Gespräch des Tages

Nord-LB - Im Zwischenhoch

Der Markt für Schiffe läuft seit Jahren schlecht, viele liegen als Frachtreserve vor Anker. Es gibt eindeutig Überkapazitäten. Und weitere Schiffe, die teils schon vor der Finanzkrise geordert wurden, sind in den beiden vergangenen Jahren fertig gestellt und ausgeliefert worden und haben das Überangebot noch verstärkt. Neu in Auftrag gegeben werden derzeit allenfalls wenige Spezialausfertigungen, etwa für den Bau von Offshore Windparks oder Kreuzfahrtschiffen. Wieso gelingt es in einem solchen Umfeld einer Bank, die von ihren Risikoaktiva in Höhe von 84,8 Milliarden Euro immerhin 34,304 Milliarden Euro und damit knapp 40,5 Prozent dem Segment Schiffs- und Flugzeugkunden zurechnet im Berichtsjahr 2011 ein Konzernergebnis von 536 Millionen Euro zu erzielen?

Und wieso zeigt die Nord-LB mit einem Geschäftsschwerpunkt in diesem stark von der Weltkonjunktur abhängigen Tätigkeitsfeld sogar das beste Ergebnis aller Landesbanken? Wäre es in einem ertragsmäßig eher durchwachsenen Bankenjahr nicht klüger gewesen, schon möglichst viele Reserven für das kommende Jahr zu legen, statt in der jetzigen Bilanzsaison einen Ergebnisrückgang 2012 vorauszusagen, der dann in Teilen der Wirtschaftspresse sogar prompt die Schlagzeile lieferte?

Die Antwort lenkt den Blick auf mehrere Komponenten, die sich im Berichtsjahr 2011 allesamt positiv zusammenfügten. Da ist zum einen der Erlös aus dem Verkauf der Deka-Bank-Anteile von rund 90 Millionen Euro, der die Verluste aus dem belastenden Griechenland-Engagement, die sich in einem rückläufigen Finanzanlageergebnis von minus 41 Millionen Euro (nach plus 82 Millionen Euro) niederschlugen mehr als kompensiert. Anders als in den Vorjahren 2009 und 2010 konnte das Segment Privat- und Geschäftskunden nach Beendigung des verlustreichen DnB-Nord-Engagements mit 90 Millionen Euro einen signifikanten Eigenbeitrag leisten. Und die Schiffs- und Flugzeugfinanzierung steuerte wie schon im Vorjahr den mit Abstand größten Ergebnisbeitrag aller Segmente bei - diesmal 243 (230) Millionen Euro. Dass das Vorjahresergebnis dieses Geschäftsbereiches noch einmal leicht übertroffen werden konnte, liegt maßgeblich an der nahezu gegenläufigen Entwicklung der Flugzeugfinanzierung als zweitem Element.

Während die Nord-LB für die Schiffsfinanzierung, die isoliert betrachtet knapp 20 Milliarden Euro der Risikoaktiva in Gesamtsegment abdeckt, für die absehbare Zukunft eine eher schwierige Entwicklung erwartet, läuft die Flugzeugfinanzierung, die die restlichen rund 14,5 Milliarden Euro verantwortet, derzeit äußerst gut. Sie schafft mit ihrer momentan kaum relevanten Risikovorsorge schon innerhalb des Segmentes einen gewissen Ausgleich. Und zugute gekommen ist der Landesbank darüber hinaus offensichtlich ein in der Tat konservativer Risikoansatz für Portfoliowertberichtigungen in den Vorjahren. Denn diese konnten oder mussten im Berichtsjahr angesichts des vergleichsweise günstigen Konjunkturverlaufs in nennenswertem Maße aufgelöst werden beziehungsweise konnten quasi in die erforderliche Einzelwertberichtigung beim Schiffsportfolio umgewidmet werden. So niedrig wie es die ausgewiesenen 205 (642) Millionen Euro an Risikovorsorge im Kreditgeschäft besagen, war der tatsächliche Gesamtwert also nicht, er ist durch eine Auflösung von 115 Millionen Euro im Segment Konzernsteuerung/Sonstiges begünstigt. All diese Sondereffekte erklären auch, weshalb der Nord-LB-Vorstand die günstige Ertragsentwicklung 2011 eher als Delle nach oben gewertet wissen will und für das laufende Jahr tendenziell einen Rückgang erwartet. Das mittelfristig angepeilte Ertragsziel von 1 Milliarde Euro vor Steuern sieht man jedenfalls in Hannover frühestens in den Jahren 2015 oder 2016 in Reichweite und auch das nur bei einem guten konjunkturellen Umfeld.

Einstweilen hat die Bank mit ihren Restarbeiten an einem EBA-konformen Ausbau ihrer Kapitalausstattung einschließlich der Umwidmung der stillen Einlagen bei der Bremer Landesbank und der anstehenden Endabnahme der Restrukturierungsaktivitäten durch die EU-Kommission bis Mitte des Jahres wenig Luft, sich in dem Zwischenhoch zu sonnen. Aber sie darf sich mit ihrem betont diversifizierten Geschäftsmodell zu Recht selbstbewusst als Landesbank des Nordens geben. Dass ihr dabei die Rolle des Konsolidierers fremd ist, passt ins Bild.

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