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Institutionelles Asset Management im Spannungsfeld zwischen Anlegererwartungen und Niedrigzins

Drei Finanzkrisen in gerade einmal 13 Jahren, Zinsen fast am Nullpunkt, das eventuell baldige Ende der Liquiditätssteuerung in den USA, unkalkulierbare Risiken: Die Lage an den Kapitalmärkten ist für institutionelle Investoren so schwierig wie selten zuvor. Den Zahlen des Bundesverbandes Investment und Asset Management (BVI) zufolge verwalten Investmentfonds derzeit mehr als zwei Billionen Euro - über 995 Milliarden Euro davon in Spezialfonds. Ein Großteil dieser Anlagen liegt in Rentenpapieren. Der Grund ist oder war zumindest naheliegend: Institutionelle Anleger brauchen stabile und berechenbare Cash-Flows, um ihre Auszahlungsverpflichtungen zu erfüllen, und das bei möglichst geringem Risiko. Diese Bedürfnisse institutioneller Investoren sind nach wie vor unverändert. Allerdings zwingen das anhaltende Niedrigzinsumfeld und der daraus resultierende Renditedruck die Investoren, neue Wege in der Kapitalanlage zu beschreiten.

Regulierung: Richtiges Maß gesucht

Zudem hat sich die Situation, in der Investoren agieren, dramatisch verändert: Auf den Kapitalmärkten haben sicher geglaubte Annahmen keinen Bestand. Entgegen der bisher gültigen These sind etwa Staatsanleihen kein sicherer Hafen mehr. Dazu konterkariert eine zunehmende Regulierung teilweise eine langfristig ausgerichtete Vermögensallokation mit dem Ergebnis, dass auskömmliche Renditen immer schwerer zu erzielen sind. Der Dreiklang aus Markt, Regulierung und Rendite zeigt Dissonanzen.

Angela Merkel hatte 2008 nach dem internationalen Krisentreffen der führenden Industrie- und Schwellenländer G20 versprochen, dass kein Finanzplatz und kein Finanzmarktakteur unreguliert bleiben sollen. Seitdem ist viel passiert. Für die Asset Managementbranche ist zum Beispiel das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), das die AIFM-Richtlinie1) umsetzt von Bedeutung. Die AIFM-Richtlinie hat die Bedingungen für den Vertrieb von Alternativen Investments deutlich verschärft. Bisher waren die Alternativen Investmentfonds wie etwa geschlossene Hedge- oder Private-Equity-Fonds von einer Regulierung durch die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) ausgenommen. Durch die Neuregelungen des KAGBs werden zukünftig alle Fonds gleichermaßen reguliert.

Das bedeutet einen deutlich steigenden Aufwand, denn der BaFin müssen für die AIFM-Richtlinie ausführliche und sehr umfangreiche Informationen zu den einzelnen Produkten zur Verfügung gestellt werden. Der BVI rechnet damit, dass seine rund 80 Mitglieder etwa 900 000 Seiten Papier füllen müssen, um die Anforderungen einzuhalten. Bei der Umsetzung der Regulierung sollte aber auf das richtige Maß und die zweckmäßigen Schritte geachtet werden. Statt sachgerechter Regulierung beschleicht einen das Gefühl, dass die Maßnahmen vor allem unter dem Druck der Regierungen umgesetzt werden müssen.

Belastungen auch für institutionelle Investoren

Nicht nur die Asset Manager sind von der Regulierungsflut aus Berlin und Brüssel betroffen. In Zukunft müssen auch die größten institutionellen Investoren in Europa, die Versicherungen, neue Reglements beachten. Zwar sind sowohl Zeitpunkt als auch einzelne Details noch unklar, aber Solvency II wird die europäische Versicherungsbranche massiv verändern.

Man kann lange darüber diskutieren, ob die Maßnahmen gut oder schlecht sind, aber in der jetzigen Situation führt diese Diskussion nicht weiter. Die Politik hat sich für diesen Weg entschieden. Fakt ist, dass für Asset Manager und Versicherungen die Umsetzung der Gesetzesvorlagen einen enormen Kostenfaktor und Zeitaufwand bedeutet. Für die Zukunft ist es daher sehr wichtig, wieder in einen konstruktiven Dialog mit den Aufsichtsbehörden zu treten, um zu erörtern, wie eine sinnvolle Regulierung aussehen kann und muss.

Eine sinnvolle Regulierung zielt auf die Stabilität des Finanzsektors ab. Sie setzt auf Produkttransparenz und die Streuung von Risiken. Gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung der kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge bekommt die Wahrung der Funktionsfähigkeit und Stabilität der Finanzmärkte eine noch stärkere ordnungspolitische Bedeutung. Dabei muss aber sowohl für Asset Manager als auch für Versicherer sichergestellt sein, dass langfristig sinnvolle Anlagestrategien nicht benachteiligt werden, um ihre zentrale Rolle in der Gesellschaft weiterhin erfüllen zu können.

Stärkung der privaten und betrieblichen Altersversorgung

Es geht schließlich nicht nur um die Erhaltung von Vermögen, sondern um die Zukunft von Millionen von Menschen. Denn durch die Stärkung der privaten und betrieblichen Altersversorgung wird ein wichtiger Beitrag zur Vermögensbildung, zur Erhaltung der Lebensqualität im Alter und letztlich zur Sicherung der Renten geleistet.

In diesem Zusammenhang ist es positiv zu bewerten, dass die betrieblichen Altersvorsorgeeinrichtungen nicht von Solvency II betroffen sind. Anders als Versicherungen leiden Pensionskassen oder berufsständische Versorgungswerke nicht unter den durch Solvency II erschwerten Bedingungen bei der Kapitalanlage. Dadurch können sie in einer Zeit extrem niedriger Zinsen auf Aktien als Anlagealternative zurückgreifen oder verstärkt alternative Investmentstrategien nutzen. Denn erst eine breite Portfoliodiversifikation verbessert die Chancen, langfristige Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.

Daher ist es wichtig, dass institutionelle Investoren, Asset Manager sowie der Regulierer gemeinsam durch verantwortungsbewusstes Handeln die Funktionalität des Finanzsystems garantieren. Nur im Zusammenspiel von Produkttransparenz, Risikostreuung und maßvoller Regulierung kann künftig ein wertvoller Teil der Altersvorsorge gewährleistet werden.

Suche nach realen Erträgen

"Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen", das wusste bereits Winston Churchill. Das angespannte und schwierige Kapitalmarktumfeld ist gepaart mit einer politischen und wirtschaftlichen Krise. Viele Industrienationen leiden unter einer enormen Schuldenlast, welche die konjunkturelle Entwicklung der Weltwirtschaft belastet. Seit Jahrzehnten kämpft Europa mit strukturell sinkenden Wachstumsraten, und die Erholung der Wirtschaft verläuft in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Mehr und mehr spielen die globalen Risiken wie die Krisenherde Syrien und die Türkei, das iranische Atomprogramm oder die Entwicklung Chinas eine große Rolle.

Diese Unsicherheiten spiegeln sich auch in verschiedenen Umfragen institutioneller Investoren wider. Demnach stellen die anhaltende Volatilität an den Märkten, die Furcht vor starken Kurseinbrüchen (Fat-Tail-Risiken) sowie die Suche nach realen Erträgen im anhaltenden Niedrigzinsumfeld die größten Herausforderungen dar.

Wie weit die Entwicklung eines niedrigen Zinsniveaus bereits fortgeschritten ist, zeigt der Vergleich der Renditen einer 10-jährigen Bundesanleihe. Während im Jahr 2008 die Rendite noch über vier Prozent lag, können Investoren aktuell gerade noch 1,75 Prozent (Stand 30. Juni 2013) erzielen. Dies trifft zunehmend vor allem die Langzeitsparer. Berechnungen des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung zufolge sind für einen heute Anfang 30-Jährigen, der bis zu seinem Renteneintritt 100 Euro monatlich zurücklegt, fast fünf Prozent Rendite nötig, um nach Abzug von Steuern und Inflation die Kaufkraft seines Geldes zu erhalten.

Bei einem Zinsniveau von weniger als einem Prozent ist nur eines sicher, dass man Geld verliert. Als Sparer ist man also gezwungen entweder den realen Kaufkraftverlust zu akzeptieren oder mehr Mut zum Risiko zu wagen und dementsprechend seine Vermögensallokation zu ändern.

Neue Wege in der Kapitalanlage

Als eine Reaktion auf die derzeit schwierigen Bedingungen haben viele europäische Altersvorsorgeeinrichtungen bereits begonnen, ihr Investmentuniversum zu erweitern. Im europäischen Vergleich haben zunächst vor allem die deutschen Versorgungswerke ihre geringe Aktienquote von sechs Prozent im Jahr 2011 auf rund elf Prozent bis ins Jahr 2012 aufgestockt, wie die aktuelle European-Asset-Allocation-Studie von Mercer zeigt. Investoren zeigen darüber hinaus aber auch ein immer größer werdendes Interesse an Investitionen in andere Sachwerte wie etwa Immobilien. Ein verstärktes Engagement in Aktien ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Um eine Antwort auf die Herausforderung aus Markt, Regulierung und Rendite zu geben, kann der Aufbau alternativer Anlagestrategien in der Vermögensallokation ein weiterer Schritt sein. Gesucht werden dabei diversifizierende, alternative Anlagekonzepte mit asymmetrischen Rendite-Risiko-Profilen, um wettbewerbsfähige Kapitalmarktrenditen zu erzielen. Viele dieser alternativen Strategien verfolgen dabei einen Absolute-Return-Gedanken: Partizipation an Aufwärtsphasen und Verlustbegrenzung durch aktives Risikomanagement in schlechten Marktphasen. Die Aufgeschlossenheit von Anlegern in Richtung einer breiteren Diversifizierung und tieferen Spezialisierung auf Gesamtportfolio-Ebene wächst. Das zeigt auch der Blick in die Statistik.

Zahlen des Datenanbieters Absolute Research belegen, dass europaweit mittlerweile über 166 Milliarden Euro in Alternativen Ucits-Anlagestrategien investiert sind. Ein Großteil davon entfällt auf komplexe Equity-, Fixed-Income- und Multi- Asset-Strategien, aber auch auf ganz neue Assetklassen wie Volatilitätsstrategien.

Absolute-Return-Konzepte in der Praxis

Wenn Absolute-Return-Ansätze einer der Bausteine in der Vermögensallokation sind, dann muss man sich intensiv mit den einzelnen Strategien beschäftigen. Absolute-Return-Konzepte sind weder eine Wunderwaffe noch ausschließlich ein wohl klingender Marketing-Coup. Die Ergebnisse eigener Studien, die regelmäßig seit 2008 halbjährlich auf Daten des Analysehauses Lipper durchgeführt werden, bestätigen, dass eine differenzierte Betrachtung notwendig ist.

Erfreulich ist, dass im Fünf-Jahres-Vergleich immerhin 65 Prozent der untersuchten Absolute-Return-Fonds positive Renditen erzielten. Die durchschnittliche Rendite der Fonds liegt dabei bei 0,78 Prozent per annum. Um diese Zahl besser einordnen zu können, ist ein Vergleich mit den großen Indices hilfreich. Im selben Zeitraum weist die Entwicklung beispielsweise des Euro Stoxx 50 ein deutliches Minus von 9,74 Prozent per annum auf, die des MSCI World liegt bei minus 3,68 Prozent per annum. Damit erzielten Absolut-Return-Produkte eine bessere Performance als Aktien und konnten ihr Minimalziel einer positiven Rendite über einen Anlagezyklus erreichen.

Ein nachhaltiger Nutzen besteht für den Investor aber erst dann, wenn die Rendite der Absolute-Return-Fonds über der risikoadjustierten Geldmarktrendite (Sharpe Ratio) liegt. Dies ist im Fünf-Jahres-Vergleich mehr als einem Drittel der Produkte gelungen. Zwei Drittel allerdings konnten dieses Ziel nicht erreichen und blieben damit hinter ihren Ansprüchen zurück. Auch die Streuung der Ergebnisse zeigt die großen Qualitätsunterschiede der verschiedenen Strategien. Aus Sicht der Investoren ist es umso wichtiger, künftig genau hinzuschauen, in welche Konzepte sie investieren.

Belastbare und transparente Track Records

Eine weitere Erkenntnis der Studie ist, dass die Erfahrung im Portfolio und Risikomanagement entscheidend für den Anlageerfolg ist. Je länger der Track Record der Absolute-Return-Fonds ist, desto geringer sind die Maximalverluste (Maximum Drawdowns). Fonds mit einem Track Record von mindestens fünf Jahren weisen mit minus 3,19 Prozent einen niedrigeren Maximalverlust auf als Fonds mit einer dreijährigen (minus 4,59 Prozent) oder einjährigen Performancehistorie (minus 5,65 Prozent). Der Maximalverlust des Euro Stoxx 50 liegt in dieser Zeit bei minus 58,91 Prozent und der des MSCI World bei minus 49,15 Prozent. Damit zeigt sich, dass es gerade unter schwierigen Marktbedingungen darum geht, die Vermögenswerte vor Verlusten zu schützen.

Insgesamt führen die Ergebnisse der Studien vor Augen, dass es sich aus Investorensicht lohnt, sich mit den Strategien auseinanderzusetzen. Allerdings gilt es realistisch zu bleiben. Gerade im Hinblick auf die zu erwartenden Renditen im anhaltenden Niedrigzinsumfeld. Dabei bleibt die Herausforderung für die Investoren die erfolgreichen Strategien zu identifizieren. Belastbare und transparente Track Records von mindestens drei bis fünf Jahren können hierbei gute Hinweise liefern.

Mit alternativen Anlagestrategien bestehende Chancen nutzen

Auch im derzeit schwierigen Kapitalmarktumfeld zwischen verschärfter Regulierung und dem anhaltenden Niedrigzinsumfeld gibt es durchaus Chancen, den Wunsch der Investoren nach auskömmlichen Renditen bei geringen Risikobudgets zu erfüllen.

Die grundsätzlich stärkere Ausrichtung zu mehr sachwertorientierten Investitionen ist als ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sehr zu begrüßen. Daneben wird zukünftig aber auch das Interesse der Investoren nach alternativen Anlagestrategien weiter zunehmen, um das Portfolio im Rahmen der teilweise limitierten Risikobudgets breiter zu diversifizieren. Denn nur wenn Bereitschaft besteht, ausgetretene Pfade zu verlassen und alternative Anlagechancen zu nutzen, kann für die Stärkung der privaten und betrieblichen Altersversorgung und letztlich zur Sicherung der Renten ein wertvoller Beitrag geleistet werden.

Fußnote

1) Richtlinie 2011/61/EU über die Verwaltung Alternativer Investmentfonds, die am 11. November 2010 vom Europäischen Parlament angenommen wurde.

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