Gespräch des Tages

Regulierung - Wichtige Wegmarke im EU-Parlament

Nimmt man die öffentliche Meinung als Maßstab, ist es für die Glaubwürdigkeit der Regulierung und der verantwortlichen Instanzen von zentraler Bedeutung, nicht wieder einmal Zeitpläne verschieben zu müssen. Gerade mit Blick auf Basel III wäre es dem weltweiten Ansehen der Regulatoren gewiss nicht förderlich, wenn die Zahl der ins Auge gefassten und dann doch wieder verschobenen Starttermine in Dimensionen vorrückt, wie sie der neue Berliner Flughafen erreicht hat. Voraussetzung für den geplanten Ablauf der Dinge ist nach heutigem Stand die für Mitte April 2013 anstehende Verabschiedung des Reformpaketes CRD IV/CRR (Capital Requirements Directive IV und Capital Requirements Regulation) durch das EU-Parlament. Nur wenn es gelingt, diese seit Ende März 2013 als nahezu final angesehenen Regelungen noch im ersten Halbjahr dieses Jahres auf den Weg zu bringen, sprich die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu vollziehen, darf auch von der Einhaltung des derzeitigen Basel-III-Fahrplans ausgegangen werden. Damit würde der Starttermin zwar genau ein Jahr hinter dem lange Zeit angestrebten Datum zurückbleiben. Aber angesichts der sehr umfangreichen Regelungen wäre das verglichen mit früheren Projekten wie Basel II doch recht schnell.

Dass sich die EU mit der Umsetzung der neuen Regelungen in europäisches Recht über die Ende 2010 veröffentlichten Grundzüge und die im Laufe der Folgejahre präzisierten Vorgaben des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht diese Zeit nehmen musste, liegt auch an ihren weitergehenden Ansprüchen. Insbesondere in den Bereichen Vergütung, Corporate Governance sowie bei der Flexibilität für die einzelnen Mitgliedstaaten registriert man bei KPMG in dem nun zur Abstimmung stehenden Paket teilweise Vorgaben, die über Basel III hinausgehen. Bis zuletzt gerungen wurde etwa im EU-Trilog um die Deckelung der variablen Vergütung im Verhältnis zum Fixgehalt von 1 zu 1 beziehungsweise der Ausnahme eines Verhältnisses von 2 zu 1 auf Beschluss einer deutlichen Mehrheit der Hauptversammlung.

Mit Blick auf das Gesamtpaket sind am Ende eines langen intensiven Austauschs zwischen Aufsicht, Politik und Finanzindustrie mit etlichen Konsultationsrunden auf verschiedenen Ebenen dennoch Lösungen gefunden worden, die die Interessen aller Beteiligten berücksichtigen. So wurde im Sinne der Aufseher bis Ende 2017 am sogenannten Basel-I-Floor festgehalten. Er sieht vor, weiterhin mindestens 80 Prozent der Eigenkapitalanforderung nach den nichtrisikosensitiven Basel-I-Regelungen vorzuhalten. Aus Sicht von KPMG deutet das auf eine gewisse Skepsis der Aufseher bezüglich der Gestaltungsmöglichkeiten der Institute bei internen Modellen hin. Auch das neu eingeführte Instrument der Überwachung des Verschuldungsrisikos unter Säule II (ICAAP) dürfte es den Regulatoren einfacher machen, das Gesamtpaket als ausgewogen zu würdigen.

Die Industrie dürfte ihre Interessen durch die Begünstigung von Absicherungsgeschäften für reale Geschäfte gewahrt sehen, die Banken durch eine geringere Risikoanrechnung für den Mittelstand. Mit Blick auf die Liquidity Coverage Ratio sind sie trotz zeitlicher Verschärfung gegenüber Basel III mit dem Szenario eines schrittweisen Anstiegs auf 100 Prozent bis zum Jahre 2018 zufrieden. Und hinsichtlich der Einführung einer Leverage Ratio kommt ihnen die vorgesehene Anerkennung der Definition unterschiedlicher Kennziffern für verschiedene Geschäftsmodelle entgegen. Noch nicht so genau abschätzen lassen sich indes die Wirkungen der größeren Flexibilität und der verschärfenden Handlungsmöglichkeiten der nationalen Aufsicht bei der Betrachtung von systemischen oder makroprudenziellen Risiken. Für größere Institute befürchtet man seitens KPMG durch die Beibehaltung nationaler Ermessensspielräume sowie ein ausgefeiltes System von Kapitalpuffern eine weiter gesteigerte Komplexität bei der Steuerung der Kapitalquoten.

Nicht gelungen ist der Kreditwirtschaft zudem die angestrebte Verringerung der Zahl der ursprünglich rund 100 sogenannten technischen Standards, die von der European Banking Authority (EBA) festzulegen sind. Mit der Verabschiedung der Regelungen durch das EU-Parlament wird die diesbezügliche Initiative sogar stärker in die Hände der EBA gelegt. Den Instituten bleibt an dieser Stelle nur die gedeihliche Zusammenarbeit.

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