Aufsätze

Neue Vorgaben des KWG für die Mandatshöchstzahl von Aufsichtsratsmitgliedern

Die Hauptversammlungssaison ist noch im Gange. Kreditinstitute, die Aufsichtsräte neu oder wieder zu bestellen haben, werden bei der Vorbereitung der Hauptversammlung festgestellt haben, dass eine Vielzahl von Kandidaten nicht mehr die verschärften Anforderungen an die Höchstzahl der zulässigen Mandate erfüllt, die seit Beginn des Jahres 2014 in § 25 d Abs. 3 S. 1 Nr. 3 und Nr. 4 KWG festgelegt sind. Dies ist ein Beispiel für eine Regelung des Sondergesellschaftsrechts der Kreditinstitute, welches das Kreditwesengesetz (KWG) rechtsformunabhängig in Umsetzung der CRD IV neu geschaffen hat.1) Anwendungsfragen im Zusammenhang mit dieser Neuregelung wird in diesem Beitrag nachgegangen.2)

Ausgangslage und europäische Vorgaben

Die Kumulierung einer zu großen Anzahl von Leitungs- und/oder Aufsichtsmandaten wurde vom europäischen Gesetzgeber als ein die Aufsichtsqualität möglicherweise beeinträchtigender Umstand identifiziert.3) Dem soll durch eine Beschränkung der Anzahl der Mandate, die ein Mitglied des Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines Kreditinstituts innehaben darf, entgegengewirkt werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass ein Aufsichtsratsmitglied seiner Tätigkeit ausreichende zeitliche Ressourcen widmen kann. Das KWG kannte ein Bestellungsverbot bislang für den Fall, dass ein potenzielles Aufsichtsratsmitglied bereits fünf Kontrollmandate bei unter der Aufsicht der BaFin stehenden Unternehmen ausübt, es sei denn diese gehören demselben institutsbezogenen Sicherungssystem an.4)

Artikel 91 Abs. 3 der CRD IV verlangte eine Verschärfung dieser Vorgaben. Diese Richtlinienvorschrift bestimmt, dass Mitglieder des Leitungsorgans eines Instituts, das aufgrund seiner Größe, seiner internen Organisation und der Art, des Umfangs und der Komplexität seiner Geschäfte von erheblicher Bedeutung ist, ab dem 1. Juli 2014 gleichzeitig entweder nur ein Leitungsmandat und zwei Aufsichtsmandate oder vier Aufsichtsmandate innehaben dürfen. Leitungsorgane eines Kreditinstituts im Sinne der CRD IV sind aus Sicht der deutschen dualen Unternehmensverfassung sowohl das Geschäftsleitungsgremium als auch das Aufsichtsgremium. Bei einer Aktiengesellschaft sind das der Vorstand und der Aufsichtsrat.5) Da die CRD IV für die betroffenen Institute nicht den Begriff des systemrelevanten Instituts nutzt, sind die Vorgaben wohl nicht nur für diese vorzusehen, sondern für alle Institute, die die vorgenannten Kriterien erfüllen.

Für die Zwecke der Berechnung der Mandatshöchstzahl bestimmt Artikel 91 Abs. 4 der CRD IV, dass Leitungs- oder Aufsichtsmandate innerhalb derselben Gruppe sowie Leitungs- oder Aufsichtsmandate in Instituten, die Mitglieder desselben institutsbezogenen Sicherungssystem sind, oder Mandate bei Unternehmen, an denen das Institut eine qualifizierte Beteiligung hält, als ein einziges Mandat gelten. Die erste Privilegierung reflektiert den Umstand, dass Mandate in demselben Konzern aufgrund von Informationssynergien mit weniger Aufwand verbunden sind.

Leitungs- oder Aufsichtsmandate in Organisationen, die nicht überwiegend gewerbliche Ziele verfolgen, und Mandate als Vertreter eines EU-Mitgliedstaats sind bei Beurteilung der Einhaltung der Höchstgrenze nicht zu berücksichtigen.6) Die Mitgliedstaaten dürfen ferner vorsehen, dass die zuständige Aufsichtsbehörde, den Mitgliedern eines Leitungsorgans erlaubt, ein weiteres Aufsichtsmandat zu bekleiden. Über eine solche Genehmigung hat die zuständige Aufsichtsbehörde die EBA zu informieren.7)

Umsetzung im KWG

Die Anforderungen an die Wählbarkeit von Mitgliedern des Leitungsorgans hat der deutsche Gesetzgeber entsprechend der dualistischen Unternehmensverfassung des Aktienrechts für Geschäftsleiter in § 25 c Abs. 2 KWG und für Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen in § 25 d Abs. 3 KWG umgesetzt. Er hat die europäischen Vorgaben insoweit verschärft, als die Regelungen auf alle Institute angewendet werden.

Dies soll demnächst im Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes korrigiert werden. Die scharfen Anforderungen des § 25 d Abs. 3 KWG sollen nach dem derzeitigen Stand des Gesetzentwurfes nur noch für CRR-Institute von erheblicher Bedeutung gelten, während für andere Institute durch Einfügung eines neuen Absatzes 3 a im Wesentlichen die Rechtslage wie vor dem CRD-IV-Umsetzungsgesetz wieder hergestellt werden soll, siehe BT Drucksache 18/1648, S. 15 ff. Gemäß § 25 d Abs. 3 S. 1 KWG kann nicht Mitglied des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans (nachfolgend wird unter Fokussierung auf die Aktiengesellschaft nur noch vom Aufsichtsrat gesprochen) eines Kreditinstituts sein,

- wer in demselben Unternehmen Geschäftsleiter ist,

- wer in dem betreffenden Unternehmen Geschäftsleiter war, wenn bereits zwei ehemalige Geschäftsleiter des Unternehmens Mitglied des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans sind, oder

- wer bereits in einem anderen Unternehmen Geschäftsleiter ist und zugleich in mehr als zwei weiteren Unternehmen Mitglied des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans ist, oder

- wer bereits in mehr als drei anderen Unternehmen Mitglied des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans ist.

Damit hat der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben der Richtlinie für die Anzahl von Aufsichtsmandaten, die neben einem Leitungsmandat wahrgenommen werden können, zunächst insoweit ungenau umgesetzt, als er zu viele Mandate zugelassen hat, nämlich ein Geschäftsleitermandat und drei Aufsichtsmandate ("mehr als zwei weiteren ... ist"). Dies wird der Gesetzgeber demnächst beheben.

Mehrere Mandate gelten als ein Mandat, wenn sie bei Unternehmen wahrgenommen werden, die derselben Institutsgruppe, Finanzholdinggruppe oder gemischten Finanzholdinggruppe angehören, die demselben institutsbezogenen Sicherungssystem angehören oder an denen das Institut eine bedeutende Beteiligung hält.8) Nicht berücksichtigt werden bei der Berechnung der Anzahl der Mandate:

- Mandate bei Unternehmen, die überwiegend nicht gewerblich ausgerichtet sind, insbesondere Unternehmen, die der kommunalen Daseinsvorsorge dienen,9)

- Mandate, die kommunale Hauptverwaltungsbeamte, kraft kommunaler Satzung zur Wahrnehmung eines Mandats in einem kommunalen Unternehmen oder einem kommunalen Zweckverband wahrzunehmen verpflichtet sind.10)

Die Bundesanstalt kann einem Mitglied des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans unter Berücksichtigung der Umstände im Einzelfall und der Art, des Umfangs und der Komplexität der Tätigkeiten des Instituts, der Institutsgruppe oder Finanzholdinggruppe, der Finanzholdinggesellschaft oder der gemischten Finanzholdinggesellschaft gestatten, ein zusätzliches Mandat in einem Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan innezuhaben, wenn dies das Mitglied nicht daran hindert, der Wahrnehmung seiner Aufgaben in dem betreffenden Unternehmen ausreichend Zeit zu widmen.11)

Beispiele für Anwendungsprobleme bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern Wie sind Positionen in monistischen Gesellschaftsorganen zu berücksichtigen?

Zweifelsfragen entstehen bei der Bestimmung der Wählbarkeit von Aufsichtsratskandidaten bereits bei der Frage, ob und wie Mandate bei ausländischen Gesellschaften zu berücksichtigen sind.

Unter Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan versteht der Gesetzgeber12) jedes Organ, dem die Überwachung der Geschäftsleitung des jeweiligen Unternehmens obliegt. Obliegen einem Organ, wie im monistischen System, aber geschäftsleitende und überwachende Aufgaben, wird man für die Frage, ob die Mitgliedschaft des Kandidaten in diesem Organ als ein Geschäftsleitungsmandat oder ein Aufsichtsmandat zu zählen ist, darauf abstellen müssen, in welcher Funktion er Mitglied des monistischen Boards ist.

Hinsichtlich des "Ob" der Mitzählung ist fraglich, ob alle freiwillig geschaffenen Gremien Organcharakter besitzen. Dies wird man so pauschal wohl nicht annehmen dürfen. Ein von der Geschäftsleitung einer ausländischen Gesellschaft geschaffenes "Überwachungskomittee", das von ihr abhängig ist, wird man wohl nicht als Organ ansehen können. Etwas anderes wird gelten, wenn Errichtung und Kompetenzen eines Gremiums in der Gesellschaftssatzung oder im anwendbaren Gesellschaftsrecht festgelegt sind.

Wann liegt ein Geschäftsleitungsmandat vor? Für die Abgrenzung zwischen § 25 d Abs. 3 S. 1 Nr. 3 und Nr. 4 KWG ist entscheidend, wann ein Geschäftsleitungsmandat vorliegt. Hält ein Aufsichtsratskandidat ein Geschäftsleitermandat, darf er daneben insgesamt nur zwei13) Aufsichtsmandate innehaben. Würde als Geschäftsleitermandat im Einklang mit § 1 Abs. 2 KWG nur eine Position an ge sehen, die nach Gesetz oder Satzung zur Führung der Geschäfte und der Vertretung eines Kreditinstituts oder eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens berechtigt, würde diese Klausel nur selten eingreifen. Geschäftsleitende Positionen bei einem Nicht-Institut würden dann nicht berücksichtigt und ein Kandidat könnte sogar mehrere solcher Positionen als Geschäftsführer oder Vorstand innehaben und wäre dennoch wählbar, solange er nicht ins gesamt vier Aufsichtsmandate innehat (§ 25 d Abs. 3 S. 1 Nr. 4 KWG). Die Richtlinie verlangt indessen, dass jede geschäftsführende Position berücksichtigt wird, da sie von einer geschäftsführenden Position (one executive directorship, ein Leitungsmandat) spricht.14) Auch ist mit der Zielsetzung der CRD IV, ein ausreichendes Zeitbudget für die Aufsichtsratstätigkeit bei Kreditinstituten abzusichern, eine andere Auslegung nicht vereinbar. Die BaFin will - soweit ersichtlich - die Norm entsprechend anwenden.

Erhebliche Einschränkung der Wählbarkeit

Mit dieser Auslegung ist indessen eine erhebliche Einschränkung der Wählbarkeit verbunden. Bei einem weiten Verständnis von "Geschäftsleiterposition" führt nämlich jede geschäftsführende Position dazu, dass ein Kandidat nur noch ein weiteres Aufsichtsmandat neben dem Aufsichtsmandat bei einem Kreditinstitut innehaben darf. Bei diesem weiten Verständnis ist eine Geschäftsleiterposition zum Beispiel auch die geschäftsführende Position in einer eigenen vermögensverwaltenden Gesellschaft. Besonders virulent wird diese Begrenzung bei Vorständen von Industrieunternehmen, die auch Mitglieder im Aufsichtsrat eines Kreditinstituts sein sollen. Sie sind dann Geschäftsleiter und dürfen zukünftig ein Aufsichtsmandat bei einem Kreditinstitut grundsätzlich nur noch dann wahrnehmen, wenn sie neben dem Geschäftsleitermandat insgesamt nicht mehr als zwei Aufsichtsmandate, gleich bei welchem Unternehmen, innehaben. Werden dann noch Aufsichtsmandate in Unternehmen, die zu einem Industriekonzern gehören, nicht als ein Mandat angesehen, würden sie als Aufsichtsratsmitglieder in aller Regel faktisch ausscheiden, weil Geschäftsführer/Vorstände der Obergesellschaft eines Industriekonzerns häufig mehrere Aufsichtsratspositionen in anderen konzernangehörigen Gesellschaften innehaben.15) Im Übrigen würde das Innehaben von zwei geschäftsleitenden Mandaten zum Ausschluss der Wählbarkeit führen.

Keine Zusammenrechnung von Mandaten in Industriekonzernen? Das KWG kennt, wie die CRD IV16), eine Regelung zur Zusammenrechnung von Mandaten zu einem Mandat. Der deutsche Gesetzgeber geht insoweit aber über die Vorgaben der Richtlinie hinaus, indem er die Zusammenfassung von Konzernmandaten zu einem Mandat in zweifacher Weise beschränkt.

Zum einen bestimmt das KWG, dass bei Konzernmandanten nur Mandate bei Unternehmen einer Institutsgruppe, Finanzholdinggruppe oder gemischten Finanzholdinggruppe zu einem Mandat zusammengefasst werden. Bei Mandaten innerhalb eines Industriekonzerns ist eine Zusammenrechnung nicht vorgesehen. Besonders deutlich wird diese Ungleichbehandlung von Mandaten in Institutsgruppen und Industriekonzernen bei der Wählbarkeit von Kandidaten, die nur Aufsichtsratsmandate innehaben. Eine Person, die in drei Institutsgruppen jeweils mehrere Aufsichtsratsmandate bei gruppenangehörigen Unternehmen innehat, dürfte bei einer vierten Institutsgruppe ein weiteres Aufsichtsmandat übernehmen. Hätte eine Person hin gegen in nur einem Industriekonzern vier Mandate bei konzernangehörigen Gesellschaften, wäre sie nicht mehr in den Aufsichtsrat eines Kreditinstituts wählbar.

Grund für die Benachteiligung der Konzernmandate nicht ersichtlich

Ein Grund für die Benachteiligung der Konzernmandate außerhalb der regulierten Finanzgruppen ist nicht ersichtlich. Dieser Ausschluss der Zusammenrechnung von Mandaten in Industriekonzernen steht weder im Einklang mit dem Wortlaut der CRD IV, der vorsieht, dass Leitungs- oder Aufsichtsmandate innerhalb derselben Gruppe als ein einziges Mandat gelten17), noch steht er im Einklang mit dem Ziel der CRD IV, das Gruppendenken in den Aufsichtsorganen aufzubrechen und die Diversität zu steigern, da er die Wählbarkeit hervorgehobener Industrievertreter für Aufsichtsräte von Kreditinstituten faktisch ausschließt.18)

Zum anderen ist der deutsche Gesetzgeber der Ansicht, dass Geschäftsführungs- und Aufsichtsmandate innerhalb einer (Instituts-)Gruppe nicht zu einem Mandat zusammengefasst werden können (sogenannte Überkreuzzusammenrechnung). Ist der Vorstand einer AG also auch Aufsichtsratmitglied bei einer Tochtergesellschaft, sind dies zwei Mandate (ein Geschäftsleitermandat und ein Aufsichtsmandat), und sie werden trotz Konzernverbundenheit nicht als ein Mandat angesehen. Mehrere Geschäftsleiter - und mehrere Aufsichtmandate innerhalb derselben (Instituts-) Gruppe dürfen hingegen zu einem Geschäftsleiter- beziehungsweise einem Aufsichtsmandat zusammengefasst werden. Die Ablehnung von Überkreuzzusammenrechnungen ist nicht eindeutig auf die CRD IV zu stützen. Artikel 91 Abs. 4 CRD IV ist bei einem "inklusiven" Verständnis des "oder" vielmehr so zu verstehen, dass geschäftsleitende und beaufsichtigende Tätigkeiten in einer Gruppe als ein einziges Mandat gelten. In diesem Fall wäre dann aber wohl von einem geschäftsleitenden Mandat auszugehen.

Kumulierung von Ausnahmen nicht explizit geregelt

Kumulierung von Zusammenrechnungstatbeständen? Nicht explizit geregelt ist in der CRD IV und dem KWG die Frage der Kumulierung von Ausnahmen. Unterstellt ein Kandidat, der bereits ein Geschäftsleitungsmandat und daneben schon drei Aufsichtsratsmandate bei den Kreditinstituten A, B und C innehat, wobei A und B derselben Institutsgruppe und B und C derselben Sicherungseinrichtung angehören, soll bei einem weiteren Kreditinstitut N in den Aufsichtsrat gewählt werden. Die Aufsichtsmandate bei A und B sind, da die Institute derselben Institutsgruppe angehören, als ein Mandat anzusehen; gleiches gilt für die Aufsichtsmandate bei B und C, da die Institute derselben Sicherungseinrichtung angehören.

Es bleibt die Frage, ob die Mandate bei A, B und C unter Kumulierung der Ausnahmen als ein Mandat anzusehen sind. Würden A, B und C derselben Institutsgruppe oder derselben Sicherungseinrichtung angehören, würden alle drei eindeutig als ein Mandat gelten und das Mandat bei N wäre erst das zweite und damit zulässige Aufsichtsmandat. Warum nur gleichartige Zusammenrechnungstatbestände zu einer Zusammenrechnung führen sollen, ist indessen nicht ersichtlich. Vielmehr könnte der Aspekt der Gleichwertigkeit der Zusammenrechnungstatbestände hier für eine Zusammenrechnung aller drei Aufsichtsmandate sprechen. Allerdings könnte der Wortlaut, der die Zusammenrechnungstatbestände alternativ nebeneinanderstellt, gegen eine Kumulierungsmöglichkeit angeführt werden.

Wann sind Unternehmen nicht überwiegend gewerblich tätig? Nach der CRD IV werden Leitungs- oder Aufsichtsmandate in Organisationen, die nicht überwiegend gewerbliche Ziele verfolgen, bei der Berechnung der Mandate nicht berücksichtigt.19) Danach ist eine Einzelfallbetrachtung der von der einzelnen Organisation verfolgten Ziele vorzunehmen, um festzustellen, ob das Mandat mitgezählt wird. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vorgaben mit dem Begriff einer nicht überwiegend gewerblichen Ausrichtung umschrieben20), beabsichtigt aber den Wortlaut an die Richtlinienvorgabe anzunähern. Interpretativ hat er ferner aufgenommen, dass Unternehmen, die der kommunalen Daseinsvorsorge dienen, stets nicht überwiegend gewerblich tätig sind. Damit werden Vertreter der kommunalen Selbstverwaltung privilegiert. Diese Privilegierung erweitert § 25 d Abs. 3 S. 5 KWG, indem er bestimmt, dass die Beschränkung auf vier Aufsichtsmandate nicht für kommunale Hauptverwaltungsbeamte gilt, die kraft kommunaler Satzung zur Wahrnehmung eines Mandats in einem kommunalen Unternehmen oder kommunalen Zweckverband verpflichtet sind. Aus einer Gewerbesteuerpflichtigkeit eines Unternehmens wird man jedenfalls für diese Qualifizierung nichts ableiten können, da Kapitalgesellschaften qua Rechtsform gewerbesteuerpflichtige Einkünfte erzielen. In der Sache wird man in einem solchen Fall unter Blick auf die konkrete Unternehmenstätigkeit gegebenenfalls zwischen gewerblicher und nicht gewerblicher Tätigkeit abgrenzen und den Schwerpunkt bestimmen müssen.

Anfechtbarkeit des Wahlbeschlusses möglich?

Folgen von Verstößen gegen die Mandatshöchstzahl? Im Falle eines Verstoßes gegen die Mandatshöchstzahl des § 25 d Abs. 3 KWG kann die BaFin die Abberufung des Aufsichtsratsmitglieds verlangen, § 36 Abs. 3 Nr. 8 und 9 KWG. Unmittelbare Auswirkungen haben indessen gegebenenfalls die aktienrechtlichen Folgen. Ein Wahlbeschluss, der getroffen wurde, obwohl ein aktienrechtliches Wählbarkeitskriterium des § 100 Abs. 1 oder Abs. 2 AktG21) nicht vorliegt, ist gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG nichtig.22) Es stellt sich die Frage, ob für einen Verstoß gegen ein KWG-rechtliches Wählbarkeitskriterium die Nichtigkeitsfolge entsprechend gilt.23)

Auf den ersten Blick ist nicht ersichtlich, warum der Verstoß gegen aktienrechtliche und satzungsmäßige Wählbarkeitsvoraussetzungen die Nichtigkeitsfolge zeitigen soll, nicht jedoch der gegen Vorgaben des KWG. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass das KWG nur die Möglichkeit eines Abberufungsverlangens vorsieht. Die Annahme, ein Verstoß gegen die Wählbarkeitskriterien des KWG führe bereits in Analogie § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG zur Nichtigkeit, stünde damit nicht im Einklang, weil es diese Befugnis im Wesentlichen überflüssig machen würde. Auch würde die Nichtigkeitsfolge nicht berücksichtigen, dass die BaFin die Innehabung eines Mehrmandats gestatten kann, § 25d Abs. 3 S. 4 KWG.

Weitergehend stellt sich die Frage, ob eine Anfechtbarkeit des Wahlbeschlusses wegen eines Verstoßes gegen die Anforderungen des § 25d Abs. 3 KWG in Betracht kommt oder das KWG insoweit ein abschließendes Sonderregime auch für die Ahndung von etwaigen Verstößen gegen die Anforderungen des KWG an die Mandatsanzahl begründet.

Das Manuskript ist am 31. Mai 2014 abgeschlossen worden. Der Beitrag spiegelt ausschließlich die Auffassung des Autors wider.

Fußnoten

1) Ein weiterer Aspekt des Sondergesellschaftsrechts der Kreditinstitute ist die Pflicht zur Schaffung bestimmter Ausschüsse des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans, § 25 d Abs. 7 bis Abs. 12 KWG. Zu einem Teilaspekt - der Evaluierung von Geschäftsleitung und Aufsichtsrat - siehe Hönsch/Kaspar, Evaluierung von Geschäftsleitung und Aufsichtsrat nach § 25d KWG, Kreditwesengesetz 2014, 380.

2) Weitere Wählbarkeitsvoraussetzungen sind die Zuverlässigkeit und Sachkunde der Mitglieder des Leitungs- oder Aufsichtsorgans; auf diese wird hier nicht weiter eingegangen. Siehe dazu Artikel 91 Abs. 1 CRD IV, § 25d Abs. 1 KWG.

3) Vgl. Recital 58 der CRD IV sowie Artikel 91 Abs. 2 CRD IV.
4) § 34 Abs. 3 S. 5 KWG a. F. Auf die aktienrechtlichen Wählbarkeitskriterien (§ 100 AktG) wird hier nicht näher eingegangen. Diese werden durch die strengere Neuregelung des § 25 d Abs. 3 KWG überlagert.

5) Der Beitrag fokussiert sich im Folgenden auf die Aktiengesellschaft.

6) Artikel 91 Abs. 5 CRD IV.

7) Artikel 91 Abs. 6 CRD IV.

8) § 25d Abs. 3 S. 2 KWG.

9) § 25d Abs. 3 S. 3 KWG.

10) § 25d Abs. 3 S. 5 KWG.

11) § 25d Abs. 3 S. 4 KWG.

12) BT Drucksache 17/10974, Seite 87.

13) Derzeit geht der Wortlaut darüber hinaus, er wird von der BaFin aber richtlinienkonform eng ausgelegt.

14) Artikel 91 Abs. 3 CRD IV.

15) Siehe hierzu auch Schuster/Lackhoff, In Bank-Aufsichtsräten droht Kompetenzverlust, Börsen-Zeitung vom 31. Mai 2014, Seite 9.

16) Artikel 91 Abs. 4 CRD IV.

17) Artikel 91 Abs. 4 lit. a) CRD IV.

18) Der Bundesrat scheint berechtigte Einwände über diesen Gesetzeszustand zum Anlass nehmen zu wollen, um im Rahmen der Beratung des Gesetzes zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes eine Änderung des Gesetzeszustandes und eine Zusammenrechnung auch bei Unternehmensgruppen herbeizuführen, vgl. Bundesrat Drucksache 150/114 vom 13. Mai 2014. Die Bundesregierung hat den Vorschlag des Bundesrates zur Erweiterung der Gruppenausnahme für Mehrfachmandate von Aufsichtsräten in Industrieunternehmen abgelehnt. Stattdessen wird vorgeschlagen, die scharfen Mandatsbeschränkungen des CRD-IV-Umsetzungsgesetzes auf "Institute von erheblicher Bedeutung" zu beschränken, während kleinere Institute im Wesentlichen so gestellt werden, wie sie vor dem CRD-IV-Umsetzungsgesetz standen, siehe BT Drucksache 18/1648, Seite 15 ff.

19) Artikel 91 Abs. 5 CRD IV.

20) § 25d Abs. 3, Seite 3 KWG.

21) Auf die aktienrechtlichen Wählbarkeitskriterien, die von den strengeren Anforderungen des KWG überlagert werden, wird hier nicht näher eingegangen.

22) Hüffer, AktG, 10. Auflage 2012, § 100 Rn. 14.

23) Für die Regelung des § 36 Abs. 3, Seite 6 KWG a. F. bejahte dies Schwennicke, in: Schwennicke/ Auerbach, KWG, 2. Aufl. 2013, § 36 Rn. 55.

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