Gespräch des Tages

Friedensnobelpreis - Solche und solche Banker?

Hierzulande können sich hochrangige Bankenchefs in der öffentlichen Wahrnehmung seit geraumer Zeit kaum von einem ziemlich festgefügten Pauschalurteil lösen. Sie gehören demnach zu jener raffgierigen und skrupellosen Clique von internationalen Managern, denen, in welcher Reihenfolge auch immer, der Börsenkurs des eigenen Unternehmens, das Ranking in verschiedensten League Tables und damit eng verbunden die eigene Positionierung in der Liste der Spitzenverdiener der Wirtschaft am Herzen liegt. Wenn mit Muhammad Yunus, dem Chef der Grameen-Bank in Bangladesch, nun aber ausgerechnet einem Banker der Friedens- und nicht etwa der Wirtschaftsnobelpreis zuerkannt wird und es in der breiten Öffentlichkeit dafür nicht wildes Entsetzen, sondern mehrheitlich wohlwollende Zustimmung gibt, dann muss es offensichtlich solche und solche Banker geben.

Gefeiert wird hier der edle, weil für das Gemeinwohl engagierte Banker. Gewürdigt wird seine Idee der Mikrofinanzierung, die er in seinem Heimatland Bangladesch in den siebziger Jahren im kleinen überschaubaren Bereich in die Praxis umsetzte, dann Anfang der achtziger Jahre mit der Gründung der Grameen-Bank auf eine breitere geschäftliche Grundlage stellte und mittlerweile mit mehr als 6,6 Millionen Kunden und einem Kreditvolumen von über vier Milliarden US-Dollar zu einem Massengeschäft gemacht hat. Gepriesen wird ein Konzept, das in vielen Ländern in ebenso vielen Varianten Nachahmer findet. So hat beispielsweise die KfW ihre Würdigung des Nobelpreisträgers mit dem Hinweis auf 92 von ihr geförderte Mikrofinanzvorhaben in 39 Entwicklungsländern verbunden. Die GLS Gemeinschaftsbank, in der die frühere Ökobank aufgegangen ist, verweist auf den Aufbau eines ähnlichen Projektes in Deutschland. Weltweit gibt es einige Spezialunternehmen für die neu entdeckte Assetklasse Mikrofinanzierungen. Auch große Finanzdienstleister wie Citibank, ABN Amro oder Dexia engagieren sich auf diesem Gebiet, und zwar ausdrücklich aus wirtschaftlichem Interesse.

Genau das ist im Übrigen der Ansatz des Nobelpreisträgers: Er will sein Projekt nicht als Almosenmaschinerie, sondern als Geschäft verstanden wissen, auch wenn bei der Kreditvergabe Wert auf faire Konditionen gelegt werden mag, wie immer man das interpretiert. Besonders häufig genannt werden bei der Würdigung des neuen Friedensnobelpreisträgers denn auch Begriffe wie nachhaltige Bankgeschäfte, Hilfe zur Selbsthilfe und die förderliche Arbeit für die Region und ihre Menschen. Zumindest diese beiden letzteren Aspekte liegen bekanntlich auch den Vertretern des deutschen Genossenschafts- und Sparkassenwesens am Herzen. Ist also in Oslo ein Preisträger ausgezeichnet worden, der dem Selbstverständnis der hiesigen Verbünde nahe steht? Darf man in diesem Sinne die Preisverleihung sogar ein wenig als Wink für den Erhalt der hiesigen Bankenstrukturen vereinnahmen?

Die Aktienbanken zu verteufeln wäre sicher nicht korrekt. Denn in der Realität lassen sich auch für die börsennotierten Kreditinstitute gerade in einigen Schwellenländern mühelos mindestens ebenso viele Belege für ihre nützliche Arbeit finden. Leisten nicht auch sie im Sinne der so genannten Corporate Social Responsibility einen wesentlichen Beitrag zur Armutsbekämpfung und zum Ausgleich der Wohlstandsunterschiede in der Welt? Und schaffen sie nicht in vielen Emerging Markets wie auch Entwicklungsländern einen konkurrenzfähigen Finanzdienstleistungssektor, der auch den Aufschwung anderer Wirtschaftszweige und damit den Wohlstand der Bevölkerung stützt? Wenn man die Verleihung des Nobelpreises in solche Sphären hebt, dann führt das allenfalls zu der sanften Überlegung, ob eine Struktur des konstruktiven Nebeneinanders im Dreisäulensystem nicht doch erhaltenswert ist - oder vielleicht sogar schützenswert.

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