, doch das Angebot wird kontinuierlich ausgebaut. Bereits jetzt stehen weitere Finanzierungspartner in den Startlöchern, um an die Online-Beratungsanfrage angeschlossen zu werden. Das noch junge Angebot stößt auch bei den Kunden auf hohen Zuspruch. Seit dem Start im September 2013 haben fast 3 000 Interessierte eine Anfrage gestellt.

In einem nächsten Schritt ist geplant, dass der Kundenberater über BDO 2.0. eine sofortige Online-Bestätigung der Förderfähigkeit des Kundenvorhabens von der KfW erhalten kann. Und falls alle notwendigen Daten vorliegen, kann er den Kreditantrag online an die KfW übermitteln und erhält - gegebenenfalls über sein Zentralinstitut - eine Sofortzusage der Förderbank. In jedem Fall setzt die Sofortzusage allerdings voraus, dass der Finanzierungspartner bereit ist, das Kreditvorhaben zu begleiten, denn er ist und bleibt der Vertragspartner der Kunden und entscheidet als Risikoträger über die Kreditvergabe.

Noch in diesem Jahr wird ein erster Pilotpartner diese Funktionen für die besonders stark nachgefragten Produkte "Energieeffizientes Bauen und Sanieren" sowie das "KfW-Wohneigentumsprogramm" umsetzen.

Weitere Partner - weitere Produkte

Der Rollout des Pilotprojektes BDO 2.0 hin zu einer flächendeckenden Anwendung läuft in zwei Richtungen: Weitere Partner und weitere Produkte. Sukzessive sollen alle Finanzierungspartner an die neuen webbasierten Funktionen angeschlossen werden. Hierzu laufen aktuell erste Gespräche. Später soll die automatisierte Antragsbearbeitung auch für weitere Produkte möglich sein, zunächst für wohnwirtschaftliche, danach auch für einen Teil der gewerblichen Produkte.

Im Ergebnis macht die Umstellung der Kreditbeantragung auf einen Online-Prozess den Weg zum Förderkredit schneller und komfortabler. BDO 2.0 ermöglicht eine sofortige und vor allem unkomplizierte Übermittlung von Daten via Webservice und erleichtert damit den Bearbeitungsprozess für KfW und Finanzierungspartner gleichermaßen, während der Kunde frühzeitig Planungssicherheit über seine Finanzierung erhält. Gleichzeitig können die Förderbank und ihre Finanzierungspartner durch die Vermeidung von Papier und Prozessschleifen Effizienzen heben. Die Abwicklung von Förderkrediten wird schneller und der Service besser. Auf diese Weise bleibt das bankdurchgeleitete Fördergeschäft auch in Zukunft attraktiv für Vertriebspartner und Kunden.

Dr. Axel Nawrath , Vorsitzender des Vorstands, L-Bank, Karlsruhe
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