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Risikosteuerung in Spezialfonds: Vorteile von Value-at-Risk-basierten Lösungen

Jedes Jahresende und der damit verbundene Bilanzstichtag lässt viele Anleger nicht nur wegen der kälteren Außentemperaturen frösteln. Beim Blick auf die Wertentwicklung manch eines Spezialfonds stellen sich risikoaverse Anleger angesichts der volatilen Aktienmärkte die Frage, ob es denn einen Weg gibt, trotz dieser Marktschwankungen an der positiven Entwicklung künftig besser zu partizipieren, ohne das Risiko aus den Augen zu verlieren.

Aber auch Renteninvestoren müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, wie sie angesichts rekordniedriger Anleiherenditen und -spreads mit Zinssteigerungs- und Spreadausweitungsrisiken und daraus resultierenden Verlusten in ihrem Portfolio umgehen, ohne die Chancen vorzeitig über Bord zu werfen. In einem volatilen Marktumfeld und steigender Komplexität der Kapitalmarktrisiken, aber auch sich verändernder Regulierung sicherlich wichtige und richtige Fragestellungen. Antworten darauf können Risikobudgetkonzepte liefern.

Verschiedene Auffassungen von Risikomanagement

Drei Punkte sind in diesem Zusammenhang von wesentlicher Bedeutung: - Gehört die Steuerung von Risikobudgets zu den Kernkompetenzen des beauftragten Asset Managers?

- Welches Steuerungskonzept wird genutzt?

- Bietet das gewählte Konzept auch die Chance - nach erfolgten Sicherungsmaßnahmen - den Wiedereinstieg in die ursprüngliche Asset Allocation zu finden?

Grundsätzlich sollte jeder Asset Manager auch mit "Risikomanagement" vertraut sein. Doch nicht immer verstehen Anleger und Asset Manager unter diesem Begriff das Gleiche. Für einen "Stock-Picker" bedeutet Risikomanagement unter Umständen das Managen von Einzeltitelrisiken. Der Anleger hingegen versteht unter Risikomanagement sehr häufig das Einhalten einer Wertuntergrenze.

Nutzt der Anleger zum Beispiel im Rahmen eines Master spezialfonds mehrere Assetklassen und Managementstile, kann ein effizientes Risikomanagement - im Sinne der Sicherung einer Wertuntergrenze - am besten von einer auf das Risikomanagement spezialisierten Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) geleistet werden. Die KVG hat den Gesamtüberblick über alle Bestände und ist deshalb für diese Aufgabe prädestiniert. Ob es für den Anleger im Rahmen der Depot-A-Steuerung sinnvoll ist, die eigen gemanagten Direktbestände der KVG zur Verfügung zu stellen und in die Risikosteuerung auf dieser Ebene einzubeziehen, muss von Fall zu Fall geklärt werden.

Bausteine des VaR-basierten Risikomanagements

Der Value-at-Risk (VaR) ist der Verlust, der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nicht überschritten wird. VaR-basiertes Risikomanagement ist eine dynamische, risikobasierte Wertsicherungsstrategie, die je nach vorhandenem Risikobudget und -umfeld die Investitionsquoten steuert mit dem Ziel, eine festgelegte Wertuntergrenze nicht zu gefährden. Das Ziel einer solchen Risikosteuerung ist im Prinzip einfach: Rendite optimieren - Risiken begrenzen. Die Anlagestrategie soll in negativen Jahren die Wertentwicklung nach unten absichern, ohne im Falle einer positiven Marktentwicklung zu viel Rendite aufzugeben. Für Anleger soll auf diese Weise ein attraktives Auszahlungsprofil entstehen.

Die Grundvoraussetzung für ein funktionierendes VaR-basiertes Risikomanagement ist eine ausgefeilte Risikomessung, denn man kann nur steuern, was gemessen wird! Für extreme Situationen können weitere Instrumente hinzukommen, etwa Stresstests oder Szenario-Analysen. Die "Kür" des Risikomanagements besteht darin, das Portfolio genau zu analysieren und zwischen (bedingt) steuerbaren und nicht steuerbaren Risiken zu unterscheiden (siehe Abbildung 1).

- Steuerbare Risiken sind (Marktpreis-)Risiken, die in der Regel mittels liquiden Derivaten schnell und effektiv gesichert werden können.

- Als nicht steuerbare Risiken werden dagegen (Marktpreis-)Risiken bezeichnet, die nur durch den physischen Abverkauf abgesichert werden können. Dies ist zum Beispiel bei Private-Equity-Strukturen, hybriden Vehikeln und anderen illiquiden Assets der Fall.

- Bedingt steuerbare Risiken ergeben sich aus Portfoliobestandteilen, für die keine exakt passenden Derivate angeboten werden.

So können High-Yield-Anleihen zwar mit einem Credit Default Swap auf einen ähnlichen Anleihekorb gesichert werden, dessen Zusammensetzung wird in aller Regel jedoch deutlich von dem zugrunde liegenden Portfolio abweichen. Der Gleichlauf zwischen Portfolio und Sicherungsinstrument ist damit begrenzt. Deshalb wird für bedingt steuerbare Risiken und nicht steuerbare Risiken ein Worst-Case-Risikobudget festgelegt (siehe Abbildung 2).

Investitionsquote

Die zulässige Investitionsquote wird einerseits aus der Differenz zwischen dem Marktwert des Portfolios und der vereinbarten Warngrenze, also der Wertuntergrenze plus Sicherheitsaufschlag, sowie des Portfoliorisikos (gemessen am VaR) andererseits abgeleitet. Die Investitionsquote wird dann durch den Einsatz von Derivaten dahingehend angepasst, dass der VaR des Portfolios das vom Anleger vorgegebene Risikobudget nicht überschreitet. Das freie Risikobudget schützt das Portfolio vor häufigen Sicherungsmaßnahmen bei normaler Marktvolatilität.

Ein vereinfachtes Beispiel soll das verdeutlichen: Ein Aktienportfolio mit ausschließlich steuerbaren Risiken hat einen Wert von 100 Millionen Euro. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 99 Prozent verliert es in den kommenden zehn Handelstagen maximal acht Millionen Euro an Wert (=VaR). Zusätzlich zu diesem Risiko genehmigt der Anleger ein freies Risikobudget von weiteren fünf Millionen Euro für normale Kursschwankungen, sodass zum Startzeitpunkt ein Risikobudget von insgesamt 13 Millionen Euro zur Verfügung steht. Die Wertuntergrenze des Portfolios liegt somit bei 87 Millionen Euro. In den folgenden Monaten verringern Kursverluste das Portfoliovolumen auf 97 Millionen Euro, gleichzeitig steigt mit der anziehenden Volatilität der maximal erwartete Verlust (VaR) von acht auf zehn Millionen Euro, sodass die bestehende Wertuntergrenze gefährdet ist: Spätestens bei weiter fallenden Kursen oder steigender Volatilität muss der Overlay-Manager das Portfoliorisiko reduzieren.

Zwei Faktoren haben also entscheidenden Einfluss auf das Risikobudget: Performance und Volatilität. Dabei reduziert die negative Performance das Risikobudget, während die positive Performance das Risikobudget erhöht. Sinkende Volatilität impliziert ein geringeres benötigtes Risikobudget, steigende Volatilität reduziert das freie Risikobudget und zwingt gegebenenfalls zur Reduktion riskanter Assets.

Modulare Risikobudgets

Aufbauend auf den Entwicklungen der letzten Jahre hat sich gezeigt, dass ein modularer Aufbau der Risikobudgets, im Rentenbereich zum Beispiel Unterscheidung zwischen Zins- und Spread-Risiken, die Effektivität in der Steuerung von Risikobudgets deutlich erhöhen kann. Jedes Risiko (zum Beispiel Zins, Spread, Aktien) wird separat gemessen und gesteuert. Dadurch werden nur Marktsegmente gesichert, die sich negativ entwickeln. Marktsegmente, die positive Performance ausweisen, bleiben dagegen ungesichert.

Eine detaillierte Performancerechnung ermöglicht die Bestimmung der exakten Höhe der einzelnen verfügbaren Risikobudgets. Darauf basierend können in regelbasierten Konzepten Wertuntergrenzen angehoben und damit aufgelaufene Gewinne systematisch gesichert werden. Des Weiteren können freie Budgets zum "Sponsoring" genutzt werden.

Wie funktioniert "Sponsoring"? Übersteigt das freie Risikobudget einer Assetklasse eine vorab definierte Grenze, kann der überschüssige Teil auf andere Risikobudgets verteilt werden. Ein Beispiel: in einem risikoaversen Umfeld verkleinert sich durch Kursverluste das Risikobudget für Aktien. Gleichzeitig werden durch fallende Renditen bei sicheren Anleihen Kursgewinne angesammelt. Ein Teil dieser Gewinne kann antizyklisch in Aktienrisiko umgeschichtet werden, um dort an einer auf den Kursverfall folgenden Aufwärtsbewegung zu partizipieren. Dabei kann "Sponsoring" über feste Regeln oder über aktive Signale aus der Taktischen Asset Allocation (TAA) erfolgen und erlaubt den Wiedereintritt in gesicherte Assets mit kontrolliertem Risikobudget.

Vorteile für Investoren

Die VaR-basierte Risikosteuerung kann als dynamisches Konzept im Vergleich zu einem eher statischen Wertsicherungskonzept oder Constant-Proportion-Portfolio-Insurance-Konzept (CPPI-Konzept) in negativen Jahren die Wertentwicklung nach unten absichern, ohne im Falle einer positiven Marktentwicklung zu viel Rendite aufzugeben. Es entsteht dadurch für den Anleger ein attraktives Auszahlungsprofil.

Die dynamische Steuerung unterschiedlicher Risiken in einem Portfolio erlaubt es dem Anleger, vorab definierte Wertuntergrenzen einzuhalten. Der Identifikation und Messung relevanter Risiken wie Aktien, Zinsen oder Spreads kommt dabei eine zentrale Stellung zu. Nur wer den Gesamtüberblick über alle Risiken hat, kann diese messen und effektiv steuern. So kann das vom Anleger vorgegebene Risikobudget sinnvoll auf diverse Risikoarten aufgeteilt und ausgenutzt werden. Zudem ermöglicht das kontrollierte Eingehen von Risiken sowie die Implementierung eines Wertsicherungskonzeptes eine höhere Investitionsquote in risikobehafteten Vermögenswerten wie beispielsweise Aktien und macht den VaR-basierten Risikomanagementbaustein zu einem effizienten Lösungsansatz.

Die Umschichtung von Risikobudgets nach festen Regeln oder TAA-Signalen ermöglicht dabei eine dynamische und antizyklische Steuerung der Risiken sowie die explizite Berücksichtigung der Risikotragfähigkeit und Risikoneigung des Investors. Wer sich frühzeitig mit seinem Asset Manager über diese Fragestellungen Gedanken macht, reduziert auch das "Risiko kalter Füße" zum Jahresende 2014.

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