Interview

Redaktionsgespräch mit Kai Ostermann - "Der Kauf der UFG ist ein vorsichtiger Schritt in den Factoring-Markt"

Herr Ostermann, man hört im Markt Gutes über die Akquisition der Universal Factoring GmbH (UFG) durch die Deutsche Leasing! Haben die Leute recht?

Der Kauf der UFG war für die Deutsche Leasing eine Gelegenheit, die wir nicht an uns vorbeigehen lassen wollten und die auch im Interesse der S-Finanzgruppe liegt. Da Factoring und Leasing als Produkte durchaus eine entfernte Verwandtschaft vorweisen, fühlen wir uns mit dem Thema durchaus wohl. Man muss aber dazu sagen, dass die UFG ein kleiner Anbieter im Factoring-Geschäft ist, von daher ist der Kauf nicht mehr als ein vorsichtiger Schritt in diesen Markt hinein.

Welche Potenziale ergeben sich durch diese Übernahme?

Zum einen ist die UFG als ehemalige West-LB-Tochter in ihrem Kern Kooperationspartner der Sparkassen in Nordrhein-Westfalen, dieses Feld soll natürlich auch in Zukunft abgedeckt werden. Darüber hinaus gibt es viele direkte Kunden der Deutschen Leasing, denen künftig nun auch Factoring-Produkte angeboten werden können. Die Deutsche Leasing macht im Jahr rund acht Milliarden Neugeschäft im Leasing und ist im Mittelstand breit vertreten. Zusammen mit dem neuen Angebot an Factoring-Lösungen sind das gute Perspektiven.

Es hat auch den Vorteil, dass Leasing und Factoring sich keineswegs kannibalisieren, sondern komplementäre Produkte sind.

Richtig. Beide Produkte ergänzen sich aus Kundensicht. Und es bestehen Cross-Selling-Potenziale für den Vertrieb. Das ist auch der Grund, warum viele unserer Wettbewerber beide Geschäfte betreiben, sei es die genossenschaftliche VR-Leasing oder auch internationale Anbieter.

Sie haben betont, dass die UFG nur Geschäftsbeziehungen zu den Sparkassen in Nordrhein-Westfalen unterhält. Die DL dagegen ist bundesweit aktiv. Ist kurz- bis mittelfristig an eine Ausweitung des Factoring-Geschäftes gedacht?

Ich wiederhole es noch einmal: Die UFG ist ein kleines Unternehmen mit der Basis in Nordrhein-Westfalen. Sie beschäftigt derzeit 15 Mitarbeiter. Das ist keine Dimension, die weit reicht, sondern ist ein Einstieg in das Factoring-Geschäft, das wir erst einmal kennenlernen müssen. Bis auf eine kleine Auslandstochter in Holland zählte das Factoring bislang nur sporadisch zu den Aktivitäten der Deutschen Leasing. Man sollte nicht den zweiten und dritten Schritt vor dem ersten tun.

Die Deutsche Leasing hat das Kreditgeschäft in einen Joint Venture mit der Landesbank Berlin eingebracht, diesem noch die Readybank der früheren WestLB hinzugefügt, hat nun Standbeine im Leasing, im Factoring und hat für weitere Finanzierungsaufgaben auch noch eine Bank. Im Ausland geht man langsamer und selektiver vor, ist der "Umbau" langsam abgeschlossen?

Umbau ist ein sehr großes Wort. Das alles sind keine strategischen Kehrtwenden, im Gegenteil. Die Rädchen passen gut ineinander. Aus dem Konsumentenkreditgeschäft hat sich die DL keineswegs zurückgezogen, sondern hat es in eine überlegene Lösung, die S-Kreditpartner, über führt. Im Leasing-Geschäft hat unser Haus inzwischen eine gewisse Größe erreicht, aus der heraus der

Fokus nun auf organischem Wachstum liegt. Wenn sich Opportunitäten wie der Kauf des Mobilien-Leasing-Geschäfts der Hannover Leasing bieten, um Nischen zu stärken, ist das eine willkommene Ergänzung. Aber es gibt keinen Akquisitionsdruck.

Das Auslandsgeschäft wird ebenfalls keineswegs zurückgefahren, sondern wir wachsen jenseits der Grenzen unverändert. Auch in diesem Jahr sind wieder Steigerungsraten zu beobachten, wenngleich das Wachstum nicht überall gleichermaßen vonstatten geht. In manchen Ländern gibt es sehr erfreuliche Zuwächse, andere wachsen weniger oder stagnieren, doch die Gesamtrichtung stimmt. Naturgemäß ist der Takt der Neuerschließung von Ländern im Vergleich zur Anfangsphase etwas ruhiger geworden. Stand heute ist die DL-Gruppe in 23 Ländern präsent. Zurzeit gilt es, aus diesen Stützpunkten mehr zu machen. Doch auch in Zukunft wird die Deutsche Leasing ihr Auslandsnetzwerk regelmäßig auf Marktkonformität prüfen und gegebenenfalls ergänzen.

Ist das Joint Venture S-Kreditpartner von den bislang vagen Überlegungen zur Zukunft der Landesbank Berlin betroffen?

Es gibt keinen Anlass für Spekulationen. Das Joint Venture funktioniert, entwickelt sich planmäßig und die Zukunft für die SKP ist gesichert.

Zurück zum Factoring: Werden die Mitarbeiter der UFG durch die Deutsche Leasing übernommen?

Die Deutsche Leasing hat im Rahmen eines Share-Deals die Anteile an der UFG und damit auch die bestehenden Mitarbeiter übernommen.

Wie muss man sich Synergiepotenziale vorstellen?

Zum einen, wie erwähnt, bietet sich bei den DL-Kunden zusätzliches Vertriebspotenzial für das Produkt Factoring. Auch die Kooperation mit den Sparkassen in Nordrhein-Westfalen, die noch relativ jung ist, kann sicherlich ausgebaut werden.

Auf der Kostenseite gibt es dagegen nicht allzu viele Möglichkeiten, da die UFG schlank aufgestellt ist und Teile der Stabsfunktionen bislang nicht von der UFG, sondern der WestLB ausgeführt wurden. Diese werden künftig auf die Deutsche Leasing ausgelagert sein. Die Kostenseite ist also nicht der Treiber der Übernahme, sondern wir versprechen uns eine Ausweitung des Geschäfts und damit Chancen auf der Ertragsseite.

Gibt es bestimmte Vorstellungen, bestimmte Vorgaben hinsichtlich der weiteren Entwicklung der UFG? Stand heute wird dort ein Volumen von rund 1,2 Milliarden Euro betreut.

Nein, die gibt es zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.

Durch die Brüsseler Vorgaben für die WestLB erfolgte die Übernahme unter einem gewissen Zeitdruck. Ziel muss es zunächst sein, sich mit dem Geschäft der UFG noch intensiver auseinanderzusetzen, um dann in die strategische Weiterentwicklung zu gehen. Stand heute sind die Sparkassen-Kooperationen in Nordrhein-Westfalen und das Potenzial bei DL-Kunden tragfähig für diese kleine Einheit. Das gilt es auszubauen.

Schreibt die UFG schwarze Zahlen?

Ja, die Gesellschaft macht Gewinne.

Können die Leasing-Mitarbeiter auch Factoring verkaufen?

Viele Mitarbeiter der Deutschen Leasing haben eine bankfachliche Ausbildung und werden sicherlich auch das Factoring-Geschäft beim Kunden positionieren und Türen öffnen können. Entscheidend ist der gute Kundenkontakt, sodass bei Bedarf Spezialisten aus dem eigenen Haus hinzugezogen werden können.

Das ist heute auch schon so. Im Autoflottengeschäft oder im internationalen Leasing muss nicht jeder alles können, sondern er muss Türen öffnen, um den Kunden die breite Kompetenz des Hauses präsentieren zu können. Er zieht gegebenenfalls die Spezialisten hinzu. So kann er den Kunden enger an das Haus Deutsche Leasing, aber auch an sich als Kundenverantwortlichen binden.

Der Factoring-Markt ist in den vergangenen Jahren schneller gewachsen als der Leasing-Markt. Hat das bei der Entscheidung für den Kauf der UFG eine Rolle gespielt?

Natürlich spielt selbst bei so einer vergleichsweise kleinen Akquisition auch eine Rolle, dass der Factoring-Markt insgesamt vielversprechend ist, sich sehr gut entwickelt hat und den Einschätzungen der Analysten zufolge noch viel Potenzial hat. Die Factoring-Quote in Deutschland ist im europäischen Vergleich noch nicht so hoch. Wir haben einen Markt vor uns, der keineswegs im Niedergang ist, insgesamt also eine gute Basis.

Ist also zu erwarten, dass immer mehr Leasing- und Finanzierungsanbieter auch in das Factoring einsteigen? Die großen Wettbewerber machen das ja bereits.

In der Tat gibt es bei den größeren Wettbewerbern gute Beispiele dafür, dass das Angebot von Leasing und Factoring unter einem Dach funktioniert. Einen Gesamttrend kann ich allerdings nicht ausmachen.

Gibt es Analysen, wie stark der Factoring-Markt und der Leasing-Markt korrelieren? Laufen beide Märkte eher gleich oder gibt es unterschiedliche Kurven?

Über einen langen Zeitraum betrachtet, haben sich die Märkte durchaus vergleichbar entwickelt. Sowohl Leasing als auch Factoring haben sich in den vergangenen Jahren positiv entwickelt. Das Factoring hat allerdings weniger stark unter der Krise 2008/2009 gelitten, weniger große

Rückgänge gehabt als das Leasing und kann damit einen Ausgleich schaffen. Wenn sich eine Krise verstetigt, dann werden sich allerdings auch Factoring-Gesellschaften dem nicht entziehen können. Mit fallenden Umsätzen gehen immer auch fallende Factoring-Volumina und steigende Ausfälle einher. Von daher ist sich die Entwicklung beider Märkte durchaus ähnlich, jedoch ein wenig zeitversetzt. Der Factoring-Markt reagiert dabei viel schneller, weil er sich viel schneller umschlägt, im Schnitt alle 30 bis 60 Tage.

Dies war aber nicht der Haupttreiber für die Akquisition. Ein Haus wie unseres, das sich um Mittelstand und Firmenkunden kümmert, ist durch das weitere interessante Produkt Factoring noch leistungsfähiger und breiter aufgestellt. Dadurch wird es umfänglicher tätig sein können. Das ist hilfreich, ohne Wenn und Aber.

Der Geschäftsschwerpunkt der UFG bleibt erst einmal NRW, also bleibt der Sitz höchstwahrscheinlich auch Düsseldorf?

Den bisherigen Gesellschaftssitz in Ratingen werden wir beibehalten.

Verständnisfrage: Eine Abgrenzung der UFG zur Deutschen Leasing Factoring ist nicht nötig, weil Letztere ausschließlich in den Niederlanden aktiv ist?

Richtig. Die Deutsche Leasing Factoring ist in einem Nischenmarkt in den Niederlanden tätig, dadurch ist keinerlei Abgrenzung erforderlich. Alles was wir jetzt und in Zukunft im Factoring-Geschäft machen, läuft über die UFG.

Wie ist die Abgrenzung zu den anderen Anbietern im Sparkassensektor, die auch Factoring anbieten?

Die ist wie bisher. Es ist ja nicht so, dass die UFG eine Neugründung wäre. Sie wird weiterhin in Kooperation mit den Sparkassen Kunden in Nordrhein-Westfalen betreuen und ihr Angebot auch den DL-Kunden zur Verfügung stellen. In dem Markt war in der Vergangenheit genug Platz für mehrere Anbieter und es wird auch in Zukunft genug Platz sein. Andere im Verbund sind größer als die UFG. Das ist keine Frage.

Warum hat die Deutsche Factoring nicht zugegriffen?

Da möchte ich nicht spekulieren.

Verändert sich die Positionierung der Deutschen Leasing innerhalb des Verbundes durch die Akquisition?

Nein, das sehe ich nicht. Die Deutsche Leasing heute ist das Kompetenzcenter Leasing für die Sparkassen. Zusätzlich gibt es nun in Nordrhein-Westfalen noch die Kooperation im Factoring-Geschäft mit diversen Sparkassen. Auch in der Vergangenheit haben wir uns immer neuen Herausforderungen in angrenzenden Feldern, zum Beispiel dem Autokredit oder dem Inkassogeschäft mit der BHI, gestellt. Davon wird die grundsätzliche Rolle der Deutschen Leasing nicht tangiert.

Wie lange kann und sollte sich der S-Finanzverbund noch verschiedene Dienstleister für Leasing, Factoring oder ähnliche Tätigkeiten leisten?

Im Leasing-Bereich ist die Konsolidierung im Grunde abgeschlossen. Im Factoring-Geschäft hat sich durch die Übernahme der UFG im Kern nichts verändert. Es gab vorher eine UFG und es gibt sie immer noch. Es galt, zu vermeiden, dass das Know-how und das sehr auf die Bedürfnisse von mittelständischen Kunden zugeschnittene Produkt der UFG den Verbund verlässt.

Womit darf man von der Deutschen Leasing in diesem Jahr rechnen?

Die Geschäftsentwicklung ist zufriedenstellend. Das Wachstum ist moderat. Insgesamt betrachtet ist der Leasing-Markt nach dem Nachholeffekt des vergangenen Jahres unverändert stabil, aber nicht überproportional wachsend. Die Rahmenbedingungen laufen eher auf Konsolidierung des Geschäftes hinaus. Die Kunden fahren ein Stück weit auf Sicht. Diese Zyklen sind international aber sehr unterschiedlich, sodass weniger Wachstum an der einen Stelle durch andere Länder kompensiert werden kann. Wir sind zufrieden. Wenn sich unsere Entwicklung bis zum Ende des Geschäftsjahres am 30. September fortsetzt, sieht das gut aus. In den ersten neun Monaten liegen die Volumina zwar unter Plan, aber spürbar über Vorjahr. Die Kostenentwicklung ist sehr stabil. Das ist wichtig, denn Rückschläge konjunktureller Art können in diesem Umfeld schon kommen.

Gibt es irgend etwas, was Kai Ostermann zu seiner Vorstellung von der Deutschen Leasing noch fehlt?

Keine Sorge, der Zustand der Wunschlosigkeit ist in gebührender Entfernung, auch wenn die Deutsche Leasing insgesamt auf einem guten Kurs ist. Das Angebot in der Breite stimmt, die Internationalität hilft, Schwankungen auszugleichen, die enge Verzahnung im Verbund und die gute Kooperation mit den Sparkassen sorgen für eine solide Basis. Aber gerade in diesen bewegten Zeiten gibt es immer wieder Themen, an denen wir arbeiten müssen, um auch noch weitere Potenziale zu heben, so zum Beispiel das internationale Geschäft.

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