Aufsätze

Das Jahr 2014 - Zeitenwende für die europäische Aufsichtspraxis

Mit der Einführung einer für alle europäischen Kreditinstitute geltenden EU-Verordnung für die Kapitalanforderungen (CRR)1) und den korrespondierenden technischen Durchführungsverordnungen ist der Regelungsrahmen für Banken deutlich vereinheitlicht worden. Eine weitere, aus der Finanzmarktkrise der letzten Jahre gewonnene Erkenntnis ist darüber hinaus, dass auch die Aufsicht über die Institute selbst verstärkt werden muss. Die Aufsichtsbehörden müssen hoch komplexe, stark miteinander vernetzte Märkte und Institute effektiver und effizienter überwachen. Daher wird 2014 bei der Europäischen Zentralbank (EZB) ein einheitlicher direkter Aufsichtsmechanismus für die Banken des Euro-Währungsgebietes eingerichtet (Single Supervisory Mechanism - SSM). In einer ersten Stufe übernimmt die EZB eine Schlüsselrolle bei der aufsichtsrechtlichen Überwachung der größten Banken in der Eurozone.

Harmonisierung der Aufsichtspraxis

Dies ist Anlass zu hinterfragen, wie die Aufsichtspraxis innerhalb der Eurozone und anderer wichtiger europäischer Länder bisher aussieht und insbesondere, welche Rolle dem Prüfer im Rahmen der Aufsichtspraxis zukommt. Ist der Abschlussprüfer im europäischen Ausland - wie in Deutschland üblich - auch der verlängerte Arm der Aufsicht? Ist der "Aufsichtsprüfer" identisch mit dem Jahresabschlussprüfer oder übernimmt die Aufsicht selbst vor Ort die Prüfung der Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen durch die Banken? Wie ist zukünftig ein sogenanntes "Level Playing Field" gewährleistet, wenn man bedenkt, dass die nach der Prüfungsberichtsverordnung (PrüfbV) erstellten Prüfungsberichte für Kreditinstitute schnell einen mehrere hundert Seiten starken Umfang annehmen können.

Einleitend soll zunächst die neue Aufsichtsstruktur und dabei insbesondere die Rolle der EZB dargestellt werden. Im Anschluss erfolgt ein Überblick, welche Aufgaben den Jahresabschlussprüfern von Banken in den wichtigsten europäischen Ländern im Rahmen der Bankenaufsicht zukommen. Danach folgt ein kurzer Exkurs zu den Erkenntnissen aus der Finanzmarktkrise in Bezug auf den Jahresabschlussprüfer und zu einzelnen Aspekten der Reform der Wirtschaftsprüfungsbranche in Europa. Abschließend wird Stellung dazu genommen, inwieweit sich eine unterschiedliche Aufsichtspraxis auf die EZB-Aufsicht auswirken könnte und die Frage aufgeworfen, ob zu einer zentralen Aufsicht nicht auch eine harmonisierte Aufsichtspraxis in den jeweiligen Euroländern gehört.

Baustein einer umfassenden Reform

Die Finanzmarktkrise hat nicht nur die Finanzbranche erschüttert, sondern auch zu Einschränkungen für die Realwirtschaft und zu einer Belastung der Staatshaushalte geführt. Seitdem beschäftigt sich die Politik damit, der Krise Herr zu werden. Einerseits wurden Sofortmaßnahmen ergriffen, um eine Verschärfung der Krise zu verhindern. Hierzu gehören beispielsweise die staatlichen Hilfen für Banken, Bad-Bank-Modelle oder die Möglichkeit der Umwidmung von Vermögenswerten innerhalb der Rechnungslegungsvorschriften. Andererseits wurden nach Analyse der Ursachen der Krise Präventivmaßnahmen ergriffen, um das Entstehen neuer Krisen zu verhindern. Hierzu zählen beispielsweise die neuen Vorschriften zur Beaufsichtigung von Ratingagenturen, strengere bankaufsichtsrechtliche Vorgaben, wie höhere Kapitalquoten, die Einführung einer Leverage Ratio sowie einer Liquiditätskennzahl oder die Neuordnung der Aufsichtsstruktur mit der Bankenunion.

Die Ursachenanalyse, warum es den Aufsichtsbehörden weltweit nicht gelungen ist, das Entstehen der Finanzmarktkrise zu verhindern, ist unter anderem zu dem Ergebnis gekommen, dass eine rein nationale Aufsicht von grenzüberschreitend tätigen Instituten zu einem zu engen Blick allein auf den Heimatmarkt führt. Aus diesem Grund wird eine stärkere Koordination auf internationaler Ebene vorangetrieben und in Europa eine zentrale Beaufsichtigung auf europäischer Ebene angestrebt. Die Verordnung zur Errichtung eines einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus SSM2) (SSM-Verordnung) stellt also einen Baustein der umfassenden Reform des Finanzsektors dar. Ab Herbst 2014 werden auf Grundlage der SSM-Verordnung weitreichende Aufsichtskompetenzen insbesondere für bedeutende Großbanken direkt an die EZB übertragen.

Grundsätzlich erstreckt sich die Aufsicht der EZB nach der SSM-Verordnung nur auf Kreditinstitute im Sinne der CRR, also nur auf Institute, die Einlagen entgegennehmen oder das Darlehensgeschäft betreiben. Darüber hinaus erstreckt sich die EZB-Aufsicht zunächst nur auf die EU-Mitgliedstaaten der Eurozone.3) Für Mitgliedstaaten außerhalb des Euro-Währungsgebiets4) besteht allerdings die Möglichkeit auf freiwilliger Basis (Opt-In) am SSM teilzunehmen.

Abbildung 1 veranschaulicht die Arbeitsteilung zwischen den nationalen Aufsehern und der EZB. Ausschlaggebendes Kriterium für die Zuständigkeit der EZB beziehungsweise der nationalen Aufsichtsbehörden ist die Einstufung als bedeutendes oder weniger bedeutendes Institut. Institute gelten dann als bedeutend, wenn sie eine der folgenden Bedingungen erfüllen:

- Institute mit einer Bilanzsumme über 30 Milliarden Euro oder einer Bilanzsumme, die mehr als 20 Prozent des nationalen BIP beträgt,

- Institute mit direkter EFSF-/ESM-Unterstützung,

- die drei größten Institute des jeweiligen Mitgliedstaates.

Während bei bedeutenden Banken die direkte Aufsicht durch die EZB ausgeübt wird, liegen diese Befugnisse bei weniger bedeutenden Instituten weitgehend noch im Zuständigkeitsbereich der nationalen Behörden. Neben der Einbindung nationaler Institutionen in die Gremien des SSM, werden nationale Aufseher im Rahmen von Sachverhaltsaufklärung und Entscheidungsvorbereitung auch in die Beaufsichtigung bedeutender Institute durch die EZB miteingebunden. Die EZB gibt allgemeine Weisungen ("oversight") für das Gesamtsystem aus.

Die EZB wird bei ihrer direkten Aufsicht durch die nationalen Aufsichtsbehörden unterstützt. So sind gemeinsame Aufsichtsteams, bestehend aus Mitarbeitern der EZB und der nationalen Aufsichtsbehörden vorgesehen. Da die EZB die neue Aufsichtsfunktion quasi aus dem Stand übernehmen muss, kommt den nationalen Aufsichtsbehörden eine wichtige Funktion im Hinblick auf die Sachverhaltsaufklärung und die allgemeine Kenntnis über das jeweilige Institut zu. Das Mit- und Nebeneinander von europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden birgt dabei natürlich die Gefahr von Reibungsverlusten und Ineffizienzen. Eine klare Verteilung von Verantwortlichkeiten und klar strukturierte Prozesse sind für ein Funktionieren der neuen Aufsichtsstruktur unerlässlich.5) Nach Artikel 6 Abs. 7 der SSM-Verordnung hat die EZB daher ein Rahmenwerk zu erstellen, in dem die Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden niedergelegt ist.

Vor der Übernahme der Aufsichtsfunktion durch die EZB wird eine umfassende Bewertung (Comprehensive Assessment) der etwa 130 signifikanten Banken der Eurozone, darunter 24 deutsche Institute, durchgeführt. Die Institute werden im Zeitraum von zwölf Monaten einer Risikobewertung, einer Prüfung der Aktivaqualität sowie einem Stresstest unterzogen. Erklärtes Ziel der Bewertung ist es, Transparenz und Vertrauensbildung zu fördern. Diese Maßnahme stellt eine wichtige Etappe bei der Vorbereitung des einheitlichen Aufsichtsmechanismus dar und soll die Etablierung eines Level Playing Field im Bereich der Aufsicht in Europa fördern. Bei der Durchführung der umfassenden Bewertung unter Leitung der EZB dürfen sich die nationalen Aufsichtsbehörden der Unterstützung Dritter, wie zum Beispiel Wirtschaftsprüfern, bedienen.6)

Im Hinblick auf die ausgeprägten Verflechtungen europäischer Institute sowie auf länderübergreifende Auswirkungen von Banken- und Finanzkrisen, scheint es prinzipiell sinnvoll, Bankenaufsicht verstärkt auf einer supranationalen Ebene auszuüben. Dennoch birgt eine stärkere Zentralisierung der Aufsicht ohne weitere Anpassung der bisherigen nationalen Vorgehensweisen unterschiedliche Interessenskonflikte und Problemfelder.

Rolle des externen Wirtschaftsprüfers

Vor dem Hintergrund einer direkten Aufsicht durch die EZB stellt sich die Frage, wie sich dies auf die bisherige Aufsichtspraxis in den betroffenen Mitgliedstaaten auswirkt. Wie bereits im vorangehenden Abschnitt erläutert, kommt trotz der direkten EZB-Aufsicht den nationalen Aufsichtsbehörden in Bezug auf die Sachverhaltsaufklärung nach wie vor eine wichtige Rolle zu. Dabei kann man grob zwischen zwei Aufsichtskulturen unterscheiden: einer unmittelbaren Aufsicht, die in erheblichem Umfang Prüfungen vor Ort übernimmt und einer mehr mittelbar ausgerichteten Aufsicht, die neben eigenen Prüfungen auch auf Informationen Dritter (beispielsweise des Wirtschaftsprüfers) auf baut.

Der folgende Abschnitt soll einen groben Überblick über die Rolle des Prüfers im Rahmen der Bankenaufsicht in verschiedenen europäischen Ländern geben. In Anbetracht fortlaufender Reformen in allen Ländern Europas aufgrund der Finanzmarktkrise können die nachfolgenden Ausführungen insoweit nur eine Momentaufnahme der grundlegenden Aufgabenverteilung zwischen Aufsicht und Jahresabschlussprüfer liefern.

Gesetzliche Hauptaufgabe des Prüfers in allen dargestellten Ländern ist es, den Jahresabschluss zu prüfen und zu bestätigen. Im europäischen Bankensektor werden der testierte Jahresabschluss und gegebenenfalls der Prüfungsbericht in der Regel auch an die jeweiligen Aufsichtsbehörden weitergeleitet, da die Angaben Relevanz für die Ermittlung der aufsichtsrechtlichen Eigenmittel haben. Teilweise werden dabei auch Überleitungsrechnungen von dem Eigenkapital nach den Rechnungslegungsvorschriften zu den aufsichtsrechtlichen Eigenmitteln vom Jahresabschlussprüfer geprüft.

Verlängerter Arm der Aufsicht

Ob der Prüfer neben der Einhaltung der Rechnungslegungsvorschriften darüber hinaus auch die Einhaltung anderer gesetzlicher Bestimmung im Bereich des Bankenaufsichtsrechts prüft, ist in den verschiedenen europäischen Ländern sehr unterschiedlich geregelt. In Deutschland nutzen die Aufsichtsbehörden für ihre Aufsichtstätigkeit die Erkenntnisse des Prüfers aus der Jahresabschlussprüfung. Die Jahresabschlussprüfung von Banken wird in Deutschland um die Prüfung der Einhaltung zahlreicher bankaufsichtsrechtlicher Normen ergänzt. Hierzu ist im Prüfungsbericht ausführlich Stellung zu nehmen. Zentrale Norm für die Tätigkeit des Jahresabschlussprüfers im Rahmen der bankaufsichtsrechtlichen Prüfung ist § 29 Kreditwesengesetz (KWG). Die Anforderungen aus § 29 KWG werden durch die Prüfungsberichtsverordnung (PrüfbV) konkretisiert. In jüngster Zeit wurde der bankaufsichtsrechtliche Prüfungskatalog deutlich ausgeweitet. CRD IV/CRR, EMIR, AIFM, Sepa sind nur einige wenige Schlagwörter, die in diesem Zusammenhang zu nennen sind.

Der Prüfungsbericht wird von der Aufsicht ausgewertet und mit dem Institut und Prüfer erörtert. Die Aufsicht ist befugt, Schwerpunkte im Hinblick auf den Gegenstand der Prüfung zu setzen und es bestehen Anzeige- und Auskunftspflichten des Prüfers gegenüber der Aufsicht. Ebenso hat die Aufsicht Einfluss auf die Bestellung des Jahresabschlussprüfers und die die Jahresabschlussprüfung leitenden Personen des Berufsstands. Die Aufsicht kann darüber hinaus Sonderprüfungen anordnen, die sie in der Regel durch eigene Teams vor Ort durchführt. Die Beauftragung einer Prüfungsgesellschaft mit der Durchführung einer Sonderprüfung ist ein weiteres Instrument der Aufsicht. Der Prüfer ist damit in Deutschland quasi der verlängerte Arm der Aufsicht.

Ähnlich zu den deutschen Regelungen ist die Funktion des Jahresabschlussprüfers in der Schweiz, Österreich, Luxemburg, Niederlande und Belgien. Auch hier ist die Prüfung der Einhaltung aufsichtsrechtlicher Normen Aufgabe des Jahresabschlussprüfers. Die Erkenntnisse aus der Prüfung werden in einem nichtöffentlichen Prüfungsbericht dargestellt, der an die jeweiligen Aufsichtsbehörden weiterzuleiten ist. Rechtsgrundlage sind ebenfalls jeweils Gesetze, ergänzt durch Verordnungen oder Rundschreiben der Aufsicht, die den Gegenstand der Prüfung und den Inhalt des Prüfungsberichts festlegen.

Prüfungsumfänge variieren

Der Prüfungsumfang ist in den einzelnen Ländern nicht deckungsgleich. Nur in Deutschland und der Schweiz erstreckt sich die Aufsichtsprüfung als Ergänzung zur Jahresabschlussprüfung von Banken auf praktisch alle aufsichtsrechtlich relevanten Gebiete. Auch die Art der Darstellung der Erkenntnisse aus der Prüfung im Prüfungsbericht ist uneinheitlich. Beispielsweise sind in Österreich und Luxemburg unter anderem Fragenlisten vorgesehen, die mit ja/nein zu beantworten sind. In Deutschland werden demgegenüber umfangreiche Berichtsdarstellungen erwartet.

Vergleichsweise eingeschränkte Prüfungsanforderungen bestehen in Großbritannien. Eine Verpflichtung zur umfassenden Prüfung aufsichtsrechtlicher Anforderungen im Rahmen des Jahresabschlusses gibt es dort nicht. Allerdings gibt es sogenannte "skilled person reports", bei denen die Bank oder die Aufsicht geeignete Personen zur Durchführung von Aufsichtsprüfungen benennen kann. Der Umfang der Prüfungen sowie der Inhalt der damit verbundenen Reports wird von den Aufsichtsbehörden für den konkreten Einzelfall festgelegt. Unter bestimmten Umständen ist es auch möglich, dass der Jahresabschlussprüfer als "skilled person" benannt wird.

Steigende Anforderungen an den Jahresabschlussprüfer

Praktisch nicht in die Aufsichtstätigkeit der Aufsichtsbehörden eingebunden sind die Prüfer in Frankreich, Italien und Spanien. Hier werden zwar auch Prüfungsberichte an die Aufsichtsbehörden weitergeleitet. Der Prüfungsbericht bezieht sich allerdings nur auf die Einhaltung der Rechnungslegungsvorschriften. Abbildung 2 gibt einen groben Überblick über die Rolle des Abschlussprüfers in der EU und der Schweiz.

Es ist somit festzuhalten, dass innerhalb Europas die Aufsichtspraxis und die Rolle des Prüfers stark voneinander abweichen. Welche Bedeutung dies im Rahmen der Aufsicht durch die EZB hat, wird im letzten Abschnitt erörtert. Zuvor soll noch in einem kurzen Exkurs auf einzelne Aspekte der aktuellen Reformvorhaben im Zusammenhang mit der Reformierung der Wirtschaftsprüferbranche eingegangen werden.

Im Zuge der Finanzmarktkrise ist auch die Branche der Wirtschaftsprüfer in Kritik geraten. So ist vielen nicht verständlich, warum Banken, die bestandsgefährdende Verluste durch bilanzielle und außerbilanzielle Vermögenswerte erlitten haben, zuvor dennoch einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk ihres Jahresabschlussprüfers erhalten haben. Die Kritik an den Prüfern bezieht sich unter anderem auf die sogenannte Erwartungslücke, das heißt wie die Öffentlichkeit den Bestätigungsvermerk interpretiert und welchen Inhalt der Bestätigungsvermerk tatsächlich hat. Da rüber hinaus stellt sich die Frage, was Gegenstand der Prüfung sein sollte und wie eine hohe Qualität der Prüfung gewährleistet werden kann. In der EU und international wird daher darüber beraten, wie die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Wirtschaftsprüfung reformiert werden können.7)8)

Die Vorgehensweise bei der Prüfung von Kreditinstituten in Deutschland könnte als Blaupause für die Aufgaben der Jahresabschlussprüfer von Banken in der EU genommen werden. Dies ergibt sich zum einen aus dem Umfang der Prüfung. Bereits aus den Rechnungslegungsvorschriften resultiert die Anforderung, dass sich das Testat auch auf den Lagebericht und damit eine qualitative und in die Zukunft gerichtete Bewertung der finanziellen Lage des Unternehmens bezieht. Wie im vorangehenden Abschnitt dargestellt wurde, erstreckt sich der Prüfungsumfang darüber hinaus auf die Einhaltung zahlreicher aufsichtsrechtlicher Anforderungen. Ergebnis der Abschlussprüfung ist zudem nicht nur der öffentlich zugängliche Bestätigungsvermerk, sondern auch der nur bestimmten Empfängern zugängliche umfangreiche Prüfungsbericht.9) Schlussendlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Ausbildung zum Wirtschaftsprüfer und die Berufsordnung sehr hohe Qualitätsstandards setzen.

Die in Deutschland und einigen anderen Ländern üblichen umfangreichen aufsichtsrechtlichen Prüfungspflichten gehen mit erheblichen Zusatzaufwendungen für die Banken einher. Eine Gleichbehandlung zwischen den von der EZB beaufsichtigten Banken könnte daher nur erlangt werden, wenn die Wirtschaftsprüfer in allen Euro- Zone-Ländern zukünftig aufsichtliche Sachverhalte zu prüfen und darüber zu berichten hätten. Auch andere Reformvorhaben zielen darauf ab, dass der Inhalt der Prüfungen im Rahmen des Jahresabschlusses umfangreicher und dass das Ergebnis der Prüfung konkreter formuliert werden sollen.10) Die Interessen von beaufsichtigtem beziehungsweise geprüftem Unternehmen und Aufsicht dürften dabei klar verteilt sein. Während das geprüfte Unternehmen höhere Prüfungskosten durch ständige Erweiterung der Prüfungspflichten vermeiden möchte, erhofft sich die Aufsicht eine höhere Compliance des Unternehmens mit den gesetzlichen Anforderungen. Dabei ist eine klare Tendenz erkennbar, die Prüfungspflichten zu erhöhen und eine hohe Prüfungsqualität zu erzielen. Dies gilt in ganz besonderem Maße in Bezug auf Public Interest Entities, zu denen Banken in der Regel zählen. Das ist auch im Interesse des Aufsichtsrates. Dieser muss nach § 25d Abs. 6 KWG den Vorstand im Hinblick auf die Einhaltung der einschlägigen bankaufsichtsrechtlichen Regelungen überwachen. Die Überwachung umfasst dabei zudem die Wirksamkeit der Rechnungslegungsprozesse sowie des Risikomanagements.

Ungleichbehandlung befürchtet

Wie der Vergleich der Einbeziehung der Wirtschaftsprüfer in die Aufsichtspraxis in den verschiedenen europäischen Ländern gezeigt hat, gibt es hier deutliche Unterschiede. In Frankreich, Spanien und Italien verfügen die Aufsichtsbehörden über umfangreiche Personalressourcen und führen alle Überwachungstätigkeiten selbst aus. In Deutschland, den Benelux-Staaten, in Österreich und zum Teil auch in UK nutzen die Aufseher neben den Ergebnissen der eigenen Vor-Ort-Prüfungstätigkeiten auch die Einschätzungen und die Analysen der Wirtschaftsprüfer.

Fraglich ist, wie in absehbarer Zeit ein "Level Playing Field" bei der aufsichtlichen Überwachung von Banken erreicht werden kann, wenn davon auszugehen ist, dass der nationale Aufseher zunächst nicht auf seine bisherigen Informationsinstrumente verzichten wird. Es besteht bei den Instituten daher die Sorge, dass divergierende Aufsichtsansätze zu einer Ungleichbehandlung bei der Aufsicht führen könnten. Insbesondere Länder, in denen der Prüfer eine starke Rolle im Rahmen der Aufsichtsprüfung hat, befürchten, dass ihre Beaufsichtigung strenger ausfällt. Dies wird zum einen damit begründet, dass die jeweilige Bank im Rahmen der Jahresabschlussprüfung durch den Wirtschaftsprüfer auf die Einhaltung der bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen geprüft wird. Dabei hat der Prüfer aus seiner sonstigen Prüfungstätigkeit sehr genaue Kenntnisse von dem Unternehmen und seiner internen Prozesse.

Für die neue Aufsichtsbehörde EZB ist die Herausforderung zu meistern, dass Art, Umfang und die Ergebnisse der unmittelbaren und mittelbaren Prüfungen von Banken in den verschiedenen Ländern der Eurozone voneinander abweichen. Ein gleicher Informationsstand wäre aber wichtig, um eine Gleichbehandlung bei der Beaufsichtigung zu gewährleisten.11) Daneben ist beispielsweise auch abzuklären, ob und ab wann der Prüfungsbericht für deutsche Institute in Bezug auf die EZB-Aufsicht auch in englischer Sprache abzufassen ist. Insoweit wäre es wünschenswert, wenn die EZB mit dem Berufsstand in der Eurozone in Kontakt treten und Gespräche über ein "Level Playing Field" initiieren würde. Da das Rechnungswesen wichtige Ausgangsbasis auch für die Ermittlung von aufsichtsrechtlichen Kennzahlen und für das Risikomanagement ist, kann es sinnvoll sein, das Wissen des Jahresabschlussprüfers auch für das Aufsichtsrecht zu nutzen.12)

Fußnoten

1) Verordnung EU Nr. 575/2013.

2) Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank, Abl. EU Nr. L 287, S. 63.

3) Mitglieder der Eurozone sind: Belgien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Lettland (seit 1. Januar 2014), Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien, Zypern.

4) Folgende EU-Mitgliedstaaten haben den Euro nicht eingeführt: Bulgarien, Dänemark, Großbritannien, Kroatien, Litauen, Polen, Rumänien, Schweden, die Tschechische Republik, Ungarn.

5) Vgl. Monatsbericht der Bundesbank, Juli 2013, S. 15ff.

6) EZB-Mitteilung Umfassende Bewertung, Oktober 2013, S. 3.

7) Grünbuch der EU-Kommission: Weiteres Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung: Lehren aus der Krise, KOM(2010) 561 vom 13. Oktober 2010 sowie Pressemitteilung der EU-Kommission vom 17. Dezember 2013 über die Einigung im Rahmen der Trilog-Verhandlungen zur Regulierung der Abschlussprüfung (Memo 13/1171); Grünbuch der EU-Kommission: Corporate Governance in Finanzinstituten und Vergütungspolitik, SEK(2010) 669, S. 13 und 15, Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, Konsultationspapier: External Audits of banks, März 2013.

8) Darüber hinaus beschäftigt sich das Grünbuch der EU-Kommission auch mit weiteren Fragen, wie der Prüferrotation, Joint Audits, Abwicklungsmechanismen für große Prüfungsgesellschaften et cetera, die nicht Gegenstand des vorliegenden Beitrags sind.

9) Grünbuch der EU-Kommission, a.a.O, S. 9f.

10) EU-Kommission: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, KOM(2011)779; IAASB Consultation Paper: Enhancing the Value of Auditors Reporting: Exploring Options for Change, Mai 2011.

11) Börsenzeitung vom 11. Dezember 2013, "EU-Parlament hakt wegen Bankaufsicht nach"

12) Vgl. Wagener, "Bankenaufsicht und Wirtschaftsprüfung - Potenzial für Synergien", Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (ZfgK), 8-2007, S. 397 ff.

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