Aufsätze

Industrie und Banken - Stimmen die Rahmenbedingungen?

Das Scheitern von Unternehmen mit hochgradig auf Fremdkapital aufgebauter Finanzierung im Zuge der letzten Krise 2008/2009 hat einige in Vergessenheit geratene Wahrheiten aufgezeigt. Es gibt keine sicheren Zahlungsströme im Wirtschaftsleben. Gegen starke Schwankungen des Geschäftsverlaufes hilft nur Eigenkapital. In der Krise müssen Gesellschafter bereit sein, neues Kapital einzuschießen, wenn sie zuvor nicht ausreichend thesauriert haben. So haben Beteiligungskapitalgesellschaften, die mit minimalem Einsatz von Eigenkapital enorme Fremdkapitallasten allein aus dem Cashflow heraustragen wollten, teilweise Schiffbruch erlitten. Die Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus insgesamt haben diese Wahrheiten nie vergessen. Sie haben in den Zeiten des Booms ihre Eigenkapitalquote im Schnitt um fast 20 Prozent gesteigert. Deshalb waren sie besser als je vor einer Krise gerüstet. Selbst das unvorstellbare Ausmaß dieser Krise hat ihre Stabilität nicht untergraben. Trotz starker Umsatzeinbrüche wurden Verluste minimiert und die Eigenkapitalquote selbst zum Ende des katastrophalen Geschäftsjahres 2009 auf dem hohen Niveau des Vorjahres gehalten.

Streben nach finanzieller Unabhängigkeit

Aber es gilt auch: In der Krise war es Maschinen- und Anlagenbauern überwiegend gelungen, mit ihren Kreditinstituten tragfähige Finanzierungen zu organisieren. Doch die Konditionen dafür waren belastend, die Fremdkapitalquote in den Bilanzen stieg wieder an und die Zinsen belasteten die Ertragsrechnung in der Nachkrisenphase. Häufig standen keine zusätzlichen Sicherheiten mehr zur Verfügung, um weitere Finanzierungslücken zu schließen. In dieser Situation entschlossen sich viele Unternehmer die ihnen möglichen Vorkehrungen zu treffen, um nicht mehr in eine solche Situation zu geraten. Die Sicherstellung der finanziellen Unabhängigkeit wanderte noch näher in das Zentrum der unternehmerischen Ziele.

Alternativen zur Bankfinanzierung: Betrachtet man die Bilanzen des Maschinen- und Anlagenbaus, so erkennt man, dass für ihre Finanzierung die Kreditinstitute nur den geringsten Teil beitragen. Neben Eigenkapital und Rückstellungen finden sich unter den Verbindlichkeiten auch erhaltene Anzahlungen der Kunden, die im Durchschnitt mehr als doppelt so hoch sind wie die gesamten Kredite der Banken. Auch wenn die allermeisten Branchenunternehmen keine Aktiengesellschaften sind und deshalb kein zusätzliches Eigenkapital an der Börse einsammeln können, hat sich doch das Interesse an Beteiligungskapital auf einem nachgeordneten, aber dennoch nicht zu vernachlässigenden Niveau gehalten. Die Zahl der Unternehmen, die sich für Schuldscheindarlehen und Unternehmensanleihen interessieren, hat sich zwar nicht stark erhöht, aber mehr Unternehmen als in der Vergangenheit haben sich zu diesem Schritt entschlossen. Die Erfolge der großen Mezzaninprogramme sind sicher Vergangenheit und ihr Volumen im Maschinen- und Anlagenbau war nicht unerheblich.

Doch gerade kleineren und mittelgroßen Unternehmen steht der eigene Zugang zu den Kapitalmärkten nicht zur Verfügung. Für sie bleibt die Unabhängigkeit von den Banken ein zumeist unerreichbarer Traum. Was sie jedoch tun können, ist ein ambitioniertes Working-Capital-Management, um den Bedarf an Kreditfinanzierung möglichst gering zu halten. Dazu sollten sie konsequent ihre Finanzkommunikation ausbauen, um ihre Attraktivität als Bankkunden zu untermauern. Davon kann auch die gesamte Unternehmenskommunikation profitieren, die in Zeiten schwindender Fachkräftezahlen ihre Position als Arbeitgeber verbessern soll.

Die Bank für den Maschinenbau: Nach Umfragen des VDMA zu den Erwartungen der Maschinenbauer an Kreditinstitute stellt sich das Anforderungsprofil der Branche als gespalten heraus. Die große Mehrzahl der Unternehmen erwartet von Banken nur die Beherrschung des Kreditgeschäftes und des Zahlungsverkehrs. Weitere Finanzierungsangebote, wie beispielsweise Leasing oder gar die Begleitung bei kapitalmarktnahen Finanzierungen, treffen immer nur auf eine Minderheit von Interessenten. Bei Beratungsleistungen steht für die Maschinenbauunternehmen der Wunsch nach Rating-Beratung und Fördermittelberatung weit vor der Beratung über Finanzierungsalternativen, die Optimierung der Finanzierungsstruktur oder die Finanzkommunikation. Die Betreuung vor Ort und ein dauerhafter persönlicher Ansprechpartner werden von einer breiten Mehrheit geschätzt. Insgesamt gelten diese Aussagen für das durchschnittliche Unternehmen, während größere und stark exportorientierte Maschinenbauunternehmen durchaus ein klares Interesse auch am Kapitalmarkt und an Dienstleistungen wie Devisengeschäft, Währungsabsicherung und Cash Management haben.

Lage und Perspektiven im Maschinenbau Nach der Krise: Die Weltwirtschaft hat 2013 noch nicht in den Normalmodus zurückgefunden. Strukturelle Anpassungserfordernisse infolge der Weltwirtschaftskrise 2008/2009 begrenzen weiterhin das Wachstum nicht nur des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus. Für umfangreiche Investments fehlt trotz des Ausbleibens weiterer Katastrophen vielen Investoren der Mut. Statt der erwarteten, wenn auch schwunglosen Belebung der Nachfrage müssen die Maschinenbauer sich weiter in Geduld üben.

Vergessen also die Jahre, in denen die Branche von Rekord zu Rekord eilte? Eindeutig nein! Denn was in den Jahren vor dem großen Crash galt, gilt in Grundzügen noch heute. Das Umfeld mag sich hier und da teils deutlich geändert haben. Insbesondere das Tempo der weltwirtschaftlichen Expansion, angetrieben durch die sogenannten Schwellenländer, die klassischen Industrieländer mal mehr, mal weniger mitreißend, ist ein anderes geworden.

Doch die Treiber der wirtschaftlichen Prosperität sind die Gleichen, konkret: Die dynamische Wirtschaftsentwicklung in den Schwellenländern wird sich - jenseits hier und da auftretender Störungen und Verwerfungen - vom Trend her auch in Zukunft fortsetzen. Und diese Entwicklung wird auch künftig - gleich, ob in einem mehr export- oder vornehmlich binnenorientierten Wachstumsmodell - gekennzeichnet sein durch eine forcierte Industrialisierung, deren Motor der enorme Nachholbedarf an industriellen Produkten in diesen Ländern ist. Damit aber gelten auch weiterhin - selbst wenn sich durch das zunehmende Gewicht der Schwellenländer in der Weltwirtschaft die globalen Markt- und Wettbewerbsbedingungen deutlich verändern - die Erfolgsfaktoren, die entscheidend waren und sind für die Teilhabe der deutschen Industrie im Allgemeinen und deutscher Maschinen- und Anlagenbauer im Speziellen an diesem Aufholprozess.

Erfolgsfaktoren des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus: Erst kürzlich hat die IKB Deutsche Industriebank AG in Kooperation gemeinsam mit dem VDMA eine Sammlung von Daten, Fakten und Argumenten herausgegeben, die auflistet, welche Erfolgsfaktoren für die anhaltend gute Marktposition deutscher Investitionsgüterhersteller verantwortlich sind. Hier nur die Wichtigsten:

- starke Außenorientierung,

- Innovationskraft,

- umfassende Systemangebote,

- Qualifikation der Mitarbeiter,

- gute Ertragskraft und stabile Finanzierungsstrukturen und

- mittelständische Struktur.

Dauerhafte Sicherung der Position

Allerdings ist es für deutsche Unternehmen bei allen Vorzügen durchaus eine Herausforderung, ihre Position in den neuen Wachstumsmärkten dauerhaft zu sichern. Denn der Wettbewerb dort verschärft sich. Vor allem wachsen in diesen Regionen selbst starke Konkurrenten heran, die zunehmend auch international aktiv sind. Schon deshalb bedarf es zwingend strategischer Anpassungen. So gilt es, die internationale Ausrichtung weiter zu intensivieren, vor allem durch den Aufbau lokaler Fertigung von den jeweiligen Bedürfnissen und spezifischen Verhältnissen angepassten Produkten. Die mittelständischen Strukturen bleiben zwar eine Trumpfkarte der deutschen Industrie, aber viele Firmen werden, um konkurrenzfähig zu bleiben, in neue Größenordnungen hineinwachsen müssen, zum Beispiel durch Zusammenschluss oder Kooperation. Unternehmen, die nicht über diese Option verfügen, werden sich gezielt auf bestimmte Produktsegmente oder auf einzelne Märkte fokussieren müssen, um dort eine Sonderstellung in einer Nische zu erreichen.

Notwendige Rahmenbedingungen: Hier sind die Unternehmen ebenso gefordert wie der Staat, der auch auf anderen Feldern wie der Arbeitsmarkt-, Energie-, Steuerpolitik und anderes seinen Beitrag dazu leisten muss, dass sich die Markterfolge der deutschen Industrieunternehmen auch in Zukunft fortsetzen. Im Kern fordert der VDMA eine Steuerpolitik, die unternehmerischen Freiraum lässt, um investieren zu können und eine Energiepolitik, die verlässlich und nachhaltig ist. Hier besteht dringender Handlungsbedarf - der Maschinenbau braucht Investitionssicherheit! Und eine Arbeitsmarktpolitik, die es erlaubt, flexibel auf Schwankungen im Auftragseingang reagieren zu können.

Banken als Begleiter auf den weltweiten Märkten

Mit seiner hohen Exportquote schaut der Maschinenbau traditionell über den nationalen Tellerrand hinaus. Keine andere Industriebranche steuert absolut mehr zum deutschen Außenhandel bei. Starker Partner waren und sind dabei traditionell die deutschen Hausbanken. Der Mittelstand braucht einen starken Finanzpartner für die Themen Finanzierung von Exportgeschäften, Avale und Akkreditive.

Seine immer anspruchsvollere Kundschaft verlangt, dass deutsche Maschinenbauer mit einer eigenen Organisation vor Ort verwurzelt sind. Außerdem lässt sich die Entwicklung der Zukunftsmärkte nur so zuverlässig beobachten. Es ist eindeutig: Aus Wettbewerbssicht ist eine stärkere internationale Präsenz in den zukünftigen Kernmärkten erforderlich. Wie aber kann nun ein mittelständisches Unternehmen diese Internationalisierung mit seinen begrenzten Ressourcen angehen? Die taktische Antwort darauf lautet Kooperation, das heißt die Zusammenarbeit mit einem oder mehreren deutschen Partnern aus der Industrie, aber durchaus auch aus dem Bankensektor. Einerseits geht es dabei um den Austausch von Marktkenntnissen, andererseits aber auch um Hilfe bei der Finanzierung.

Nur selten können die Unternehmen ihre Auslandsengagements ausschließlich mit Eigenkapital stemmen. Die Begleitung durch die Hausbanken ist deshalb essenziell. Und dabei gilt, dass sich die Unternehmen, trotz aller auch berechtigten Kritik an den Banken, deutlich wohler fühlen, wenn sie im Ausland von einer vertrauten Hausbank begleitet und finanziert werden als wohlmöglich von einer chinesischen Bank. Die Unternehmen brauchen die Banken an ihrer Seite, um erfolgreich zu bleiben und im internationalen Wettbewerb gewinnen zu können. Stand heute gehört in Deutschland die Industrie, und im Besonderen der Maschinen- und Anlagenbau, zu den Gewinnern der Globalisierung und es bestehen auch alle Chancen, dass es so bleibt.

Auswirkungen der Finanz- und Bankenkrise

Steigendes Maß an Regulierung: Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus sind selbst in mehrfacher Hinsicht von Regelwerken betroffen: Als Anwender von Gesetzen und Verordnungen (beispielsweise Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) in der Betriebsführung als auch hinsichtlich der Beachtung von Gesetzen und Normen bei der Konstruktion von Maschinen und Anlagen (beispielsweise EU-Maschinenrichtlinie). Die Regulierung der Finanzmärkte und ihrer Teilnehmer steht deshalb nicht gerade im Fokus der Maschinenbauunternehmer.

An Basel II und die gewachsene Bedeutung des Ratings für die Kreditvergabe und deren Konditionen hatten sie sich nolens volens gewöhnt. Die Verdopplung der Seitenzahl der Vorschriften nach Basel III verbunden mit der Verdopplung der geforderten Eigenkapitalquoten auf die Risikoaktiva zeigt, dass die ursprünglich damit verbundene Hoffnung auf stabile Banken verfrüht war.

Die weiteren Kennzahlen, die die Bankenaufsicht künftig überwachen will, erwecken den Eindruck, als hätten die Bankvorstände ihr Geschäft nicht wirklich im Griff: Ihnen werden jetzt dezidierte Auflagen für die Refinanzierung und den zulässigen Grad an Fristentransformation gemacht. Die pauschale Verschuldungsquote schließlich zeigt, dass die Bankenaufsicht den von ihr selbst geprüften Risikomodellen der Banken eigentlich nicht traut. Angesichts dieser Generalkritik an den Risikomanagementfähigkeiten der Kreditinstitute müssen sich Industrieunternehmen fragen, welche Geschäfte mit diesen noch möglich sein werden. Können die deutschen Kreditinstitute zukünftig noch ausreichend Kredit an die Industrie vergeben oder müssen sie die hereingenommenen Einlagen in liquide Staatsanleihen anlegen? Wird das margen- und risikoarme Geschäft mit Garantien und Akkreditiven überhaupt noch zu tragbaren Konditionen angeboten, und können die für die Industrie relevanten Währungs-, Zins- und Rohstoffpreisrisiken noch zu vernünftigen Bedingungen abgesichert werden? Denn neben Basel III gibt es noch andere EU-Regulierungsvorhaben wie MiFID II (Handelsplattformen), EMIR (Derivate) und schließlich vielleicht noch Solvency II für die Versicherungswirtschaft, die deren Fähigkeit zur Refinanzierung für Kreditwirtschaft und Industrie beeinträchtigen könn te.

Begriff Verbriefung auf Dauer geschädigt

Im Kreuzfeuer der Regulierung ist auch die Verbriefung von Kundenforderungen der Kreditinstitute in die Knie gegangen. Obwohl keine einzige Verbriefung auf Basis der bewährten Instrumente der deutschen Kreditwirtschaft notleidend wurde, ist der Begriff Verbriefung wegen der immobilienbasierten Schrottanleihen überwiegend US-amerikanischen Ursprungs auf Dauer geschädigt. Damit ist allerdings auch der sinnvolle "indirekte" Zugang kleinerer und mittelgroßer Kreditnehmer zu den Kapitalmärkten versperrt.

Kulturwandel zu mehr Vertrauen: Im Zuge der Finanzkrise und verstärkt durch krasse Fälle von Spekulationen und Fehlverhalten von einzelnen Bankmitarbeitern hat sich eine öffentliche Diskussion über die Rolle der Banken für die Gesamtwirtschaft entzündet. Es geht hierbei nicht um die vielen Kundenbetreuer für Firmen und Private, die überwiegend einen guten Job machen. Es geht vor allem um den Ungeist des Geschäftemachens um jeden Preis - auch gegen die Interessen der eigenen Kunden.

Dieser Ungeist hat sicher seinen Ausgang im Eigenhandel und im stark ausgebauten und durch enorme Boni incentivierten Investmentbanking genommen. Aber er hat teilweise auch die normalen Geschäftsbeziehungen erreicht: Die vielen Klagen über schlechte Beratung von Privatkunden, aber auch die Angebote nur schwer durchschaubarer Zinsprodukte bei Unternehmen und sogar Kommunen sprechen eine eindeutige Sprache.

Deshalb ist die angekündigte Rückbesinnung auf das Kundeninteresse durchaus im Sinne der Unternehmen des Maschinenund Anlagenbaus. Darüber hinaus ist dieser Kulturwandel aber im ureigensten Interesse der Kreditwirtschaft, die mit wachsendem Vertrauen wieder diesem öffentliche Gut zu neuer Bedeutung verhelfen kann.

Gute Rahmenbedingungen zur Unterstützung der Realwirtschaft

So groß der Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit ist, so gut kapitalisiert der Maschinenbau auch ist, ohne Banken geht es einfach nicht. Unsere überwiegend mittelständischen Unternehmen sind dabei an vertrauensvollen und partnerschaftlichen Beziehungen zu unseren Hausbanken interessiert, um gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft meistern zu können - beim Tagesgeschäft im Inland, bei der Beratung, aber verstärkt auch im zunehmenden internationalen Wettbewerb. Gute Rahmenbedingungen für die Banken zur Unterstützung der Realwirtschaft sollten dabei unser gemeinsames Leitziel sein!

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